Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.2019, Az. 3 AZR 219/18

3. Senat | REWIS RS 2019, 10171

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Gegenstand

Hinterbliebenenversorgung - Spätehenklausel


Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 16. Januar 2018 - 3 [X.] 786/16 [X.] - aufgehoben.

Die [X.]erufung der [X.]eklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts [X.]raunschweig vom 14. Juni 2016 - 8 [X.]/15 [X.] - wird zurückgewiesen.

Die [X.]eklagte hat die Kosten der [X.]erufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin eine betriebliche Hinterbliebenenrente zu gewähren.

2

Die Klägerin ist die Witwe des im Juli 1922 geborenen und im Dezember 2006 verstorbenen ehemaligen Mitarbeiters der Beklagten [X.] Die Ehe wurde im Oktober 2000 geschlossen.

3

Auf das bis zum 31. Juli 1981 bestandene Arbeits- und das anschließende Versorgungsverhältnis des verstorbenen Ehemanns der Klägerin mit der Beklagten, einem Unternehmen der Automobilindustrie, fand die Betriebsvereinbarung Nr. 6/76, [X.] (im Folgenden [X.] 1976) vom 21. Dezember 1976 Anwendung. Diese lautet auszugsweise:

        

§ 1   

        

Grundsätze der Versorgung

        

(1)     

Die Versorgung durch die [X.] ergänzt die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und umfasst

                 

[X.] wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit

(§ 3),

                 

[X.]

(§ 4),

                 

[X.]

(§ 5).

        

…       

        

(4)     

Die Höhe der [X.] bemisst sich

                 

a)    

aus der Anzahl der Jahre des Arbeitsverhältnisses mit der [X.]

                 

und     

        
                 

b)    

aus dem durchschnittlichen monatlichen Bruttoarbeitsentgelt in den letzten zwölf Kalendermonaten des Arbeitsverhältnisses (§ 6).

                 

Entsprechend der Anzahl der Jahre (a) ergibt sich ein bestimmter Prozentsatz vom Bruttoarbeitsentgelt (b), der als [X.] wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit oder als [X.] monatlich gezahlt wird (§ 7 Abs. 1). Die [X.] ist ein Teilbetrag hiervon (§ 7 Abs. 6).

        

…       

        

§ 4     

        

[X.]

        

(1)     

[X.] wird gezahlt, wenn ein V-Mitarbeiter nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis mit der [X.] ausscheidet (= Versorgungsfall bei fester Altersgrenze).

        

(2)     

[X.] wird vorzeitig gezahlt, wenn ein V-Mitarbeiter nach Vollendung des 63. - bei Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit oder bei Schwerbehinderung nach Vollendung des 62. Lebensjahres -, eine V-Mitarbeiterin nach Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis mit der [X.] ausscheidet (= Versorgungsfall bei flexibler Altersgrenze).

        

…       

        

§ 5     

        

[X.]

        

(1)     

[X.] wird im Falle des Todes eines [X.] (= vorzeitiger Versorgungsfall) oder im Falle des Todes eines V-Rentners (= Versorgungsfall) gezahlt, im ersten Fall jedoch nur, wenn die Wartezeit (§ 2) erfüllt ist.

        

(2)     

Hinterbliebene sind die Witwe oder der Witwer ...

        

(3)     

[X.] an eine Witwe oder an einen Witwer setzt voraus, dass bei der Eheschließung der verstorbene Ehemann noch nicht 63, die verstorbene Ehefrau noch nicht 60 Jahre alt war. …

        

...     

        

(5)     

[X.] wird erstmals für den Monat gezahlt, der auf den Monat der letzten [X.] oder der letzten Zahlung aus dem Arbeitsverhältnis folgt. …

        

…       

        

§ 7     

        

Höhe der [X.]n

        

…       

        
        

(6)     

Die [X.] für die Witwe oder den Witwer beträgt 60 %, die [X.] für eine Halbwaise 10 %, für eine Vollwaise 20 % der [X.], die der Verstorbene bezogen hatte ...

        

…       

        

§ 8     

        

Vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses

        

(1)     

Ein V-Mitarbeiter, der vor dem Versorgungsfall (§§ 3, 4 und 5) aus dem Arbeitsverhältnis mit der [X.] ausscheidet, behält seine [X.], wenn er zum Zeitpunkt des Ausscheidens mindestens 35 Jahre alt ist und wenn sein Arbeitsverhältnis mit der [X.] mindestens zehn Jahre ununterbrochen bestanden hat. …

        

...     

        

(3)     

Die [X.] wird wie folgt berechnet: Es wird ermittelt, welche [X.] bei angenommener Fortdauer des Arbeitsverhältnisses mit der [X.] bis zum Eintritt der nach Absatz 2 maßgebenden Voraussetzungen nach § 7 zu zahlen wäre (= fiktive Vollrente). ... Diese Rente wird in dem Verhältnis ermäßigt, in dem die erreichte Dauer des Arbeitsverhältnisses mit der [X.] zur erreichbar gewesenen Dauer steht (bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres = feste Altersgrenze).“

4

Die Beklagte wendet § 5 Abs. 3 [X.] 1976 inzwischen dergestalt an, dass für Männer und Frauen unterschiedslos auf die Vollendung des 63. Lebensjahres abgestellt wird.

5

Seit August 1981 bezog der verstorbene Ehemann der Klägerin eine V-Betriebsrente.

6

Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, der Leistungsausschluss in § 5 Abs. 3 [X.] 1976 sei altersdiskriminierend und deshalb unwirksam.

7

Die Klägerin hat beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass sie gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von betrieblicher Witwenrente seit dem Eintritt des Versicherungsfalls hat;

                 

hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit der Feststellungsklage

        

2.    

die Beklagte zu verpflichten, ihr Auskunft über die Höhe der ihr zustehenden betrieblichen Witwenrente zu erteilen;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie die nach der Höhe noch näher zu beziffernde rückständige betriebliche Witwenrente nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem jeweiligen Ersten des jeweiligen Folgemonats, beginnend mit dem Eintritt des Versicherungsfalls und endend mit dem 1. November 2015 zu zahlen;

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie ab dem 1. Dezember 2015 lebenslang zum Ende eines jeden Monats eine betriebliche Witwenrente in noch näher zu beziffernder Höhe zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die [X.] in § 5 Abs. 3 [X.] 1976 sei bereits nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG wirksam. Zudem bezwecke die Klausel, den [X.] der Hinterbliebenenversorgung kalkulierbar zu halten. Auch knüpfe sie an ein betriebsrentenrechtliches Strukturprinzip an. Dies ergebe sich aus der bei ihr üblichen Ausscheidepraxis, dem Durchschnittsalter der ausscheidenden Versorgungsberechtigten und der damaligen Möglichkeit, die gesetzliche Altersrente mit Vollendung des 63. Lebensjahres vorzeitig in Anspruch nehmen zu können. Die Betriebsparteien hätten bei Abschluss der [X.] 1976 davon ausgehen dürfen, dass Arbeitnehmer eine vorzeitige Altersrente aus der gesetzlichen Altersrente in Anspruch nehmen würden. Bei Unwirksamkeit der [X.], die eine Ausweitung der Versorgungsrisiken um mindestens 6,2 Mio. Euro zur Folge hätte, sei eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend vorzunehmen, dass für die [X.] auf den Versorgungsfall „Alter“ abzustellen sei.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben. Das [X.] hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Die zulässige Feststellungsklage ist begründet.

I. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Er ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet und weist das notwendige Feststellungsinteresse auf.

1. Der Klageantrag ist auf die Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken, sondern kann sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken ([X.] 16. Oktober 2018 - 3 [X.] - Rn. 13 [X.]).

2. So verhält es sich hier. Die Klägerin begehrt mit ihrem Hauptantrag - bei [X.] (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl. [X.] 27. Juni 2017 - 9 [X.] - Rn. 11) - die Feststellung der grundsätzlichen Verpflichtung der [X.], ihr eine [X.] nach der [X.] 1976 ab dem Eintritt des [X.] zu gewähren. Ihr geht es hingegen nicht darum, eine konkrete, lediglich nicht bezifferbare Zahlungspflicht feststellen zu lassen. Damit begehrt die Klägerin die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, nämlich der Versorgungsverpflichtung der [X.] (vgl. etwa [X.] 12. Februar 2013 - 3 [X.] - Rn. 13, [X.]E 144, 231).

3. Der so verstandene Feststellungsantrag ist auch bestimmt genug iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Da [X.] nicht vollstreckbar sind, reicht es aus, wenn bei einer dem Antrag entsprechenden Verurteilung klar ist, was zwischen den Parteien gelten soll, mag es auf dieser Grundlage auch weiterer Präzisierungen hinsichtlich konkreter Ansprüche bedürfen ([X.] 12. November 2013 - 3 [X.] - Rn. 33).

4. Die Klägerin hat auch ein rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung der Leistungspflicht der [X.], da diese eine Verpflichtung zur Erbringung von [X.] in Abrede stellt. Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht, da die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte ermöglicht und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen ([X.] 16. Oktober 2018 - 3 [X.] - Rn. 14 [X.]).

II. Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist dem Grunde nach verpflichtet, der Klägerin eine Hinterbliebenenversorgung nach § 5 Abs. 1, Abs. 2 [X.] 1976 zu zahlen.

1. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen einer Hinterbliebenenrente nach § 5 Abs. 1, Abs. 2 [X.] 1976. Der verstorbene Ehemann der Klägerin unterfiel der [X.] 1976, die in § 5 [X.] 1976 die Zusage einer [X.] beinhaltet.

2. Der geltend gemachte Anspruch ist nicht nach § 5 Abs. 3 [X.] 1976 ausgeschlossen.

Nach § 5 Abs. 3 [X.] 1976 ist die Witwe nur dann rentenberechtigt, wenn zum Zeitpunkt der Eheschließung der Verstorbene das 63. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Zwar war die Ehe der Klägerin mit ihrem verstorbenen Ehemann erst geschlossen worden, nachdem dieser das 63. Lebensjahr vollendet hatte. Die [X.] ist jedoch wegen Verstoßes gegen das in § 7 Abs. 1, §§ 1, 3 Abs. 1 AGG normierte Verbot der Benachteiligung wegen des Alters gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.

a) [X.] ist anwendbar.

aa) [X.] gilt trotz der in § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG enthaltenen Verweisung auf das [X.] auch für die betriebliche Altersversorgung, soweit das [X.] nicht vorrangige Sonderregelungen enthält (st. Rspr. seit [X.] 11. Dezember 2007 - 3 [X.] - Rn. 22, [X.]E 125, 133; 16. Oktober 2018 - 3 [X.] - Rn. 21; 14. November 2017 - 3 [X.] 781/16 - Rn. 15, [X.]E 161, 56). Letzteres ist nicht der Fall.

[X.]) Auch der persönliche Anwendungsbereich des Gesetzes ist nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 AGG eröffnet. Zwar unterfällt die Klägerin als Hinterbliebene ihres versorgungsberechtigten Ehemanns selbst nicht unmittelbar dem Anwendungsbereich des [X.], da sie insoweit nicht zu den in § 6 Abs. 1 AGG genannten Personengruppen zählt. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Benachteiligung vorliegt, ist allerdings auf den versorgungsberechtigten Arbeitnehmer und nicht auf den Hinterbliebenen abzustellen (st. Rspr., vgl. etwa [X.] 16. Oktober 2018 - 3 [X.] - Rn. 22; 20. Februar 2018 - 3 [X.] 43/17 - Rn. 14, [X.]E 162, 36; vgl. auch [X.] 24. November 2016 - [X.]/15 - [[X.]] Rn. 67). Es kommt also auf den verstorbenen Ehemann der Klägerin als unmittelbar Versorgungsberechtigten an. Dieser unterfällt dem persönlichen Geltungsbereich des [X.], auch wenn das Beschäftigungsverhältnis - wie vorliegend - bereits beendet ist. Nach dem Tod ihres Ehemanns und damit ab Eintritt des [X.] ist die Klägerin als Hinterbliebene berechtigt, dessen Recht als eigenes - abgeleitetes - Recht geltend zu machen ([X.] 16. Oktober 2018 - 3 [X.] - Rn. 22).

cc) [X.] ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Zwischen dem verstorbenen Ehemann der Klägerin und der Versorgungsschuldnerin bestand nach Inkrafttreten des [X.] am 18. August 2006 (Art. 4 Satz 1 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006, BGBl. I S. 1897) ein Rechtsverhältnis, nämlich ein Versorgungsverhältnis (ausführlich dazu etwa [X.] 15. Oktober 2013 - 3 [X.] 653/11 - Rn. 31 [X.]).

b) Der in § 5 Abs. 3 [X.] 1976 enthaltene Ausschluss, wonach kein Anspruch auf [X.] besteht, wenn der Verstorbene bei der Eheschließung bereits 63 war, dh. die Ehe erst nach der Vollendung des 63. Lebensjahres des unmittelbar Versorgungsberechtigten geschlossen wurde, bewirkt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters iSd. §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 AGG.

aa) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen der in § 1 AGG genannten Gründe, ua. wegen des Alters, benachteiligt werden. Unzulässig sind unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen. Eine unmittelbare Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine mittelbare Benachteiligung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam (vgl. [X.] 14. November 2017 - 3 [X.] 781/16 - Rn. 23, [X.]E 161, 56; 4. August 2015 - 3 [X.] 137/13 - Rn. 40, [X.]E 152, 164).

[X.]) Danach bewirkt § 5 Abs. 3 [X.] 1976 eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters iSd. §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 AGG. Indem die Regelung unmittelbar an die Vollendung des 63. Lebensjahres anknüpft, führt sie zu einem vollständigen Ausschluss der V-[X.] bei unmittelbar Versorgungsberechtigten, deren Ehe erst nach der Vollendung ihres 63. Lebensjahres geschlossen wurde. Damit erfahren Arbeitnehmer, die - wie der verstorbene Ehemann der Klägerin - die Ehe nach der Vollendung ihres 63. Lebensjahres schließen, wegen ihres Alters eine ungünstigere Behandlung als Arbeitnehmer, die vor der Vollendung des 63. Lebensjahres heiraten (vgl. [X.] 14. November 2017 - 3 [X.] 781/16 - Rn. 24, [X.]E 161, 56; 4. August 2015 - 3 [X.] 137/13 - Rn. 41, [X.]E 152, 164).

c) Diese bewirkte Ungleichbehandlung ist nicht nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt.

aa) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine Aufzählung von Tatbeständen, wonach derartige unterschiedliche Behandlungen insbesondere gerechtfertigt sein können. Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist dies der Fall bei der Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der [X.] Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen. Indem der Gesetzgeber den in Nr. 4 geregelten Tatbestand in die Rechtfertigungsgründe des § 10 Satz 3 AGG eingeordnet hat, hat er zum Ausdruck gebracht, dass die Festsetzung von Altersgrenzen für den Anspruch auf Leistungen aus den dort aufgeführten betrieblichen Systemen der [X.] Sicherheit grundsätzlich objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist. Da eine solche Altersgrenze in der jeweiligen Versorgungsregelung festzusetzen ist, muss die konkret gewählte Altersgrenze allerdings iSv. § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein (st. Rspr., vgl. etwa [X.] 20. Februar 2018 - 3 [X.] 43/17 - Rn. 22 [X.], [X.]E 162, 36). Soweit die Voraussetzungen von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG erfüllt sind, ist eine unterschiedliche Behandlung danach zwar grundsätzlich, aber nicht immer zulässig ([X.] 14. November 2017 - 3 [X.] 781/16 - Rn. 26, [X.]E 161, 56; 26. September 2017 - 3 [X.] 72/16 - Rn. 38, [X.]E 160, 255).

[X.]) § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/[X.] in das nationale Recht. Die Bestimmung ist mit Unionsrecht vereinbar (vgl. bereits [X.] 18. März 2014 - 3 [X.] 69/12 - Rn. 22 ff. [X.], [X.]E 147, 279). Dies gilt auch, soweit die dortigen Anforderungen an die Zulässigkeit von Altersgrenzen iSd. § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG über das nach Unionsrecht Erforderliche hinausgehen (vgl. dazu ausführlich [X.] 26. September 2017 - 3 [X.] 72/16 - Rn. 40 ff., [X.]E 160, 255).

cc) Die [X.] nach § 5 Abs. 3 [X.] 1976 unterfällt § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG.

Einschlägig ist hier die in § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG aufgeführte Fallgruppe der „Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der [X.] Sicherheit als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen“. Soweit der Senat in der Vergangenheit davon ausgegangen ist, dass § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG für diese Fallgruppe von seinem Wortlaut her ausschließlich an die Risiken „Alter“ und „Invalidität“ und nicht an das Risiko „Tod“ anknüpft und deshalb nur die Alters- und Invaliditätsversorgung - nicht aber die Hinterbliebenenversorgung - erfasst (vgl. [X.] 4. August 2015 - 3 [X.] 137/13 - Rn. 47, [X.]E 152, 164), hat er diese Rechtsprechung mit Urteil vom 14. November 2017 (- 3 [X.] 781/16 - Rn. 30 f., [X.]E 161, 56) im Nachgang zu der Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] vom 24. November 2016 (- [X.]/15 - [[X.]] Rn. 71 f.) aufgegeben. Entsprechend Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/[X.], der von seinen Voraussetzungen § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG entspricht, unterfällt eine Hinterbliebenenversorgung - entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Auffassung - jedenfalls dann § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG, wenn dem Arbeitnehmer - wie hier - eine Altersversorgung zugesagt wird und sich die Höhe der Hinterbliebenenversorgung an der Höhe der betrieblichen Altersrente - hier in § 7 Abs. 6 [X.] 1976 - oder - sofern versprochen - der Invaliditätsrente orientiert. Die Hinterbliebenenversorgung steht regelmäßig in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Alters- oder Invaliditätsrente. Dies führt dazu, dass sie als „Annex“ von der in § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG aufgeführten Alters- bzw. Invaliditätsrente miterfasst wird ([X.] 14. November 2017 - 3 [X.] 781/16 - Rn. 31, aaO).

dd) Entgegen der Ansicht der [X.] folgt nicht allein aus dem Umstand, dass § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG einschlägig ist, dass die durch die [X.] bewirkte Diskriminierung wegen des Alters gerechtfertigt ist. Neben § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG sind immer auch § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG anzuwenden (vgl. ausführlich hierzu [X.] 26. September 2017 - 3 [X.] 72/16 - Rn. 40 ff., [X.]E 160, 255).

§ 10 Satz 3 Nr. 1 bis Nr. 6 AGG beinhalten, wie das Wort „insbesondere“ verdeutlicht, Regelbeispiele, die aber die tatbestandlichen Voraussetzungen in § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG nicht außer [X.] setzen (vgl. auch [X.]/Preis/[X.] [X.] 2. Aufl. Rn. 6.53; [X.]/[X.] Betriebsrentenrecht [X.] Stand Januar 2019 [X.]. 6 Rn. 205). Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Nach der Gesetzesbegründung sollte § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG klarstellen, „dass die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der [X.] Sicherheit - insbesondere der betrieblichen Altersversorgung - regelmäßig keine Benachteiligung wegen des Alters darstellt“ ( [X.]. 16/1780 S. 36). Dies zeigt, dass nach dem Willen des Gesetzgebers solche Altersgrenzen lediglich grundsätzlich, aber nicht immer zulässig sein sollen (vgl. [X.] 26. September 2017 - 3 [X.] 72/16 - Rn. 43, [X.]E 160, 255). Die Kritik der [X.], das Wort „regelmäßig“ in der Gesetzesbegründung könne sich auch auf den letzten Satz der Begründung zu § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG beziehen, verfängt nicht. Das Wort „regelmäßig“ steht im ersten Satz der Begründung zu Nr. 4. Es hat keinen Bezug zum letzten Satz, in welchem auf die Benachteiligung wegen des Geschlechts bzw. anderer in § 1 AGG angeführter Gründe abgestellt wird. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass § 10 Satz 3 AGG nicht nur Regelbeispiele beinhaltet, sondern die dortigen Sachverhalte eine Ungleichbehandlung wegen des Alters ohne weitere Überprüfung stets rechtfertigen, hätte er das im Gesetzestext klar zum Ausdruck gebracht. Ist der Tatbestand eines Regelbeispiels erfüllt, so spricht das zwar zunächst für eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung im Sinne einer regelmäßigen Vermutungswirkung. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn es an der Angemessenheit oder der Erforderlichkeit fehlt (vgl. zu „Generalklausel“ und „Regelbeispiel“ [X.] 21. März 2018 - 10 [X.] - Rn. 105, [X.]E 162, 166).

ee) Die durch § 5 Abs. 3 [X.] 1976 bewirkte Ungleichbehandlung wegen des Alters beruht auf einem legitimen Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG, ohne dass es insoweit entscheidend darauf ankäme, dass die streitbefangene Klausel unter § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG fällt.

(1) Legitime Ziele iSv. § 10 Satz 1 AGG sind wegen der in Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/[X.] genannten Beispielsfälle „Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung“ nicht nur solche aus dem Bereich Arbeits- und Sozialpolitik (vgl. [X.] 13. September 2011 - [X.]/09 - [[X.] ua.] Rn. 81 [X.]; vgl. auch [X.] 24. Oktober 2011 - 1 BvR 1103/11 - Rn. 15; [X.] 14. November 2017 - 3 [X.] 781/16 - Rn. 33, [X.]E 161, 56). Auch Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik, die ein Arbeitgeber mit einer im Arbeitsvertrag vorgesehenen betrieblichen Altersversorgung anstrebt, können legitime Ziele im Sinne der europäischen Vorgaben sein ([X.] 14. November 2017 - 3 [X.] 781/16 - Rn. 33 [X.], aaO). Dementsprechend sind Ziele, die im Rahmen von Anliegen der Beschäftigungspolitik und des Sozialschutzes einen Ausgleich zwischen verschiedenen beteiligten Interessen schaffen sollen, um damit der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung zu dienen, als legitim iSv. § 10 Satz 1 AGG anzusehen. Dazu gehört auch, den unternehmerischen Belangen einer begrenz- und kalkulierbaren Belastung Rechnung zu tragen (vgl. ausführlicher [X.] 14. November 2017 - 3 [X.] 781/16 - Rn. 33 [X.], aaO). Indem § 10 AGG erlaubt, in [X.] die Leistungspflichten des Versorgungsschuldners zu begrenzen und damit für diesen eine verlässliche und überschaubare Kalkulationsgrundlage zu schaffen, verfolgt die gesetzliche Bestimmung das Ziel, die betriebliche Altersversorgung zu verbreiten. Es hält sich demnach im Rahmen dieses legitimen Ziels, wenn in einer Versorgungsordnung von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird ([X.] 20. Februar 2018 - 3 [X.] 43/17 - Rn. 26, [X.]E 162, 36; 14. November 2017 - 3 [X.] 781/16 - Rn. 33, aaO).

Das mit der Regelung verfolgte Ziel muss dabei nicht ausdrücklich benannt werden. Auch aus dem allgemeinen Kontext der Regelung können sich Anhaltspunkte ergeben, die es ermöglichen, den Zweck der Regelung festzustellen und dadurch Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Bestimmung zu überprüfen (vgl. [X.] 20. Februar 2018 - 3 [X.] 43/17 - Rn. 27, [X.]E 162, 36; 26. September 2017 - 3 [X.] 72/16 - Rn. 50 [X.], [X.]E 160, 255).

(2) Danach beruht die durch § 5 Abs. 3 [X.] 1976 bewirkte Ungleichbehandlung wegen des Alters auf einem legitimen Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG.

Der Ausschluss begrenzt die mit der Gewährung einer Hinterbliebenenversorgung verbundenen finanziellen Risiken. Damit dient die Regelung dem Interesse des Arbeitgebers an einer überschaubaren und kalkulierbaren Versorgungslast. Gerade bei der Hinterbliebenenversorgung hat der Arbeitgeber ein anerkennenswertes Interesse an einer solchen Begrenzung, da ein derartiges Leistungsversprechen zusätzliche Unwägbarkeiten und Risiken nicht nur in Bezug auf den Zeitpunkt des [X.], sondern auch hinsichtlich der Dauer der Leistungserbringung mit sich bringt (vgl. [X.] 20. Februar 2018 - 3 [X.] 43/17 - Rn. 28, [X.]E 162, 36).

ff) Die in § 5 Abs. 3 [X.] 1976 bestimmte Altersgrenze ist aber nicht angemessen iSv. § 10 Satz 2 AGG. Sie führt zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der Versorgungsberechtigten, die - weil sie bei Eheschließung das 63. Lebensjahr vollendet hatten - von der Zusage einer Witwen-/Witwerversorgung vollständig ausgeschlossen werden. Indem die [X.] 1976 auf die Vollendung des 63. Lebensjahres abstellt, knüpft sie nicht an ein [X.] Strukturprinzip an.

(1) Eine Altersgrenze iSv. § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist nach § 10 Satz 2 AGG grundsätzlich angemessen, wenn sie es erlaubt, das mit ihr verfolgte Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG zu erreichen, ohne zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen derjenigen Arbeitnehmer zu führen, die aufgrund der Klausel benachteiligt werden. Sie ist erforderlich iSd. § 10 Satz 2 AGG, wenn sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendig ist. Altersgrenzen iSv. § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG, die an betriebsrentenrechtliche Strukturprinzipien anknüpfen, sind in der Regel angemessen nach § 10 Satz 2 AGG (vgl. [X.] 14. November 2017 - 3 [X.] 781/16 - Rn. 37 [X.], [X.]E 161, 56).

(2) Der Arbeitnehmer hat ein Versorgungsinteresse unabhängig von dem Lebensalter, zu welchem seine Ehe geschlossen wird. Da die Hinterbliebenenversorgung Entgeltcharakter hat, also eine Gegenleistung für die Beschäftigungszeit ist, und von Arbeitnehmern, die erst in höherem Alter heiraten, genauso erarbeitet wird wie von denen, die früher - also vor Vollendung des 63. Lebensjahres - heiraten, ist die Dauer der Ehe während des Arbeitsverhältnisses oder auch ein versorgungsnahes Alter kein tauglicher Anknüpfungspunkt für einen Anspruchsausschluss (vgl. [X.] 4. August 2015 - 3 [X.] 137/13 - Rn. 71, [X.]E 152, 164). Danach ist es regelmäßig nicht angemessen, die unter Geltung einer Versorgungszusage geleistete Betriebszugehörigkeit im Hinblick auf die Hinterbliebenenversorgung allein deshalb vollständig unberücksichtigt zu lassen, weil der Versorgungsberechtigte bei der Eheschließung ein bestimmtes Lebensalter erreicht hatte ([X.] 4. August 2015 - 3 [X.] 137/13 - Rn. 69, aaO). Angemessen kann es hingegen sein, wenn eine Versorgungsordnung den Ausschluss einer Hinterbliebenenversorgung mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses oder dem Eintritt des [X.] beim versorgungsberechtigten Arbeitnehmer selbst (vgl. [X.] 4. August 2015 - 3 [X.] 137/13 - Rn. 70, aaO) oder auch mit dem Erreichen der festen Altersgrenze der Versorgungsordnung, also mit einem betriebsrentenrechtlichen Strukturprinzip verknüpft (vgl. [X.] 14. November 2017 - 3 [X.] 781/16 - Rn. 40, [X.]E 161, 56). Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Lebensgestaltung des Arbeitnehmers nach einer solchen Zäsur bei der Abgrenzung seiner Leistungspflichten unberücksichtigt zu lassen (vgl. [X.] 14. November 2017 - 3 [X.] 781/16 - Rn. 40, aaO). Dagegen ist eine von betriebsrentenrechtlichen Strukturprinzipien losgelöste, an das Alter anknüpfende Grenze, die eine zugesagte Versorgung einschränken soll, in der Regel nicht angemessen. Es fehlt hinsichtlich der berechtigten Interessen der Versorgungsberechtigten an einem nachvollziehbaren Anknüpfungspunkt für den Anspruchsausschluss.

Dies folgt aus den Wertungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.], wonach betriebliche Altersversorgung iSd. [X.]es vorliegt, wenn dem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung vom Arbeitgeber „aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses“ zugesagt werden ([X.] 20. Mai 2014 - 3 [X.] 1094/12 - Rn. 17). Danach muss zwischen dem Arbeitsverhältnis und der Zusage ein Kausalzusammenhang bestehen (vgl. etwa [X.] 20. April 2004 - 3 [X.] 297/03  - zu I 2 der Gründe, [X.]E 110, 176 ; 25. Januar 2000 -  3 [X.] 769/98  - zu II 2 der Gründe). Im Hinblick darauf übernimmt der Arbeitgeber mit der Zusage von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bestimmte Risiken, die Altersversorgung deckt einen Teil der „Langlebigkeitsrisiken“, die [X.] einen Teil der [X.] und die Hinterbliebenenversorgung einen Teil der Todesfallrisiken ab (vgl. etwa [X.] 25. Juni 2013 - 3 [X.] 219/11  - Rn. 13 , [X.]E 145, 314 ). Vor diesem Hintergrund ist ein vom Ende des Arbeitsverhältnisses unabhängiges Alter kein sachgerechter Anknüpfungspunkt für Regelungen über den Ausschluss einer Hinterbliebenenversorgung (vgl. [X.] 4. August 2015 - 3 [X.] 137/13 - Rn. 70, [X.]E 152, 164). [X.] der Ausschluss von Hinterbliebenenversorgung hingegen an ein [X.] Strukturprinzip an, liegt keine erhebliche Beeinträchtigung von Interessen der Versorgungsberechtigten vor.

(3) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die in § 5 Abs. 3 [X.] 1976 auf die Vollendung des 63. Lebensjahres festgelegte Altersgrenze nicht angemessen iSv. § 10 Satz 2 AGG. Sie knüpft an kein [X.] Strukturprinzip an, das typischerweise mit einer Zäsur im Arbeitsverhältnis verbunden ist (vgl. [X.] 15. Oktober 2013 - 3 [X.] 653/11 - Rn. 38). Die Vollendung des 63. Lebensjahres ist nach der Struktur der [X.] 1976 gerade nicht der Zeitpunkt, zu dem typischerweise mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerechnet werden kann bzw. zu dem das Arbeitsverhältnis tatsächlich beendet oder der Versorgungsfall eingetreten ist.

(a) Die Betriebsparteien haben mit der Regelung in § 5 Abs. 3 [X.] 1976 nicht an die feste Altersgrenze der [X.] 1976 angeknüpft.

Nach § 4 Abs. 1 [X.] 1976 liegt die feste Altersgrenze bei 65 Jahren. Die [X.] wird gezahlt, wenn die Arbeitnehmer nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden. Im Fall vorzeitigen Ausscheidens mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft wird bei der Berechnung der [X.] auf die feste Altersgrenze abgestellt (§ 8 Abs. 3 [X.] 1976). Diese Regelungen zeigen, dass die Betriebsparteien in der [X.] 1976 eine feste Altersgrenze von 65 Jahren festgelegt haben. Dies ist der Zeitpunkt, zu dem nach der Versorgungsordnung im Regelfall mit einer Inanspruchnahme der Betriebsrente und einem altersbedingten Ausscheiden aus dem Berufs- und Erwerbsleben zu rechnen ist.

§ 5 Abs. 3 [X.] 1976 legt ein davon abweichendes Alter fest, indem auf das vollendete 63. Lebensjahr und nicht auf die Vollendung des 65. Lebensjahres abgestellt wird.

(b) Die Betriebsparteien haben in § 5 Abs. 3 [X.] 1976 auch nicht an den Versorgungsfall der vorzeitigen [X.] („Versorgungsfall bei flexibler Altersgrenze“) nach § 4 Abs. 2 [X.] 1976 angeknüpft. Danach besteht ein Anspruch auf eine vorzeitige Rente wegen Alters, sofern ein Mitarbeiter nach Vollendung des 63. - bei Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit oder bei Schwerbehinderung nach Vollendung des 62. Lebensjahres - aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Eine bestimmte Altersgrenze ist damit nicht festgelegt. Demgegenüber legt § 5 Abs. 3 [X.] 1976 ein - hiervon unabhängiges - konkretes Alter für den Ausschluss von der Hinterbliebenenversorgung fest.

(c) Ein von den Betriebsparteien prognostiziertes typisches Alter beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis stellt nur dann auf ein [X.] Strukturprinzip ab, wenn es sich in der Versorgungsordnung - wie die feste Altersgrenze - widerspielt.

(aa) Zwar stellt die Vollendung des 63. Lebensjahres nach der [X.] 1976 das Alter dar, zu dem frühestmöglich eine vorzeitige [X.] in Anspruch genommen werden kann. Als Strukturprinzip hat sich diese Altersgrenze aber nicht in der [X.] 1976 niedergeschlagen. Insbesondere ist insoweit keine Zäsur im Hinblick auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses gegeben (vgl. [X.] 15. Oktober 2013 - 3 [X.] 653/11 - Rn. 38).

([X.]) Zudem haben die Betriebsparteien die feste Altersgrenze auf die Vollendung des 65. Lebensjahres und damit den von ihnen prognostizierten typischen Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses bestimmt. Insoweit haben sie von ihrem Beurteilungsspielraum sowie ihrer [X.] Gebrauch gemacht. Sie gehen davon aus, dass das Arbeitsverhältnis im Regelfall mit der Vollendung des 65. Lebensjahres beendet wird und die Zahlung der Betriebsrente beginnt. Ein und dieselbe Versorgungsordnung kann nicht mehrere Zeitpunkte festlegen, zu denen typischerweise mit einer Inanspruchnahme der Betriebsrente zu rechnen ist.

d) Aufgrund der Unwirksamkeit der Regelung des § 5 Abs. 3 [X.] 1976 ist die Klägerin nicht von der V-[X.] ausgeschlossen. Im Übrigen ist die [X.] 1976 wirksam.

aa) Die Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung führt nicht ohne Weiteres zur Unwirksamkeit der übrigen Bestimmungen. Nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB ist eine Betriebsvereinbarung nur teilunwirksam, wenn der verbleibende Teil auch ohne die unwirksame Bestimmung eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung enthält. Das folgt aus dem Normcharakter der Betriebsvereinbarung, der es gebietet, im Interesse der Kontinuität eine einmal gesetzte Ordnung aufrechtzuerhalten, soweit sie ihre Funktion auch ohne den unwirksamen Teil noch entfalten kann ([X.] 16. August 2011 - 1 [X.] 314/10 - Rn. 20 [X.]).

Danach ist die [X.] 1976 nicht insgesamt nichtig, sondern allein die [X.] in § 5 Abs. 3 [X.] 1976. Der verbleibende Teil stellt auch ohne diesen Ausschluss eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung dar.

[X.]) Entgegen der Auffassung der [X.] bedarf es keiner Prüfung, ob die Ungleichbehandlung allein durch eine „Anpassung nach oben“ beseitigt werden kann. § 5 Abs. 3 [X.] 1976 beinhaltet einen Ausschlussgrund. Diese Regelung ist unwirksam. Damit ist ein Anspruch der Klägerin, der nach den übrigen Regelungen der [X.] 1976 - unstrittig - dem Grunde nach besteht, nicht ausgeschlossen.

e) Die Beklagte kann keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen.

aa) Die Wirksamkeit einer vertraglichen Vereinbarung richtet sich grundsätzlich nach dem im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Recht. [X.] können bereits wirksam begründete Dauerschuldverhältnisse jedoch in der Weise erfassen, dass diese für die Zukunft („ex nunc“) nichtig werden. Das setzt voraus, dass Sinn und Zweck des [X.]s die für die Zukunft eintretende Nichtigkeit erfordern. Gilt ein Verbotsgesetz ohne Übergangsregelung, erstreckt sich das Verbot auf alle Sachverhalte, die sich seit seinem Inkrafttreten in seinem Geltungsbereich verwirklichen. Der zeitliche Geltungsbereich wird nur durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes beschränkt ( [X.] 25. März 2015 - 5 [X.] 458/13 - Rn. 35 [X.]).

[X.]) Gemäß § 1 AGG ist ua. Ziel dieses Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen des Alters nicht nur zu verhindern, sondern auch zu beseitigen. Die mit der begrenzten Übergangsregelung in § 33 AGG einhergehende unechte Rückwirkung für Sachverhalte, die aus vor dem 18. August 2006 abgeschlossenen arbeitsvertraglichen Vereinbarungen resultieren, ist unter Beachtung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes zulässig ( [X.] 25. März 2015 - 5 [X.] 458/13 - Rn. 36).

(1) Die Anwendung der Bestimmungen des [X.] im vorliegenden Fall beinhaltet lediglich eine unechte Rückwirkung. Eine solche liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet. Das ist der Fall, wenn - wie hier - belastende Rechtsfolgen einer gesetzlichen Regelung erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits „ins Werk gesetzten“ Sachverhalt ausgelöst werden ( [X.] 25. März 2015 - 5 [X.] 458/13 - Rn. 38 [X.] ).

(2) Eine unechte Rückwirkung ist grundsätzlich zulässig. Grenzen ihrer Zulässigkeit können sich allerdings aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ergeben. Diese Grenzen sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung nicht geeignet oder erforderlich ist, um den Gesetzeszweck zu erreichen, oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen. [X.] der Gesetzgeber für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte an, sind die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage abzuwägen. Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in die Wirksamkeit einer Regelung bestimmt sich ua. danach, inwieweit vorhersehbar war, dass diese als (unions-)rechtswidrig eingeordnet würde (vgl. [X.] 25. März 2015 - 5 [X.] 458/13 - Rn. 39 f. [X.] ; [X.] 10. Dezember 2014 - 2 BvR 1549/07 - Rn. 25).

(3) Nach diesen Maßstäben ist das von der [X.] in ein Fortbestehen der Gesetzeslage und die Wirksamkeit der [X.] in § 5 Abs. 3 [X.] 1976 gesetzte Vertrauen nicht schutzwürdig. Der Zweck des [X.], in Umsetzung der Richtlinie 2000/78/[X.] Ungleichbehandlungen zu beseitigen, kann nur durch die Unwirksamkeit der Regelung in § 5 Abs. 3 [X.] 1976 erreicht werden (vgl. [X.] 25. März 2015 - 5 [X.] 458/13 - Rn. 41). Die Beklagte musste jedenfalls damit rechnen, dass Regelungen in betrieblichen Versorgungswerken auch am Verbot der Diskriminierung wegen des Alters gemessen werden. Sie konnte nicht schutzwürdig darauf vertrauen, dass eine an die Vollendung des 63. Lebensjahres anknüpfende [X.] nach Inkrafttreten des [X.] Bestand haben würde.

f) Eine ergänzende Auslegung der [X.] 1976 scheidet aus. Selbst wenn man annehmen wollte, dass die [X.] 1976 aufgrund der Unwirksamkeit der Regelung in § 5 Abs. 3 eine planwidrige Regelungslücke aufweisen würde, käme eine ergänzende Auslegung der [X.] 1976 nicht in Betracht. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen sind nicht gegeben.

aa) Betriebsvereinbarungen sind einer ergänzenden Auslegung nur dann zugänglich, wenn entweder nach zwingendem höherrangigem Recht nur eine Regelung zur Lückenschließung in Betracht kommt oder wenn bei mehreren Regelungsmöglichkeiten zuverlässig feststellbar ist, welche Regelung die Betriebspartner getroffen hätten, wenn sie die Lücke erkannt hätten ([X.] 10. März 2015 - 3 [X.] 56/14 - Rn. 67 [X.]).

[X.]) Danach ist eine ergänzende Auslegung der [X.] 1976 nicht möglich. [X.] kann, ob eine planwidrige Regelungslücke vorliegt. Es lässt sich jedenfalls nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen, welche Regelung die Betriebsparteien getroffen hätten, wenn sie von der Unwirksamkeit der [X.] und der sich daraus ergebenden Lücke Kenntnis gehabt hätten. Neben einer Regelung, die auf den Versorgungsfall „Alter“ abstellt, hätten die Betriebsparteien beispielsweise auch auf das tatsächliche Ende des Arbeitsverhältnisses oder die feste Altersgrenze abstellen können.

cc) Die von der [X.] angezogene Rechtsprechung des Senats zur ergänzenden Vertragsauslegung bei [X.] (vgl. [X.] 21. Februar 2017 - 3 [X.] 297/15 - Rn. 44, [X.]E 158, 154) ist nicht auf Regelungslücken von Betriebsvereinbarungen zu übertragen. Ein Festhalten an der Regelung würde auch keine unzumutbare Härte darstellen.

Die Beklagte hat schon keine Umstände dargelegt, die zu einer unzumutbare Härte führen könnten. Insbesondere hat sie die behaupteten Mehrkosten iHv. mindestens 6,2 Mio. Euro weder zum gesamten [X.] noch zum Aufwand der Hinterbliebenenversorgung nach der [X.] 1976 ins Verhältnis gesetzt. Die bloße Angabe der Höhe der Mehrkosten lässt noch keinen Schluss auf eine unzumutbare Härte zu.

3. Da der Hauptantrag der Klägerin zulässig und begründet ist, fallen die nur für den Fall der Unzulässigkeit des [X.] gestellten Hilfsanträge dem Senat zur Entscheidung nicht an.

III. [X.] folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Spinner    

        

    Wemheuer    

        

    Günther-Gräff    

        

        

        

    Schmalz    

        

    [X.]    

                 

Meta

3 AZR 219/18

19.02.2019

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Braunschweig, 14. Juni 2016, Az: 8 Ca 396/15 B, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.2019, Az. 3 AZR 219/18 (REWIS RS 2019, 10171)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 10171

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