Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.04.2017, Az. IV ZR 437/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 12845

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:050417U[X.]437.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 437/15
Verkündet am:

5. April 2017

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 278
Zu den Voraussetzungen der Zurechnung des Vermittlerhandelns beim Abschluss eines Kapitalanlagegeschäfts (hier einer fondsgebundenen Lebensversicherung, [X.] zum Senatsurteil vom 11. Juli 2012

IV ZR 164/11, [X.], 39 und zum Senatsbeschluss vom 26.
September 2012

IV
ZR 71/11, [X.], 117).
[X.], Urteil vom 5. April 2017 -
IV ZR 437/15 -
OLG Oldenburg

[X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.], die Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterinnen
Dr.
[X.] und Dr.
Bußmann
auf die mündliche Verhandlung vom 5.
April 2017

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.]
wird
der Beschluss
des 8.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg
vom 27.
Juli 2015 aufgehoben
und die Sache zur neuen [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht [X.].

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der in [X.] ansässigen [X.] Schadensersatz wegen der angeblichen Verletzung vorvertraglicher [X.] im Zusammenhang mit dem Abschluss eines fondsge-bundenen Lebensversicherungsvertrages.

Im November 2004 zeichnete er die streitgegenständliche [X.] mit einer Laufzeit von 12
Jahren. Die Beiträge von insgesamt 50.000

bis Ende 2008 einzahlte, wurden in einen Anlagestock investiert, dessen Wertentwicklung die Höhe der Auszahlung am Laufzeitende bestimmen 1
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-

sollte, wobei der Kläger die Wahl zwischen zwei vorgegebenen Fonds hatte. Er entschied sich für einen Fonds, der [X.] Risikole-bensversicherungen aufgrund sog. [X.] [X.] (so genannte [X.], kurz: [X.]). Nach dem [X.] sollte der Kläger im Erlebensfall bei Vertragsende den Gegenwert der Fondsanteile ausgezahlt erhalten, während für den Todesfall ein Be-trag von 60% der Gesamtbeitragssumme garantiert wurde.

Dem Vertragsabschluss vorausgegangen war ein Beratungsge-spräch mit dem Zeugen [X.]

, einem Mitarbeiter der unabhängigen C.

AG, der dem Kläger unter anderem
die Versicherungsbedin-gungen,
ein so genanntes "fact sheet", eine Beschreibung der fondsge-bundenen Lebensversicherung, eine Broschüre
und eine Kundenpräsen-tation aushändigte.

Wie auch den dem Kläger jährlich übersandten Anlageberichten
zu entnehmen ist, entwickelte sich der Fonds nicht wie erwartet -
haupt-sächlich deshalb, weil die in den erworbenen Lebensversicherungen ver-sicherten Personen in [X.] länger lebten (bzw. noch leben) als in den [X.] prognostiziert. Deshalb wurde zum 31.
Dezember 2010 eine Neubewertung der Policen vorgenommen, die zu einer erheblichen Abwertung führte. Der dem Kläger mitgeteilte [X.] per 31.
Dezember 2012
betrug nur noch 15.589,04

Der Kläger beanstandet eine unzureichende und fehlerhafte Auf-klärung über das Anlageprodukt mit seinem erheblichen Verlustrisiko. Auch der Zeuge
[X.]

habe die unzureichenden Informationen aus den übergebenen Materialien nicht etwa klargestellt, sondern die Versi-3
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cherung als eine für die Altersvorsorge hervorragend geeignete Anlage mit äußerst geringem Risiko
angepriesen.

Der Kläger behauptet, dass er die Anlage bei korrekter Aufklärung nicht gezeichnet hätte und ihm über die Anlage hinaus Zinsen aus einer anderen Kapitallebensversicherung entgangen seien, die er im Hinblick auf die streitgegenständliche Anlage beitragsfrei gestellt habe. Als Er-satz seines [X.] hat er deshalb die Rückzahlung der [X.] Versicherungsbeiträge, 4% Zinsen als entgangenen Gewinn,
Verzugszinsen sowie die Freistellung von außergerichtlichen [X.] verlangt.

Vor dem [X.] hat die Klage bis auf einen Teil der geltend gemachten Verzugszinsen Erfolg
gehabt. Das Oberlandesgericht
hat die Berufung der [X.] im Verfahren nach §
522 Abs.
2 ZPO zurückge-wiesen.
Dagegen wendet sich die Revision
der [X.], mit der sie weiter das Ziel der Klageabweisung verfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.
Sie führt zur Aufhebung der Berufungsent-scheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sich der Abschluss der streitgegenständlichen Versicherung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Anlagegeschäft darstelle, weshalb die Beklagte verpflichtet gewesen sei, den Kläger bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen über alle 6
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für seinen Anlageentschluss bedeutsamen Umstände verständlich und vollständig zu informieren, insbesondere über die mit der angebotenen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken. Hiervon ausge-hend habe der Zeuge [X.]

den Kläger unzureichend und fehlerhaft beraten. Im Rahmen der vom Anlageberater geschuldeten [X.] Beratung
müssten die persönlichen und wirtschaftlichen Verhält-nisse des Kunden berücksichtigt und sein Anlageziel abgeklärt werden; die empfohlene Anlage müsse unter Berücksichtigung dieses Anlageziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten sein. Es könne dahinstehen, ob die übergebenen Produktunterlagen zur hinrei-chenden Aufklärung in schriftlicher Form geeignet gewesen seien. Die Empfehlung einer fondsgebundenen Lebensversicherung mit dem damit verbundenen Verlustrisiko sei angesichts des Anlageziels der Altersvor-sorge fehlerhaft gewesen.

Diese fehlerhafte Beratung sei der [X.] gemäß §
278 BGB zuzurechnen. Der Vermittler
sei als ihr Berater aufgetreten. In den schriftlichen Unterlagen sei auf die Betreuung bzw. Beratung durch einen Vermittler verwiesen worden; der Zeuge habe als solcher unterschrieben. Die Beklagte habe sich zur umfassenden Erfüllung ihrer vorvertraglichen Pflichten des Zeugen bedient und damit verdeutlicht, dass sie sich seine Erklärungen und Informationen zu Eigen
mache. Insoweit müsse sie sich auch unrichtige oder unvertretbare Auskünfte zurechnen lassen, die in-nerhalb der Grenzen ihrer eigenen Auskunftspflicht grundsätzlich nicht geschuldet gewesen seien.

Die Beklagte könne sich nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirr-tum berufen. Sie habe nicht darauf vertrauen können, dass sich die Be-10
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ratung zum streitgegenständlichen Produkt nicht an den Grundsätzen für Anlagegeschäfte zu orientieren habe.

Des Weiteren sei der Anspruch des [X.] nicht verjährt. Die [X.] habe gemäß §
199 Abs.
1 Nr. 2 BGB mit dem Schluss des [X.] begonnen, in dem der Anspruch entstanden sei und in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt habe. Das sei nicht vor dem [X.] der Fall gewesen. Der [X.] sei nicht der Nachweis gelungen, dass der Kläger schon früher erkannt oder grob fahrlässig verkannt habe, dass ein [X.] bestehe und der Zeuge [X.]

ihn insoweit fehlerhaft beraten habe. Das [X.] 2012 vom Kläger eingeleitete Güteverfahren habe sodann die Verjäh-rung gehemmt. Diese Hemmung habe gemäß §
204 Abs.
2 BGB erst sechs Monate nach der erfolglosen Beendigung des [X.] (dies war am 2.
August 2013) geendet.

Der Kläger könne nach §
280 BGB auch den zuerkannten entgan-genen [X.] beanspruchen. Insoweit stehe fest, dass der Kläger im Falle ordnungsgemäßer Beratung seine bis dahin bediente [X.] bei einem anderen Versicherer als konkrete Alterna-tivanlage fortgeführt hätte. Auf den entgangenen Gewinn könne der Klä-ger ab Vorliegen der Voraussetzungen zusätzlich den gesetzlichen [X.] nach §
247 BGB verlangen.

I[X.]
Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

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1. Nicht
zu beanstanden ist allerdings die Annahme des [X.], dass
es sich bei dem Erwerb der streitgegenständlichen Lebensversicherung durch den Kläger wirtschaftlich betrachtet um ein Kapitalanlagegeschäft handelt.

Die Erwägungen des Berufungsgerichts zum Charakter, der
Funk-tionsweise und den
sonstigen Eigenheiten der angebotenen Versiche-rung in Verbindung mit den Informationsunterlagen der [X.] tragen die Einordnung als ein Produkt, das den [X.] unterfällt, in revisionsrechtlich unangreifbarer Weise. Das Berufungsgericht hat sich insoweit an den Vorgaben der Senats-rechtsprechung (Senatsurteil vom 11.
Juli 2012 -
IV
ZR 164/11, [X.]Z
194, 39 Rn.
53; Senatsbeschluss vom 26.
September 2012 -
IV
ZR 71/11, [X.], 117 Rn.
26) orientiert.

Insbesondere rügt die Revision zu Unrecht, das Berufungsgericht habe verkannt, dass die Versicherung des Todesfallrisikos gegenüber der Renditeerwartung von untergeordneter Bedeutung sein müsse; eine solche untergeordnete Bedeutung hat es im Gegenteil ausdrücklich fest-gestellt. Dabei handelt es sich -
auch unter Berücksichtigung des Revisi-onsvorbringens
-
um eine vertretbare tatrichterliche Würdigung, zumal
die Todesfallleistung nur 60% der Einzahlungen beträgt und deshalb da-von auszugehen ist, dass sie nach den Vorstellungen des [X.] im [X.] unter dem erwarteten Anteilswert [X.] dürfte, weil er sich in erster Linie eine Vermehrung der eingezahlten Beträge erhoffte.

2. Ebenfalls rechtsfehlerfrei ist die Auffassung des Berufungsge-richts, dass sich die Beklagte hinsichtlich der von ihr zu erfüllenden An-15
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forderungen an die Aufklärung der Versicherungsnehmer nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen kann.

Nach §
280 Abs.
1 Satz 2 BGB obliegt es dem Schuldner darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, dass er eine etwaige Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Die Voraussetzungen eines unverschuldeten [X.] hat die Beklagte nicht dargelegt. Nach ständiger Recht-sprechung des [X.] fordert der Geltungsanspruch des Rechts, dass der Verpflichtete grundsätzlich das Risiko eines Irrtums über die Rechtslage selbst trägt. Ein unverschuldeter Rechtsirrtum liegt daher regelmäßig nur dann vor, wenn er die Rechtslage unter Einbezie-hung der höchstrichterlichen Rechtsprechung sorgfältig geprüft hat und bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt auch mit einer an-deren Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Ein sol-cher Ausnahmefall ist etwa dann anzunehmen, wenn der Schuldner eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung für seine Auffassung in [X.] nehmen konnte und eine spätere Änderung derselben nicht zu befürchten brauchte. Musste er dagegen mit der Möglichkeit rechnen, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einneh-men würde als er, ist ihm regelmäßig ein Verschulden anzulasten (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 13.
Oktober 2015 -
II
ZR 23/14, [X.]Z 207, 144 Rn.
37
f. m.w.N.).

Nach diesem Maßstab
hat das Berufungsgericht einen unverschul-deten Rechtsirrtum der [X.] über Inhalt und Reichweite ihrer [X.] rechtsfehlerfrei mit der Begründung verneint, dass die Beklagte schon aufgrund der älteren Rechtsprechung des [X.] -
wie etwa dem Urteil vom 9.
Juli 1998 (III
ZR
158/97, [X.], 1093)

mit einer Anwendung der Kapitalanlagevorschriften und 19
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entsprechend weitergehenden
Aufklärungspflichten rechnen musste. Entgegen der Auffassung der Revision musste die Beklagte nicht erst aufgrund der [X.] vom 11.
Juli 2012 (u.a. IV
ZR 164/11, [X.], 39) mit der Möglichkeit rechnen, dass auch der [X.] von Kapitallebensversicherungen unter weiteren Voraussetzungen zusätzlich den Aufklärungspflichten von Kapitalanlageprodukten unter[X.] kann. Vielmehr hat der Senat auch
der dortigen [X.] eine schuldhafte [X.] unter Hinweis auf bereits vor-handene Rechtsprechung, unter anderem das vorzitierte Urteil vom 9.
Juli 1998, angelastet (Senat aaO Rn.
51, 53).

3. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber eine der Beklag-ten zuzurechnende [X.] bejaht.

a) Es hat eine unzureichende schriftliche Aufklärung über die [X.] des angebotenen Produkts und die mit ihm verbundenen Nachteile und Risiken nicht festgestellt, sondern ausdrücklich offen ge-lassen, ob die schriftlichen Unterlagen der [X.] den Anforderungen an die Informationspflichten bei der streitgegenständlichen Versicherung genügten. Letzteres ist deshalb für das Revisionsverfahren zu unterstel-len.

b) Zu Recht rügt die Revision dagegen, dass
das Berufungsgericht eine fehlerhafte Beratung durch den Zeugen [X.]

angenommen hat, die der [X.] nach §
278 BGB zuzurechnen sei.
Zwar kann das Verhalten eines Versicherungsmaklers oder selbständigen Vermittlers, der als Vertragspartner des Versicherungsnehmers für diesen tätig ist, ausnahmsweise auch dem Versicherer zuzurechnen sein. Das setzt aber voraus, dass der Vermittler zugleich Aufgaben, die typischerweise dem 21
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Versicherer obliegen, mit dessen Wissen und Wollen übernimmt und [X.] in dessen [X.] tätig wird (Senatsurteile vom 12.
März 2014

IV
ZR 306/13, [X.]Z 200, 286 Rn.
22; vom 11.
Juli 2012

IV
ZR 164/11, [X.], 39 Rn. 51). Insoweit
fehlt es an tragfähigen Feststel-lungen dazu, dass ein solches Handeln des Zeugen im [X.] der [X.] vorgelegen hat.

aa) Zu den originären Pflichten des Anbieters eines Kapitalanlage-produkts gehört eine
richtige
und vollständige Information über das Pro-dukt; dies umfasst die zutreffende Beschreibung der damit verbundenen Chancen und Risiken, nicht jedoch deren Bewertung, die nur im Rahmen eines Beratungsvertrages geschuldet wird (Senatsbeschluss vom 26.
September 2012

IV
ZR 71/11, [X.], 117 Rn.
26).
Soweit die schriftlichen Unterlagen eine ausreichende Darstellung der Funktion des Produkts und der mit ihm verbundenen Chancen und Risiken enthielten, kann deshalb ein bloßes Unterlassen weiterer bewertender Hinweise keine Verletzung der Aufklärungspflicht der [X.] begründen.

In dem Fall, der dem Senatsbeschluss vom 26.
September 2012 zugrunde lag,
hat der Senat wesentlich darauf abgestellt, dass der [X.] zusammen mit dem Versicherer als Anbieter eines gemeinsamen kombinierten Anlageprodukts aufgetreten
war (Senatsbeschluss vom 26.
September 2012 aaO Rn. 31). Derartige Besonderheiten sind im Streitfall nicht festgestellt. Anders als in den Fällen, die den [X.] vom 11.
Juli 2012 (IV
ZR 164/11, [X.], 39; IV
ZR 151/11, juris; IV
ZR 286/10, [X.], 1237; IV
ZR 271/10, [X.], 1577) zu-grunde lagen, ist auch nicht festgestellt, dass der Vermittler im Rahmen eines Strukturvertriebs tätig war, in dem die Beklagte ihre [X.] unter Verzicht auf ein eigenes Vertriebssystem veräußerte. Der
Klä-24
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-

ger hat im Gegenteil bereits in der Klageschrift vorgetragen, dass der Vertrieb auch über eine konzernzugehörige Aktiengesellschaft
durchge-führt worden sei.
Eine Verletzung der derart beschränkten [X.] durch den Zeugen [X.]

hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

(1) Allerdings müssen auch im Rahmen dieser Pflicht nicht ge-schuldete weitergehende Auskünfte, wenn sie gleichwohl abgegeben werden, richtig oder jedenfalls ex ante vertretbar sein und dürfen kein unzutreffendes Bild zeichnen (Senatsbeschluss vom 26.
September 2012 aaO Rn. 29). Einen solchen Verstoß hat das Berufungsgericht möglich-erweise annehmen wollen, indem es von einer Verharmlosung des in den schriftlichen Unterlagen dargestellten Risikos durch den Vermittler aus-gegangen ist.

(2) Diese Annahme wird jedoch von seinen weiteren Feststellun-gen ebenfalls nicht getragen.

Es hat gerade keine konkreten Feststellungen zu unzutreffenden oder unvertretbaren Erklärungen des Zeugen [X.]

getroffen, die die -
unterstellt richtige
-
Aufklärung in den schriftlichen Unterlagen [X.], verharmlost oder in ihr Gegenteil verkehrt
hätten. Es hat vielmehr ausgeführt,
dass von dem [X.] in den Gesprächen keine Rede gewesen sei -
offenbar weil der Zeuge [X.]

selbst die [X.] nicht vollauf durchschaut
und einen Totalverlust subjektiv für nicht vorstellbar gehalten habe.

Dass er dieses
gegenüber dem Kläger so geäußert hätte, legt das Berufungsgericht dem Zeugen aber
nicht zur Last, sondern lediglich ein 26
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Unterlassen im Rahmen der seiner
Meinung nach
geschuldeten [X.] Beratung.
Der Berater müsse erforderlichenfalls darauf hin-weisen, dass [X.] und erstrebtes
Anlageziel nicht kompatibel seien. [X.] das beabsichtigte Geschäft einer sicheren Geldanlage die-nen, sei die ohne weitere Hinweise auf [X.] ausgespro-chene Empfehlung einer fondsgebundenen Lebensversicherung mit einer Investition in einen Fonds der streitgegenständlichen Art wegen des
[X.] verbundenen [X.] fehlerhaft.

Dadurch, dass eine durch positiv abgegebene Erklärungen des Vermittlers erfolgte Entwertung der schriftlichen Darstellung nicht [X.] ist, unterscheidet sich die Streitsache entscheidend von dem Fall, der dem Senatsbeschluss vom 26.
September 2012 zugrunde lag. Dort hatte das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Vermitt-ler die -
insoweit nur unterstellte
-
hinreichende schriftliche Risikoaufklä-rung im Prospekt durch seine mündlichen Ausführungen unterlaufen und die bestehenden Risiken irreführend abgeschwächt und unzulässig ver-harmlost hatte (Senatsbeschluss vom 26.
September 2012 -
IV
ZR 71/11, [X.], 117 Rn.
23).

bb) Eine Pflichtverletzung des Zeugen
durch eine wegen [X.] Risikohinweise sowie der Unvereinbarkeit von Anlageziel und An-lageeigenschaften fehlerhafte Produktempfehlung wäre nur dann im [X.] der [X.] erfolgt, wenn diese nicht nur die
Aufklärung über ihr angebotenes Produkt, sondern darüber
hinaus auch eine anla-ge-
und anlegergerechte Beratung, etwa aufgrund eines zwischen den Parteien geschlossenen Anlageberatungsvertrages
(vgl. dazu [X.], [X.] vom 18.
Januar 2007 -
III
ZR 44/06, [X.], 991 Rn.
10), geschuldet hätte. Für die
Annahme eines derartigen Vertrags-30
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13
-

schlusses
bereits im Vorfeld des Abschlusses der Lebensversicherung mit den entsprechend weitergehenden Pflichten
reichen die Feststellun-gen des Berufungsgerichts jedoch nicht aus.

Nach der Rechtsprechung des [X.] zur Abgrenzung von Anlagevermittlung und Anlageberatung liegt regelmäßig eine Anla-geberatung vor, wenn der Kapitalanleger selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirt-schaftliche Zusammenhänge hat und deshalb von seinem [X.] nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren

häufig auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene

fachkundige Bewertung und Beurteilung erwartet, die er, der Kapitalan-leger, auch besonders honoriert. Demgegenüber hat der Anlagevermittler in der Regel für eine bestimmte Kapitalanlage im Interesse des [X.] und auch mit Rücksicht auf eine ihm von diesem [X.] den Vertrieb übernommen, wobei der Kapitalanleger von dem Anlagevermittler in erster Linie eine Auskunftserteilung über die tat-sächlichen Umstände der ins Auge gefassten Anlageform erwartet ([X.], Urteil vom 15.
Mai 2012

VI
ZR 166/11, [X.], 1038 Rn.
15 m.w.N.).

Feststellungen dazu, dass der Kläger ausdrücklich oder den Um-ständen nach gerade von der [X.] als Anbieterin
der später abge-schlossenen Lebensversicherung eine Bewertung und Beurteilung in sei-nem Interesse erwarten durfte, hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
Vielmehr
sprechen der Umstand, dass es sich nach den Feststellungen der Vorinstanzen bei der C.

AG, für die der Zeuge [X.]

tä-tig war, um einen unabhängigen Vermittler handelte,
und der Hergang, wie es zum Vertragsabschluss kam, weitaus mehr dafür, dass es sich bei 32
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14
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dem Zeugen um einen vom Kläger beauftragten Berater handelte, der nicht im Lager der [X.] stand, sondern allein die Aufgabe hatte, den Kläger im Hinblick auf verschiedene alternative Anlagemöglichkeiten und nicht nur im Hinblick auf den möglichen Abschluss einer Lebensver-sicherung zu beraten. Nach den Angaben des [X.] bei seiner Anhö-rung sowie der entsprechenden Feststellung des Berufungsgerichts war es so, dass das Gespräch mit dem Zeugen allgemein eine Investitions-änderung und Kapitalanlagemöglichkeit für den Kläger zum Gegenstand hatte, zu diesem Zweck von dessen Steuerberater angestoßen war und in dem Gespräch verschiedene Anlagemöglichkeiten -
wie unter anderem
Schiffsbeteiligungen

erörtert und ausgeschieden wurden, ehe man sich der hier streitgegenständlichen Lebensversicherung zuwandte. Eine ge-sonderte Honorierung der [X.] für die Beratung ist ebenfalls weder festgestellt noch ersichtlich.

Unter diesen Umständen kommt
alleine dem Umstand, dass in den schriftlichen Vertragsunterlagen verschiedentlich auf eine Betreuung bzw. Beratung durch einen Vermittler verwiesen worden ist, im Hinblick auf den Abschluss eines Anlageberatungsvertrages mit der [X.] kein abweichender Erklärungswert zu.

c) Das Berufungsgericht wird deshalb die von ihm bislang offen ge-lassene Frage eigener [X.]en der [X.] er-neut zu prüfen haben.

4. Diese Prüfung
ist nicht im Hinblick auf die von der [X.] er-hobene Verjährungseinrede entbehrlich.

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15
-

a) Soweit das Berufungsgericht eine grob fahrlässige Unkenntnis des [X.] von den anspruchsbegründenden Umständen bereits auf-grund der Kenntnisnahme von in den Jahresberichten fortwährend [X.] Verlusten verneint hat, hält das revisionsrechtlicher Über-prüfung stand. Ob und wann sich bei Kenntnisnahme einer negativen Entwicklung der Schluss auf eine fehlerhafte Aufklärung aufdrängt
und deshalb grobe Fahrlässigkeit anzunehmen ist, ist grundsätzlich eine Fra-ge des Einzelfalls, die der Beurteilung durch den Tatrichter aufgrund [X.] aller maßgeblichen objektiven und subjektiven Um-stände unterliegt (Senatsbeschluss vom 10.
Juli 2013

IV
ZR 88/11, [X.], 1457 Rn. 12).

Unabhängig davon ist die Frage grob fahrlässiger Unkenntnis [X.] neu zu beurteilen, sofern das Berufungsgericht erneut einen Scha-densersatzanspruch aufgrund einer anderen als der bislang von ihm an-genommenen Pflichtverletzung feststellen sollte.

b) Entgegen der Auffassung der Revision kann der Senat eine [X.] auch
nicht deshalb feststellen, weil der Ende 2012 gestellte Gü-teantrag keine Verjährungshemmung bewirkt hätte.
Dazu fehlt es an tragfähigen Feststellungen des Berufungsgerichts.

Dieses
ist zu Recht davon ausgegangen, dass der geltend ge-machte Anspruch inhaltlich im Güteantrag genügend individualisiert [X.] ist;
dies greift die Revision auch nicht an. Derzeit offen bleiben kann, ob das Berufungsgericht weiter zu Recht angenommen hat, dass es sich bei dem Antrag
um einen Individualantrag und nicht um einen [X.] nach §
4 der Verfahrensordnung der Schlichtungsstelle
handelte. Denn Feststellungen dazu, dass der Antrag im letztgenannten Fall den 37
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Anforderungen der Verfahrensordnung nicht genügt hätte, hat das [X.] nicht getroffen. Nach §
4 Abs.
2 der Verfahrensordnung kann ein gemeinschaftlicher Antrag auch dann gestellt werden, "wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Streitgegenstandes bilden." Ob das hier der Fall ist, kann vom Senat nicht abschließend beurteilt werden. Im Streitfall liegt es aufgrund des [X.] nahe, kann aber zumindest nicht ausge-schlossen werden, dass sich eine solche Gleichartigkeit aus den dem Antrag beigefügten Schreiben, die bisher nicht vollständig zu den Akten gereicht sind, ergibt. Dem müsste das Berufungsgericht nachgehen, so-weit es hierauf ankommen sollte.

II[X.] Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass im
Falle erneuter Verurteilung der [X.] dem Grunde nach dem Kläger nicht für ein und denselben Zeitraum sowohl entgangene An-lagezinsen als auch der gesetzliche Zinssatz auf die Hauptforderung zu-

41
-
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-

gesprochen werden dürfen (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Oktober 2014

IX
ZR 140/11, [X.]Z 202, 324 Rn. 47).

[X.] [X.] [X.]

Dr. [X.] Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.12.2014 -
7 O 256/14 -

OLG Oldenburg, Entscheidung vom 27.07.2015 -
8 U 22/15 -

Meta

IV ZR 437/15

05.04.2017

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.04.2017, Az. IV ZR 437/15 (REWIS RS 2017, 12845)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12845

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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