Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.07.2018, Az. 7 W (pat) 11/18

7. Senat | REWIS RS 2018, 6381

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2008 012 508.3

hier: Beschwerde gegen den Erteilungsbeschluss

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des [X.] am 9. Juli 2018 durch [X.], die Richterin [X.] und die Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse [X.] des [X.] vom 21. Februar 2018 aufgehoben und die Sache an das [X.] zurückverwiesen.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Am 4. März 2008 reichte die Anmelderin beim [X.] eine Erfindung mit der Bezeichnung „[X.] für eine Wanne“ zur Patentierung ein. Am 11. Oktober 2014 stellte sie den Prüfungsantrag.

2

Im [X.] an zwei vorangegangene Prüfungsbescheide wurde der Anmelderin durch Bescheid vom 16. Januar 2018 eine Patenterteilung unter der Maßgabe der Beseitigung einiger „handwerklicher“ Mängel und der Würdigung einer bestimmten Druckschrift als Stand der Technik in Aussicht gestellt.

3

Daraufhin übermittelte die Anmelderin mittels Telefax am 1. Februar 2018 (im Original eingegangen am 2. Februar 2018) geänderte Unterlagen für die Erteilung, nämlich einen neuen Satz Patentansprüche 1 bis 15, [X.]n 1 bis 11 und Zeichnungen mit Figuren 1 bis 8; die Bezeichnung der Erfindung wurde geändert in „Höhenverstellbarer [X.] für eine Wanne“.

4

Ohne weiteren Zwischenbescheid erteilte die Prüfungsstelle für Klasse [X.] des [X.]s durch Beschluss vom 21. Februar 2018 ein Patent auf Grundlage der am 1. Februar 2018 eingereichten Unterlagen, an denen sie jedoch eine Reihe von (als „redaktionell“ bezeichneten) Änderungen vornahm. So änderte sie den kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 8, demzufolge gemäß dem Antragswortlaut „Ausrichtemittel (25) vorgesehen sind, welche die beiden Spannbacken (7, 8) beim Verspannen in der gewünschten Position zueinander halten“ dahingehend, dass „eine Verdrehsicherung (25) vorgesehen ist, welche die beiden Spannbacken (7, 8) beim Verspannen in der gewünschten Position zueinander hält“. In der Patentbeschreibung wird an verschiedenen Stellen der Begriff „höhenverstellbares Fußelement“ durch den Begriff „höhenverstellbarer [X.]“ ersetzt (Seite 1, Zeilen 1 bis 3, und Seite 2, Zeilen 24 bis 27). Außerdem werden Schreibfehler korrigiert, so in der Beschreibung auf Seite 2, Zeile 21 („g“ statt „q“ bei „[X.]“) und auf Seite 7, Zeile 30 (Streichung des doppelt vorhandenen Wortes „sind“ im Relativsatz).

5

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Anmelderin gegen den so ergangenen Beschluss. Sie beantragt sinngemäß,

6

- den [X.] aufzuheben;

7

- das Patent mit den Unterlagen ihres Antrags vom 1. Februar 2018 zu erteilen, wobei gegenüber diesen Unterlagen folgende Änderungen vorgenommen werden sollen:

8

- im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 8:

9

„……, dass Ausrichtemittel, die eine Verdrehsicherung (25) sein können, vorgesehen [X.].“;

- auf [X.] 1, Zeilen 3 bis 5:

„Die Erfindung betrifft einen höhenverstellbaren [X.] für eine Wanne, insbesondere eine Badewanne, sowie ein Traggestell mit einem solchen [X.]. Derartige Tragfüße dienen dazu, die Wanne stabil abzustützen und“;

- auf [X.] 2, Zeile 21:

„sich eine Art Kreuzgelenk ergibt und das Auflager gegenüber den Tragfüßen eine“

- auf [X.] 2, Zeilen 24 bis 27:

„Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen höhenverstellbaren [X.] für eine Wanne, insbesondere eine Badewanne, vorzuschlagen, der eine vereinfachte Montage an der Wanne ermöglicht. Die Aufgabe ist weiter, ein Traggestell mit einem solchen [X.] zum Tragen einer Wanne bereitzustellen.“

- auf [X.] 7, Zeile 30:

„gesehen, die aus einem Werkstoff mit höherer Festigkeit hergestellt sind“,

- die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen;

- hilfsweise: eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Zur Begründung macht sie insbesondere geltend, der [X.] sei unter Missachtung des Antragsgrundsatzes und ihres rechtlichen Gehörs ergangen. Wäre von der Prüfungsstelle ein entsprechender Hinweis ergangen, so hätte sie den Patentanspruch 8 entsprechend dem nunmehr mit der Beschwerde vorgelegten Antrag geändert. Aus den Anmeldeunterlagen sei ersichtlich, dass die Ausrichtemittel nur in einer konkreten Ausgestaltung eine Verdrehsicherung sein könnten. Die von der Prüfungsstelle vorgenommene Ersetzung des Wortes „Ausrichtemittel“ durch „Verdrehsicherung“ stelle nicht nur eine redaktionelle Änderung dar. Die weiteren mit der Beschwerde beantragten Änderungen entsprächen den vom Prüfer im [X.] vorgenommenen Änderungen, wobei lediglich an einer Stelle (Beschreibung Seite 2, Zeilen 24 bis 27) noch ein grammatikalischer Fehler behoben worden sei.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Verfahrensakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache insoweit Erfolg, als der [X.] ohne Sachentscheidung aufzuheben und die Sache an das Patentamt zurückzuverweisen ist (§ 79 Abs. 3 Nr. 2 [X.]).

1. Die gemäß § 73 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere hat die Anmelderin mit den im [X.] vorgenommenen und von ihr beanstandeten Änderungen im Wortlaut des Patentanspruchs 8 und in der Patentbeschreibung Abweichungen vom Erteilungsantrag und damit schlüssig eine Beschwer geltend gemacht. Dies reicht für die Bejahung der Zulässigkeit der Beschwerde aus (vgl. [X.], [X.], 10. Aufl., § 73 Rn. 51).

2. Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet.

Ein Patent darf grundsätzlich nur so erteilt werden, wie es beantragt ist. Jede Änderung der Unterlagen, die nicht nur in geringfügigen redaktionellen Korrekturen wie der Berichtigung von Schreibfehlern oder offensichtlichen grammatikalischen oder sprachlichen Unrichtigkeiten besteht, setzt das schriftlich erklärte Einverständnis des Anmelders voraus (vgl. [X.], a. a. O., Einleitung Rn. 7, § 49 Rn. 16, m. w. N.).

Die Anmelderin hat sich mit den im [X.] vorgenommenen Änderungen nicht einverstanden erklärt. Diese Änderungen stellen – abgesehen von den sprachlichen Korrekturen auf Seite 2, Zeile 21 und Seite 7, Zeile 30 – auch keine lediglich redaktionellen Änderungen im vorgenannten Sinne dar. Dies gilt insbesondere für die Ersetzung des Begriffs „Ausrichtemittel“ durch den spezielleren Begriff „Verdrehsicherung“ in Patentanspruch 8.

Somit durfte der Prüfer die beanstandeten Änderungen nicht ohne Einverständnis der Anmelderin vornehmen. Die Änderungen stellen daher eine Verletzung des Antragsgrundsatzes dar. Aus diesem Grund ist der angefochtene Beschluss aufzuheben, ohne dass der Senat in der Sache selbst entscheidet, § 79 Abs. 3 Nr. 2 [X.]. Die Prüfungsstelle wird nunmehr über die Erteilung des Patents nach Maßgabe des von der Anmelderin im Beschwerdeverfahren bzw. im weiteren Verlauf des Erteilungsverfahrens gestellten Antrags erneut zu beschließen haben.

3. Die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr beruht auf § 80 Abs. 3 [X.]. Danach ist die Rückzahlung anzuordnen, wenn dies der Billigkeit entspricht. So liegt der Fall hier. Der angefochtene Beschluss erging unter Verletzung des Grundsatzes der Bindung an den Erteilungsantrag, womit die Anmelderin zugleich auch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden ist. Diese Verfahrensfehler sind für die Erhebung der Beschwerde ursächlich gewesen.

4. Die Durchführung der von der Anmelderin hilfsweise beantragten mündlichen Verhandlung war aufgrund der Zurückverweisung der Sache an das [X.] entbehrlich (vgl. [X.], a. a. O., § 78 Rn. 12, m. w. N.).

Meta

7 W (pat) 11/18

09.07.2018

Bundespatentgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.07.2018, Az. 7 W (pat) 11/18 (REWIS RS 2018, 6381)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6381

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