Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2012, Az. V ZR 215/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6517

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.]/11

vom

10. Mai 2012
in dem Rechtsstreit

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Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 10. Mai 2012 durch
den Vor-sitzenden [X.] Dr. [X.], die [X.]
Dr.
Schmidt-Räntsch und Dr.
Roth und die Richterinnen Dr.
[X.] und Weinland

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der [X.] wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom
25. August 2011 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbe-schwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 25.000

Gründe:
I.
Die Parteien sind jeweils Eigentümer aneinander grenzender [X.]. Anlässlich von der Stadt geplanter Straßenbauarbeiten wurde die Doppelhaushälfte der [X.] im April 2007 auf ihren baulichen Zustand un-tersucht. Ein Sachverständiger stellte den teilweisen Befall mit echtem [X.] und die daraus resultierende Gefahr des Einsturzes des gesamten Gebäudes fest. Die mit den Straßenbauarbeiten beauftragte Firma ließ [X.]
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hin Sicherungsmaßnahmen an der Doppelhaushälfte der [X.] zur [X.] der Einsturzgefahr vornehmen.
Auf die Klage der Klägerin hat das [X.] die Beklagte im Wege ei-nes Versäumnisurteils verurteilt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um die Gefahr der Beschädigung der klägerischen Doppelhaushälfte durch einen Einsturz der Doppelhaushälfte der [X.] abzuwenden. Nach dem [X.] der [X.], hat das [X.] die Einholung eines Sachverständi-gengutachtens zur Frage des [X.] und der Einsturzgefähr-dung des Gebäudes angeordnet. Zu einer Erhebung des Beweises ist es nicht
gekommen, weil die Beklagte bei dem Ortstermin nicht anwesend war und der Sachverständige die unbewohnte Doppelhaushälfte nicht eigenmächtig betre-ten wollte. Da das [X.] darin eine Beweisvereitelung durch die Beklagte gesehen hat, hat es das Versäumnisurteil aufrechterhalten.
Das [X.] hat die Berufung der [X.] als unzulässig verworfen. Nachdem der Senat diese Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen hatte, hat es die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Mit ihrer Nichtzulas-sungsbeschwerde möchte die Beklagte die Klageabweisung
erreichen.

II.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht fest, dass die Doppel-haushälfte der [X.] einsturzgefährdet ist. Der Einholung eines Sachver-ständigengutachtens habe es nicht bedurft. Denn zwischen den Parteien sei unstreitig, dass im April 2007 eine gravierende Einsturzgefährdung, bedingt durch echten Hausschwamm, bestanden habe. Zwar behaupte die Beklagte, 2
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dass die Standfestigkeit ihrer Doppelhaushälfte aufgrund der von der Straßen-baufirma in Auftrag gegebenen Sicherungsmaßnahmen jetzt nicht mehr beein-trächtigt sei. Die für diese Behauptung darlegungs-
und beweisbelastete Be-klagte habe jedoch versäumt darzustellen, welche Arbeiten konkret veranlasst worden seien; insbesondere lasse sich ihrem Vorbringen nicht entnehmen, dass geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung des [X.] ergrif-fen worden wären. Bloße Stützmaßnahmen zur Sicherung der Durchführung von Straßenbauarbeiten seien ersichtlich nicht geeignet gewesen, die Stand-festigkeit der Doppelhaushälfte der [X.] nachhaltig und dauerhaft zu ge-währleisten.
III.
Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, da das Berufungsgericht den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
1. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt zwar nicht darin, dass das Berufungsgericht annimmt, es sei unstreitig, dass die Doppelhaushälfte der [X.] im April 2007 mit echtem Hausschwamm befallen war. Zutreffend weist es darauf hin, dass die Beklagte die Ausführungen der Klägerin, soweit sie sich die Feststellungen des von der Straßenbaufirma beauftragten Gutachters hin-sichtlich des Schwammbefalls zu Eigen gemacht hat, nicht bestritten hat. Im Übrigen hat die Beklagte im Schriftsatz vom 16. August 2011 den [X.] ausdrücklich als unstreitig bezeichnet.
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber den von der [X.] angebotenen Beweis zu ihrer Behauptung, der Anspruch der Klägerin auf Sicherung des Gebäudes gem. §§ 908, 836 [X.] sei erfüllt, nicht erhoben.
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a) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet ([X.], NJW 2003, 1655). Das ist unter anderem der Fall, wenn ein Gericht die Rechtsprechung des [X.] missachtet, wonach die Ableh-nung eines Beweises für eine erhebliche Tatsache nur zulässig ist, wenn diese so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann oder wenn sie ins Blaue hinein aufgestellt worden ist (Senat, Beschluss vom 12.
Juni 2008

[X.], juris
Rn.
5).
b) So liegt es hier. Das Berufungsgericht hätte den von der

insoweit beweisbelasteten (vgl. nur [X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 908 Rn. 23; Münch-Komm-[X.]/[X.], 5. Aufl., § 908 Rn. 8)

[X.] angebotenen Beweis über deren Behauptung erheben müssen, die von der Firma [X.] gemäß Angebot vom 11. April 2007 durchgeführten Sicherungsarbeiten seien nicht lediglich provisorischer Natur gewesen, sondern hätten zu einer vollstän-digen Sicherung des Gebäudes vor einem Einsturz geführt. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] genügt eine Partei ihrer Darlegungs-last, wenn die vorgetragenen Tatsachen in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht zu begründen (vgl. nur Senat, [X.] vom 12.
Juni 2008

[X.], juris
Rn.
6, mwN). Das trifft auf die unter Beweis gestellte Behauptung der [X.] zu. Erweist sich ihr Vortrag, dass die Gefahr eines Gebäudeeinsturzes aufgrund der durchgeführten Siche-rungsmaßnahmen nicht mehr bestehe und damit Erfüllung eingetreten sei, als zutreffend, steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch aus §
908 [X.] auf Ergreifung von Maßnahmen zur Abwendung der Einsturzgefahr nicht zu.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den Einwand der Erfüllung nicht hinreichend substantiiert dargelegt, beruht auf einer unzu-lässigen vorweggenommenen Beweiswürdigung. Entgegen der unter Beweis 8
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gestellten Behauptung der [X.], die Arbeiten hätten zu einer vollständigen Sicherung des Gebäudes geführt, unterstellt das Berufungsgericht, dass es sich nur um provisorische Stützmaßnahmen zur Sicherung der Durchführung der Straßenbauarbeiten gehandelt habe, die ersichtlich nicht geeignet gewesen seien, die Standfestigkeit der Doppelhaushälfte der [X.] nachhaltig und dauerhaft zu gewährleisten. Für diese Annahme fehlt es an einer tragfähigen Grundlage. Zwar stützt sich das Berufungsgericht bei seinen Ausführungen über die erforderlichen Maßnahmen zur fachgerechten Beseitigung von [X.] auf das von der Klägerin vorgelegte Gutachten. Dabei übersieht es jedoch, dass es sich hierbei nicht um einen [X.], sondern lediglich um Parteivorbringen handelt.
Mit der Forderung, die Beklagte müsse darlegen, dass und in welcher Weise sie den Hausschwamm beseitigt habe, verkennt das Berufungsgericht außerdem, dass der Klägerin nach § 908 [X.] nicht ein Anspruch
auf [X.] bestimmter Maßnahmen zusteht, sondern darauf, dass die Beklagte die zur Abwendung der Einsturzgefahr erforderlichen Vorkehrungen trifft. [X.] Maßnahmen dafür ergriffen werden müssen, entscheidet der Verpflichtete ([X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 908 Rn. 18; MünchKomm-[X.]/[X.], 5. Aufl., § 908 Rn. 5). Mit der Behauptung, dass die von der Firma [X.] durchgeführten Sicherungsarbeiten zu einer vollständigen Sicherung des [X.] vor einem Einsturz geführt haben, hat die Beklagte ihre Darlegungs-pflicht erfüllt. Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob sich die Behauptung

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der [X.] tatsächlich bestätigt. Das kann nur im Wege der beantragten Beweisaufnahme geklärt werden.
[X.]
Schmidt-Räntsch
RiBGH Dr. Roth ist
wegen

Urlaubs verhindert
zu

unterschreiben.

Der Vorsitzende

[X.]

[X.]
Weinland
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.12.2009 -
7 [X.]/08 -

OLG Rostock, Entscheidung vom 25.08.2011 -
3 U 17/10 -

Meta

V ZR 215/11

10.05.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2012, Az. V ZR 215/11 (REWIS RS 2012, 6517)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6517

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