Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.11.2018, Az. III ZR 222/18

3. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 1065

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Gegenstand

Streitwertbemessung: Berufung des Beklagten auf ein Dauerwohnrecht bei Klage des Grundstückseigentümers auf Räumung und Herausgabe einer mit einem Bungalow bebauten Gartenparzelle


Leitsatz

Die Bemessung des Streitwerts richtet sich nach §§ 8, 9 ZPO (Rechtsmittelbeschwer) beziehungsweise § 41 Abs. 1 GKG (Gebührenstreitwert), wenn sich der auf Räumung und Herausgabe verklagte Besitzer gegenüber dem klageführenden Eigentümer darauf beruft, dass ihm aus einem zwischen dem Kläger und einem Dritten geschlossenen Pachtvertrag ein Recht auf Übertragung eines darin vereinbarten - objektbezogenen - Dauerwohnrechts und somit ein Besitzrecht zustehe.

Tenor

Der Wert der Beschwer der Klägerin wird auf 2.063,46 € und der Streitwert für das Beschwerdeverfahren auf 589,56 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin verlangt von der [X.] die Herausgabe und Räumung einer [X.], die mit einem als Dauerwohnung genutzten Bungalow bebaut ist. Die Klägerin hatte mit der 2015 verstorbenen Großmutter der [X.] am 19. Juni 2001 eine Nutzungsvereinbarung ges[X.]hlossen (Anlage [X.]), wona[X.]h jede Weitergabe des Dauerwohnre[X.]hts "als Einzelfallprüfung dur[X.]h den [X.] [der Klägerin] ents[X.]hieden [wird]" (§ 2 Abs. 3 Bu[X.]hst. [X.]). Die Klägerin stützt ihren Anspru[X.]h auf § 985 BGB. Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, die Klägerin sei aus dem [X.] dazu verpfli[X.]htet, der Übertragung des - objektbezogenen - Dauerwohnre[X.]hts an sie, die Beklagte, zuzustimmen. Das Amtsgeri[X.]ht hat die Beklagte antragsgemäß zur Räumung und Herausgabe verurteilt. Auf die Berufung der [X.] hat das Landgeri[X.]ht das Ersturteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Revision hat es ni[X.]ht zugelassen. Hiergegen wendet si[X.]h die Klägerin mit ihrer Ni[X.]htzulassungsbes[X.]hwerde.

II.

2

1. Der Wert der mit der beabsi[X.]htigten Revision geltend zu ma[X.]henden Bes[X.]hwer der Klägerin (§ 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO) beträgt 2.063,46 €.

3

a) Maßgebli[X.]h für die Wertbemessung (§ 2 ZPO) ist insoweit entgegen der Auffassung des Kammergeri[X.]hts (Bes[X.]hluss vom 1. Februar 2018 - 8 W 11/18) ni[X.]ht § 6 ZPO, sondern die Regelung in den §§ 8, 9 ZPO.

4

aa) Die [X.]en streiten über das Bestehen eines Pa[X.]htverhältnisses mit der Folge der Anwendbarkeit von § 8 ZPO. Die Beklagte stützt si[X.]h für ihr vermeintli[X.]hes Besitzre[X.]ht nämli[X.]h auf den Nutzungsvertrag vom 19. Juni 2001. Ob dieser als gewöhnli[X.]her Pa[X.]htvertrag oder als Kleingartenpa[X.]htvertrag einzuordnen ist, kann offen bleiben, weil die Vors[X.]hriften der §§ 8, 9 ZPO au[X.]h auf Kleingartenpa[X.]htverträge anwendbar sind (s. z.B. Senatsbes[X.]hlüsse vom 17. Dezember 2009 - [X.], Be[X.]kRS 2010, 1705 Rn. 9; vom 26. November 2015 - [X.], NJW-RR 2016, 506 Rn. 6 und vom 18. Mai 2017 - [X.], [X.], 525, 526 Rn. 7, jeweils mwN). Zwar ist die Beklagte ni[X.]ht [X.] des Nutzungsvertrags vom 19. Juni 2001 gewesen und findet § 8 ZPO grundsätzli[X.]h keine Anwendung, wenn der Re[X.]htsstreit gegen einen außerhalb des Miet- oder Pa[X.]htverhältnisses stehenden [X.] geführt wird (s. [X.]/[X.], ZPO, 32. Aufl., § 8 Rn. 4; MüKoZPO/[X.], 5. Aufl., § 8 Rn. 8; Be[X.]kOK/[X.], ZPO, § 8 Rn. 3 [Stand: 15. September 2018]). Die Beklagte beruft si[X.]h jedo[X.]h darauf, dass ihr aus dem Nutzungsvertrag vom 19. Juni 2001 ein Re[X.]ht auf Übertragung des - objektbezogenen - Dauerwohnre[X.]hts und somit ein Besitzre[X.]ht zustehe. Es geht dementspre[X.]hend darum, ob die Beklagte aus dem (Kleingarten-)Pa[X.]htvertrag vom 19. Juni 2001 als nunmehr (bzw. künftig) Nutzungsbere[X.]htigte ein Besitzre[X.]ht für si[X.]h in Anspru[X.]h nehmen kann oder ni[X.]ht. Dies rei[X.]ht für die Anwendung von § 8 ZPO aus. Der vom Kammergeri[X.]ht zitierte Bes[X.]hluss des V. Zivilsenats des Bundesgeri[X.]htshofs vom 25. August 2016 ([X.], Be[X.]kRS 2016, 16090) betrifft den Fall der Herausgabe eines vom Kläger an den [X.] verkauften Grundstü[X.]ks und ist für die vorliegende Sa[X.]he ni[X.]ht eins[X.]hlägig.

5

bb) Ist das Ende des streitigen Miet- oder Pa[X.]htverhältnisses - wie hier - weder bestimmt no[X.]h sonst näher bestimmbar, so ist im Rahmen der Wertbemessung gemäß § 8 ZPO die in § 9 ZPO festgelegte Hö[X.]hstgrenze des dreieinhalbfa[X.]hen Jahresbetrages entspre[X.]hend anzuwenden (s. etwa Senatsbes[X.]hlüsse vom 17. Dezember 2009 aaO; vom 26. November 2015 aaO und vom 18. Mai 2017 aaO, jeweils mwN).

6

b) Demzufolge ri[X.]htet si[X.]h der Wert der Bes[X.]hwer der Klägerin na[X.]h dem dreieinhalbfa[X.]hen Jahresbetrag des für streitige [X.] zu entri[X.]htenden Pa[X.]htzinses. Dieser beläuft si[X.]h auf monatli[X.]h 49,13 €, so dass si[X.]h ein Bes[X.]hwerdewert von 2.063,46 € ergibt.

7

2. [X.] des Bes[X.]hwerdeverfahrens ri[X.]htet si[X.]h gemäß § 41 Abs. 1 GKG na[X.]h dem einfa[X.]hen Betrag des Jahrespa[X.]htzinses für die von der [X.] genutzte [X.] (= 589,56 €). Wie oben (zu 1 a aa) ausgeführt, ist die Beklagte ni[X.]ht als außerhalb des Nutzungsverhältnisses stehende Dritte anzusehen. Beruft si[X.]h die auf Räumung und Herausgabe verklagte [X.] - wie hier die Beklagte - auf ein Besitzre[X.]ht aus einem (Kleingarten-)Pa[X.]htvertrag, so genügt dies gerade au[X.]h im Hinbli[X.]k auf den [X.] S[X.]hutzzwe[X.]k dieser Streitwertregelung für die Anwendung von § 41 GKG.

[X.]     

      

Tombrink     

      

Remmert

      

Reiter     

      

[X.]     

      

Meta

III ZR 222/18

29.11.2018

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 13. Dezember 2017, Az: 29 S 5/17

§ 8 ZPO, § 9 ZPO, § 41 Abs 1 GKG, § 985 BGB, § 986 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.11.2018, Az. III ZR 222/18 (REWIS RS 2018, 1065)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 252-253 REWIS RS 2018, 1065

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