Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2004, Az. 1 StR 165/03

1. Strafsenat | REWIS RS 2004, 3485

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[X.] 165/03 vom 27. April 2004 in der Strafsache gegen

1.

2.

3.

4.

5.

6.

wegen Betrugs u.a.
- 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 27. April 2004 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten [X.], [X.]

, [X.]und [X.]. wird das Urteil des [X.] vom 3. Dezember 2002 a) mit den Feststellungen aufgehoben, soweit es diese Ange-klagten betrifft; b) hinsichtlich der Mitangeklagten und [X.] [X.]. und [X.]im Schuldspruch dahin geändert, daß die Verurteilungen wegen [X.] begangenen Be-truges in den Fällen [X.] 2. Taten 1 - 8 ([X.].

) und [X.] 2. Taten 1 - 25 ([X.]) des zweiten Abschnitts der Ur-teilsgründe jeweils entfallen. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere [X.] des [X.]. Gründe:
- 3 - Das [X.] hat den Angeklagten [X.] wegen Beihilfe zum Betrug in 66 Fällen sowie wegen Betrugs in Tateinheit mit Beihilfe zur Untreue in [X.] 108 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs [X.] verurteilt. Den Angeklagten [X.] hat es wegen Betrugs in elf Fällen sowie wegen Betrugs in Tateinheit mit Untreue in weiteren 22 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten sowie der Gesamtgeldstrafe von 330 Tagessätzen verurteilt. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Die Angeklagten [X.] und [X.]. [X.] wegen Betrugs in Tateinheit mit Untreue in 26 Fällen ([X.]) und 23 Fällen ([X.]. ) jeweils zu Gesamtgeldstrafen von 600 Tagessätzen verurteilt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit der Sachrüge; die Angeklagten [X.] , Dr. [X.] und [X.]. erheben zudem For-malrügen. Die Mitangeklagten [X.]. und [X.]

revidieren nicht.
Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg, der teilweise auf die Mitangeklagten zu erstrecken ist (§ 357 StPO). Auf die Verfahrensrügen kommt es danach nicht mehr an. [X.]
Nach den Urteilsfeststellungen lieferte der Angeklagte [X.] den [X.] - allesamt kassenärztlich zugelassene Augenärzte - Augenlinsen und Medikamente, die diese für die von ihnen ambulant durchgeführten [X.] zur Behandlung des Grauen Star benötigten. Um eine dauerhafte Ge-schäftsbeziehung zu den Mitangeklagten zu sichern, bot [X.]

ihnen umsatz-bezogene Rückvergütungen (—kick-backsfi) an, die von ihnen angenommen und in bar an sie ausgezahlt wurden. Die später für die verbrauchten Linsen und - 4 - Medikamente den —Kostenträgern (Kassenärztliche Vereinigungen, gesetzliche Krankenkassen)fi belasteten Beträge enthielten die jeweiligen [X.]battanteile der Ärzte und waren insoweit überhöht. Das [X.] hat dies im [X.] —[X.] als Betrug zum Nachteil der jeweiligen Kostenträger; im [X.] —[X.] - wegen der unterschiedlichen Abrechnungsweise - als Untreue in Tateinheit mit Betrug, jeweils begangen durch die Ärzte als Täter gewertet. Die Tatbeiträge [X.] s hat es im [X.] —[X.] als Bei-hilfe zum Betrug, im [X.] —[X.] als Mittäterschaft des Betrugs angesehen. Im Hinblick auf das Fehlen einer Vermögensbetreuungspflicht in seiner Person (§ 28 StGB) hat es hinsichtlich der [X.] verwirklichten Untreue im [X.] —[X.] lediglich eine Gehilfenstellung [X.] s angenommen.
I[X.] Die von Amts wegen gebotene Überprüfung der [X.] einer ordnungsgemäßen Anklage ([X.]R StPO § 200 Abs.1 Satz 1 Tat 1, 2, 3 und 18) deckt ein Verfahrenshindernis nicht auf. Mängel der [X.], die die Informationsfunktion betreffen, berühren deren Wirksamkeit nicht (vgl. [X.] in [X.]. § 200 [X.]. 34). II[X.] Demgegenüber halten die Schuldsprüche rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 5 - 1. [X.] —[X.] (Revidenten [X.] und [X.] ; Nicht- revidenten [X.]. und [X.])
Nach den Feststellungen bestellten die Augenärzte [X.]. , [X.]und [X.] —bzw. deren Praxispersonalfi, die von ihnen benötigten Augen-linsen bei Bedarf bei der [X.] oHG. Die Lieferungen erfolgten über den gut-gläubigen Apotheker [X.]. Der vorher zwischen [X.]
und den Augenärzten abgesprochene Preis orientierte sich an dem von den gesetzlichen Kranken-kassen und kassenärztlichen Vereinigungen als marktüblich eingestuften [X.]. Diesen Betrag wies [X.] in der von ihm dem Apotheker [X.]gestellten Rechnung als anzusetzenden Verkaufspreis aus. [X.] berechnete diesen [X.] den Augenärzten weiter. Im [X.]hmen ihrer turnusmäßigen, einzelfall-, das heißt patientenbezogenen Abrechnungen gegenüber den —jeweiligen [X.] ließen sich die Augenärzte diesen Betrag erstatten. Nach dem gelten-den —[X.] standen ihnen indessen nur die tatsächlich ver-auslagten Kosten zu.
Das [X.] hat dies im Ansatz rechtlich zutreffend als [X.] im Sinne des [X.] zum Nachteil —der Kostenträgerfi bewertet, weil die Abrechnung des vollen Preises je Augen-linse die stillschweigende Erklärung enthielt, daß diese Kosten tatsächlich und endgültig angefallen waren. Diese Erklärung war falsch, weil sie die —kick-backfi-Zahlungen unberücksichtigt ließ.
a) Die weitergehenden Feststellungen sind jedoch nicht hinreichend in-dividualisiert. Sie begegnen zudem hinsichtlich der Anzahl der [X.] durchgreifenden rechtlichen Bedenken. - 6 -
Auch bei einer Tatserie ist es erforderlich, die Einzelakte so konkret und individualisiert zu ermitteln und festzustellen, daß sich daraus die Verwirkli-chung des objektiven und subjektiven Tatbestands für jede Einzeltat ergibt (vgl. [X.]St 40, 374, 376; 36, 320, 321; [X.]R StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 9 und 11). Sind nicht alle Einzelakte konkret feststellbar, so sind jedenfalls [X.] zu treffen, die - bei Zugrundelegung des [X.] - auch auf tragfähigen Schätzgrundlagen beruhen können (vgl. [X.]St 10, 208; [X.]R StGB vor § 1/Serienstraftaten Betrug 1; [X.], 581).
Handelt es sich um Serienstraftaten des Betruges, müssen die Urteils-gründe regelmäßig darlegen, wer die schädigende Verfügung getroffen hat und welche Vorstellungen er dabei hatte. Dabei kann die tatrichterliche Überzeu-gung von betriebsinternen Vorgängen, insbesondere bei arbeitsteilig tätigen Unternehmen oder Körperschaften, je nach den Umständen, auch durch [X.] etwa eines Abteilungsleiters gewonnen werden (vgl. [X.]R StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 14). Die pauschale Feststellung des [X.]s ([X.]) —der/die Mitarbeiter(in) des jeweiligen Kostenträgers, dem/der die tat-sächlichen Umstände verborgen blieb, veranlaßte [X.] die Auszah-lung der geltend gemachten Sachkosten an den Augenarztfi genügt diesen An-forderungen hier nicht. Die Urteilsgründe lassen Ausführungen zum regelmäßi-gen internen Ablauf bei den —jeweiligen Kostenträgernfi vermissen, aus denen sich eine täuschungsbedingte Vermögensverfügung zugunsten der Ärzte erge-ben könnte. Insoweit entbehren die Feststellungen auch einer ausreichenden Beweisgrundlage. Die Urteilsgründe ergeben nicht, aufgrund welcher Beweis-mittel die Kammer ihre Überzeugung von einer täuschungsbedingten Vermö-gensverfügung durch den —jeweiligen Mitarbeiterfi gewonnen hat. Soweit [X.] 7 - beiter von Leistungsträgern vernommen wurden, geschah dies ersichtlich zu anderen Beweisthemen ([X.]).
Die Urteilsgründe verhalten sich auch nicht dazu, welche Leistungsträ-ger konkret geschädigt worden sind. So bleibt offen, ob der Schaden bei den kassenärztlichen Vereinigungen oder den gesetzlichen Krankenkassen einge-treten ist ([X.]). Soweit die gesetzlichen Krankenkassen Geschädigte sind, fehlt es an Feststellungen, um welche Krankenkassen es sich handelt. Es liegt auch nahe, daß mehrere ([X.] betroffen sein können.
b) Hinsichtlich des Angeklagten [X.] stellt die [X.] - im [X.]hmen der [X.] zwar fest, dieser habe die Augenlinsen quar-talsmäßig gegenüber der [X.] abgerechnet ([X.]). An anderer Stelle geht die Kammer aber ersichtlich davon aus, daß die jeweiligen gesetzlichen Krankenkassen getäuscht und zur schädigenden Vermögensverfügung veranlaßt worden seien ([X.] f.). Es bleibt somit un-klar, ob insoweit die [X.] Geschädigte war oder diese lediglich eine durch [X.] begangene Täuschung an die gesetzliche Krankenkasse vermittelte, die dann eine eigene schädigende Vermögensverfü-gung traf.
Es bleibt offen, ob jedenfalls Mindestfeststellungen zur Ermittlung der Geschädigten möglich waren. Die Kammer führt aus, daß hinsichtlich des An-geklagten [X.]. und Prof. T. /Frau T.

die jeweils geschädigte Krankenkasse nicht festgestellt werden konnte ([X.]). Ob dies auch für die durch die übrigen Angeklagten Geschädigten gilt, bleibt offen. Überdies [X.] sich die Kammer in diesem Zusammenhang auf Angaben des Zeugen - 8 - KHK E. über erfolglos gebliebene Durchsuchungen ([X.]). [X.] entnimmt der Senat, daß Erhebungen über den Schadensumfang bei den [X.] geschädigten Krankenkassen durchgeführt worden sind. Daß [X.] aussichtslos gewesen wären, ist schon deshalb nicht ersichtlich, weil z.B. die [X.] im Zusammenhang mit den [X.] konkret bezifferte Schadensersatzansprüche (900.000 DM) gegenüber dem Angeklagten [X.]geltend macht ([X.]). Dem Urteil läßt sich auch nicht entnehmen, daß die unterbliebene Feststellung der einzelnen Geschädig-ten auf einer Anwendung des [X.] beruht (vgl. [X.], Urteil vom 22. April 2004 - 3 StR 28/04). Soweit die Kammer auf eine turnusmäßige [X.] abstellt ([X.]), ist dies auch erst nach Ausschöpfung aller Feststel-lungsmöglichkeiten zulässig.
Darüber hinaus fehlen Feststellungen zum konkreten Geschäftsablauf innerhalb der Arztpraxen im Zusammenhang mit der Erstellung der [X.] (monatlichen oder quartalsmäßigen) Abrechnungen. So bleibt offen, ob der jeweilige Augenarzt die Abrechnungen selbst vornahm oder dies - näher-liegend - nach allgemeiner Anweisung seinem Praxispersonal überließ, was Einfluß auf die Zahl der [X.] haben kann.
Der Senat kann deshalb trotz des rechtsfehlerfrei festgestellten Gesamt-schadens nicht ausschließen, daß der Angeklagte auch bei unverändertem Schuldumfang durch die unterbliebenen Feststellungen beschwert ist. Eine von den bisherigen Feststellungen abweichende (höhere) Anzahl von [X.] kann sich auf die hierfür zu verhängenden Einzelstrafen auswirken. Da hieraus eine Gesamtstrafe zu bilden sein wird, kann der Strafausspruch nicht bestehen - 9 - bleiben (vgl. [X.], Urteil vom 4. September 2001 - 1 [X.] - insoweit in [X.], 30 und [X.], 21 nicht abgedruckt).
c) Auch hinsichtlich des Angeklagten [X.] , der jeweils wegen Beihilfe zu den Betrugshandlungen der Angeklagten [X.]. , [X.]und [X.] verurteilt worden ist, begegnet das Urteil durchgreifenden rechtli-chen Bedenken. Die Kammer hat die Tathandlungen [X.]

s nicht ausreichend tragfähig festgestellt. Sie hat insoweit die Beihilfetaten [X.] s mit den [X.] der Mitangeklagten [X.], [X.]. und [X.] anzahlmäßig gleichgesetzt. Dabei hat sie nicht bedacht, daß bei mehreren [X.] oder [X.] für jeden gesondert nach seinem eigenen Tatbeitrag zu beurteilen ist, durch wie viele Handlungen im Sinne von §§ 52, 53 StGB er die Tat geför-dert oder begangen hat (st. Rspr. vgl. nur [X.]R StGB § 52 Abs.1 in dubio pro reo 7; [X.], Urteil vom 3. Juli 2003 - 1 [X.]; [X.], Beschluß vom 30. März 2004 - 1 StR 99/04). Die einzelnen Tatbeiträge [X.] s hat sie - von pauschalen Feststellungen zur allgemeinen Vorgehensweise und zum [X.] abgesehen (vgl. dazu [X.]R StGB § 266 Mindestfeststellungen 1) - nicht näher festgestellt. Daß die Tatbeiträge [X.] s anzahlmäßig den Tathandlungen der Augenärzte entsprechen, liegt schon deshalb fern, weil dieser mit den [X.], in denen die Kammer im Grundsatz rechtsfehlerfrei die Tathandlungen der Ärzte erblickt hat, nichts zu tun hatte. Die Tatbeiträge [X.] s bestanden demgegenüber in den Lieferungen der Augenlinsen, der Inrechnungstellung überhöhter Verkaufspreise und der Auszahlung der —kick-backsfi aufgrund des zuvor abgesprochenen [X.]s. In wie vielen Einzelakten dies geschah, ist nicht festgestellt. Ohne die überhöhten Rechnungen [X.] s hätten die Ärzte die Täuschung nicht durchführen können. Ob diese [X.] - ge als Mittäterschaft, Anstiftung oder Beihilfe zu bewerten sind, wird deshalb ebenfalls einer erneuten Überprüfung unterliegen.
2. [X.] —[X.]

a) Nach den dazu getroffenen Feststellungen bestellten die Augenärzte die von ihnen benötigten Medikamente bei [X.] im Wege kassenärztlicher Verordnung. Die Auslieferung erfolgte über den Apotheker [X.], bei dem das Rezept verblieb. Anschließend reichte [X.] die Rezepte mit den von [X.] vorgegebenen überhöhten Preisen einmal monatlich bei der [X.] für Apotheker in [X.] ein, die eine Aufteilung auf die jeweils betroffenen Krankenkassen vornahm. Diese überwiesen den fälligen Betrag an die [X.], die ihn wiederum an [X.] auszahlte.
b) Die [X.] hat dies im Grundsatz zutreffend als Untreue der angeklagten Ärzte zum Nachteil der jeweiligen Krankenkassen gewertet. Das ergibt sich aus ihrer besonderen Stellung als Vertragsärzte der gesetzlichen Krankenkassen. Die Kassenärzte treten bei der Verordnung von Arzneimitteln als Vertreter der Krankenkasse auf und geben mit Wirkung für und gegen die Krankenkasse Willenserklärungen zum Abschluß eines Kaufvertrages über die verordneten Medikamente ab (vgl. [X.], Beschluß vom 25. November 2003 - 4 StR 239/03 - zum Abdruck in [X.]St vorgesehen = NJW 2004, 454 = NStZ 2004, 276 = wistra 2004, 143).
Der Tatbestand der Untreue ist danach hier durch Mißbrauch der [X.] erfüllt. Die einzelnen Mißbrauchstaten wurden nach dem festge-stellten Grundkonzept von den Augenärzten im Zusammenwirken mit dem [X.] - geklagten [X.] dadurch begangen, daß sie die Verordnungen über den [X.] ausstellten und dem Apotheker [X.] mit übersetzten Preisangaben durch [X.] zuleiten ließen. Dadurch verpflichteten sie die Krankenkassen, zu deren Lasten die Verordnungen ausgestellt wurden, die übersetzten Preise an [X.] zu zahlen und fügten ihnen durch Mißbrauch ihrer Vertretungsmacht Nachteile im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB in Form der schadensgleichen Ver-mögensgefährdung zu. Da die Vorlage der Verordnung mit den Preisvorgaben in Kenntnis oder Erwartung der Rückvergütungen erfolgte, lag darin jeweils ein Verstoß gegen die Vermögensbetreuungspflicht, weil die verordneten Medika-mente - wie die Ärzte wußten - um die [X.]battanteile überteuert waren (vgl. [X.]St 47, 295, 298 f.).
Der von der [X.] angenommene, jeweils [X.] begange-ne Betrug zum Nachteil des Apothekers [X.] , liegt demgegenüber nicht vor. Es fehlt an einer schadensgleichen Vermögensgefährdung gegenüber dem Apotheker. Der Apotheker, der sich an die ärztliche Verordnung hält, ist in sei-nem Vertrauen auf Bezahlung des Kaufpreises durch die Krankenkasse ge-schützt (vgl. [X.]-2500 § 132a Nr.3). Von - hier nicht in Betracht [X.] - Ausnahmefällen abgesehen, ist er nicht verpflichtet, zu überprüfen, ob die ärztliche Verordnung sachlich richtig ist. Die jeweilige Krankenkasse kann dem Apotheker Einwendungen, die die ärztliche Verordnung betreffen, regelmäßig nicht entgegenhalten; ihr steht insoweit kein Leistungsverweige-rungsrecht zu ([X.], 194, 206). Zu einer anderen rechtlichen Bewertung geben die bisher von der Kammer getroffenen Feststellungen zu den vertragli-chen Beziehungen zwischen [X.] und [X.] (vgl. [X.]) keinen Anlaß. Die Verordnungen waren - 12 - formal ordnungsgemäß ausgestellt. Auch handelte es sich nicht um Fälschun-gen.
Da der Kaufvertrag zwischen dem Apotheker [X.] und der jeweiligen Krankenkasse unter Einschaltung des Vertragsarztes als Vertreter und Zulei-tung des Rezeptes über [X.] mit überhöhten Preisen zustandekam, kann dahinstehen, ob die zeitlich nachfolgende Vorlage des Rezeptes durch den Apotheker als Tatmittler den [X.], sei es zum Nachteil der Kran-kenkassen oder der [X.], erfüllt. Ein solcher Betrug wäre unter den hier vorliegenden Umständen jedenfalls mitbestrafte Nachtat der vorangegangen Untreue (vgl. [X.]St 6, 67; [X.]R StGB § 263 Abs. 1 Täu-schung 10). Sollte der neue Tatrichter insoweit ein betrügerisches Verhalten der Ärzte feststellen, das in deren Person als mitbestrafte Nachtat der Untreue anzusehen ist, so bleibt eine strafbare Tatbeteiligung [X.] s an dieser Nach-tat - auch in Form der Mittäterschaft - grundsätzlich möglich (vgl. [X.] in [X.]/[X.], StGB 26. Aufl. [X.]. §§ 52 ff. [X.]. 118).
c) Die der Verurteilung zugrundeliegende Anzahl der einzelnen Un-treuehandlungen hat indessen keinen Bestand. Sie begegnet den gleichen rechtlichen Bedenken, die gegenüber den Feststellungen zur Anzahl der Ein-zeltaten im [X.] —[X.] bestehen. Im Ansatz zutreffend geht die Kammer davon aus, daß jede einzelne, dem Apotheker [X.]

zugeleitete [X.] eine Tat darstellt. Da sich zu der genauen Anzahl der Verordnungen jedoch keine Feststellungen mehr treffen ließen, hat die Kammer - insoweit ebenfalls im Ansatz rechtsfehlerfrei - die Anzahl der [X.] nach dem je-weiligen [X.] bestimmt und eingeschränkt. Die Kammer hat - 13 - aber auch insoweit keine Feststellungen dazu getroffen, zu Lasten welcher —Kostenträgerfi die Verordnungen erfolgten.
Der Senat kann nicht ausschließen, daß ergänzende Feststellungen möglich sind und diese zu einer höheren Anzahl von [X.] führen [X.].
d) Hinsichtlich des Angeklagten [X.] hat das Urteil keinen Bestand, weil die Kammer auch insoweit die [X.] nicht nach dessen [X.] festgestellt hat. Da das Angebot der Rückvergütungen von ihm ausging ([X.] und 25) liegt eine Tatbeteiligung als Anstifter zur Untreue nahe.
e) Der Wegfall des [X.] zum Nachteil des Apothekers [X.] wirkt sich auch auf die Verurteilung der nicht revidierenden Mitangeklag-ten [X.]. und [X.] aus (§ 357 StPO). Die Erstreckung erfolgt nur in-soweit, als die Kammer eine fehlerhafte Rechtsanwendung (Verwirklichung des [X.]) auf den festgestellten Sachverhalt vorgenommen hat. Die bezüglich der [X.] durch das [X.] getroffenen Feststellun-gen sind für das Revisionsgericht, auch im Hinblick auf die Zahl der Einzelta-ten, bindend.
Die Änderung der Schuldsprüche führt hier nicht zur Aufhebung der Strafaussprüche hinsichtlich der [X.]. Der Senat schließt aus, daß die [X.] bei im übrigen unverändertem Schuldumfang auf geringere Einzel- und [X.] erkannt hätte. Die [X.]e Verwirklichung von zwei Straftatbeständen (Betrug und Untreue) wurde von ihr nicht strafschärfend - 14 - berücksichtigt.
3. Die Sache bedarf nach alledem im Umfang der Aufhebung neuer [X.] und Entscheidung:
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin: a) Das Verschlechterungsverbot steht einer etwaigen Verurteilung [X.]

s als Mittäter oder Anstifter im [X.] —[X.] oder als Anstifter zur Untreue im [X.] —[X.] durch den neuen Tatrichter nicht entgegen. Die bisherigen Feststellungen legen eine solche Verschärfung des Schuldspruchs eher nahe, nachdem [X.] durch die Auszahlung der —kick-backsfi aufgrund des von ihm initiierten [X.]s in allen Fällen einen unver-zichtbaren Tatbeitrag leistete.
b) Sollte die neue Hauptverhandlung zur Feststellung einer abweichen-den Anzahl von [X.] mit geändertem Unrechtsgehalt führen, steht das Verschlechterungsverbot der Verhängung von höheren als den bisherigen Ein-zelstrafen nicht entgegen. Der Unrechtsgehalt von dann gegebenenfalls zur Tateinheit verbundenen Taten ist erhöht. Das Verschlechterungsverbot gebie-tet bei dieser Sachlage nur, daß die Summe der jeweils betroffenen (bisheri-gen) Einzelstrafen bei der Bemessung der jeweils neu festzusetzenden Einzel-strafe nicht überschritten wird. Überdies darf auch die neue Gesamtstrafe nicht höher als die frühere ausfallen ([X.], Urteil vom 3. Juli 2003 - 1 [X.]). c) Sollte der bisherige Schuldumfang bestehen bleiben, wäre der neue Tatrichter angesichts der äußerst milden Strafen auch im Hinblick auf die [X.] 15 - herige Verfahrensdauer nicht gehindert, auf [X.] in gleicher Höhe zu erkennen.

[X.] Boetticher Kolz

Elf

[X.]

Meta

1 StR 165/03

27.04.2004

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.04.2004, Az. 1 StR 165/03 (REWIS RS 2004, 3485)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3485

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