Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.07.2018, Az. 7 W (pat) 9/18

7. Senat | REWIS RS 2018, 6421

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Kühlmöbel und Verfahren zum Steuern eines Kühlmöbels" – Beschwerde gegen Erteilungsbeschluss – zum Grundsatz der antragsgemäßen Patenterteilung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2016 117 806.3

hier: Beschwerde gegen den Erteilungsbeschluss

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des [X.] am 6. Juli 2018 durch [X.], die Richterin [X.] und die Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für [X.] des [X.] vom 9. Januar 2018 aufgehoben und die Sache an das [X.] zurückverwiesen.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

1

Am 21. September 2016 reichte die Anmelderin beim [X.] eine Erfindung mit der Bezeichnung „Kühlmöbel und Verfahren zum Steuern eines Kühlmöbels“ zur Patentierung ein. Zu den Unterlagen der ursprünglich eingereichten Anmeldung gehört eine 21 Seiten umfassende Beschreibung. Deren Text lautet ab Seite 16, Zeile 25, bis Seite 17, Zeile 2, wie folgt:

2

„- 16 -

3

………

4

25 Durch die Umwälzung der Luft und das Erzeugen von Turbulenzen über den [X.] 30 kann der Wärmeübertrager 28 eine kleinere Oberfläche für den Wärmeübergang aufweisen als bei einem vergleichbaren Kühlmöbel aus dem Stand der Technik ohne [X.] 30 und das Einbringen von Turbulenzen, wobei

5

30 das hierin beschriebene Kühlmöbel 10 auch bei einer geringeren [X.] eine höhere Kühlleistung bereitstellt. Zusätzlich oder alternativ dazu ermöglicht das hierin

6

– 17 –

7

beschriebene Kühlmöbel eine Reduzierung des Umluftstroms über den [X.] 26………“

8

Mit Schreiben der Prüfungsstelle vom 4. Juli 2017 wurde der Anmelderin ein Prüfungsbescheid übermittelt. Darin wurde sie aufgefordert, den für das Verständnis der Erfindung relevanten Stand der Technik und die hieraus bekannten Merkmale der Erfindung – weil diese der gewählten einteiligen Anspruchsfassung nicht entnommen werden könnten – zu benennen. Konkrete Vorschläge zur Änderung der [X.], etwa im Hinblick auf den zitierten Beschreibungstext, enthielt der Prüfungsbescheid nicht.

9

In Beantwortung des Prüfungsbescheids legte die Anmelderin mit Schreiben vom 3. November 2017, eingegangen am 8. November 2017, geänderte Beschreibungsseiten 2 und 2a vor, welche die ursprünglich eingereichte Beschreibungsseite 2 ersetzen sollten. Weitere Änderungen an den [X.] wurden von der Anmelderin nicht vorgenommen.

Durch Beschluss der Prüfungsstelle für [X.] des [X.]s vom 9. Januar 2018 wurde das Patent auf Grundlage der am Anmeldetag eingereichten Unterlagen erteilt, wobei die ursprüngliche Seite 2 der Beschreibung durch die am 8. November 2017 eingegangenen Seiten 2 und 2a ersetzt wurde. Ferner wurden auf den Beschreibungsseiten 18 und 20 zwei offenbare [X.] korrigiert, und auf Seite 17 wurde in der zweiten Zeile die Angabe „[X.] 26“ ersetzt durch „[X.] 30“.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Anmelderin gegen die letztgenannte Änderung. Sie beantragt sinngemäß,

- den [X.] aufzuheben;

- das Patent mit den im angefochtenen Beschluss genannten Unterlagen zu erteilen, wobei der Text auf der Beschreibungsseite 17, Zeilen 1 und 2, wie folgt geändert werden soll:

„beschriebene Kühlmöbel eine Reduzierung des Zuluftstroms über den Zuluftventilator 26………“;

- die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

Zur Begründung trägt sie vor, der Prüfer habe sie am 6. Dezember 2017 telefonisch auf einen Fehler in der Textstelle auf Seite 17 der Beschreibung hingewiesen. Die Änderung im [X.] sei vermutlich deshalb vorgenommen worden, weil in der übrigen Beschreibung für die Zuluftventilatoren das Bezugszeichen „26“ und für die [X.]en das Bezugszeichen „30“ verwendet werde. Zutreffend müsse jedoch nicht das Bezugszeichen geändert, sondern der Begriff „[X.]“ durch „Zuluftventilator“ ersetzt werden, wofür die Anmelderin auf eine Offenbarung auf Seite 7, Zeilen 30, bis Seite 8, Zeile 3, der Beschreibung verweist. Sie habe sich zwar mündlich mit der vom Prüfer vorgeschlagenen Änderung einverstanden erklärt, diese aber nicht schriftlich bestätigt.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache insoweit Erfolg, als der [X.] ohne Sachentscheidung aufzuheben und die Sache an das Patentamt zurückzuverweisen ist (§ 79 Abs. 3 Nr. 2 [X.]).

1. Die gemäß § 73 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere hat die Anmelderin mit der im [X.] vorgenommenen und von ihr beanstandeten Änderung auf Seite 17 der Beschreibung eine Abweichung vom Erteilungsantrag und damit schlüssig eine Beschwer geltend gemacht. Dies reicht für die Bejahung der Zulässigkeit der Beschwerde aus (vgl. [X.], [X.], 10. Aufl., § 73 Rn. 51).

2. Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet.

Ein Patent darf grundsätzlich nur so erteilt werden, wie es beantragt ist. Jede Änderung der Unterlagen, die nicht nur in geringfügigen redaktionellen Korrekturen wie der Berichtigung von Schreibfehlern oder offensichtlichen grammatikalischen oder sprachlichen Unrichtigkeiten besteht, setzt das schriftlich erklärte Einverständnis des Anmelders voraus (vgl. [X.], a. a. O., Einleitung Rn. 7, § 49 Rn. 16, m. w. N.).

Die Anmelderin hat sich mit der im [X.] vorgenommenen Änderung auf Seite 17 der Beschreibungsunterlagen jedenfalls nicht schriftlich einverstanden erklärt. Ob sie – entsprechend ihren eigenen Darlegungen – den Änderungen telefonisch zugestimmt hat, kann dahingestellt bleiben (in der elektronischen Akte des Patentamts findet sich kein Hinweis auf ein Telefonat des Vertreters der Anmelderin mit dem Prüfer).

Die im [X.] vorgenommene Änderung auf der Beschreibungsseite 17 stellt auch keine lediglich redaktionelle Änderung im vorgenannten Sinne dar. Die Angabe „[X.] 26“ auf Seite 17, Zeile 2, der ursprünglich eingereichten Beschreibung mag zwar im Kontext der gesamten Anmeldung offenbar unrichtig sein, weil dort an anderen Stellen das Bezugszeichen „26“ für Zuluftventilatoren und das Bezugszeichen „30“ für [X.]en verwendet wird. Die Korrektur dieser Unrichtigkeit besteht jedoch nicht zwingend – wie im [X.] geschehen – in einer Änderung des [X.] („30“ statt „26“). Vielmehr kann eine Angleichung an die Begrifflichkeit der Anmeldung auch dadurch erfolgen, dass – wie von der Anmelderin nunmehr beantragt – an der besagten Stelle das Wort „[X.]“ ersetzt wird durch „Zuluftventilator“.

Somit durfte der Prüfer die Patentbeschreibung auf Seite 17, Zeile 2, nicht ohne Einverständnis der Anmelderin korrigieren. Die beanstandete Änderung stellt daher eine Verletzung des Antragsgrundsatzes dar. Aus diesem Grund ist der angefochtene Beschluss aufzuheben, ohne dass der Senat in der Sache selbst entscheidet, § 79 Abs. 3 Nr. 2 [X.]. Die Prüfungsstelle wird nunmehr über die Erteilung des Patents nach Maßgabe des von der Anmelderin im Beschwerdeverfahren bzw. im weiteren Verlauf des Erteilungsverfahrens gestellten Antrags erneut zu beschließen haben.

3. Die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr beruht auf § 80 Abs. 3 [X.]. Danach ist die Rückzahlung anzuordnen, wenn dies der Billigkeit entspricht. So liegt der Fall hier. Der angefochtene Beschluss erging unter Verletzung des Grundsatzes der Bindung an den Erteilungsantrag, womit die Anmelderin zugleich auch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden ist. Diese Verfahrensfehler sind für die Erhebung der Beschwerde ursächlich gewesen.

Meta

7 W (pat) 9/18

06.07.2018

Bundespatentgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.07.2018, Az. 7 W (pat) 9/18 (REWIS RS 2018, 6421)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6421

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