Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.02.2022, Az. 2 ARs 382/21

2. Strafsenat | REWIS RS 2022, 8499

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Gegenstand

Gerichtsstandsbestimmung in Strafvollstreckungssachen: Fortwirkungszuständigkeit der Strafvollstreckungskammer für Vollstreckung einer Einziehungsanordnung


Tenor

Zuständig für die Vollstreckung der mit Urteil des [X.] vom 27. März 2019 (8 [X.]) angeordneten Einziehung des Wertes der [X.] ist das

Landgericht – Strafvollstreckungskammer – [X.].

Gründe

I.

1

Das [X.] hat mit Urteil vom 27. März 2019 (8 [X.]) gegen den Verurteilten u.a. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in sieben Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verhängt. Ferner hat es die Einziehung des Wertes von [X.]n in Höhe von 430.000 Euro gegen ihn als Gesamtschuldner angeordnet. Mit Beschluss vom 16. Dezember 2020 hat das [X.] [X.], in dessen Zuständigkeitsbereich der Verurteilte die Gesamtfreiheitsstrafe teilweise verbüßt hat, die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt.

2

Die Staatsanwaltschaft [X.] hat beantragt, gemäß § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO das Unterbleiben der Vollstreckung der im Urteil des Landgerichts [X.] angeordneten Einziehung des Wertes von [X.]n in Höhe von 430.000 Euro anzuordnen.

3

Mit Beschluss vom 25. August 2021 hat sich das Landgericht [X.] für unzuständig erklärt. Es vertritt die Auffassung, eine Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer bestehe nur für Entscheidungen, welche die Person betreffen, gegen die eine Freiheitsstrafe (noch) vollzogen wird. Der Verurteilte sei zwar Adressat der Einziehungsanordnung; ein Zusammenhang mit der Vollstreckung der Freiheitsstrafe, der eine besondere Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer rechtfertige, bestehe indes nicht.

4

Das [X.] hält sich ebenfalls für nicht zuständig. Die Voraussetzungen für eine Abgabe an das Gericht des ersten [X.] nach § 462a Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 458 Abs. 1 StPO lägen nicht vor. Die hier beantragte Entscheidung nach § 459g Abs. 5 StPO betreffe maßgeblich den Verurteilten selbst, so dass nach Aussetzung der Restfreiheitsstrafe und bedingter Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft die Zuständigkeit des Landgerichts [X.] fortbestehe (§ 462a Abs. 1 Satz 2 StPO).

II.

5

Der [X.] ist für die Entscheidung des zwischen den Landgerichten [X.] und [X.] bestehenden Streits gemäß § 14 StPO als gemeinschaftliches oberes Gericht berufen, weil diese in den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte liegen.

6

Zuständig für die Vollstreckung der angeordneten Einziehung des Wertes der [X.] und damit auch für die zwischen den beiden Gerichten allein im Streit stehende Entscheidung nach § 459g Abs. 5 StPO ist das Landgericht [X.].

7

In seiner Antragsschrift vom 12. November 2021 hat der [X.] u.a. ausgeführt:

„Denn die gemäß § 462a Abs. 1 i.V.m. §§ 462 Abs. 1 StPO begründete Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts [X.] erfasst auch die Vollstreckung von Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten (§ 462 Abs. 1 i.V.m. § 459g Abs. 2 StPO), und besteht nach Aussetzung der Restfreiheitsstrafe und bedingter Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft fort (§ 462a Abs. 1 Satz 2 StPO).

Das [X.] beruft sich zutreffend darauf, dass die Voraussetzungen für eine Abgabe an das Gericht des ersten [X.] nach § 462a Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 458 Abs. 1 StPO nicht vorliegen. Im Übrigen ist ihm darin zuzustimmen, dass die Entscheidung des Senats vom 16. April 1987 – 2 [X.] – einen anders gelagerten Sachverhalt betrifft. Denn diese verhält sich allein dazu, dass nach der Systematik des Gesetzes und dem Sinn und Zweck des § 462a StPO Entscheidungen gegen andere Personen wie Mitangeklagte, Nebenbeteiligte oder Verleger und Redakteure im Sinne von § 463 c Abs. 3 StPO von der Pauschalverweisung über § 462 Abs. 1 StPO auf die §§ 458 bis 461 StPO ausgenommen sind. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Allein der Umstand, dass von einer Entscheidung, die sich gegen den Verurteilten selbst richtet, auch andere Personen betroffen sind, rechtfertigt es entgegen der vom Landgericht [X.] im [X.] an das [X.] vertretenen Auffassung jedoch nicht, diese Entscheidungen abweichend vom Wortlaut des § 462a Abs. 1 i.V.m. § 462 Abs. 1 StPO sämtlich von der Pauschalverweisung auf die §§ 458 bis 461 StPO auszunehmen. Denn im Regelfall ist eine einheitliche Entscheidungskompetenz für die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe und die Vollstreckung der Vermögensabschöpfungsentscheidung schon unter dem Gesichtspunkt der Resozialisierung des Verurteilten sinnvoll. Im Übrigen liefe die Pauschalverweisung auf die §§ 458 bis 461 StPO jedenfalls hinsichtlich der Vollstreckung von [X.] in der Praxis weitgehend ins Leere, wollte man hiervon sämtliche Entscheidungen ausnehmen, von denen andere Personen betroffen sind. Denn in der überwiegenden Zahl dieser Fälle betreffen die vollstreckungsrechtlichen Entscheidungen weitere Personen, insbesondere die durch die Tat Verletzten, häufig aber auch als Gesamtschuldner verurteilte Tatbeteiligte.“

8

Dem tritt der Senat bei.

Franke     

  

Appl     

  

Zeng

  

Grube     

  

Schmidt     

  

Meta

2 ARs 382/21

01.02.2022

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

§ 458 Abs 1 StPO, § 459g Abs 2 StPO, § 459g Abs 5 S 1 StPO, § 462 Abs 1 StPO, § 462a Abs 1 S 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.02.2022, Az. 2 ARs 382/21 (REWIS RS 2022, 8499)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 8499

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