Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.05.2021, Az. II B 87/20

2. Senat | REWIS RS 2021, 5574

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Keine Zusammenschau bei Erwerb von Geschwistern


Leitsatz

1. NV: Wendet ein Schenker einen Grundstücksanteil zunächst einem Abkömmling zu, ist der anschließende Erwerb des Grundstücksanteils durch einen anderen Abkömmling nicht aufgrund einer Zusammenschau von § 3 Nrn. 2 und 3 GrEStG steuerbefreit, unabhängig davon, ob eine entsprechende Auflage bestand.

2. NV: Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 GrEStG ist auf die Abwicklung von Bruchteilsgemeinschaften, die im Wege der vorweggenommenen Erbfolge entstanden sind, nicht entsprechend anwendbar.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 23.11.2020 - 4 K 1100/19 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist, soweit sie die [X.] des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) erfüllt, unbegründet.

2

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O.

3

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. [X.] ist eine Rechtsfrage, wenn hinsichtlich ihrer Beantwortung Unsicherheit besteht. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage wird dagegen nicht aufgeworfen, wenn die streitige Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht ([X.]) getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschlüsse des [X.] --[X.]-- vom 05.06.2019 - II B 21/18, [X.], 1253, Rz 3, und vom 30.06.2020 - II B 90/19, [X.], 1279, Rz 3, jeweils m.w.N.).

4

Zur Erfüllung der [X.] ist eine hinreichend bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Hierzu ist schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darzulegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Insbesondere sind Ausführungen dazu erforderlich, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (vgl. [X.] vom 14.09.2020 - VI B 64/19, [X.], 306, Rz 2, und vom 08.09.2020 - XI B 17/20, [X.], 185, Rz 9, jeweils m.w.N.).

5

Dieselben Grundsätze gelten für die Erforderlichkeit einer Entscheidung des [X.] zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 [X.]O als Unterfall der grundsätzlichen Bedeutung (vgl. [X.]-Beschluss in [X.], 1279, Rz 4).

6

b) Unabhängig davon, dass der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sich nicht substantiiert mit der zu den Rechtsfragen bereits vorhandenen Rechtsprechung auseinandergesetzt hat, ist die Revision nach diesen Grundsätzen mangels Klärungsbedarfs nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Rechtsfortbildung zuzulassen.

7

aa) Als Rechtsfrage formuliert der Kläger sinngemäß, ob außerhalb der anerkannten Verknüpfung von § 3 Nrn. 2 und 6 des Grunderwerbsteuergesetzes ([X.]) eine interpolierende Betrachtung der § 3 Nrn. 2 und 3 [X.] auf einen Grundstückserwerb des zuvor durch eine Schenkung des Erblassers übertragenen Grundstücksanteils durch Abkömmlinge des [X.]s anwendbar sei.

8

Diese Rechtsfrage ist durch die Rechtsprechung des [X.] bereits hinreichend geklärt. So liegt selbst bei einer Schenkung mit Auflage ein abgekürzter Leistungsweg, der der Zusammenschau zugänglich wäre, nicht vor, wenn der Gegenstand der Auflage bereits ganz oder teilweise Gegenstand der Zuwendung des ursprünglichen [X.]s an den [X.] war. Denn in diesem Falle hätte der [X.] den Gegenstand der Auflage auch unmittelbar dem Zweitbeschenkten zuwenden können. Es stellt keine Abkürzung, sondern eine Verlängerung des [X.] dar, wenn der [X.] dasjenige, was er im Ergebnis dem Zweitbeschenkten zuwenden will, dem [X.] mit der Auflage zuwendet, es an den Zweitbeschenkten weiterzureichen, statt eine unmittelbare Zuwendung an den Zweitbeschenkten zu bewirken. Hinsichtlich der Leistungsbeziehungen verhält sich eine solche Gestaltung gerade invers zu der Rechtsfigur des abgekürzten [X.]. Unerheblich ist, ob es anderweitige --auch beachtliche-- Gründe gab, den Umweg der Schenkung unter Auflage zu wählen, denn diese können nicht zu einer Besteuerung führen, wie sie stattfände, wenn dieser Weg nicht gewählt worden wäre. Wie eine unmittelbare Zuwendung des ursprünglichen [X.]s an den Zweitbeschenkten zu behandeln gewesen wäre, ist ebenfalls unerheblich, da dieser fiktive Sachverhalt nicht Gegenstand der Besteuerung ist ([X.]-Urteil vom 25.08.2020 - II R 30/18, [X.]E 270, 553, [X.] 2021, 322, Rz 26).

9

bb) Damit ist die anschließende Frage im Streitfall nicht klärbar, ob aus dem erkennbaren bzw. geäußerten Willen des [X.]s die Zuwendungsempfänger im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge gleichmäßig zu bedenken, bereits abzuleiten sei, dass die spätere Vereinigung der Anteile in jeweils einer Hand vom [X.] im Sinne einer Auflage beabsichtigt und gewollt sei und somit keine ausdrückliche Auflage notwendig sei.

cc) Schließlich hält der Kläger es für fraglich, ob eine Schenkung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge einem Grundstückserwerb von Todes wegen gleichzustellen sei, so dass für das geschenkte Grundstück § 3 Nr. 3 [X.] anwendbar sei. Im Rahmen seiner Begründung hat der Kläger ausgeführt, dass die in § 3 Nr. 3 [X.] geregelte Grunderwerbsteuerbefreiung bei Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft auf die Abwicklung von Bruchteilsgemeinschaften, die im Wege der vorweggenommenen Erbfolge entstanden seien, angewandt werden müsse. Es handele sich insofern um einen "vorweggenommenen Nachlass". Dies entspreche dem Willen des Gesetzgebers, der Erwerbe aus dem Nachlass und aus vorweggenommener Erbfolge z.B. in § 14 des [X.] gleichstelle. Auf beide solle keine Grunderwerbsteuer anfallen.

Allerdings hat der [X.] bereits entschieden, dass die Begrenzung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 [X.] auf die Miterben, denen Gesamthandsberechtigungen an dem ererbten Gegenstand zustehen, dem Zweck der Befreiungsvorschrift entspricht ([X.]-Urteil vom 16.01.2019 - II R 7/16, [X.]E 263, 465, [X.] 2019, 617, Rz 33, m.w.N.). Eine teleologische Erweiterung auf einen "vorweggenommenen Nachlass" ist somit ausgeschlossen.

Außerdem gilt selbst für Bruchteilsgemeinschaften, die im Rahmen vorläufiger Maßnahmen bei der Auseinandersetzung "echter" Nachlässe entstanden sind, dass die gesamthänderische Bindung eines Nachlasses durch die Umwandlung in [X.] der §§ 741 ff., 1008 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelöst wird und damit der Gegenstand seine Eigenschaft als Teil des Nachlasses verliert. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 [X.] kommt in einem solchen Fall somit auch dann nicht in Betracht, wenn die Miterben die Bildung von Bruchteilseigentum nur als vorläufige Maßnahme ansahen und von Anfang an die Absicht hatten, durch spätere Vereinbarung die Eigentumsverhältnisse abweichend zu gestalten, wenn also das Bruchteilseigentum nur als Zwischenlösung auf dem Weg zur endgültigen Auseinandersetzung (etwa durch den Erwerb von Alleineigentum) gewollt war (vgl. [X.]-Urteil vom 07.02.2001 - II R 5/99, [X.]/NV 2001, 938; [X.] Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.04.2015 - 4 K 1380/13, Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 1295, Rz 27 f.; [X.] Münster, Urteil vom 29.10.2020 - 8 K 809/18 GrE, Zeitschrift für die Steuer- und Erbrechtspraxis 2021, 16, Rz 19, jeweils m.w.N.). Hier liegt keine Auseinandersetzung mehr vor, sondern der jeweilige Miterbe wird vielmehr aufgrund rechtsgeschäftlicher Übertragung Alleineigentümer (vgl. [X.]-Urteil vom 29.09.2015 - II R 23/14, [X.]E 251, 485, [X.] 2016, 104, Rz 35).

Selbst wenn man --wie der [X.] von einem "vorweggenommenen Nachlass" ausgehen wollte, hätte dieser somit spätestens mit der Übertragung der Grundstücke auf die Brüder und damit der Begründung von Bruchteilseigentum seine Qualität als "Nachlass" i.S. des § 3 Nr. 3 [X.] verloren, so dass die Frage im Streitfall nicht klärbar wäre.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

3. Im Übrigen ergeht die Entscheidung gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]O ohne Angabe weiterer Gründe, insbesondere ohne detaillierte Darstellung des Tatbestands.

Meta

II B 87/20

25.05.2021

Bundesfinanzhof 2. Senat

Beschluss

vorgehend FG Nürnberg, 23. November 2020, Az: 4 K 1100/19, Urteil

§ 3 Nr 2 GrEStG 1997, § 3 Nr 3 GrEStG 1997, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.05.2021, Az. II B 87/20 (REWIS RS 2021, 5574)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 5574


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 4 K 1100/19

FG Nürnberg, 4 K 1100/19, 23.11.2020.


Az. II B 87/20

Bundesfinanzhof, II B 87/20, 25.05.2021.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

II R 30/18 (Bundesfinanzhof)

Grunderwerbsteuerbefreiung und Schenkungsauflage - Grenzen der Steuerbefreiung durch Zusammenschau


II B 131/13 (Bundesfinanzhof)

Grundstücksübertragung zwischen Geschwistern aufgrund schenkungsvertraglicher Verpflichtung - Interpolierende Betrachtungsweise bei Anwendung von Steuerbefreiungsvorschriften


4 K 1100/19 (FG Nürnberg)

Grunderwerbsteuer


II R 49/14 (Bundesfinanzhof)

(Grunderwerbsteuerbefreiung für Erwerb von Miteigentumsanteilen von Geschwistern aufgrund interpolierender Betrachtung von § 3 Nr. 6 …


3 K 198/17 (Finanzgericht Hamburg)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.