Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.08.2020, Az. II R 30/18

2. Senat | REWIS RS 2020, 3586

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Gegenstand

Grunderwerbsteuerbefreiung und Schenkungsauflage - Grenzen der Steuerbefreiung durch Zusammenschau


Leitsatz

1. Wendet ein Schenker ein Grundstück zunächst einem Erstbeschenkten zu, mit der Auflage, das Grundstück an einen Dritten zu übertragen, sind beide Rechtsgeschäfte schenkungsteuerrechtlich selbständig zu beurteilen.

2. Die Zusammenschau von Befreiungsvorschriften auf Grundlage fiktiver Gestaltungen findet nicht statt.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 03.07.2018 - 3 K 198/17 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

[X.]ie [X.]heleute [X.] und [X.] waren alleinige Kommanditisten der [X.] mit einer Kommanditeinlage von insgesamt 500.000 €. Komplementärin ohne [X.]eteiligung am Gesellschaftsvermögen war die [X.] Im [X.]igentum der [X.] standen insgesamt 13 Grundstücke.

2

Mit notariell beurkundetem [X.] schenkten [X.] und [X.] u. a. die [X.] an der [X.] und die Geschäftsanteile an der [X.] im Wege der vorweggenommenen [X.]rbfolge ihren Söhnen [X.] und [X.]. [X.] erhielt eine Kommanditeinlage von 283.000 €, [X.] von 217.000 €. [X.] und [X.] verpflichteten sich wechselseitig und gegenüber ihren [X.]ltern, sich zeitnah nach der Schenkung in der Weise auseinanderzusetzen, dass fünf Grundstücke der [X.] in eine GmbH & [X.]o. KG unter der Firma [X.] eingebracht werden, deren alleiniger Kommanditist [X.] sein sollte, die übrigen acht Grundstücke (sieben wirtschaftliche [X.]inheiten) in eine GmbH & [X.]o. KG unter der Firma [X.], deren alleiniger Kommanditist [X.] sein sollte. [X.] und [X.] bestellten [X.] ein lebenslängliches, unentgeltliches Nießbrauchrecht an den geschenkten [X.]n. [X.] verpflichteten sie sich zur Zahlung lebenslänglicher Leibrenten. [X.] verstarb am 09.12.2008 und wurde durch [X.], [X.] und [X.] in [X.]rbengemeinschaft beerbt. [X.] wurde die [X.] umfirmiert in [X.].

3

[X.]urch notariell beurkundete Verträge vom 03.07.2012 setzten sich [X.] und [X.] auseinander. [X.] übertrug seinen Kommanditanteil an der [X.] gegen Gewährung von [X.] auf die 2011 gegründete [X.]-KG, deren alleiniger Kommanditist er wurde. [X.] übertrug seinen Kommanditanteil an der [X.] gegen Gewährung von [X.] auf die ebenfalls 2011 gegründete Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), deren alleiniger Kommanditist er wurde. An der [X.] waren somit die [X.]-KG mit 56,6 % und die Klägerin mit 43,4 % beteiligt. In einer darauf folgenden Urkunde beendeten die [X.]-KG und die Klägerin die [X.] und schlossen einen "Auseinandersetzungs- und [X.]inbringungsvertrag", um die Abwicklung im Wege der Realteilung vorzunehmen. [X.]ie im Gesellschaftsvermögen der [X.] befindlichen Grundstücke wurden entsprechend den [X.]eteiligungsverhältnissen auf die [X.]-KG und die Klägerin übertragen. [X.]ie Klägerin erhielt die sieben wirtschaftlichen [X.]inheiten, die nach dem [X.] für die Gesellschaft des [X.] vorgesehen waren.

4

Nach gesonderter Feststellung der [X.] der auf die Klägerin übertragenen wirtschaftlichen [X.]inheiten setzte der [X.]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) mit [X.]escheid vom 19.02.2013 gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer fest. In der Anlage zum [X.]escheid waren die von der [X.]-KG erworbenen wirtschaftlichen [X.]inheiten aufgeführt. Am 18.03.2013 erließ das [X.] gegenüber der Klägerin unter [X.]erufung auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung ([X.]) einen Änderungsbescheid, in dem es die sieben für die Gesellschaft des [X.] vorgesehenen wirtschaftlichen [X.]inheiten erfasste und von einer anteiligen Steuerbefreiung in Höhe von 43,4 % gemäß § 6 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (Gr[X.]StG) ausging.

5

[X.]as [X.]inspruchsverfahren blieb erfolglos. [X.]as [X.] stützte den Änderungsbescheid nunmehr auf § 129 [X.]. [X.]ie Übertragung der Anteile an der [X.] auf [X.] und [X.] im Jahr 2008 sei nach § 1 Abs. 2a Gr[X.]StG grunderwerbsteuerbar, aber als Schenkung gemäß § 3 Nr. 2 Satz 1 Gr[X.]StG steuerfrei. [X.]ie nach § 3 Nr. 2 Satz 2 Gr[X.]StG steuerbaren Auflagen (Nießbrauch und Leibrente) seien nach § 3 Nr. 6 Satz 1 Gr[X.]StG steuerfrei. [X.]ie Umfirmierung der [X.] in [X.] im Jahre 2009 sei nicht grunderwerbsteuerbar. [X.]ie [X.] vom 03.07.2012 seien nach § 1 Abs. 2a Gr[X.]StG steuerbar, aber nach § 6 Abs. 3 Gr[X.]StG steuerfrei. Jedoch sei die anschließende Übertragung der Grundstücke auf die Klägerin nur in Höhe ihrer [X.]eteiligung an der [X.] von 43,4 % steuerbefreit nach § 6 Abs. 3 Gr[X.]StG. [X.]s liege weder eine Schenkung nach § 3 Nr. 2 Gr[X.]StG noch eine Nachlassteilung nach § 3 Nr. 3 Gr[X.]StG vor noch könne § 3 Nr. 6 Satz 1 Gr[X.]StG mangels Verwandtschaftsverhältnisses zwischen den beteiligten Rechtsträgern angewandt werden. [X.]ine [X.]efreiung ergebe sich auch nicht aus interpolierender [X.]etrachtung. [X.]er tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb sei kein abgekürzter, sondern ein verlängerter Weg. An die Nichterfüllung der Auflage seien keinerlei ernstliche Folgen geknüpft gewesen. Tatsächlich hätten [X.] und [X.], statt die Auflage direkt zu erfüllen, eine Auseinandersetzung unter ertragsteuerlichen Aspekten gewählt, und dies auch nicht zeitnah.

6

Mit der Klage rügte die Klägerin in formeller Hinsicht die fehlerhafte [X.]ekanntgabe des [X.]escheides vom 19.02.2013 und die inhaltliche Unbestimmtheit der angefochtenen [X.]escheide und berief sich in materiell-rechtlicher Hinsicht u.a. auf eine Interpolationsmöglichkeit.

7

[X.]as Finanzgericht ([X.]) hat der Klage stattgegeben. Zwar sei der [X.]escheid vom 19.02.2013 zumindest rechtswidrig und auch der Änderung nicht zugänglich, der [X.]escheid vom 18.03.2013 aber in einen formell ordnungsgemäßen [X.]rstbescheid umzudeuten. Letzterer sei jedoch materiell rechtswidrig, da der [X.]rwerbsvorgang grunderwerbsteuerbar, aber insgesamt steuerfrei sei. [X.]er nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Gr[X.]StG steuerbare Realteilungsvertrag vom 03.07.2012 sei gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Gr[X.]StG hinsichtlich des der [X.]eteiligung der Klägerin an der [X.] entsprechenden Anteils (43,4 %) wegen teleologischer Reduktion des § 6 Abs. 4 Gr[X.]StG und darüber hinaus nach § 3 Nr. 2 Satz 1 Gr[X.]StG steuerfrei. Hinsichtlich der dem [X.] bzw. der [X.]-KG zustehenden gesamthänderischen Mitberechtigung an den Grundstücken liege eine Schenkung von [X.] und [X.] an [X.] vor. Nach der grunderwerbsteuerrechtlich irrelevanten Übertragung der Gesellschaftsanteile an der [X.] von [X.] auf die Klägerin habe die Übertragung der Grundstücke die Auflage i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 2 des [X.]rbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes ([X.]rbStG) aus dem [X.] erfüllt. An dem [X.]rwerbsvorgang seien zwar nicht die [X.] [X.] und [X.] beteiligt gewesen. [X.]ies könne jedoch durch eine interpolierende [X.]etrachtung unter dem Gesichtspunkt des abgekürzten [X.] ersetzt werden. Somit wäre eine Übertragung der Grundstücke von der [X.] (später [X.]) auf [X.] und [X.] bzw. die [X.]rbengemeinschaft nach [X.] nach § 3 Nr. 6 Satz 1 und Nr. 2 Satz 1 Gr[X.]StG und § 6 Abs. 1 Satz 1 Gr[X.]StG, die anschließende Übertragung der Grundstücke durch [X.] und [X.] bzw. die [X.]rbengemeinschaft auf die Klägerin nach § 3 Nr. 2 Satz 1 und § 3 Nr. 6 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Gr[X.]StG von der Grunderwerbsteuer befreit gewesen. § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 [X.] stehe dem nicht entgegen, da wegen der schweren [X.]rkrankung des [X.] die Sache eilbedürftig und die Klägerin noch gar nicht existent gewesen sei. [X.]ie ertragsteuerlich motivierte Gestaltung sei nicht missbräuchlich.

8

[X.]as Urteil des [X.] ist in [X.]ntscheidungen der Finanzgerichte ([X.][X.]) 2018, 1736 veröffentlicht.

9

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung von § 3 Nr. 2 Satz 1 Gr[X.]StG sowie § 3 Nr. 6 Satz 1 Gr[X.]StG. [X.]s fehle an einer Schenkung. [X.]ie Übertragung der Grundstücke habe wegen der vorgeschalteten Übertragung der Gesellschaftsanteile an der [X.] die Auflage aus dem [X.] nicht mehr erfüllt. [X.]ine interpolierende [X.]etrachtung finde mangels abgekürzten [X.] nicht statt. [X.] und [X.] hätten die Auflage nicht wie vorgesehen umgesetzt. [X.]er gedankliche Umweg über die [X.]ltern sei wegen des Todes des [X.] nicht mehr vollziehbar.

[X.]as [X.] beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

[X.]ie Klägerin hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt. Sie begehrt jedoch, die Revision zurückzuweisen. [X.]as [X.]-Urteil sei schon deshalb im [X.]rgebnis zutreffend, weil die Umdeutung des [X.]escheides vom 19.02.2013 wegen des falschen Inhaltsadressaten unzulässig sei. Auch in der Sache habe der abgekürzte [X.] keinen nicht vorgesehenen Vorteil eröffnet, so dass die Interpolation zulässig sei. [X.]ie [X.]urchführung der Auseinandersetzung stelle keine erhebliche Abweichung vom Willen der [X.] dar, da sie das beabsichtigte [X.]rgebnis, die Überführung der Vermögensteile in die zwei eigenständigen GmbH & [X.]o. KGs, erreicht habe.

Entscheidungsgründe

II.

[X.]ie Revision ist begründet. [X.]er [X.] entscheidet in der Sache selbst und weist die Klage ab (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). [X.]er angefochtene [X.]escheid vom 18.03.2013, über den das [X.] entschieden hat, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. [X.]er [X.]escheid ist nach Maßgabe der durch das [X.] vorgenommenen Umdeutung nach § 128 Abs. 1 [X.] formell ordnungsgemäß. [X.]ie Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor, was auch die Klägerin nicht bestreitet. Ihre [X.]inwände beruhen auf der Annahme, das [X.] habe den [X.]escheid vom 19.02.2013 umgedeutet. Tatsächlich hat das [X.] aber den nachfolgenden [X.]escheid vom 18.03.2013 umgedeutet. [X.]as ergibt sich sowohl aus der [X.]atumsangabe als auch aus der ausdrücklichen Aussage, der [X.]escheid werde in einen [X.]rstbescheid umgedeutet. [X.]iese Aussage kann nur auf denjenigen [X.]escheid bezogen sein, der nicht selbst [X.]rstbescheid ist. [X.]er [X.]escheid vom 18.03.2013 wies den zutreffenden Inhaltsadressaten auf.

2. [X.]er [X.]escheid ist auch materiell-rechtlich rechtmäßig. [X.]ie Übertragung der Grundstücke von der [X.] auf die Klägerin durch den [X.] ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] steuerbar. Steuerfrei ist sie allein hinsichtlich eines Anteils von 43,4 % nach § 6 Abs. 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 [X.]. Hinsichtlich des verbleibenden und allein noch streitigen Anteils von 56,6 % ist der Vorgang steuerpflichtig. [X.]in [X.] greift nicht ein.

a) Nach § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] sind von der [X.]esteuerung ausgenommen u.a. Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des [X.]. Ziel und Zweck der Vorschrift ist es, die [X.]oppelbelastung eines Lebenssachverhalts mit [X.]rbschaft- und Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer zu vermeiden (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 16.01.2019 - II R 7/16, [X.], 465, [X.] 2019, 617, Rz 22, m.w.N.). Ob eine Schenkung vorliegt, ist nach der jeweils geltenden Fassung des § 7 [X.] zu beurteilen (dynamische Verweisung, vgl. [X.] in [X.], [X.], 19. Aufl., § 3 Rz 98). [X.]s handelt sich um einen abschließenden Katalog ([X.], [X.], Kommentar, 6. Aufl., § 3 Rz 139).

aa) Als Schenkung unter Lebenden gilt u.a. nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.] jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der [X.]edachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird, ferner nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 [X.], was infolge Vollziehung einer von dem [X.] angeordneten Auflage oder infolge [X.]rfüllung einer einem Rechtsgeschäft unter Lebenden beigefügten [X.]edingung ohne entsprechende Gegenleistung erlangt wird, es sei denn, dass eine einheitliche Zweckzuwendung vorliegt.

bb) [X.]ie Schenkung unter Auflage nach § 525 des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs ([X.]G[X.]) gehört zu den Schenkungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 [X.]. Ist [X.]egünstigter der Auflage ein [X.]ritter, so bleibt der ursprüngliche [X.] alleiniger [X.]. [X.]as gilt ohne Weiteres gegenüber dem unmittelbar [X.]eschenkten ([X.]). [X.]s gilt aber auch hinsichtlich des Gegenstandes der Auflage gegenüber dem davon begünstigten [X.] (Zweitbeschenkten). Führt nach einer solchen Schenkung der [X.]rstbeschenkte die ihm auferlegte --und aus dem ihm Zugewendeten zu erbringende-- Leistung durch Zuwendung an den Zweitbeschenkten aus, so ist [X.] der Zuwendung an den Zweitbeschenkten nicht der [X.]rstbeschenkte, sondern der ursprüngliche [X.] (vgl. [X.]-Urteile vom 17.02.1993 - II R 72/90, [X.], 316, [X.] 1993, 523; vom 16.12.2015 - II R 49/14, [X.], 513, [X.] 2016, 292, Rz 11, sowie vom 07.11.2018 - II R 38/15, [X.], 459, [X.] 2019, 325, Rz 17). [X.]ie in der Auflagenbegünstigung liegende Schenkung ist bei dem Zweitbeschenkten nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.] oder § 7 Abs. 1 Nr. 2 [X.] steuerbar (vgl. [X.]-Urteil vom 11.06.2008 - II R 60/06, [X.], 2026, m.w.N.).

cc) § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] ist im Falle einer solchen Schenkung unter Auflage zugunsten eines [X.] hinsichtlich des Gegenstandes der Auflage nicht anwendbar. § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] setzt voraus, dass sich der Grundstückserwerb zwischen [X.] und [X.] vollzieht ([X.]-Urteil in [X.], 459, [X.] 2019, 325, Rz 17, m.w.N.). [X.]as ist bei der Vollziehung einer Schenkungsauflage ausgeschlossen. [X.]er grunderwerbsteuerrechtliche [X.]rwerb vollzieht sich zwischen dem [X.] und dem Zweitbeschenkten. [X.]ie Schenkung vollzieht sich zwischen dem ursprünglichen [X.] und dem Zweitbeschenkten. [X.]er [X.]rstbeschenkte und der ursprüngliche [X.] sind definitionsgemäß nie identisch.

b) Nach § 3 Nr. 6 Satz 1 [X.] ist von der [X.]esteuerung ausgenommen u.a. der [X.]rwerb eines Grundstücks durch Personen, die mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt sind.

aa) Gemäß § 1589 Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.] sind Personen, deren eine von der anderen abstammt, in gerader Linie verwandt, während gemäß § 1589 Abs. 1 Satz 2 [X.]G[X.] Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben dritten Person abstammen, in der Seitenlinie verwandt sind. [X.]ltern und Kinder sind in gerader Linie, Geschwister lediglich in der Seitenlinie verwandt.

bb) § 3 Nr. 6 Satz 1 [X.] ist auch anwendbar, wenn an dem Grundstücksübertragungsgeschäft Personengesellschaften beteiligt sind, die die Voraussetzungen, die an die Verwandtschaft anknüpfen, als nicht natürliche Personen unmittelbar nicht erfüllen können. [X.]en Personengesellschaften als [X.]sgemeinschaften, zu denen auch die [X.] gehört, können im Rahmen der [X.] im Umfang der [X.]eteiligung die persönlichen [X.]igenschaften der jeweiligen Gesellschafter zugerechnet werden. [X.]as wird aus dem Rechtsgedanken des § 5 Abs. 2 [X.] abgeleitet (unter der früheren zivilrechtlichen [X.]eurteilung der [X.] [X.]-Urteile vom 25.02.1969 - II 142/63, [X.], 292, [X.] 1969, 400, und vom 21.11.1979 - II R 96/76, [X.] 129, 400, [X.] 1980, 217; aus jüngerer [X.] unter ausdrücklicher [X.]erufung auf § 5 Abs. 2 [X.] [X.]-Urteil vom 20.12.2011 - II R 42/10, [X.]NV 2012, 1177, Rz 13 bis 15).

c) Wenn die Leistungsbeziehung in der Grunderwerbsteuer für sich genommen keinen [X.] erfüllt, so kann gleichwohl die Zusammenschau mehrerer [X.]efreiungsvorschriften oder die mehrfache Anwendung derselben [X.]efreiungsvorschrift eine Steuerbefreiung im Wege der Zusammenschau eröffnen, die im Wortlaut der [X.]inzelvorschriften, je für sich allein betrachtet, nicht zum Ausdruck kommt.

aa) [X.]ie Zusammenschau darf nur an einen real verwirklichten, nicht aber an einen fiktiven Sachverhalt anknüpfen. Sie darf auch nicht zu einer [X.]rweiterung des Anwendungsbereichs einer [X.]efreiungsvorschrift über ihren Zweck hinaus führen. Fälle des [X.] § 42 [X.] sind ausgeschlossen ([X.]-Urteile vom 28.04.1970 - II 109/65, [X.] 99, 250, [X.] 1970, 600; in [X.] 251, 513, [X.] 2016, 292, Rz 9, m.w.N., und in [X.] 263, 459, [X.] 2019, 325, Rz 19).

bb) [X.]ie Zusammenschau kommt insbesondere dann in [X.]etracht, wenn sich der tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb als abgekürzter [X.] darstellt und die unterbliebenen Zwischenerwerbe, wenn sie durchgeführt worden wären, ebenfalls steuerfrei wären. Im abgekürzten [X.] hat die tatsächliche Ausführung der Leistung für sich genommen keinen Rechtsgrund. Sie kürzt lediglich den mehraktigen [X.] ab, der den schuldrechtlichen Grundverhältnissen entspräche. Modell des abgekürzten [X.]s ist das [X.]reiecksverhältnis der Anweisung (§§ 783 ff. [X.]G[X.]), in dem der [X.] den [X.] anweist, eine Leistung nicht an ihn, den [X.]n, sondern an einen [X.], den [X.] zu erbringen. [X.]s bestehen Rechtsbeziehungen einerseits zwischen dem [X.]n und dem [X.] im sog. [X.]eckungsverhältnis (§ 787 [X.]G[X.]; dazu [X.]/[X.], [X.], 79. Aufl., § 783 Rz 6, § 787 Rz 1), andererseits zwischen dem [X.]n und dem [X.] im sog. [X.] (§ 788 [X.]G[X.]; dazu [X.]/[X.], a.a.[X.], § 783 Rz 5, § 788 Rz 1). Im Verhältnis zwischen dem [X.] und dem [X.] wird zwar die Leistung tatsächlich erbracht, jedoch besteht kein Grundverhältnis ([X.]/[X.], a.a.[X.], § 783 Rz 8), d.h. kein eigener Rechtsgrund.

cc) [X.]ie Schenkung unter Auflage zugunsten eines [X.] enthält hinsichtlich der Auflage einen abgekürzten [X.]. [X.]ie Auflage kann jede Leistung zum Gegenstand haben ([X.]/[X.], a.a.[X.], § 525 Rz 1). Ist diese ein grunderwerbsteuerbares Rechtsgeschäft, kann eine solche Schenkung die Zusammenschau von grunderwerbsteuerrechtlichen [X.]efreiungsvorschriften eröffnen.

dd) [X.]in abgekürzter [X.], der der Zusammenschau zugänglich wäre, liegt jedoch nicht vor, wenn der Gegenstand einer solchen Schenkungsauflage bereits ganz oder teilweise Gegenstand der Zuwendung des ursprünglichen [X.]s an den [X.] war. In diesem Falle hätte der [X.] den Gegenstand der Auflage auch unmittelbar dem Zweitbeschenkten zuwenden können. [X.]s stellt keine Abkürzung, sondern eine Verlängerung des [X.]s dar, wenn der [X.] dasjenige, was er im [X.]rgebnis dem Zweitbeschenkten zuwenden will, dem [X.] mit der Auflage zuwendet, es an den Zweitbeschenkten weiterzureichen, statt eine unmittelbare Zuwendung an den Zweitbeschenkten zu bewirken. Hinsichtlich der Leistungsbeziehungen verhält sich eine solche Gestaltung gerade invers zu der Rechtsfigur des abgekürzten [X.]s. Unerheblich ist, ob es anderweitige --auch beachtliche-- Gründe gab, den Umweg der Schenkung unter Auflage zu wählen, denn diese können nicht zu einer [X.]esteuerung führen, wie sie stattfände, wenn dieser Weg nicht gewählt worden wäre. Wie eine unmittelbare Zuwendung des ursprünglichen [X.]s an den Zweitbeschenkten zu behandeln gewesen wäre, ist ebenfalls unerheblich, da dieser fiktive Sachverhalt nicht Gegenstand der [X.]esteuerung ist.

Aus einer derartigen Konstellation wird auch nicht deshalb ein abgekürzter [X.], weil die [X.]urchführung der Auflage dadurch ersetzt werden könnte, dass der [X.]rstbeschenkte dasjenige, was Gegenstand der Auflage ist, zunächst dem [X.] zurückschenkt, damit dieser es anschließend dem Zweitbeschenkten zuwenden kann. [X.]ies wäre keine Zusammenschau, sondern eine künstliche Aufspaltung eines Vorgangs, die die vorgängige Schenkung des [X.]s an den [X.] einschließlich des Gegenstandes der Auflage ausblendet und dadurch die Ausführung der Auflage durch einen nicht gewollten [X.] ersetzt. [X.]em entsprechend hat der [X.] in seinem Urteil vom 22.02.2017 - II R 52/14 ([X.] 257, 363, [X.] 2017, 653) in einer ähnlichen Konstellation die Frage einer Steuerbefreiung kraft Zusammenschau nicht in [X.]rwägung gezogen.

3. [X.]ie Vorentscheidung ist aufzuheben, da das [X.] von anderen Grundsätzen ausgegangen ist und sich die [X.]ntscheidung auch nicht im [X.]rgebnis als richtig erweist. [X.]er angefochtene [X.]escheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 [X.]O). [X.]er [X.]rwerb durch Realteilung vom 03.07.2012 ist hinsichtlich des noch streitigen Anteils von 56,6 % nicht von der Grunderwerbsteuer befreit.

a) § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] wäre auch dann nicht anwendbar, wenn trotz der Abweichungen in der [X.]urchführung die Auseinandersetzung noch als [X.]rfüllung der Auflage aus dem [X.] anzusehen wäre. [X.]er Grundstückserwerb hat sich nicht zwischen [X.] und [X.] vollzogen, da [X.] nur [X.] und [X.] wären, die aber nicht an dem Grundstücksübertragungsgeschäft beteiligt sind.

b) [X.]ie Anwendung von § 3 Nr. 6 Satz 1 [X.] ist ebenfalls nicht möglich. [X.]ie hinter der [X.] und der Klägerin stehenden natürlichen Personen, [X.] und [X.], sind Geschwister und als solche lediglich in der Seitenlinie verwandt.

c) [X.]er Vorgang ist schließlich nicht aufgrund einer doppelten Anwendung des § 3 Nr. 6 Satz 1 [X.] im Wege der Zusammenschau steuerbefreit. Zwar wäre auch in diesem Zusammenhang auf die hinter der [X.] und der Klägerin stehenden natürlichen Personen [X.] und [X.] abzustellen und sind beide mit [X.] und [X.] in gerader Linie verwandt, so dass die Zusammenschau eines ersten --angenommenen-- [X.]rwerbsvorgangs zwischen der [X.] und [X.] und [X.] mit einem zweiten --angenommenen-- [X.]rwerbsvorgang zwischen [X.] und [X.] und der Klägerin grundsätzlich denkbar wäre. [X.]s liegt jedoch insbesondere kein abgekürzter [X.] vor. Wenn die Auseinandersetzung überhaupt die Auflage aus dem [X.] erfüllt haben sollte --was auch an dieser Stelle offenbleiben kann--, hat sie keinen [X.] abgekürzt, sondern verlängert. [X.]er Weg über die Auflage war angesichts der Möglichkeiten, etwa der Umwandlung, nicht erforderlich. [X.]ie beiden angenommenen [X.]rwerbsvorgänge stellen vielmehr einen fiktiven Sachverhalt dar. [X.]ie gedankliche [X.]rsetzung der durchgeführten Realteilung durch die dargestellte zweiaktige Übertragung der Grundstücke über [X.] und [X.] spiegelt nicht die tatsächlich gewollten Leistungsbeziehungen, sondern wäre im Verhältnis zu dem tatsächlich Gewollten ein allein aus steuerrechtlicher Motivation heraus konstruierter Umweg.

d) [X.]s kann deshalb offenbleiben, wie mit der seitens des [X.] thematisierten Problematik umzugehen wäre, dass zum [X.]punkt des steuerbaren [X.]rwerbs am 03.07.2012 [X.] als [X.]eteiligter eines solchen [X.]s nicht mehr am Leben war und zu der [X.]rbengemeinschaft nach [X.] auch [X.] gehörte. [X.]er Umweg über [X.] und [X.] war nicht mehr möglich. [X.]in Umweg über [X.] und die [X.]rbengemeinschaft nach [X.] hätte in Ansehung von [X.] schon den Tatbestand des § 3 Nr. 6 Satz 1 [X.] nicht erfüllt.

4. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 [X.]O.

5. [X.]er [X.] entscheidet nach § 121 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 90 Abs. 2 [X.]O im [X.]inverständnis der [X.]eteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Meta

II R 30/18

25.08.2020

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Hamburg, 3. Juli 2018, Az: 3 K 198/17, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 1 GrEStG 1997, § 1 Abs 2a GrEStG 1997, § 3 Nr 2 S 1 GrEStG 1997, § 3 Nr 3 GrEStG 1997, § 3 Nr 6 S 1 GrEStG 1997, § 5 Abs 2 GrEStG 1997, § 6 GrEStG 1997, § 42 AO, § 128 Abs 1 AO, § 7 Abs 1 Nr 1 ErbStG 1997, § 7 Abs 1 Nr 2 ErbStG 1997, § 129 AO, § 172 Abs 1 S 1 Nr 2 AO, § 1589 BGB, §§ 783ff BGB

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.08.2020, Az. II R 30/18 (REWIS RS 2020, 3586)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3586


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. II R 30/18

Bundesfinanzhof, II R 30/18, 25.08.2020.


Az. 3 K 198/17

Finanzgericht Hamburg, 3 K 198/17, 03.07.2018.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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