Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2003, Az. VIII ZR 218/01

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 872

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[X.] DES VOLKESURTEILVIII ZR 218/01Verkündet am:5. November 2003P o t s c h,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: neinBGB §§ 138 Abs. 1 [X.], 164 Abs. 1 Satz 1Zum kollusiven Zusammenwirken eng verwandter Geschäftsführer zweier selbstän-diger Gesellschaften bei der Erfüllung gegenseitiger Vertragspflichten.ZPO § [X.] den Voraussetzungen, unter denen das Gericht bei der Behauptung innerer [X.] Beweis zu erheben hat.[X.], Urteil vom 5. November 2003 - [X.] [X.] [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] [X.], Dr. Leimert, [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] [X.] vom 7. Juni 2001 im Kostenpunkt undinsoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen [X.] der [X.] des [X.] 3. Juli 2000 wegen eines Betrages von 216.660,35 DM nebstKosten zurückgewiesen worden ist.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die Klägerin produziert und vertreibt unter anderem Fliesen und Kera-mikprodukte; die Beklagte vertreibt Fliesen und Keramik. Die Beklagte hatte seit1988 Geschäftsräume auf dem Grundstück der Klägerin gemietet. Jeweils al-leinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klä-gerin sind die [X.]-J. und [X.], die zu je 50 %an der Klägerin beteiligt sind. [X.]-A. [X.] ist der Vater von [X.], dem Geschäftsführer der [X.]. Die Klägerin lieferte der [X.] im Zeitraum Mai bis Juli 1995 Waren und erbrachte Leistungen, für [X.] insgesamt 248.162,09 DM in Rechnung stellte.Bei der [X.] (künftig: [X.]) hatte die Klägerin 1986 ein Darlehen in Höhe von 3.138.000 [X.]. Ihre Geschäftsführer [X.]-A. und [X.]-J. [X.] tratenihre Forderungen aus [X.] gegen die [X.] AG (künftig: [X.]) zur Sicherungaller bestehenden und künftigen Ansprüche aus der Geschäftsverbindung derKlägerin mit der Sparkasse an diese ab. Die Darlehensforderung der Sparkassegegen die Klägerin wurde auf dem [X.]. bei der [X.]. Die Klägerin unterhielt daneben bei der Sparkasse ein laufendes Ge-schäftskonto mit der Nr. .Die [X.] überwies nach Fälligkeit des Anspruchesvon [X.] -A. [X.]im Juli 1995 254.713,70 DM auf dessen Privatkontobei der Sparkasse ([X.]. ). Am 12. Juli 1995 teilte die [X.] schriftlich [X.] -A. [X.] mit:"... Die Abtretung der Rechte und Ansprüche aus dieser Lebens-versicherung dient ausdrücklich und ausschließlich der Sicherung- 4 -unserer Forderungen aus dem Darlehen Nr. gemäßDarlehensvertrag vom 28./29.08.86.Verständlicherweise ist es uns nicht möglich, auf diese Unterle-gung unserer langfristigen Forderungen gegen die Firma [X.] zu verzichten.Aufgrund dessen bestehen darauf, daß der [X.] gemäß unseres Schreibens vom 28.06.95 anzulegenund zu verpfänden ist, oder hieraus eine Sondertilgung zuobigem Darlehen erfolgt."Am 1. August 1995 fand in den Räumen der Sparkasse eine Bespre-chung zwischen [X.] -A. [X.] , seinem [X.] M. [X.] und[X.] M. , einer Mitarbeiterin der Sparkasse, statt. Danach überwies [X.]-A. [X.]254.713,70 DM von seinem Privatkonto auf das [X.]. der [X.] bei der Sparkasse, wobei er als Verwendungs-zweck "[X.]" angab. [X.] überwies diesen Betrag [X.] der [X.] auf das Darlehenskonto der Klägerin bei der Sparkasse.Als Verwendungszweck gab er eine Rechnungsaufstellung vom 1. August 1995an.Die Klägerin behauptet, die [X.]hätten vereinbart, daß ihreLebensversicherungen bei Fälligkeit zur teilweisen Ablösung des Darlehens [X.] verwandt werden sollten. Dies sei auch dem Geschäftsführer der[X.] bekannt gewesen. Das [X.] hat die Beklagte zur Zahlung von31.501,74 DM verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Gegen diesesUrteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das [X.] hat [X.] vollständig abgewiesen. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision den [X.] in Höhe eines Betrages von 216.660,35 [X.] 5 -Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat ausgeführt:Der [X.] sei durch Erfüllung seitens der [X.] erloschen.Die Beklagte habe durch Zahlung auf ihre unstreitige Verbindlichkeit den ge-schuldeten Leistungserfolg erbracht. Nach den übereinstimmenden Bekundun-gen der Geschäftsführer [X.] -A. und [X.]vor dem [X.] hätten diese eine Vereinbarung dahingehend getroffen, daß die offenenVerbindlichkeiten der [X.] bei der Klägerin gemäß [X.] 1. August 1995 durch die Überweisung getilgt werden sollten. Der [X.], daß die Zahlung auf das Darlehenskonto der Klägerin erfolgt sei, stehenicht entgegen. Im Ergebnis liege eine doppelte Tilgungsbestimmung [X.] vor: nicht nur die Darlehensforderung der Sparkasse gegenüber derKlägerin sei in Höhe der Zahlung zum Erlöschen gebracht worden, sondernauch die Forderung der Klägerin aus Lieferungen und Leistungen gegenüberder [X.]. Wenn die Beklagte geltend mache, ihre Verbindlichkeit erfüllt zuhaben, stehe dem der Einwand der Sittenwidrigkeit oder der [X.] nicht entgegen. Allerdings könnte sich die Beklagte auf Erfül-lung dann nicht berufen, wenn ein kollusives Zusammenwirken zwischen [X.]-A. W. , dem Geschäftsführer der Klägerin, und [X.], [X.] der [X.], vorläge oder [X.] -A. W. seine [X.] mißbraucht hätte und dies [X.] bekannt gewesenoder vorwerfbar unbekannt geblieben wäre. Soweit die Klägerin ihre Behaup-tung, M. [X.] habe gewußt, daß das Kapital seines [X.] aus eineran die Sparkasse abgetretenen Forderung gegen die [X.]stamme, und ihm sei auch die Vereinbarung seines [X.] mit dem Onkel be-- 6 -kannt gewesen, die Lebensversicherungsverträge zur Tilgung des [X.] einzusetzen, in das Wissen der [X.], [X.]und[X.]gestellt habe, sei die Beweiserhebung unzulässig. M. W. Wissen sei eine innere Tatsache. Daher hätte die Klägerin schlüssig darlegenmüssen, auf welche Weise die benannten Zeugen von dieser inneren [X.] erlangt hätten. Aber auch dann, wenn die Erfüllung der Klageforde-rung durch die Zahlung der [X.] nicht gegeben sein sollte, wäre die [X.] der Klägerin durch die hilfsweise erklärte Aufrechnung der [X.] mitihrem dann gegebenen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung erlo-schen.[X.] Erwägungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.1. Allerdings käme, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, einerVereinbarung des alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers der Klägerin,[X.] -A. [X.], mit dem Geschäftsführer der [X.], wonach [X.] Zahlung der [X.] auf das Darlehenskonto der Klägerin statt auf derenGeschäftskonto die Forderung der Klägerin auf die Warenlieferungen und son-stigen Leistungen getilgt werden sollte, grundsätzlich Erfüllungswirkung zu(§ 362 Abs. 1 BGB). Zutreffend sind auch die weiteren Ausführungen des [X.]s zu den rechtlichen Voraussetzungen, die dennoch einem Erlö-schen der Forderung entgegenstehen könnten. Wenn der Vertreter und seinGeschäftsgegner "hinter dem Rücken" des Vertretenen und zu dessen Schadengehandelt haben, ist ihre Absprache sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB) und dahernichtig (vgl. [X.], Urteil vom 17. Mai 1988 - [X.], NJW 1989, 26 unterII m.w.Nachw.). Liegt auf seiten des Vertreters ein Mißbrauch der [X.] 7 -macht vor und hat der Geschäftsgegner dies erkannt oder grob fahrlässig [X.] davor verschlossen, steht dem Vertretenen der Einwand aus [X.] (§ 242 BGB) gegen die Wirksamkeit des Geschäfts zu ([X.]Z 50, 112,114; 113, 315, 320; [X.], Urteil vom 3. Oktober 1989 - [X.], NJW1990, 384 unter I, 3 m.w.Nachw.).2. Wie die Revision zu Recht rügt, hat es das Berufungsgericht jedochverfahrensfehlerhaft unterlassen (§ 286 ZPO), dem Vortrag der Klägerin zumtreuwidrigen Verhalten des Geschäftsführers [X.]-A. W. und seines[X.]es nachzugehen und die hierzu angetretenen Beweise zu erheben. [X.] hat dahinstehen lassen, ob [X.]-A. [X.]treuwidrigund sittenwidrig gehandelt hat, als er den ihm zugeflossenen Lebensversiche-rungsbetrag nicht unmittelbar auf das Darlehenskonto der [X.], sondern ihn darlehensweise der [X.] zur Verfügung gestellt unddieser gestattet hat, ihre Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber durch [X.] auf das Darlehenskonto zu erfüllen. Es hat den Beweisantritt der Klä-gerin für ihre Behauptung, der Geschäftsführer der [X.] habe gewußt,daß sein Vater seine Rechte aus der Lebensversicherung schon zuvor an [X.] abgetreten habe und daß sein Vater und sein Onkel übereingekom-men seien, ihre Lebensversicherungsbeträge zur Tilgung des Hypothekendar-lehens einzusetzen, als unzulässig angesehen, weil die Klägerin nicht dargetanhabe, aufgrund welcher konkreten Umstände die benannten Zeugen über denKenntnisstand des Geschäftsführers der [X.] berichten könnten. Das [X.] hätte jedoch zumindest den [X.], den rechtlichenBerater [X.] -A. [X.] , vernehmen müssen.Die Ermittlung des Kenntnisstandes des Geschäftsführers der [X.]als eine innere Tatsache ist in der Weise möglich, daß Umstände festgestelltwerden, die den Schluß hierauf zulassen ([X.], Beschluß vom 30. Juni 1993- 8 -- 2 BvR 459/93, NJW 1993, 2165). Die Klägerin hat in diesem Zusammenhangvorgetragen, Anfang bis Mitte der 90er Jahre habe Herr [X.] -A. W. sich - auch krankheitsbedingt - immer mehr zurückgezogen und sich durch sei-nen [X.], den Geschäftsführer der [X.], in der Firma der Klägerin [X.] lassen; dieser habe Einblick in alle seinen Vater betreffenden [X.] gehabt und ihn "im wesentlichen vertreten"; deshalb sei es völlig [X.] anzunehmen, daß ihm, dem Geschäftsführer der [X.],- anders als dem rechtlichen Berater seines [X.], dem [X.] -die Vorgänge, die zu der Absprache mit der Sparkasse geführt hätten (vgl. [X.] der Sparkasse vom 28. Juli 1995 und 12. Juli 1995 sowie [X.] des [X.] vom 30. Juni 1995), unbekannt [X.]. Die Klägerin hat ferner behauptet, der Geschäftsführer der [X.]habe im zweiten Halbjahr 1996 die Buchungsunterlagen der Klägerin an sichgenommen und diese erst Mitte 1999 nach Einschaltung eines Rechtsanwalts(teilweise) herausgegeben. Diese von der Klägerin vorgebrachten [X.] einen ausreichenden Anlaß, den [X.] anzuhören, [X.] Vernehmung es sich somit nicht um eine prozessual unzulässige Aus-forschung handeln würde.Das Berufungsgericht hat zudem das enge Verwandtschaftsverhältnisder an der [X.] vom 1. August 1995 auf seiten der Parteien be-teiligten Personen nicht im gebotenen Umfang berücksichtigt. Darüber [X.] die Abrede der Geschäftsführer der Parteien im Beisein der Zeugin M. ,der Mitarbeiterin der Sparkasse, getroffen worden, die die [X.] für die Sparkasse in Anspruch nahm. Es erscheint mehr als nahe-liegend, daß sich die Geschäftsführer der Parteien im Vorfeld dieser Bespre-chung über die zum Verständnis des Anliegens der [X.] Vorgänge, beispielsweise über den oben genannten Schriftwechsel,unterhalten haben. Daß in der Besprechung selbst mit keiner Andeutung von- 9 -dem Hintergrund des Zugriffs der Sparkasse auf den Lebensversicherungsbe-trag des [X.] die Rede war, ist wenig wahrscheinlich. Es spricht zumindestviel dafür, daß der Geschäftsführer der [X.] seine Augen davor ver-schlossen hatte, daß sein Vater der Sparkasse schon zuvor seine Ansprücheaus der Lebensversicherung zur Verfügung gestellt hatte.Das Berufungsgericht hätte diese Gegebenheiten umfassend in seineÜberlegungen einbeziehen müssen. Es wäre auch zu berücksichtigen gewe-sen, daß die Vorgehensweise des Geschäftsführers der Klägerin und seines[X.]es, objektiv gesehen, den Zweck hatte, mit dem Lebensversicherungsbe-trag des [X.], der von der [X.] der Klägerin [X.] wurde, die Verpflichtung des [X.]es zu erfüllen. Dies geschah zu [X.] der Klägerin, die von einer entsprechenden, gegen sie noch nicht geltendgemachten Darlehensschuld befreit war, der aber eine fällige Forderung [X.] erbrachte geschäftliche Lieferungen und Leistungen entgangen war. [X.] war gleichfalls benachteiligt, weil die Klägerin, ihre Geschäftspartne-rin, an deren Zahlungsfähigkeit sie ein erhebliches Interesse hatte, eine liquide,auf dem Geschäftskonto zu tilgende Forderung einbüßte durch [X.], auf die sie, die Sparkasse, wegen des von ihr gewährten [X.] zugreifen konnte; dies alles war für den Geschäftsführer der [X.]jedenfalls in dem Gespräch vom 1. August 1995 erkennbar.3. Zu Recht rügt die Revision die Ansicht des [X.]s, [X.] hätte gegen die Klägerin einen bereicherungsrechtlichen Anspruch,mit dem sie hilfsweise aufgerechnet habe, sofern die Schuld der [X.] beider Klägerin durch ihre Zahlung nicht getilgt worden sei. Hatte die Klägerin, wierevisionsrechtlich zu unterstellen ist, gemäß einer Absprache zwischen ihrenGeschäftsführern Anspruch darauf, daß beide den Auszahlungsbetrag aus ih-ren Lebensversicherungen dem Darlehenskonto zugute brachten, hat sie durch- 10 -die teilweise Tilgung des Darlehens nur eine Leistung des Geschäftsführers[X.] -A. [X.] erlangt, die ihr ohnehin zugestanden hätte.II[X.] Berufungsurteil ist daher teilweise aufzuheben. Im Umfang der [X.] ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieerforderlichen Feststellungen getroffen werden können. Das [X.] auch darüber zu befinden haben, ob es neben dem [X.] die von der Klägerin ferner benannten Zeuginnen [X.]([X.]) undM. [X.]vernimmt, die beide zum Termin zur mündlichen Verhandlunggeladen waren, deren Anhörung aber unterblieben ist.[X.] [X.] Dr. Leimert [X.] Dr. [X.]

Meta

VIII ZR 218/01

05.11.2003

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2003, Az. VIII ZR 218/01 (REWIS RS 2003, 872)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 872

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