Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2005, Az. IV ZR 25/04

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3631

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL IV ZR 25/04

Verkündet am:

11. Mai 2005

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: ja _____________________

BGB § 307 Abs. 1 Satz 2 Cl; [X.] Kreditversicherung, hier Arbeitslosigkeitsversiche-rung für Kraftfahrzeugfinanzierungskredite

Zur Intransparenz der Klausel einer sogenannten Arbeitslosigkeitsversicherung (Kre-ditversicherung für Kraftfahrzeugfinanzierungsverträge für den Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit des versicherten Darlehensnehmers), in welcher die bedingungsge-mäße Arbeitslosigkeit unter anderem davon abhängig gemacht wird, daß der Darle-hensnehmer zum einen nicht gegen Entgelt tätig ist und außerdem Arbeitslosengeld oder -hilfe bezieht.

[X.], Urteil vom 11. Mai 2005- IV ZR 25/04 - OLG Naumburg

LG Dessau

- 2 -

[X.] hat durch [X.], [X.], die Richterin Dr. Kessal-Wulf, [X.] und Dr. [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 11. Mai 2005
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 4. Zi-vilsenats des [X.] vom 8. Ja-nuar 2004 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger fordert Leistungen aus einer von der Beklagten so be-zeichneten "Arbeitslosigkeitsversicherung".

Zur teilweisen Finanzierung des Kaufpreises für einen – M. nahm der Kläger im Oktober 2002 bei der V.

GmbH ein Darlehen über 31.666,56 • auf, das in der [X.] vom 21. November 2002 bis zum 21. Oktober 2003 in 12 Raten über je 2.638,88 • zurückgezahlt werden sollte.
- 3 -

[X.] unterhält als Versicherungsnehmerin bei der Beklagten einen Gruppenversicherungsvertrag, aufgrund dessen alle natürlichen Personen, die bei ihr einen Darlehensvertrag zur [X.] mit fest vereinbarten Raten abgeschlossen haben, für den Fall der Arbeitslo-sigkeit versichert werden können. Hiervon machte die Bank zugunsten des [X.] Gebrauch. Zusammen mit der Darlehensbestätigung [X.] sie ihm namens der Beklagten eine Versicherungsbestätigung, der zufolge ihm in Verbindung mit dem [X.] als versicherter Person Versicherungsschutz im Rahmen der Allgemei-nen Versicherungsbedingungen für die Arbeitslosigkeitsversicherung (im folgenden: [X.]-AL) gewährt werde. Diese lauten auszugsweise: § 1 Begriffsbestimmungen –

2. Arbeitnehmer Arbeitnehmer ist ein Versicherter, der – bei Beginn des Versicherungsschutzes mindestens 12 Monate ununterbro-chen beim gleichen Arbeitgeber mindestens 15 Stunden pro Woche sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Er darf weder – Kurzarbeiter, Saisonarbeiter noch bei seinem [X.] oder einem in direkter Linie Verwandten beschäf-tigt sein.

3. Arbeitslosigkeit Arbeitslosigkeit liegt vor, wenn der Versicherte als [X.] aus einem unbefristeten Arbeitsverhältnis heraus unverschuldet arbeitslos wird und nicht gegen Entgelt tätig ist. Die Arbeitslosigkeit muß Folge einer Kündigung des Ar-beitgebers oder einer einvernehmlichen Aufhebung des [X.] im Rahmen der vergleichsweisen Erledi-gung eines Kündigungsschutzprozesses oder zur Abwen-dung einer betriebsbedingten Kündigung sein. Während der Arbeitslosigkeit muß der Versicherte außerdem Arbeitslo-sengeld oder Arbeitslosenhilfe erhalten und aktiv Arbeit su-chen. Erhält der Versicherte wegen fehlender Bedürftigkeit - 4 -

keine Arbeitslosenhilfe, hindert dies den Leistungsanspruch nicht.



§ 3 Versicherungsleistung Während der Arbeitslosigkeit des Versicherten werden die in dieser [X.] gegenüber dem Versicherungsnehmer fällig werdenden ursprünglich vereinbarten monatlichen Raten des Versicherten unter Berücksichtigung der Karenzzeit bezahlt, wenn die Arbeitslosigkeit während der Dauer des Versicherungsschutzes begonnen hat. –

§ 4 Einschränkungen und Ausschlüsse der Leistungspflicht Arbeitslosigkeit, die innerhalb von 3 Monaten nach Beginn des Versicherungsschutzes eintritt oder bei Beginn des Versicherungsschutzes bereits bestand, ist nicht versichert (Wartezeit). –

Bei Abschluß des Darlehensvertrages war der Kläger als Elektro-meister bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) [X.], an der er zu 25% und seine als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin eingesetzte Ehefrau zu 75% beteiligt ist. Mit Schreiben vom 3. Januar 2003 kündigte die GmbH, vertreten durch die Ehefrau des [X.], das Beschäftigungsverhältnis zum 31. Januar 2003. Der Kläger ist seither arbeitslos gemeldet und erhält gemäß Bescheid des zuständi-gen Arbeitsamtes vom 17. März 2003 wöchentlich 245,21 • Arbeitslo-sengeld. Zugleich ist er seit Februar 2003 weiterhin bei der von seiner Ehefrau geführten [X.] beschäftigt.

Der Kläger meint, diese geringfügige Beschäftigung stehe der An-nahme, er sei [X.] arbeitslos, nicht entgegen, wie sich insbesondere daran zeige, daß ihm Arbeitslosengeld bewilligt sei. Er be-gehrt von der Beklagten Ersatz für die von ihm in der [X.] von Februar - 5 -

bis April 2003 an die [X.]gezahlten drei Darlehensraten in Höhe von insgesamt 7.916,64 •, ferner die Feststellung, daß die Beklagte ver-pflichtet ist, die ab Mai 2003 bis einschließlich Oktober 2003 fälligen restlichen Darlehensraten zu zahlen, sofern seine Arbeitslosigkeit an-dauert.

Die Beklagte hält sich für leistungsfrei, weil hier ein Beschäfti-gungsverhältnis bei der Ehefrau des [X.] im Sinne von § 1 Nr. 2 [X.]-AL zugrunde liege, die Arbeitslosigkeit nicht unverschuldet im Sinne von § 1 Nr. 3 [X.]-AL eingetreten und der Kläger weiterhin gegen Entgelt für die frühere Arbeitgeberin tätig sei.

Das [X.] hat der Klage mit Ausnahme des Ersatzes für die noch in die Karenzzeit fallende Darlehensrate für den Monat Februar 2003 stattgegeben, das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtli-chen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Ent-scheidung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

[X.] Das Berufungsgericht hat dem Kläger einen Anspruch auf [X.] versagt, weil er entgegen § 1 Nr. 3 Satz 1 der [X.] weiterhin gegen Entgelt, nämlich für 160 • monat-- 6 -

lich, bei seiner früheren Arbeitgeberin tätig ist. Daß er arbeitslos gemel-det sei und Arbeitslosengeld beziehe, besage nur, daß er sozialrechtlich als arbeitslos angesehen werde, sei aber für das privatrechtliche [X.], in welchem der Begriff der Arbeitslosigkeit in zuläs-siger Weise abweichend von den Bestimmungen des [X.] definiert sei, ohne Bedeutung. Nach § 1 Nr. 3 Satz 1 [X.]-AL setze der Leistungsanspruch voraus, daß der Versicherte überhaupt keine entgelt-liche Tätigkeit mehr ausübe; der Empfang von Arbeitslosengeld oder -hilfe sei, wie das Wort "außerdem" zeige, eine zusätzliche Anspruchs-voraussetzung. Die so verstandene Regelung sei [X.] und transparent. Der vom Kläger nunmehr noch erzielte Verdienst von monat-lich 160 • sei nicht so gering, daß es unbillig erscheine, darin ein Entgelt im Sinne von § 1 Nr. 3 Satz 1 [X.]-AL zu sehen.

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Die in § 1 Nr. 3 Satz 1 der Versicherungsbedingungen ([X.]-AL) getroffene Regelung zur Beschreibung [X.]er Arbeitslosig-keit ist intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, soweit sie zur Voraussetzung hat, daß der Versicherte nicht gegen Entgelt tätig ist.

a) Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß § 1 Nr. 3 [X.]-AL eine eigenständige vertragliche Beschreibung bedingungsgemä-ßer Arbeitslosigkeit enthält, die unabhängig ist vom sozialrechtlichen Begriff der Arbeitslosigkeit. Zunächst setzt [X.]e [X.] voraus, daß - nach ihrem unverschuldeten Eintritt - der [X.] nicht gegen Entgelt tätig ist. Damit will sich der Versicherer gegen - 7 -

Mißbrauch schützen. Er möchte verhindern, daß der Versicherte seinen Lebensunterhalt für die Dauer der Kraftfahrzeugfinanzierung durch Leis-tungen aus der öffentlichen Arbeitslosigkeitsversicherung und Zusatzein-künfte in einer Art und Weise bestreitet, die ihm keinen ausreichenden Anreiz für die rasche Beendigung seiner Arbeitslosigkeit gibt.

b) Daß diese [X.] in der Auslegung des Berufungsge-richts die Versicherungsnehmerin oder die einzelnen Versicherten [X.] an den gesetzlichen Konkretisierungen des § 307 Abs. 2 BGB inhaltlich unangemessen benachteiligt, läßt sich nicht feststellen.

[X.]) Bei der Beurteilung, ob die Bestimmung von einem wesentli-chen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung abweicht (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), sind die Bestimmungen des [X.] des [X.] ([X.]) über Arbeitsförderung außer Betracht zu [X.]. Private Versicherungen sind nach ihren eigenen privatrechtlichen Regelungen und ihrem eigenen Vertragszweck zu beurteilen. Die Geset-ze zur Sozialversicherung geben wegen ihrer Andersartigkeit und ihrer anderen Leistungsvoraussetzungen insoweit keinen tauglichen Maßstab für die unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers [X.] privaten Arbeitslosigkeitsversicherung (vgl. [X.]Z 141, 137, 142 f.). Auch im übrigen ist ein gesetzliches Leitbild, von dem mit der Bestim-mung des § 1 Nr. 3 [X.]-AL abgewichen würde, nicht ersichtlich.

[X.]) Eine Gefährdung des Vertragszwecks (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB) ist mit der [X.] ebenfalls nicht verbunden. Der Versiche-rungsvertrag soll die finanzierende Bank als Versicherungsnehmerin da-vor schützen, daß es infolge von Arbeitslosigkeit ihrer Kreditnehmer zu - 8 -

Ausfällen bei der Zahlung von Kreditraten kommt. Mit der Vorausset-zung, daß der Versicherte während seiner Arbeitslosigkeit Arbeitslosen-geld oder - sofern er bedürftig ist - Arbeitslosenhilfe bezieht, gewährleis-tet § 1 Nr. 3 [X.]-AL, daß dem Versicherten Mittel zur Verfügung stehen, um seinen Lebensunterhalt - wenn auch eingeschränkt - während der Arbeitslosigkeit weiterhin zu bestreiten, selbst wenn er keine sonstigen Einkünfte erzielen darf. Zugleich wird der Versicherte durch die [X.] in einem Umfang von monatlich wiederkehrenden [X.] freigestellt, die die nach den §§ 118, 141 f. [X.] zulässi-gen Nebeneinkünfte häufig übersteigen werden, und ist das schon [X.] Interesse des Versicherers daran, sich vor einem Mißbrauch zu schützen, anzuerkennen. [X.] der Versicherer deshalb den [X.] auf Fälle der Arbeitslosigkeit beschränken, in denen der Versicherte neben Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe kein sonstiges Entgelt erhält, so ist dies grundsätzlich seiner freien unternehmerischen Entscheidung überlassen (vgl. dazu [X.]Z [X.]O). Er muß die genannte Einschränkung allerdings der Versicherungsnehmerin und den [X.] klar und unmißverständlich vor Augen führen.

c) Nur daran fehlt es hier mit der Folge, daß die [X.] in § 1 Nr. 3 Satz 1 [X.]-AL die Versicherungsnehmerin und auch die [X.]n wegen Verstoßes gegen das sich aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ergebende Transparenzgebot unangemessen benachteiligt.

[X.]) Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners [X.] klar und durchschaubar darzustellen. Eine Klausel muß nicht nur in - 9 -

ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Vertragspartner verständ-lich sein, sondern darüber hinaus wirtschaftliche Nachteile und Belas-tungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann ([X.]Z 136, 394, 401; 141, 137, 143). Diesen Erfordernis-sen entspricht die [X.] in § 1 Nr. 3 Satz 1 [X.]-AL nicht.

[X.]) Maßgebend hierfür sind die [X.] des ty-pischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durch-schnittskunden ([X.]Z 106, 42, 49). Insoweit gilt kein anderer Maßstab als derjenige, der auch bei der Auslegung von Versicherungsbedingun-gen zu beachten ist. Diese sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann und muß. Dabei kommt es auf die Verständnismöglich-keiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezi-alkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an ([X.]Z 123, 83, 85). Liegt - wie hier - ein Gruppenversicherungsvertrag zugrunde, so ist auch auf das Verständnis und die Interessen der Gruppe der betroffenen Versicherten abzustellen ([X.]Z 103, 370, 383; [X.], Urteile vom 12. März 2003 - [X.]/02 - veröffentlicht in juris, unter 2 b; 14. Mai 2003 - [X.]/02 - veröffentlicht in juris, unter [X.] a).

[X.]) Sowohl die Überschriften des § 1 [X.]-AL ("[X.]") und seiner Nr. 3 ("Arbeitslosigkeit") als auch die im Satz 1 der Klausel enthaltene Bedingung, daß der Versicherte "nicht gegen Entgelt tätig ist", geben zunächst einen Hinweis darauf, daß eine eigenständige, vom sozialrechtlichen Rechtsbegriff der Arbeitslosigkeit abweichende Definition des Begriffs der [X.]en Arbeitslosigkeit aufge-- 10 -

stellt werden soll. Das legt es nahe, die Klausel so zu verstehen, wie das Berufungsgericht sie ausgelegt hat. In Satz 3 der Klausel wird aber die weitere Bedingung aufgestellt, der Versicherte müsse während der [X.] außerdem Arbeitslosengeld oder -hilfe erhalten und aktiv Arbeit suchen. Damit wird der Versicherte in die sozialversicherungs-rechtliche Begriffswelt der Arbeitslosigkeit geleitet. Selbst wenn er nicht mit allen Einzelheiten dieses Rechtsgebiets bewandert sein mag und noch nie mit der Arbeitsverwaltung zu tun hatte, weiß er darüber doch in den Grundzügen Bescheid, zumal angesichts der seit Jahren hohen [X.] der Informationsstand in den davon betroffenen oder be-drohten [X.] gewachsen ist. Insoweit ist auch weithin bekannt, daß ein geringer Hinzuverdienst den [X.] nicht ausschließt. Der Versicherte kann deshalb dem Irr-tum erliegen, Satz 3 der Klausel beinhalte eine Konkretisierung der Vor-aussetzungen des Satzes 1. Das liegt schon deshalb nicht fern, weil sich bei der Voraussetzung, daß der Versicherte nicht gegen Entgelt tätig ist, die Frage nach einer Erheblichkeits- oder Geringfügigkeitsgrenze auf-drängt. Der Versicherte kann die Regelung des Satzes 3 dahin miß-verstehen, daß § 1 Nr. 3 [X.]-AL insgesamt gesehen an das Sozialversi-cherungsrecht anknüpft und im Sinne der Versicherungsbedingungen ar-beitslos ist, wer von der Arbeitsverwaltung als arbeitslos behandelt wird und infolgedessen Leistungen erhält. Darin kann er sich auch dadurch bestärkt sehen, daß die Beklagte den Vertrag, der die von der Versiche-rungsnehmerin vergebenen Kredite sichern soll, als "Arbeitslosigkeits-versicherung" bezeichnet und damit einen Begriff verwendet, der ge-meinhin mit der sozialrechtlichen Versicherung assoziiert wird, während private Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit weniger bekannt sind. Durch das Nebeneinander des vertraglich festgelegten und des [X.] 11 -

rechtlichen Vorgaben folgenden Begriffs der Arbeitslosigkeit wird dem Versicherten in § 1 Nr. 3 [X.]-AL nicht ausreichend deutlich vor Augen geführt, daß - selbst sehr geringe - Nebeneinkünfte dem Anspruch auf Versicherungsleistungen auch dann entgegenstehen, wenn diese Ein-künfte für den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder -hilfe unschädlich sind.

d) Wegen dieser Intransparenz ist die Bestimmung, wonach [X.] nur vorliegt, wenn der Versicherte "nicht gegen Entgelt tä-tig ist", nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam und entfällt - bei Fortbestand des Versicherungsvertrages im übrigen - gemäß § 306 Abs. 1 BGB er-satzlos. Danach bleibt bei Unwirksamkeit eines Teils Allgemeiner Ge-schäftsbedingungen der übrige Teil wirksam. Das entspricht der früheren Rechtslage nach § 6 Abs. 1 [X.] (vgl. dazu [X.]Z 106, 19, 25 f.; [X.], Urteil vom 7. Oktober 1981 - [X.] - NJW 1982, 178 unter [X.]). Ist eine einzelne Bestimmung der Bedingungen - hier § 1 Nr. 3 [X.]-AL - nach ihrem Wortlaut aus sich heraus verständlich und sinnvoll trennbar in einen inhaltlich zulässigen und einen unzulässigen Rege-lungsteil, hier die intransparente [X.], so ist die Aufrechterhal-tung des zulässigen Teils rechtlich unbedenklich; allein die sprachliche Verbindung mit den weiteren Regelungen des § 1 Nr. 3 [X.]-AL in einem Satz oder unter derselben Nummer steht der Abtrennbarkeit der [X.] nicht entgegen (vgl. dazu [X.] [X.]O).

2. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderem [X.] als im Ergebnis richtig.
- 12 -

Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf den [X.] aus § 1 Nr. 2 Satz 2 [X.]-AL, wonach der versicherte Arbeitnehmer nicht bei seinem Ehegatten oder einem in direkter Linie Verwandten beschäf-tigt sein darf. Die Arbeitgeberin des [X.] ist eine Gesellschaft mit be-schränkter Haftung, deren Anteile die als alleinvertretungsbefugte Ge-schäftsführerin eingesetzte Ehefrau des [X.] zu 75% und der Kläger zu 25% halten. Diese im Geschäftsleben nicht seltene Form des Betriebs eines Handwerks- oder Handelsunternehmens wird vom Wortlaut der Ehegatten- und Verwandtenklausel nicht erfaßt.

Die Klausel ist als Risikobegrenzungsklausel grundsätzlich eng auszulegen, nämlich nicht weiter, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durch-schnittliche Versicherungsnehmer - und im vorliegenden Fall einer Grup-penversicherung auch der Versicherte - braucht nicht damit zu rechnen, daß er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne daß ihm diese hinrei-chend verdeutlicht werden (st. Rspr., vgl. nur [X.], Urteile vom 17. Sep-tember 2003 - [X.] - [X.], 1389 unter [X.]; vom 27. No-vember 2002 - IV ZR 159/01 - [X.], 187 unter III 2 a und vom 19. Februar 2003 - [X.]/02 - [X.], 454 unter [X.], jeweils m.w.[X.]). Dabei wird der Versicherte zunächst vom Wortlaut der Klausel ausgehen.

Ein allein am Zweck der Klausel orientiertes, [X.], wonach auch andere Arbeitgeber, insbesondere juristische Personen, oder Beschäftigungsverhältnisse erfaßt sein sollen, ist damit nicht zu vereinbaren. Zwar mag ein verständiger Versicherter bei Lektüre der Klausel erkennen, daß sie einem Mißbrauch vorbeugen und [X.] 13 -

kündigungen unter Ehegatten oder Verwandten begegnen will. Auch ist der Beklagten zuzugeben, daß die Kündigungsmöglichkeiten der Ehefrau des [X.] im vorliegenden Fall faktisch nicht hinter denen einer Ein-zelkauffrau zurückstehen, so daß die Mißbrauchsgefahr hier ähnlich groß ist, wie wenn der Versicherte bei seiner Ehefrau beschäftigt gewesen wäre. Dennoch verlöre die Risikobeschränkung bei einer zweckorientier-ten erweiternden Auslegung jegliche Kontur. Das liegt daran, daß fakti-sche Einflußmöglichkeiten eines Ehegatten auf die Beschäftigung des anderen in vielfältiger Form denkbar sind. Wollte man die Klausel über ihren Wortlaut hinaus auf vergleichbare Beschäftigungsverhältnisse erstrecken, bliebe letztlich völlig offen, ob allein das Halten von Anteilen an einer GmbH oder aber erst eine alleinige oder schon die zusammen mit [X.] ausgeübte Geschäftsführerstellung des Ehegatten der [X.]eigenschaft des Versicherten entgegenstünde, ob neben der GmbH auch andere Gesellschaften, etwa die offene Handelsgesellschaft, von der Leistungseinschränkung erfaßt sein sollten und ob jeweils schon eine Mitgesellschafterstellung, eine Mehrheitsbeteiligung oder erst eine Alleingesellschafterstellung des Ehegatten erforderlich wäre, um den Versicherungsschutz entfallen zu lassen. Die genannten Unwägbarkeiten auszuschließen ist aber allein Sache der Beklagten als Verwenderin [X.] solchen Klausel. Wollte sie sich weitergehend als in der Ehegatten- und Verwandtenklausel geregelt vor Mißbrauch schützen, so hätte sie die Möglichkeit gehabt, entsprechende weitere Sachverhalte in die [X.] aufzunehmen.

3. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat nicht möglich; die Sache bedarf vielmehr neuer Verhandlung. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - bisher nicht geprüft, ob - 14 -

eine unverschuldete Arbeitslosigkeit im Sinne von § 1 Nr. 3 Satz 1 [X.]-AL eingetreten ist. Die Beklagte hat dazu behauptet, der Kläger ha-be im Zusammenwirken mit seiner Ehefrau eine "Scheinkündigung" in-szeniert, um in den Genuß der Versicherungsleistungen zu kommen. Diese hier nicht fernliegende Behauptung aufzuklären, ist allein Sache des Tatrichters, der dafür die gesamten Umstände des Falles im Rahmen einer umfassenden Würdigung zu prüfen und zu bewerten haben wird. Zu diesen Umständen zählen insbesondere die Gestaltung des [X.]svertrages mit der Beschränkung auf zwölf ungewöhnlich hohe Monatsraten (nach dem Versicherungsvertrag ist die [X.] je Versicherungsfall auf zwölf Monatsraten beschränkt), der Umstand, daß der Kläger als angestellter Arbeitnehmer persönlich ein möglicherweise später vorwiegend als Geschäftsfahrzeug der GmbH genutztes Fahrzeug erworben hat (nach dem Versicherungsvertrag kön-nen nur natürliche Personen versichert werden), der zeitliche Ablauf des Geschehens, insbesondere der [X.]punkt der Kündigung unter Berück-sichtigung der nach dem Versicherungsvertrag für die Versicherungsleis-tung maßgeblichen Wartezeit, die besonderen Einflußmöglichkeiten des [X.] und seiner Ehefrau auf die Kündigung, die wirtschaftliche [X.] der [X.] im [X.]punkt der Kündigung sowie Art und Umfang der Weiterbeschäftigung des [X.] (bei einem auffälligen - 15 -

Mißverhältnis zwischen den behaupteten, weiterhin ausgeübten Tätigkei-ten und einer Entlohnung von nur 160 • pro Monat) und anderer [X.] der Gesellschaft nach der Kündigung.

[X.] [X.]

Dr. Kessal-Wulf

[X.]

Dr. [X.]

Meta

IV ZR 25/04

11.05.2005

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2005, Az. IV ZR 25/04 (REWIS RS 2005, 3631)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3631

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