Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.02.2017, Az. XI R 17/15

11. Senat | REWIS RS 2017, 15152

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Gegenstand

Erschließung eines Baugebiets; Zahlungen der Grundstückserwerber an Vorhabenträger als Entgelt von dritter Seite für an Gemeinde erbrachte Erschließungsleistungen


Leitsatz

Verpflichtet sich ein Vorhabenträger in einem Vertrag mit Grundstückserwerbern gegen Zahlung von Erschließungskosten dazu, Erschließungsleistungen an eine Gemeinde zu erbringen, wird die Erschließung gegen Entgelt erbracht .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 25. Juni 2015  5 K 2660/12 U wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die [[[[[X.].].].].]eteiligten streiten darüber, ob Zahlungen, die Dritte an die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) für Erschließungsmaßnahmen geleistet haben, als Entgelt (von dritter Seite) für steuerpflichtige Leistungen an die [[X.].] [[[[X.].].].] anzusehen sind.

2

Gegenstand der [[[[[[X.].].].].]] gegründeten Klägerin ist die Projektentwicklung und Durchführung der Erschließung des [[[[[X.].].].].]augebiets "..." ([[[[[X.].].].].]augebiet) in [[[[[X.].].].].] Eigentümer der Flächen des [[[[[X.].].].].]augebiets, auf dem neben der notwendigen Infrastruktur 62 [[[[[X.].].].].]augrundstücke geplant waren, war [[[[[X.].].].].] Gesellschafter der Klägerin (zu je einem Drittel) waren [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].], von [[[[[X.].].].].]eruf [[[[[X.].].].].]rchitekt, und [[[[[X.].].].].], Geschäftsführer der Prozessbevollmächtigten der Klägerin. [[[[[X.].].].].] und [[[[[X.].].].].] waren zu Geschäftsführern der Klägerin bestellt.

3

[[[[[X.].].].].]usweislich einer "Klarstellungsvereinbarung" vom 26. März 2009 zwischen [[[[[X.].].].].] und der Klägerin hatten die [[[[[X.].].].].]eteiligten vor [[[[[X.].].].].]eginn der Erschließungsmaßnahme folgende Vereinbarung (nachfolgend: [[[[[X.].].].].]) getroffen:

1. [[[[[X.].].].].] verpflichtete sich gegenüber der Klägerin im Hinblick auf die von der Klägerin auf eigene Rechnung durchgeführte Erschließungsmaßnahme, sämtliche im [[[[[X.].].].].]augebiet in [[[[X.].].].] liegenden Grundstücke ohne [[[[[X.].].].].]erechnung von Erschließungskosten an die Grundstückserwerber zu veräußern.

2. Es bestand im Hinblick auf die von der Klägerin getragenen Erschließungskosten Einigkeit, dass die [[[[[X.].].].].]erechnung der Erschließungskosten an den Grundstückserwerber für sämtliche veräußerten Grundstücke ausschließlich durch die Klägerin vorgenommen wird, und zwar in der Form, dass die Veräußerung des Grundstücks an die Erwerber und die Verpflichtung der Grundstückserwerber zur Zahlung der Erschließungskosten an die Klägerin in einer notariellen Urkunde erfolgen.

4

Diese Vereinbarung war nach dem weiteren Inhalt der Klarstellungsvereinbarung wesentliche Geschäftsgrundlage für die Übernahme der Erschließungskosten durch die Klägerin: [[[[[X.].].].].]m 1. [[[[[X.].].].].]pril 2004 schlossen die [[X.].] [[[[X.].].].] und die Klägerin als Vorhabenträger einen Durchführungsvertrag zum [[[[[X.].].].].]ebauungsplan (nachfolgend: Durchführungsvertrag) in [[[[X.].].].], in dem u.a. Folgendes geregelt ist:

"Teil III
Erschließung

        

§ E 1 Herstellung der Erschließungsanlagen

        

(1) Der Vorhabenträger übernimmt gemäß § 12 [[[[[X.].].].].]bs. 1 [[[[[X.].].].].]auG[[[[[X.].].].].] die Herstellung der in § [[X.].] genannten Erschließungsanlagen im [[X.].] gemäß den sich aus § [[X.].] ergebenden Vorgaben.
(2) Die [[X.].] verpflichtet sich, die Erschließungsanlagen bei Vorliegen der in § [[X.].] genannten Voraussetzungen in ihre Unterhaltung und Verkehrssicherungspflicht zu übernehmen. ...

        

§ [[X.].] Übernahme der Erschließungsanlagen

(1) Im [[[[[X.].].].].]nschluss an die [[[[[X.].].].].]bnahme der mangelfreien Erschließungsanlagen übernimmt die [[X.].] diese in ihre [[[[[X.].].].].]aulast, wenn sie Eigentümerin der öffentlichen Erschließungsfläche geworden ist, oder bei öffentlichen [[[[[X.].].].].]bwasser- und Trinkwasseranlagen, die nicht innerhalb der öffentlichen Erschließungsflächen verlegt worden sind, ...

Teil IV
Schlussbestimmungen

§ [[X.].] Kostentragung

(1) Der Vorhabenträger trägt die Kosten dieses Vertrages und die Kosten seiner Durchführung ...

§ [[X.].] Veräußerung der Grundstücke, Rechtsnachfolge

(1) Der Vorhabenträger verpflichtet sich, die in diesem Vertrag vereinbarten Pflichten und [[[[[X.].].].].]indungen seinem Rechtsnachfolger mit Weitergabeverpflichtung weiterzugeben. Der heutige Vorhabenträger haftet der [[X.].] für die Erfüllung des Vertrages neben einem etwaigen Rechtsnachfolger, soweit die [[X.].] ihn nicht ausdrücklich aus der Haftung entlässt. ..."

5

In den notariellen Kaufverträgen mit den [[[[X.].].].]n ist jeweils neben [[[[[X.].].].].] als Verkäufer und den [[[[X.].].].]n als Käufer die Klägerin, vertreten durch [[[[[X.].].].].], als weitere Vertragspartei (Vorhabenträger) genannt. In der Vorbemerkung zu den [[X.].] ist jeweils ausgeführt, dass der Vorhabenträger sich gegenüber der [[X.].] [[[[X.].].].] zur Herstellung und Übertragung der vollständigen Erschließungsanlagen verpflichtet hat, wobei der Vorhabenträger die Erschließungsmaßnahmen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchführt. Die öffentlichen Grundstücksflächen der Erschließungsanlagen werden von dem Vorhabenträger nach Erschließung auf die [[X.].] [[[[X.].].].] übertragen.

6

Die Grundstückskaufverträge enthielten außerdem folgende Regelungen:

"II.
Regelungen zur Erschließung
...

1. Der Vorhabenträger hat sich gegenüber der [[X.].] [[[[X.].].].] verpflichtet, gemäß dem Durchführungsvertrag zum ... [[[[[X.].].].].]ebauungsplan ..., der zwischen ihm und der [[X.].] [[[[X.].].].] am 01.04.2004 abgeschlossen wurde, den Grundbesitz vollständig zu erschließen. ...

Der Vorhabenträger ist der rechtliche [[[[[X.].].].].]nsprechpartner für die [[X.].] [[[[X.].].].] im Rahmen der Erschließung. Der Vorhabenträger verpflichtet sich, alle Informationen, die er in seiner Eigenschaft als Vorhabenträger von der [[X.].] [[[[X.].].].] erhält und die den erworbenen Grundbesitz betreffen, unmittelbar an die Käufer weiterzugeben. Die Käufer verpflichten sich ihrerseits, die aus dem mit der [[X.].] [[[[X.].].].] abgeschlossenen Durchführungsvertrag entstehenden Verpflichtungen, bezogen auf den erworbenen Grundbesitz, zu übernehmen. Dieser Durchführungsvertrag ... wird als [[[[[X.].].].].]nlage 2 diesem Vertrag beigefügt. ... Die Parteien verzichten auf die [[[[[X.].].].].]eifügung der Unterlagen zur [[[[[X.].].].].]usbauplanung für die Erschließungsanlagen sowie der [[[[[X.].].].].]uflistung der [[[[[X.].].].].]nschlussbeiträge.

Die Käufer haben an den Vorhabenträger Erschließungskosten in Höhe eines einmaligen [[[[[X.].].].].]etrages von [74,10 €/qm bis 84,10 €/qm, je nach Grundstückszuschnitt] zu zahlen. ...

Die Vertragsparteien stellen klar, dass dieser neben dem Kaufpreis zu zahlende Gesamtbetrag an den Vorhabenträger für die Erschließung keine Gegenleistung für die Übertragung des Grundstücks darstellt. ...

2. Der Vorhabenträger hat folgende Leistungen zu erbringen:
...

Die vorgenannten Kosten belaufen sich insgesamt auf ... €/qm [[[[[X.].].].].]augrundstück.

3. Die Vertragsparteien stellen klar, dass die nachfolgenden Kosten, Gebühren und [[[[[X.].].].].]eiträge nicht in dem Gesamtbetrag, der an den Vorhabenträger zu zahlen ist, enthalten sind und somit gesondert von den Käufern zu tragen sind:
..."

7

Der [[[[[X.].].].].]eklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --F[[[[[X.].].].].]--) stimmte der Umsatzsteuer-Jahreserklärung für das [[X.].] (Streitjahr) vom 20. März 2009 zunächst zu.

8

Im Rahmen der Durchführung zweier [[[[[X.].].].].]ußenprüfungen erhielt das F[[[[[X.].].].].] u.a. Kenntnis davon, dass im Prüfungszeitraum 43 [[[[[X.].].].].]augrundstücke veräußert worden sind. Sukzessive wurden neben den Ver- und [[X.].] zu den [[[[[X.].].].].]augrundstücken auch die Straßen und die übrige Infrastruktur fertiggestellt. Der Gesellschafter [[[[[X.].].].].] hatte außerdem im Streitjahr auf zwei Parzellen ein Zweifamilienhaus erstellt, ohne dass die Klägerin die entstandenen anteiligen [[[[[X.].].].].]ufwendungen für die Erschließung [[[[[X.].].].].] in Rechnung gestellt hätte.

9

Das F[[[[[X.].].].].] vertrat im [[X.].] für das Streitjahr vom 19. Juli 2012 nunmehr die [[[[[X.].].].].]uffassung, dass die Klägerin umsatzsteuerpflichtige Erschließungsleistungen an die [[X.].] [[[[X.].].].] erbracht habe und der von den [[[[X.].].].]n hierfür gezahlte [[[[[X.].].].].]etrag Entgelt von dritter Seite sei. [[[[[X.].].].].]ußerdem sei die Erschließung des Grundstücks des [[[[[X.].].].].] mit den Selbstkosten (685 qm x 42 €/qm = 28.770 €) der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Das Finanzgericht ([X.]) wies die hiergegen erhobene Sprungklage ab. Es führte aus, die Klägerin habe an die [[X.].] [[[[X.].].].] gegen Entgelt eine [X.] (§ 3 [[[[[X.].].].].]bs. 4 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--) erbracht. Sie habe sich im [[[X.].].] gegenüber der [[X.].] [[[[X.].].].] zur Erschließung des [[[[[X.].].].].]augebiets verpflichtet. Leistungsempfänger sei die [[X.].] [[[[X.].].].] gewesen, weil sie den [[[[[X.].].].].]etrieb und den Unterhalt der Erschließungsanlagen auf den in ihrem Eigentum stehenden und gegebenenfalls öffentlich-rechtlich gewidmeten [[X.].] übernommen habe.

Diese [X.] an die [[X.].] [[[[X.].].].] sei auch gegen Entgelt erfolgt. [[[[[X.].].].].]ufgrund der Kostentragungsverpflichtung in den [[X.].]n hätten sich die [[[[X.].].].] gegenüber der Klägerin zur anteiligen Zahlung der Erschließungskosten verpflichtet. Diese Zahlungen der [[[[X.].].].] (bzw. des [[[[[X.].].].].] als Eigentümer des von ihm selbst errichteten Zweifamilienhauses) stellten Entgelte von dritter Seite gemäß § 10 [[[[[X.].].].].]bs. 1 Satz 3 UStG für die [X.] der Klägerin an die [[X.].] dar.

Ferner sei ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung der Klägerin an die [[X.].] und der Drittzahlung durch die [[[[X.].].].] bzw. des [[[[[X.].].].].] (bezüglich des von ihm selbst erstellten Zweifamilienhauses) gegeben.

Selbst wenn man kein Entgelt von dritter Seite annähme, wäre die Klage unbegründet. Es lägen dann eigenständige sonstige Leistungen der Klägerin an die [[[[X.].].].] (Mitwirkung am Zustandekommen des [X.]) vor.

Das Urteil des [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2015, 1861 veröffentlicht.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 10 [[[[[X.].].].].]bs. 1 Satz 3 UStG).

Sie bringt vor, es handele sich bei den Zahlungen der [[[[X.].].].] um einen nicht steuerbaren Kostenersatz. Die Kostentragungspflicht der [[[[X.].].].] sei vom [[[X.].].] rechtlich unabhängig und zeitlich nachgelagert. Sie sei Jahre später vereinbart worden. Es sei auch keine subsidiäre Verpflichtung der [[X.].] [[[[X.].].].] zur Zahlung eines Entgelts entfallen. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Leistung an die [[X.].] [[[[X.].].].] habe weder tatsächlich noch rechtlich bestanden, so dass kein Entgelt von dritter Seite i.S. des § 10 [[[[[X.].].].].]bs. 1 Satz 3 UStG vorliege. Die Leistungsverpflichtung gegenüber der [[X.].] bleibe von der Kostentragungsverpflichtung unberührt. Diese erfolge außerhalb des [X.] mit der [[X.].] und hänge nur mittelbar mit der Leistung an die [[X.].] zusammen. Die Zahlung sei auch nicht im Interesse oder zugunsten eines [X.] erfolgt. [[[[[X.].].].].]uch seien die Erschließungsanlagen nicht den [[[[X.].].].]n zugewendet worden. Die Kostentragung beruhe auf einer einseitigen Verpflichtung der [[[[X.].].].] gegenüber der Klägerin. Der Streitfall unterscheide sich entscheidungserheblich vom Urteil des [[[[[X.].].].].]undesfinanzhofs ([[[[[X.].].].].]FH) vom 22. Juli 2010 V R 14/09 ([[[[[X.].].].].]FH[[X.].]31, 273, [[[[[X.].].].].]St[[[[[X.].].].].]l II 2012, 428).

Zur alternativen [[[[[X.].].].].]egründung des [X.]-Urteils bringt die Klägerin vor, sie stünde im Widerspruch zur [X.]. Sie sei ferner angesichts der klaren zivilrechtlichen Vereinbarungen nicht haltbar und in gewisser Weise spekulativ. [[[[[X.].].].].] habe unter Verstoß gegen die [[[[[X.].].].].] Veräußerungen auch ohne Regelung zur Erschließung vornehmen können, was lediglich Schadensersatzansprüche ausgelöst hätte. [[[[[X.].].].].]ußerdem habe sich die Klägerin nicht am Kaufvertrag beteiligt, sondern einen formal eigenständigen Kostenerstattungsvertrag mit den Erwerbern abgeschlossen. [[[[[X.].].].].]nknüpfungspunkt für die Höhe der Kostenerstattung seien die tatsächlich angefallenen Kosten für die gegenüber der [[X.].] [[[[X.].].].] erbrachte Erschließungsleistung gewesen. Individuelle Hausanschlüsse habe die Klägerin nicht hergestellt.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben sowie unter [[[[[X.].].].].]bänderung des [X.] vom 19. Juli 2012 die Umsatzsteuer für das [[X.].] auf 0 € festzusetzen.

Das F[[[[[X.].].].].] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Es hält das [X.]-Urteil für zutreffend und tritt dem [X.] entgegen.

Entscheidungsgründe

I[X.]

Die Revision ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[[X.].]O--). Das [[X.].] hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin ihre Erschließungsleistungen gegen Entgelt erbracht hat.

1. Ein steuerbarer Umsatz in Form einer Leistung gegen Entgelt i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt vor, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Leistung bildet (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [[X.].]-Urteile vom 5. August 2010 V R 54/09, [[X.].], 289, [[X.].], 191, Rz 12; vom 22. April 2015 [X.]I R 10/14, [[X.].], 268, [[X.].], 862, Rz 18; s. auch Urteile des Gerichtshofs der [[X.].] --[[X.].]-- [[X.].] vom 8. März 1988 [[X.].]/86, [[X.].]:C:1988:120, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --[[X.].]-- 1989, 452, Rz 11; [[X.].] vom 29. Februar 1996 [[X.].]/94, [[X.].]:[[X.].], [[X.].] 1996, 294; [[X.].] vom 18. Dezember 1997 [[X.].]/95, [[X.].]:[[X.].], [[X.].] 1998, 315). Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein; er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch i.S. des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems führt (vgl. [[X.].]-Urteile vom 7. Juli 2005 V R 34/03, [[X.].], 59, [[X.].], 66, unter [[X.].], Rz 14; vom 29. Oktober 2008 [X.]I R 76/07, [[X.].], 795, unter [[X.].], Rz 16; vom 15. April 2015 V R 46/13, [[X.].], 253, [[X.].], 947, Rz 39; vom 14. Januar 2016 V R 63/14, [[X.].], 279, [[X.].], 360, Rz 14; auch [[X.].]-Urteil vom 6. April 2016 V R 12/15, [[X.].], 475, [[X.].], 188, Rz 26).

2. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG gehört "zum Entgelt [auch], was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt" (zur Abgrenzung s. [[X.].]-Urteil vom 20. Februar 1992 V R 107/87, [[X.].], 567, [[X.].] 1992, 705, unter I[X.]3., Rz 23).

a) Dies setzt Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der [[X.].]/[[X.].] des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/[[X.].]) --nunmehr Art. 73 der Richtlinie 2006/112/[[X.].] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)-- um, wonach zur Besteuerungsgrundlage alles zählt, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem [[X.].] erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen (vgl. dazu auch [[X.].] des produits [[X.].] vom 22. November 2001 [[X.].]/00, [[X.].]:[[X.].], [[X.].] 2002, 177; Kommission/[[X.].] vom 15. Juli 2004 [[X.].]/02, [[X.].]:[[X.].], Rz 34).

b) Für die Annahme einer Leistung "gegen Entgelt" ist danach nicht erforderlich, dass die Gegenleistung vom Leistungsempfänger erbracht wird. Sie kann auch von einem [[X.].] erbracht werden (vgl. [[X.].] und [[X.].] vom 7. Oktober 2010 [[X.].]/09 und [[X.].]/09, [[X.].]:[[X.].], [[X.].] Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2010, 1392, Rz 56; [[X.].] Retail vom 21. November 2013 [[X.].]/12, [[X.].]:[[X.].], [[X.].] 2013, 774, Rz 35; [[X.].]-Urteil vom 18. Februar 2016 V R 46/14, [[X.].], 42, [[X.].] Steuerrecht 2016, 1103, Rz 20 f.). Die unmittelbar mit dem Preis eines der Steuer unterliegenden Umsatzes zusammenhängenden Subventionen sind nur eine von mehreren Fallgestaltungen, auf die Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/[[X.].], Art. 73 MwStSystRL abzielt; unabhängig von der in Rede stehenden besonderen Situation ist Besteuerungsgrundlage einer Dienstleistung alles, was als Gegenleistung für den geleisteten Dienst empfangen wird (vgl. [[X.].]-Urteil [[X.].] vom 27. März 2014 [[X.].]/13, [[X.].]:C:2014:185, [[X.].] 2014, 458, Rz 30 und 31).

c) Entscheidend dafür, ob eine Zahlung "für die Leistung" bzw. "für die Umsätze" gewährt wird bzw. der Leistende sie hierfür erhält, ist nach der Rechtsprechung des [[X.].] und des [[X.].], dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (vgl. [[X.].]-Urteil Tolsma vom 3. März 1994 [[X.].], [[X.].]:[[X.].], Neue Juristische Wochenschrift 1994, 1941, Rz 13 f.; [[X.].]-Urteile vom 16. Oktober 2013 [X.]I R 39/12, [[X.].]E 243, 77, [[X.].] 2014, 1024, Rz 32; in [[X.].], 253, [[X.].], 947, Rz 39). Diese Grundsätze gelten sinngemäß auch für die Beurteilung der Frage, ob die Zahlung eines [[X.].] für eine bestimmte Leistung des Leistenden gewährt wird bzw. ob der Leistende die Zahlung für diese Leistung erhält (vgl. [[X.].]-Urteil [[X.].], [[X.].]:C:2014:185, [[X.].] 2014, 458, Rz 29, 35; [[X.].]-Urteile vom 19. Oktober 2001 V R 75/98, [[X.].]/NV 2002, 547, unter [[X.].], Rz 23; in [[X.].], 273, [[X.].] 2012, 428, Rz 26; in [[X.].]E 243, 77, [[X.].] 2014, 1024, Rz 33 und 34; [[X.].]-Beschluss vom 29. März 2007 V B 208/05, [[X.].]/NV 2007, 1542, unter [[X.].], Rz 10).

d) Verpflichtet sich ein Unternehmer gegenüber einer Gemeinde und zusätzlich in privatrechtlichen Verträgen auch gegenüber den Grundstückseigentümern gegen Entgelt zur Herstellung von Erschließungsanlagen auf öffentlichen Flächen einer Gemeinde, erbringt der Unternehmer gegenüber der Gemeinde eine entgeltliche Werklieferung (vgl. [[X.].]-Urteil in [[X.].], 273, [[X.].] 2012, 428, Leitsatz 1; gleicher Ansicht Nieskens in [[X.].], Umsatzsteuergesetz, § 1 Rz 906 "Erschließungsmaßnahmen"; [[X.].] in Rau/Dürrwächter, a.a.[[X.].], § 10 Rz 241; [[X.].] in [[X.].]/[[X.].]/[[X.].], UStG § 1 Rz 220; Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 10 Rz 210 "Erschließungsmaßnahmen").

3. Die auf tatsächlichem Gebiet liegende (vgl. [[X.].]-Urteil vom 9. November 2006 V R 9/04, [[X.].]E 215, 372, [[X.].], 285, unter [[X.].]b bb, Rz 46) Würdigung des [[X.].], dass zwischen der Leistung der Klägerin an die [X.] [X.] und der Verpflichtung der [X.] und des A, Erschließungskosten zu zahlen, ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Beide Beteiligte und das [[X.].] gehen zu Recht davon aus, dass die Klägerin mit der Herstellung von Erschließungsanlagen auf öffentlichen Flächen eine Werklieferung ausgeführt hat (vgl. [[X.].]-Urteile in [[X.].], 273, [[X.].] 2012, 428, Leitsatz 1; vom 13. Januar 2011 V R 12/08, [[X.].]E 232, 261, [[X.].] 2012, 61, Rz 37; vom 22. August 2013 V R 37/10, [[X.].]E 243, 20, [[X.].] 2014, 128, Rz 37).

b) Diese ist, wovon das [[X.].] zu Recht ausgegangen ist, gegen Entgelt erfolgt.

aa) Dass die Klägerin sich im Durchführungsvertrag vom 1. April 2004 mit der [X.] [X.] zunächst dazu verpflichtet hatte, die Erschließung unentgeltlich vorzunehmen, schließt es nicht aus, dass zu späterer [X.] noch vor Ausführung der Leistung ein Entgelt vereinbart wird (vgl. [[X.].]-Urteil in [[X.].]E 215, 372, [[X.].], 285, unter [[X.].]b bb, Rz 44 f., 47).

Unabhängig davon ergibt sich auch aus der --vor Beginn der Erschließungsmaßnahme getroffenen-- "Kopplungsvereinbarung" der Klägerin mit A, dass die Klägerin von Anfang an beabsichtigte, mit [[X.].] ein Entgelt für die Erschließung zu vereinbaren und damit entgeltliche Umsätze auszuführen.

bb) Das [[X.].] ist zutreffend davon ausgegangen, dass durch die Verträge der Klägerin mit den [X.]n ein unmittelbarer Zusammenhang begründet worden ist. Die Klägerin hat sich jeweils unter I[X.]2. der Verträge als Vorhabenträgerin (auch) gegenüber den Erwerbern verpflichtet, die dort genannten Leistungen (an die [X.] [X.]) zu erbringen. Dafür erhielt sie nach [[X.].] des Vertrages von den [X.]n eine Gegenleistung in Höhe von bis zu 84,10 €/qm (brutto). Die unter I[X.]3. genannten Leistungen waren von diesem Betrag nicht umfasst und gesondert zu tragen. Die [X.] hatten danach einen Anspruch darauf, dass die Klägerin die unter I[X.]2. genannten Leistungen gegenüber der [X.] erbringt; hätte die Klägerin diese Leistungen nicht an die [X.] erbracht, wären die Erwerber nicht zur Zahlung des unter [[X.].] genannten Betrages verpflichtet gewesen. Der erforderliche Zusammenhang zwischen der Leistung und der Zahlung liegt danach vor.

cc) Insoweit unterscheidet sich der Streitfall entscheidungserheblich vom [[X.].]-Urteil vom 14. Mai 2008 [X.]I R 60/07 ([[X.].]E 221, 512, [[X.].] 2008, 721, unter [X.], I[X.]2.c, Rz 3, 21); denn dort gingen die Erschließungskosten nur in die Berechnung des Mietzinses ein, woraus die dortige Vorinstanz in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf einen fehlenden unmittelbaren Zusammenhang geschlossen hatte. Vorliegend hat sich die Klägerin auch gegenüber den Erwerbern zur Erschließung zugunsten der [X.] verpflichtet und das [[X.].] deshalb einen unmittelbaren Zusammenhang bejaht.

dd) Auch zum [[X.].]-Urteil in [[X.].]E 232, 261, [[X.].] 2012, 61 bestehen entscheidungserhebliche Unterschiede: Im dortigen Fall waren die Zahlungen der Erwerber Entgelt für die Übertragung des Grundstücks ([[X.].]-Urteil in [[X.].]E 232, 261, [[X.].] 2012, 61, Rz 62). Dies scheidet vorliegend aus, weil die Erwerber, A und die Klägerin als Vertragsparteien ausdrücklich klargestellt haben, dass der von den Erwerbern neben dem Kaufpreis an die Klägerin zu zahlende Betrag für die Erschließung keine Gegenleistung für die Übertragung des Grundstücks darstellt.

c) Die Einwendungen der Klägerin, die sich darauf richten, dass in mehrfacher Hinsicht [X.] zum Verfahren V R 14/09 ([[X.].]-Urteil in [[X.].], 273, [[X.].] 2012, 428) bestünden, führen zu keiner anderen Beurteilung. Es reicht für eine entgeltliche Werklieferung --wie unter I[X.]2.d bereits ausgeführt-- aus, dass sich ein Unternehmer, der nicht Veräußerer der Grundstücke ist, zusätzlich in privatrechtlichen Verträgen auch gegenüber den (hier: zukünftigen) Grundstückseigentümern gegen Entgelt zur Herstellung von Erschließungsanlagen auf öffentlichen Flächen einer Gemeinde verpflichtet. Dies ist vorliegend geschehen.

d) § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG setzt auch nicht, wie die Klägerin möglicherweise meint, die Übernahme einer Schuld des Leistungsempfängers durch denjenigen voraus, der dem Unternehmer ein Entgelt für die Leistungen an den Leistungsempfänger gewährt; maßgebend ist vielmehr allein, dass die Zahlung des [[X.].] für die fragliche Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger gewährt wird, bzw. dass er, der Unternehmer, die Zahlung hierfür erhält (vgl. dazu [[X.].]-Urteile vom 19. Oktober 2001 V R 48/00, [[X.].]E 196, 376, [[X.].] 2003, 210, unter [[X.].], Rz 27; in [[X.].], 273, [[X.].] 2012, 428, Rz 26; vom 28. August 2013 [X.]I R 4/11, [[X.].]E 243, 41, [[X.].] 2014, 282, Rz 52, m.w.N.). Es ist insoweit unerheblich, ob die Zahlung des [[X.].] zugleich Teil eines anderen Geschäftsvorganges ist. Deshalb kommt es nicht darauf an, dass keine Zahlungspflicht der [X.] [X.] bestand.

4. Einwendungen gegen die Höhe der festgesetzten Umsatzsteuer sind von keinem Beteiligten erhoben worden.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [[X.].]O.

Meta

XI R 17/15

22.02.2017

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 25. Juni 2015, Az: 5 K 2660/12 U, Urteil

§ 10 Abs 1 S 2 UStG 2005, § 10 Abs 1 S 3 UStG 2005, Art 73 EGRL 112/2006, § 1 Abs 1 Nr 1 UStG 2005, § 3 Abs 4 UStG 2005, § 3 Abs 9 S 1 UStG 2005, UStG VZ 2007

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.02.2017, Az. XI R 17/15 (REWIS RS 2017, 15152)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15152

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