Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.08.2004, Az. 3 StR 380/03

3. Strafsenat | REWIS RS 2004, 1879

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 [X.] vom 19. August 2004 in der Strafsache gegen

Nachschlagewerk: ja [X.]St: ja zu [X.] Veröffentlichung: ja _____________________

StPO § 338 Nr. 6; [X.] § 169 Satz 1

Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 6 StPO wird weder durch den Umstand, daß Gespräche über eine Verständigung außerhalb der Hauptverhandlung stattfin- den, noch dadurch begründet, daß das Ergebnis dieser Verständigung entgegen den Grundsätzen von [X.]St 43, 195 ff. nicht in die öffentliche Hauptverhandlung eingeführt wird. - 2 -
[X.], [X.]. vom 19. August 2004 - 3 [X.] - [X.]

wegen gewerbsmäßigen [X.] u. a.
- 3 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung vom 29. Juli 2004, in der Sitzung am 19. August 2004, an denen teilgenommen ha-ben: Vorsitzender [X.] am [X.]

Prof. Dr. [X.],

die [X.] am [X.]

[X.],

[X.],

von [X.],

[X.]

als beisitzende [X.],

Oberstaatsanwalt beim [X.] - in der Verhandlung vom 29. Juli 2004 -, Bundesanwalt beim [X.] - bei der Verkündung am 19. August 2004 -

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

, Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom 29. Juli 2004 -, Rechtsanwalt - bei der Verkündung am 19. August 2004 -

als Verteidiger des Angeklagten,

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt: - 4 - Die Revision des Angeklagten gegen das [X.]eil des [X.] vom 26. März 2003 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten [X.]und den Mitangeklagten In der [X.] wegen gewerbsmäßigen [X.] in fünf Fällen und wegen Betruges verurteilt. Es hat gegen den Angeklagten [X.] unter Ein-beziehung von zwei [X.] von je sechs Monaten aus einer frü-heren Verurteilung eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs [X.] verhängt. Die Revision des Angeklagten [X.]

rügt die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Der Mitangeklagte In der [X.]hat [X.] wie die früher nach Verfahrensabtrennung abgeurteilten Mitangeklagten [X.]und [X.]. kein Rechtsmittel eingelegt.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

[X.] [X.] der Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens nach § 338 Nr. 6 StPO im Hinblick auf verfahrensbeendende [X.] mit dem Mitangeklagten [X.]ist unbegründet. - 5 - 1. Der Rüge liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Im [X.] am 27. November 2002 sagte das Gericht dem Mitangeklagten [X.]für den Fall einer umfangreichen geständigen Ein-lassung zu, gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von höchstens vier Jahren zu verhängen.
Nach dem Vorbringen der Revision in der Begründung vom 8. August 2003 hatten die Berufsrichter bei dem vorausgehenden Vorgespräch vom 14. November 2002, das außerhalb der Hauptverhandlung geführt worden war, dem Mitangeklagten [X.] darüber hinaus "in Aussicht gestellt, sich im [X.]eil für eine Halbstrafenregelung aussprechen zu wollen". Daß ein derartiges [X.] stattgefunden hat, ist - bislang - nicht bewiesen. In den vorgelegten an-waltlichen Erklärungen des Verteidigers des Mitangeklagten B. , [X.], vom 2. Oktober 2003 und vom 23. Juni 2004 sowie in dessen Schreiben vom 7. August 2003 an Rechtsanwalt [X.]. wird zwar ausführlich über den Inhalt der Vorgespräche berichtet, über eine solche Empfehlung [X.] sich darin jedoch nichts. Gleiches gilt für die eingeholten dienstlichen Erklä-rungen der Berufsrichter und des Staatsanwaltes [X.]
, die auch zum Inhalt der Vorgespräche Stellung nehmen sollten. Erst in einer kurz vor der Revisi-onshauptverhandlung nachgereichten Erklärung des Rechtsanwalts [X.]vom 21. Juli 2004 wurde ausgeführt, daß eine entsprechende Zusage durch die Berufsrichter abgegeben worden sei. Der Beschwerdeführer meint, dadurch daß das Gericht die - in dieser Erklärung behauptete - Zusage einer "Halbstra-fenempfehlung" nicht in die Hauptverhandlung eingeführt habe, sei der Öffent-lichkeitsgrundsatz verletzt. - 6 - 2. Der Senat braucht auch im Hinblick auf dieses nachgereichte Schrei-ben des Rechtsanwaltes [X.]keine ergänzenden Erklärungen der übri-gen Beteiligten einzuholen. Der [X.] im Sinne des § 338 Nr. 6 StPO ist in keinem Fall verletzt.
a) Dieser absolute Revisionsgrund ist nur gegeben, wenn bei einer mündlichen Verhandlung die Vorschriften über die Öffentlichkeit verletzt sind. Unter mündlicher Verhandlung ist die Hauptverhandlung im Sinne des 6. Ab-schnittes des [X.] der Strafprozeßordnung - §§ 226 bis 275 StPO - zu verstehen (vgl. Wickern in Löwe/[X.], [X.]. § 169 [X.] Rdn. 7). Die behaupteten Vorgespräche über eine "Halbstrafenempfehlung" wurden jedoch von den Beteiligten bewußt außerhalb der Hauptverhandlung geführt und waren somit nicht Teil der Hauptverhandlung. Ein zum absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 6 StPO führender Verstoß gegen § 169 [X.] liegt schon deshalb nicht vor ([X.]St 42, 46, 47; aus [X.]St 45, 51 ff. ergibt sich entgegen der Auffassung des [X.]s nichts anderes). b) Auch die grundlegende Entscheidung des 4. Strafsenats zur [X.] ([X.]St 43, 195 ff.) gibt zu einer abweichenden Beur-teilung keinen Anlaß. Dort wird zwar ausgeführt, daß eine Verständigung zwi-schen dem Gericht und den anderen Verfahrensbeteiligten, welche die [X.] und die Höhe der Strafe zum Gegenstand hatte, unge-achtet zulässiger Vorgespräche in öffentlicher Hauptverhandlung zu erfolgen habe und das Ergebnis, da es sich um einen wesentlichen Verfahrensvorgang handele, im Protokoll festzuhalten sei; andernfalls sei der [X.] verletzt ([X.] aaO S. 205 ff.). Damit wird jedoch nur deutlich gemacht, daß solche Absprachen, denen durchaus Vorgespräche außerhalb der [X.] - handlung ([X.] aaO S. 206) vorausgegangen sein dürfen, transparent ge-macht werden müssen und in die Hauptverhandlung einzuführen sind. Dieser Auffassung hat sich auch der Senat angeschlossen (vgl. [X.] NStZ 2001, 555 f.). Aus ihr folgt jedoch nicht, daß andernfalls die Vorschriften über die Öffent-lichkeit verletzt sind und der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 6 StPO gegeben ist. Vielmehr leidet dann die Verfahrensweise, die zur Verständigung geführt hat, an einem Mangel, der etwa zur Unwirksamkeit der Absprache füh-ren (vgl. [X.] NStZ 2001, 555 f.; [X.]St 45, 51, 56) oder von der an den [X.] etwa nicht beteiligten Seite zum Gegenstand von Ablehnungsge-suchen gemacht werden kann ([X.]St 42, 46, 48; 37, 99; 37, 298). c) Ein solcher - hier von der Revision behaupteter - Verfahrensmangel ist nicht anders zu beurteilen als andere Konstellationen, in denen Vorgänge, die außerhalb der Hauptverhandlung stattgefunden haben, [X.] nicht in diese eingeführt worden sind. Solche vergleichbaren Vorgänge sind vielfältig vorstellbar und etwa gegeben, wenn der [X.] einen Hinweis auf die Veränderung der Rechtslage nur telefonisch, nicht aber entgegen § 265 Abs. 1 StPO in der Hauptverhandlung gibt, wenn er Beweisstoff außerhalb der Hauptverhandlung zur Kenntnis nimmt, z. B. einen privaten Augenschein durchführt, einen Sachverständigen telefonisch befragt, Urkunden liest u. a., aber die Beweismittel nicht in die Hauptverhandlung einführt und entgegen § 261 StPO gleichwohl sein [X.]eil darauf gründet. In diesen und anderen ver-gleichbaren Fällen ist zwar Verfahrensrecht verletzt und der Bestand des [X.] grundsätzlich gefährdet. Der absolute Revisionsgrund der Verletzung der Öffentlichkeit greift aber, wie auch die Revision einräumt, nicht ein. - 8 - Von diesen Gestaltungen unterscheidet sich der Fall, daß der Inhalt [X.] nicht in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist, nicht so wesentlich, daß diese Unterlassung einen Verstoß gegen den [X.] im Sinne des § 338 Nr. 6 StPO begründen könnte. Die Annah-me eines solchen Verstoßes rechtfertigt sich auch nicht aus dem Einfluß, den eine Verständigung auf das weitere Verfahren haben darf. Dieser ist nicht so erheblich, daß von einer weiteren Hauptverhandlung praktisch nicht mehr ge-sprochen werden kann und der eigentliche [X.] in der [X.] zu sehen ist. Denn das Gericht bleibt auch bei dieser Verfahrensgestaltung verpflichtet, die Richtigkeit des Geständnisses zu überprüfen, die zutreffende rechtliche Würdigung vorzunehmen und ungeachtet einer Höchststrafenver-einbarung sicherzustellen, daß das später ergehende [X.]eil materiell-rechtlich zutreffend und unter Berücksichtigung aller Umstände vertretbar ist ([X.]St 43, 195, 208).
I[X.] Die entsprechende Rüge der Verletzung der Öffentlichkeit im Hinblick auf eine Verständigung mit dem Mitangeklagten In der [X.]ist - abgese-hen davon, daß eine Absprache mit dem Gericht nicht erwiesen ist, wie der [X.] nach der Einholung dienstlicher Erklärungen eingeräumt hat, - aus den gleichen Gründen unbegründet. Soweit nunmehr nach Ablauf der [X.] sionsbegründungsfrist darauf abgestellt wird, daß der Staatsanwalt die Zusage gegeben habe, bei einem Geständnis mit seinem Antrag über ein bestimmtes Strafmaß nicht hinaus zu gehen, und diese Zusage nicht in die Hauptverhand-lung eingeführt worden sei, gelten die Grundsätze zu [X.] erst recht. Auf die [X.], ob der Beschwerdeführer damit nach Fristablauf die Zielrichtung der Rüge geändert hat und ob dies zulässig war, kommt es daher nicht mehr an. - 9 -
II[X.] [X.] der Verletzung des fairen Verfahrens, weil sich der Ange-klagte [X.] mangels entsprechender Hinweise des Gerichts in seiner [X.] nicht auf die Verständigung mit den Mitangeklagten [X.] und In der [X.]habe einstellen können, ist nicht begründet. Die Absprache mit dem Angeklagten [X.] ist in ihrem wesentlichen Inhalt in Gegenwart des Ange-klagten [X.]erfolgt. Daß das Gericht den Angeklagten [X.]auf die - behauptete - Zusage einer Halbstrafenempfehlung mit dem Mitangeklagten [X.] nicht ausdrücklich hingewiesen hat, vermag bei dieser Sachlage die Verletzung des fairen Verfahrens nicht zu begründen, da ohnehin offenkundig war, daß die Aussage dieses Mitangeklagten in Verbindung mit einer [X.] erfolgte. Hinsichtlich des Mitangeklagten In der [X.]

ist eine [X.] unter Beteiligung des Gerichts nicht erwiesen. Soweit es um Gespräche mit dem Staatsanwalt [X.]über ein Höchstmaß für seinen Antrag geht, hat dieser selbst den Angeklagten [X.]darauf hingewiesen, daß es Gesprä-che von ihm mit allen Angeklagten gegeben habe. Angesichts der [X.] war somit dem Angeklagten [X.] klar, daß dessen nunmehrige Aussagebereitschaft auf ein Gespräch zur Verfahrensbeendigung zurückzufüh-ren war.
IV. Auch im übrigen hat die Nachprüfung des [X.]eils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Wegen der weiteren Verfahrensrüge - 10 - nach § 261 StPO und der Sachrüge wird auf die zutreffenden Ausführungen des [X.] in seiner Antragsschrift vom 21. Oktober 2003 [X.].

[X.] [X.] [X.]

von [X.]

[X.] am [X.]

[X.] ist im Urlaub und deswe-

gen an der Unterzeichnung ge-

hindert.

[X.]

Meta

3 StR 380/03

19.08.2004

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.08.2004, Az. 3 StR 380/03 (REWIS RS 2004, 1879)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1879

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