Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2007, Az. IX ZB 219/06

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 852

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[X.][X.]/06 vom 15. November 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 233 [X.] Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete [X.] befolgt. [X.] die [X.] aber nicht die unmissverständliche Anordnung, diesen Vorgang sogleich auszuführen, müssen ausreichende organisatorische Vorkehrun-gen dagegen getroffen sein, dass die mündliche [X.] in Vergessenheit gerät und dadurch die rechtzeitige Übermittlung eines fristwahrenden Schriftsatzes unterbleibt. [X.], [X.]uss vom 15. November 2007 - [X.]/06 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. Gehrlein und [X.] am 15. November 2007 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss des 16. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 13. September 2006 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen. [X.]: 9.800,84 •. Gründe: [X.] Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zahlung von 9.800,84 • Steuerberaterhonorar. Das [X.] hat den Beklagten antragsgemäß verur-teilt. Das Urteil ist dem Beklagten am 23. Juni 2006 zugestellt worden. Sein Prozessbevollmächtigter hat am 21. Juli 2006 Berufung eingelegt und diese am 24. August 2006 begründet. 1 Am 28. August 2006 hat die Vorsitzende des [X.] darauf hingewiesen, dass die Begründung erst nach Ablauf der Begründungsfrist bei Gericht eingegangen ist. 2 - 3 - Am 6. September 2006 hat der Beklagte Wiedereinsetzung in den [X.] beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt: 3 Der Ablauf der Berufungsbegründungsfrist sei von der hierfür zuständi-gen und in [X.] geschulten und ansonsten stets sorgfältig arbeitenden Rechtsanwaltsfachangestellten falsch berechnet und falsch im Fristenbuch für den 24. August 2006 vermerkt worden. Der für den Fall zuständige [X.] habe die fehlerhafte Berechnung bei Abfassung der Berufungsbegründung am 22. August 2006 bemerkt und sein Sekretariat angewiesen, den Schriftsatz nach Erledigung einiger geringfügiger Korrekturen und nach Unterzeichnung des Schriftsatzes noch am 22. August 2006, jedenfalls aber am 23. August 2006 an das Berufungsgericht zu faxen. Ob dieser Anweisung gefolgt worden sei, habe der bearbeitende Rechtsanwalt nicht überprüft, da er am 23. August 2006 in [X.] gefahren sei. Tatsächlich sei die Reinschrift erst am 24. August 2006 erstellt und an das Berufungsgericht gefaxt worden. Offenbar sei die fälschlicherweise für diesen Tag im [X.] eingetragene Frist beachtet worden. 4 Das [X.] hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde. 5 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Sätze 3 und 4, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), aber unzulässig. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des 6 - 4 - Rechts sowie die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Ent-scheidung des [X.] (§ 574 Abs. 2 ZPO). Insbesondere ist entgegen der Auffassung des Beklagten eine Entschei-dung des [X.] nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Entscheidung des [X.] verletzt weder den Anspruch des Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechts-schutzes (vgl. [X.], [X.]. v. 10. Oktober 2006 - [X.], [X.], 601, 602 m.w.N.) noch weicht die Entscheidung von der Rechtsprechung des [X.] ab. 7 1. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag für unbegrün-det erachtet, weil die Frist zur Begründung der Berufung durch Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Beklagten versäumt worden sei. Dieses liege dar-in, dass er keine organisatorische Vorkehrungen in seinem Büro getroffen habe, die sicherstellen konnten, dass die im [X.] falsch eingetragene Frist korrigiert und der [X.] rechtzeitig gefaxt wurde. 8 2. Das Berufungsgericht hat damit entsprechend der gefestigten Recht-sprechung des [X.] entschieden. 9 a) Ein Rechtsanwalt darf zwar grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete [X.] befolgt (st. Rspr., z.B. [X.], [X.]. v. 22. Juni 2004 - [X.], NJW-RR 2004, 1361, 1362; v. 13. September 2006 - [X.] 103/06, [X.]Report 2006, 1493; v. 21. Dezember 2006 - [X.] ZB 309/04, [X.], 236; v. 4. April 2007 - [X.]/06, [X.]Report 2007, 623, 624). 10 - 5 - In einer Anwaltskanzlei müssen jedoch ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, dass die mündliche [X.] über die Eintragung oder Einhaltung einer wichtigen Frist in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung oder rechtzeitige Übermittlung eines fristwahrenden Schriftsatzes unterbleibt (für die Eintragung einer wichtigen Frist vgl. z.B. [X.], [X.]. v. 4. November 2003 - [X.], NJW 2004, 688, 689; v. 21. [X.] aaO; für die Einhaltung einer wichtigen Frist zur Übermittlung ei-nes Schriftsatzes per Fax vgl. z.B. [X.], [X.]. v. 22. Juni 2004 aaO; v. 13. September 2006 aaO; v. 4. April 2007 aaO). In einem solchen Fall bedeutet das Fehlen jeglicher Sicherung einen entscheidenden Organisationsmangel ([X.], [X.]. v. 22. Juni 2004 aaO; v. 13. September 2006 aaO; v. 21. [X.] aaO; v. 4. April 2007 aaO). 11 Eine besondere Vorkehrung mag ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn die Bürokraft die unmissverständliche Weisung erhalten hat, einen Vorgang sogleich auszuführen ([X.], [X.]. v. 22. Juni 2004 aaO; v. 4. April 2007 aaO). Lässt der Anwalt dagegen seiner Angestellten einen zeitlichen Spielraum von mehreren Stunden oder gar - wie hier - bis zum Ende des nächsten Tages, besteht die Gefahr, dass der Auftrag im Drange der sonstigen Geschäfte ver-gessen wird. Dieser Fehler kann auch ansonsten verlässlichen Kanzleikräften unterlaufen. Der Rechtsanwalt muss deshalb, wenn er nicht die sofortige Aus-führung seiner Anweisung anordnet, durch allgemeine Weisung oder durch be-sonderen Auftrag Vorkehrungen gegen das Vergessen treffen ([X.], [X.]. v. 4. April 2007 aaO). 12 3. In Anwendung dieser Grundsätze ist das Berufungsgericht zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, der Beklagte habe die Fristversäumnis ver-schuldet. Sein Prozessbevollmächtigter hat nicht dafür gesorgt, dass die Einhal-tung der von ihm erteilten [X.] gesichert wurde. Er hat weder seine 13 - 6 - [X.]svertretung oder eine andere Person veranlasst, am nächsten Tag die Einhaltung der Frist zu kontrollieren, noch zumindest dafür gesorgt, dass die im [X.] noch immer falsch eingetragene Frist korrigiert wurde, so dass wenigstens die erforderliche Ausgangskontrolle anhand dieses Kalenders noch rechtzeitig hätte erfolgen können. Dieses Verschulden seines Prozessbevollmächtigten muss sich der [X.] zurechnen lassen, § 85 Abs. 2 ZPO. 14 Dr. [X.] [X.] [X.]
Prof. Dr. Gehrlein [X.]
Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 08.06.2006 - 8 O 289/05 - [X.], Entscheidung vom 13.09.2006 - 16 U 47/06 -

Meta

IX ZB 219/06

15.11.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2007, Az. IX ZB 219/06 (REWIS RS 2007, 852)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 852

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Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Kontrollpflichten des Rechtsanwalts zur Sicherstellung der Fristwahrung


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