Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.02.2023, Az. 6 StR 427/22

6. Strafsenat | REWIS RS 2023, 1479

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Gegenstand

Konkurrenzen und Beihilfe bei Umtausch einer Betäubungsmittel-Menge


Tenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 21. Februar 2022,

a) soweit es den Angeklagten [X.]     betrifft, im Schuld- und Strafausspruch dahin geändert, dass er unter Wegfall einer der im Fall [X.] der Urteilsgründe verhängten Strafen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen, wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen sowie wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt wird,

b) soweit es den Angeklagten B.     betrifft, im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten B.     , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

3. Der Angeklagte [X.]     hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten [X.]     wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen, wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen sowie wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Den Angeklagten B.     hat es wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Die Rechtsmittel haben jeweils den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Der den Angeklagten [X.]     betreffende Schuldspruch wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen im Fall [X.] der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

3

a) Nach den dazu getroffenen Feststellungen erwarb der nichtrevidierende Mitangeklagte [X.]am 12. Mai 2020 500 g Kokain zum gewinnbringenden Weiterverkauf. Dieses holte der Kurier [X.]     am selben Tag vom Verkäufer ab. Er war zu diesem Zweck durch den Angeklagten [X.]    , der [X.] beim Weiterverkauf der Betäubungsmittel unterstützen wollte, mit einem „EncroChat-Telefon“ ausgestattet worden. Nachdem [X.]das Kokain wegen ungenügender Qualität zurückgegeben hatte, holte [X.]    einige Tage später – wiederum unter Einsatz des ihm von [X.]      übergebenen „[X.]“ – eine Ersatzlieferung ab. [X.]     erhielt hierfür insgesamt 600 Euro.

4

b) Die Annahme des [X.]s, wonach die Unterstützungshandlungen des Angeklagten [X.]     jeweils als zwei gesonderte Fälle der Beihilfe anzusehen sind, ist im Hinblick auf die Akzessorietät der Teilnahme rechtsfehlerhaft (vgl. [X.], Beschlüsse vom 14. April 1999 – 1 StR 678/98, [X.], 513, 514; vom 2. September 2008 – 5 [X.], [X.], 386; vom 21. Januar 2014 – 1 [X.], [X.], 465; [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 10. Aufl., § 29 Rn. 525 mwN). Die Gehilfenakte bezogen sich auf eine einzige Haupttat des Mitangeklagten [X.]. Wird eine zum Weiterverkauf erworbene Rauschgiftmenge in eine andere Menge umgetauscht, weil etwa die gelieferte Qualität nicht den Erwartungen entspricht, so sind auch die Bemühungen um die Rückgabe der mangelhaften und die Nachlieferung einer mangelfreien Ware auf die Abwicklung ein- und desselben [X.] gerichtet (vgl. [X.], Beschluss vom 22. Januar 2010 – 2 [X.], [X.], 97; [X.]/[X.]/[X.], aaO, Rn. 480, jeweils mwN).

5

c) Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

6

d) Die Schuldspruchänderung, die hinsichtlich sämtlicher Taten auch den Wegfall der entbehrlichen Deliktsbezeichnung als „unerlaubt“ umfasst (vgl. [X.], Beschluss vom 5. August 2014 – 3 [X.] Rn. 8), zieht die Aufhebung einer der beiden im Fall [X.] der Urteilsgründe verhängten Freiheitsstrafen von einem Jahr nach sich. Die Gesamtstrafe bleibt davon unberührt. Der Senat schließt mit Blick auf den unveränderten Schuldgehalt aus, dass die [X.] bei Annahme einer einheitlichen Tat im Fall [X.] der Urteilsgründe auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte.

7

2. Die den Angeklagten B.      betreffende Einziehungsentscheidung hat ebenfalls keinen Bestand. Sie entbehrt einer tragfähigen Beweiswürdigung. Die Urteilsgründe enthalten weder konkrete Hinweise zu durchgeführten [X.], aus denen der Angeklagte im Fall II.19 der Urteilsgründe die von der [X.] als Tatertrag bewerteten 4.800 Euro erlangt haben könnte, noch lässt sich ihnen entnehmen, in welchem Umfang die vom Angeklagten zum „Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs“ erworbenen Betäubungsmittel „anlässlich seines Geburtstags“ von seinen Freunden vor Beginn seiner Verkaufsbemühungen konsumiert worden waren.

[X.]     

      

[X.]     

      

Wenske

      

Fritsche     

      

Arnoldi     

      

Meta

6 StR 427/22

07.02.2023

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Lüneburg, 21. Februar 2022, Az: 21 KLs 15/21

§ 27 Abs 1 StGB, § 52 Abs 1 StGB, § 29 Abs 1 Nr 1 BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.02.2023, Az. 6 StR 427/22 (REWIS RS 2023, 1479)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 1479

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