Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2014, Az. II ZR 223/13

II. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8048

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
II ZR
223/13
Verkündet am:

11. Februar 2014

Stoll

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2014
durch
den
Vorsitzenden
Richter Prof.
Dr.
Bergmann
und [X.] Dr. Strohn, die Richterinnen [X.], [X.] und den Richter Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom
17. Mai 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das
Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 12. Juni/23. Juli 2003 als atypisch stiller [X.]er an der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit
a-

i-

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Mit der Behauptung, der Emissionsprospekt Stand 2003 weise zahlrei-che, von ihm im Einzelnen dargelegte Fehler auf, außerdem habe der Vermittler die Risiken nicht richtig dargestellt, ihm den Prospekt nicht ausgehändigt und die Beklagte sei ihm daher zum Schadensersatz verpflichtet, hat der Kläger von der Beklagten Rückzahlung seiner bisher geleisteten Einlage nebst Agio in

hat er die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihm gegenüber aus der [X.] keinerlei Rechte mehr geltend machen könne.
Die Beklagte hat widerklagend die offene Rate für August 2009 nebst

Das [X.] hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattge-geben. Die Berufung des [X.] ist erfolglos geblieben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte [X.], verfolgt der Kläger sein Klagebegehren sowie die Abweisung der [X.] weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
[X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:

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Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung [X.] atypisch stillen Beteiligung unabhängig von der Frage eines Aufklärungs-mangels schon grundsätzlich nicht zu. Bei der Beklagten handele es sich um eine mehrgliedrige atypische stille [X.], für die die Grundsätze der [X.] wie bei einer Publikumsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG mit der Folge anzuwenden seien, dass der einzelne [X.]er gegen die [X.] grundsätzlich nur einen etwaigen Abfin-dungsanspruch geltend machen könne.
Der mit der
Widerklage geltend gemachten Ratenzahlungsverpflichtung könne der Kläger aus diesem Grunde nicht entgegenhalten, dass die Beklagte zur Rückabwicklung der Beteiligungen verpflichtet sei und ihr deshalb kein [X.] auf die Rate für den Monat August 2009 zustehe. Die laufende Raten-zahlungsverpflichtung könnte allenfalls aufgrund einer wirksamen fristlosen Kündigung entfallen sein; eine solche habe der Kläger allerdings nicht geltend gemacht.
I[X.] 1. Die Revision des [X.] ist begründet.
Das Berufungsgericht hat zwar rechtsfehlerfrei -
und von der Revision auch nicht angegriffen
-
angenommen, dass zwischen den Parteien kein bloß zweigliedriges [X.]sverhältnis zustande gekommen ist, sondern der Kläger einer mehrgliedrigen stillen [X.] in
Form einer Publikumsgesell-schaft beigetreten ist, bei der nach Invollzugsetzung für den Fall etwaiger an-fänglicher Mängel die Grundsätze über die fehlerhafte [X.] Anwendung finden ([X.], Urteil vom 19. November 2013 -
II ZR 320/12, juris, Rn. 14 ff.;
Urteil vom 19. November 2013 -
II ZR 383/12, [X.], 2355 Rn. 17 ff., zu [X.] in den wesentlichen vertraglichen Bestimmungen identischen atypischen stillen [X.]). Entgegen der Auffassung des [X.] schließt 7
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die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften [X.] aber einen [X.] des [X.] auf Ersatz von Vermögensschäden, die ihm -
nach seinem Vorbringen
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durch pflichtwidriges Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen im Zusammenhang mit ihrem Beitritt zur [X.] entstanden sind, nicht von vornherein aus. Auch bei Anwendung der Grundsätze der [X.] kann, wie der Senat weiter entschieden hat,
der Anleger, der sich an einer mehrgliedrigen stillen [X.] beteiligt hat, das stille [X.]sverhältnis unter Berufung auf den (behaupteten) [X.] durch sofort wirksame Kündigung beenden und unter Anrechnung des ihm bei Beendigung seines (fehlerhaften) [X.]sverhältnisses gegebenenfalls zustehenden Abfindungsanspruchs von dem Geschäftsinhaber Ersatz eines darüber hinausgehenden Schadens verlangen, wenn dadurch die gleichmäßige Befriedigung etwaiger Abfindungs-
oder Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen [X.]er nicht gefährdet ist ([X.], Urteil vom 19. November 2013 -
II ZR 383/12, [X.], 2355 Rn. 28 ff.).
2. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe dem Kläger nach diesen Grundsätzen ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zusteht, hat das Berufungsgericht von seinem abweichenden Rechtsstandpunkt aus nicht ge-prüft. Mit der Begründung des [X.] kann die Abweisung der Klage daher ebenso wie die Verurteilung auf die Widerklage keinen Bestand haben. Die angefochtene Entscheidung stellt sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
Da in der Erklärung eines [X.]ers, seinen Beitritt mit [X.] beseitigen zu wollen, in der Regel sein Wille zum Ausdruck kommt, die Bindung an die [X.] und die Mitgesellschafter jedenfalls mit sofortiger Wirkung zu beenden (vgl. [X.], Urteil vom 19. Dezember 1974 -
II ZR 27/73, [X.]Z 63, 338, 344 f.; Urteil vom 16. Dezember 2002 -
II ZR 109/01, [X.]Z 11
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153, 214, 223), kann auch im vorliegenden Fall von einer Kündigung des
(stillen) [X.]sverhältnisses durch den Kläger ausgegangen werden. Dass der Kläger seinen Schadensersatzanspruch nicht unter Anrechnung eines etwaigen Abfindungsguthabens berechnet hat, rechtfertigt eine (vollständige) Abweisung der Klage nicht, weil der Geschädigte nicht ohne weiteres an eine von ihm ursprünglich gewählte Art der Schadensberechnung gebunden ist (vgl. [X.], Urteil vom 18. Oktober 2011 -
VI [X.], [X.], 50 Rn. 4 mwN) und dem Kläger daher Gelegenheit gegeben werden muss, sein Klagevorbrin-gen an die in den Vorinstanzen nicht erörterten, oben angesprochenen rechtli-chen Vorgaben der [X.] vom 19. November 2013 anzupas-sen. Für die Berechnung seines etwaigen Abfindungsanspruchs, dem die nur den weitergehenden Schadensersatzanspruch betreffende, auf die Sicherung ungeschmälerter eventueller Abfindungs-
oder Auseinandersetzungsansprüche der anderen stillen [X.]er gerichtete Sperre nicht entgegenstünde, ist der Kläger zudem auf die Mitwirkung der Beklagten angewiesen, die gemäß § 16 Nr. 1 Buchst. g des stillen [X.]svertrags mit der Ermittlung des [X.] einen Wirtschaftsprüfer zu beauftragen hat.
Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des [X.] und des Vorbringens der Parteien kann auch nicht angenommen werden, dass einem über einen Abfindungsanspruch hinausgehenden Schadensersatzbegeh-ren des [X.] zur Sicherung etwaiger Abfindungs-
oder [X.] der Mitgesellschafter der Erfolg zu versagen wäre. Ob und in welcher Höhe solche (hypothetischen) Ansprüche der anderen stillen Gesell-schafter bestehen und aus dem Vermögen der Beklagten befriedigt werden können, steht nicht fest und müsste gegebenenfalls die Beklagte darlegen und beweisen, wenn sie sich einem Schadensersatzanspruch des [X.] gegen-über darauf berufen wollte, dieser sei wegen einer Gefährdung der Abfindungs-
und Auseinandersetzungsansprüche der übrigen stillen [X.]er [X.]
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dest gegenwärtig nicht oder nicht in voller Höhe durchsetzbar. Im Übrigen wäre selbst für den Fall des Bestehens
eines solchen Hindernisses das auf Zahlung eines bestimmten Schadensersatzbetrages gerichtete Leistungsbegehren des [X.] dahin auszulegen, dass jedenfalls die Feststellung des Bestehens ei-nes Schadensersatzanspruchs in dieser Höhe begehrt wird. Sofern die sonsti-gen Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs ge-geben sind, stünde der Umstand, dass das Vermögen der Beklagten im Zeit-punkt der Entscheidung zur Befriedigung etwaiger (hypothetischer) Abfindungs-
oder Auseinandersetzungsansprüche und des Schadensersatzanspruchs nicht ausreichte, einer Feststellung seines Bestehens nicht entgegen.
Ist die [X.] zwischen allen stillen [X.]ern tatsächlich aufgelöst und bestehen nach Beendigung der Auseinandersetzung zwischen dem
Geschäftsherrn und allen stillen [X.]ern keine [X.] mehr, so stehen die Grundsätze der fehlerhaften [X.] einem verbleibenden, ggf. dem Grunde und dem Betrag nach bereits festge-stellten Schadensersatzanspruch eines geschädigten Anlegers gleichfalls nicht zwischen geschädigten Anlegern mit ihren gegen den Geschäftsinhaber [X.] Schadensersatzansprüchen kommen. Die Mitgesellschafter stehen sich dabei jedoch nicht als solche, sondern lediglich als wie auch sonst miteinander konkurrierende Gläubiger eines Schuldners gegenüber. Aus diesem Grunde genügt es für den Wegfall des sich aus den Grundsätzen der fehlerhaften [X.] ergebenden Hindernisses auch, wenn das verbleibende Vermögen des [X.] im Zeitpunkt der Entscheidung über den gegen ihn ge-richteten Schadensersatzanspruch neben diesem die (bestehenden und hypo-thetischen) Abfindungs-
oder Auseinandersetzungsansprüche der übrigen
stillen [X.]er deckt. Es ist dagegen nicht erforderlich, dass es auch [X.], um vergleichbare Schadensersatzansprüche anderer (getäuschter) stiller 14
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[X.]er zu befriedigen ([X.], Urteil vom 19.
November 2013 -
II
ZR
383/12, [X.], 2355 Rn. 30).
II[X.] Die angefochtene Entscheidung ist daher aufzuheben (§
562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die bislang offen gebliebenen Feststellungen zu den tat-sächlichen Voraussetzungen des von dem Kläger geltend gemachten Scha-densersatzanspruchs treffen kann.

Bergmann

Strohn

[X.]

Reichart

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.08.2011 -
323 O 314/09
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O[X.], Entscheidung vom 17.05.2013 -
11 [X.] -

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Meta

II ZR 223/13

11.02.2014

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.02.2014, Az. II ZR 223/13 (REWIS RS 2014, 8048)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8048

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZR 320/12

II ZR 383/12

VI ZR 17/11

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