Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.03.2024, Az. 1 StR 47/24

1. Strafsenat | REWIS RS 2024, 1260

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Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. August 2023, soweit es den Angeklagten betrifft, im Strafausspruch aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Geiselnahme in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt; zudem hat es die Einziehung eines Messers angeordnet. Die gegen seine Verurteilung gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Der Strafausspruch begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken:

3

a) Die lückenhaften Feststellungen lassen die revisionsgerichtliche Überprüfung nicht zu, ob dem Angeklagten wegen des [X.] Urteils vom 22. November 2022 mit einer Sanktion von acht Monaten Freiheitsstrafe ein Härteausgleich zu gewähren ist. Diese frühere, wegen „Handels mit gestohlenen Waren“ ergangene Verurteilung wurde erst am 15. März 2023, mithin nach Beendigung der hier geahndeten Tat (30. Dezember 2022), rechtskräftig; die Umstände hierfür werden nicht mitgeteilt. Aufgrund dieser Lücke kann der [X.] letztlich nicht ausschließen, dass in dem [X.] Strafverfahren nach dem 30. Dezember 2022 eine Entscheidung erging, in der „die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten“ (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB), und mithin vom zeitlichen Ablauf her die Strafen gesamtstrafenfähig gewesen wären (vgl. zum Ganzen [X.], Beschluss vom 24. Januar 2023 – 1 StR 423/22 Rn. 3).

4

b) Der aus dem Umstand, dass mit einer ausländischen Verurteilung keine Gesamtstrafe gebildet werden kann, entstehende Nachteil ist auszugleichen ([X.] aaO Rn. 4 mit weiteren umfangreichen Nachweisen; Beschluss vom 26. Oktober 2023 – 2 [X.]/23 Rn. 5). Denn der Angeklagte soll nicht schlechter behandelt werden, als wenn die frühere Verurteilung in [X.] ergangen wäre ([X.], Urteil vom 12. Januar 2023 – [X.]/22 Rn. 51, 66).

5

Auch ein solcher Nachteil lässt sich wegen der [X.] der Feststellungen nicht ausschließen. Ob die Strafe vom 22. November 2022 zu vollstrecken oder aber deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt ist, bleibt ebenso offen wie der Zeitpunkt der [X.]. Wegen des letztgenannten Punkts kann der [X.] nicht beurteilen, ob bereits einer früheren [X.] Verurteilung Zäsurwirkung zukommen könnte; in diesem Fall wäre von vornherein keine (fiktive) Gesamtstrafenlage gegeben.

6

2. Das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht wird die aufgezeigten Lücken durch ergänzende Feststellungen zum [X.] Strafverfahren zu schließen haben; der Aufhebung der bisherigen Feststellungen bedarf es hierfür nicht (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Sollte sich eine Gesamtstrafenfähigkeit vom zeitlichen Ablauf her ergeben, ist ein Härteausgleich nach Maßgabe der genannten Entscheidung des [X.] zu gewähren.

Jäger     

      

[X.]     

      

Leplow

      

Allgayer     

      

Welnhofer-Zeitler     

      

Meta

1 StR 47/24

07.03.2024

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Mannheim, 23. August 2023, Az: 4 KLs 408 Js 164/23

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.03.2024, Az. 1 StR 47/24 (REWIS RS 2024, 1260)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 1260

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2 StR 310/23

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