Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2011, Az. 4 StR 401/11

4. Strafsenat | REWIS RS 2011, 2689

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 401/11

vom
5. Oktober
2011
in der Strafsache
gegen

wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.

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Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung
des Generalbun-desanwalts und des Beschwerdeführers am 5. Oktober
2011
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 3. Februar 2011

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass hinsichtlich der zum Nachteil der Zeugen S.

und Ko.

(Tatkomplex:
Zufah-ren auf den Eingangsbereich des [X.] der Firma K.

) begangenen Tat die tateinheitliche Verurteilung wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den [X.] entfällt,

b) im Ausspruch über die insoweit verhängte [X.] so-wie die Gesamtstrafe aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine allgemeine Strafkammer des [X.]s
zu-rückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung und wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in 1
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Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in zwei rechtlich zusammentreffen-den Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und eine Maßregel gemäß §§ 69, 69a und [X.] angeordnet.
I.
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg.
1. Soweit das [X.] den Angeklagten wegen des Schlages mit dem ausgeklappten Fahrzeugschlüssel gegen den Hinterkopf des Geschädig-ten Klaus T.

wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) verurteilt hat, hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge keinen den Angeklagten benachteiligenden
Rechtsfehler ergeben.
2.
Hingegen begegnet die Verurteilung wegen
vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß §
315b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, §
315 Abs.
3 Nr. 1a StGB durchgreifenden rechtlichen Bedenken, da die Urteilsfest-stellungen die von § 315[X.] vorausgesetzte Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs
nicht belegen.
a) Geschütztes Rechtsgut der Bestimmung des § 315[X.] ist die Si-cherheit des Straßenverkehrs. Sie bezieht sich nur auf den öffentlichen [X.]. Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist daher,
dass durch die [X.] in den Verkehr auf solchen
Wegen und Plätzen eingegriffen worden ist, die

mit ausdrücklicher oder stillschweigender Zustimmung des [X.] und ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse oder eine 2
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verwaltungsrechtliche Widmung

jedermann oder allgemein bestimmten Grup-pen dauernd oder vorübergehend zur Benutzung offen stehen und auch in die-ser Weise benutzt werden (st. Rspr.; vgl.
Senatsbeschluss
vom 9. März 1961

4 StR 6/61, BGHSt 16, 7, 9 f.; Senatsurteil vom 4. März 2004

4 StR 377/03,
BGHSt 49, 128, 129). Jedoch
erfüllt nicht jede Tathandlung, die vom öffentli-chen Straßenraum ausgeht, den objektiven Tatbestand des
gefährlichen
Ein-griffs
in den Straßenverkehr. Zwar wird die Anwendbarkeit der Strafvorschrift des § 315[X.] nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass die konkrete Ge-fahr oder gar der Schaden außerhalb des öffentlichen [X.] eintritt, etwa, wenn der Täter sein Opfer bereits von der öffentlichen Straße aus mit dem Fahrzeug verfolgt, aber erst außerhalb des öffentlichen [X.] erfasst. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich das Opfer in dem Zeitpunkt, in dem der Täter zur Verwirklichung des Tatbestandes der Straßenverkehrsge-fährdung
durch zweckwidrigen Einsatz des Fahrzeugs als Waffe oder Scha-denswerkzeug
unmittelbar ansetzt, noch im öffentlichen Raum befindet, die abstrakte Gefahr also noch im öffentlichen Verkehrsraum entsteht.
Hält sich das Opfer zu diesem Zeitpunkt
außerhalb des öffentlichen [X.]
auf, fehlt es an einer Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs und damit an einer tatbestandlichen Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 315[X.] (Senatsbeschluss vom 8. Juni 2004

4 [X.], [X.], 625
= DAR 2004, 529 m. zust. [X.]. [X.]
DAR 2004, 656, jeweils m.w.[X.]; SSW-StGB/[X.] § 315b Rn. 9 m.w.[X.]; [X.]/[X.]/Dauer, Straßenver-kehrsrecht, 41. Aufl. § 315[X.] Rn. 3).
So liegt es hier.
b) Nach den Feststellungen
befindet sich das Bürogebäude der geschä-digten Firma K.

im Erdgeschoss eines mehrstöckigen Gebäudes mit einem der Straßenseite abgewandten Eingang, der aus einer zweiflügeligen Glastür mit einer vorgebauten Betonstufe besteht. Zum Tatzeitpunkt hatte der 6
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Angeklagte das Mietfahrzeug, das
er bei der Firma K.

zurückgeben wollte, auf dem durch eine unverschlossene Zufahrt erreichbaren gepflasterten Hof vor dem Eingangsbereich des Büros abgestellt. Als er beschloss, sich für die ihm seitens der Beschäftigten der Firma K.

widerfahrene, als unge-recht empfundene Behandlung zu rächen und das Bürogebäude mit dem als Rammbock eingesetzten Fahrzeug zu zerstören, befanden sich die beiden [X.] verletzten Angestellten der Autovermietung, die Zeugin Ko.

und der Zeuge S.

,
außen telbar vor der Glastürder Tür.
Danach befand sich zwar der Angeklagte zum Zeitpunkt des unmittelba-ren
Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung im öffentlichen Verkehrsraum, nämlich auf einem für einen unbestimmten Personenkreis allgemein zugängli-chen Kunden-
und Besucherparkplatz eines mehrstöckigen Gebäudes (vgl. da-zu Senatsurteil vom 4. März 2004 aaO), nicht aber die Geschädigten, die auf der unmittelbar zum
Eingangsbereich des
Büros
der Firma K.

gehören-den Treppenstufe standen. Schon wegen des [X.] zu dem vor-gelagerten [X.] rechnete diese Stufe, die den Zugang zu den Büroräumen der Firma K.

ermöglichte und an der nach den Urteilsfeststellungen der erste Zufahrtversuch des Angeklagten scheiterte, nicht mehr zum öffentlichen Verkehrsraum.
3. Infolge der Änderung des Schuldspruchs können die in diesem Fall verhängte [X.] von zwei Jahren und sechs Monaten, die zugleich die Einsatzstrafe bildet, sowie die Gesamtstrafe nicht bestehen bleiben.

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II.
Der Senat verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer des [X.]s zurück, da das Verfahren nunmehr keine Straftat im Sinne des §
74 Abs. 2 GVG zum Gegenstand hat.
Mutzbauer Roggenbuck Cierniak

Franke [X.]

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Meta

4 StR 401/11

05.10.2011

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2011, Az. 4 StR 401/11 (REWIS RS 2011, 2689)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2689

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