Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 01.06.2016, Az. 3 B 67/15

3. Senat | REWIS RS 2016, 10687

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Gegenstand

Anordnungen bei Verdacht auf Befall eines Rinderbestandes mit Tuberkulose; Urteilsbegründung durch Bezugnahme auf andere Entscheidung


Leitsatz

Ein Gericht darf wesentliche Teile seiner Urteilsbegründung durch Bezugnahme auf eine gegenüber Dritten ergangene Entscheidung jedenfalls dann ersetzen, wenn diese Entscheidung den Beteiligten spätestens bei Zustellung des Urteils, das die Bezugnahme enthält, bekannt ist.

Gründe

1

Der Kläger erstrebt die Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise der Rechtswidrigkeit von Regelungen einer erledigten tierseuchenrechtlichen Anordnung.

2

Im Oktober 2012 hatte das Landratsamt [X.] durch Allgemeinverfügung alle Halter von Rindern verpflichtet, über sechs Monate alte Tiere auf Tuberkulose untersuchen zu lassen. Im [X.]etrieb des [X.] ergab sich bei einem Tuberkulose-Simultan-Test bei einem Rind eine zweifelhafte Reaktion. Daraufhin stellte das Landratsamt mit [X.]escheid vom 16. Mai 2013 bei diesem Rind den Verdacht auf Tuberkulose fest (Nr. I), gab dem Kläger auf, das Rind zu töten ([X.]), unterwarf sämtliche Rinder des [X.]estandes einer Sperre ([X.]I), setzte die amtliche Anerkennung des Rinderbestandes als tuberkulosefrei aus ([X.]), verpflichtete den Kläger zur schadlosen [X.]eseitigung der Milch des verdächtigen Tieres (Nr. V 1) und machte Vorgaben zur [X.]ehandlung der übrigen im [X.]etrieb gewonnenen Milch (Nr. [X.].1 und 2.2). Nachuntersuchungen führten bei allen Rindern zu negativen Testresultaten. Deshalb wurden alle [X.]estands- und [X.] mit [X.]escheid vom 22. Juli 2013 aufgehoben und die Tuberkulosefreiheit des [X.]etriebes des [X.] wieder anerkannt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise der Rechtswidrigkeit des [X.]escheides vom 16. Mai 2013 abgewiesen. Die [X.]erufung des [X.] hatte teilweise Erfolg. Der [X.]hof stellte unter Zurückweisung der [X.]erufung im Übrigen fest, dass [X.] des [X.]escheides rechtswidrig und Nr. V 1 nichtig war. Zur [X.]egründung der Zurückweisung führte er aus, die amtliche Feststellung eines Verdachts auf Tuberkulose sei gerechtfertigt gewesen. Hierfür genüge eine zweifelhafte Reaktion im Sinne des [X.] der [X.]/[X.], der seit seiner Änderung durch die Verordnung ([X.]) Nr. 1226/2002 die Qualität einer unmittelbar geltenden Verordnung habe. Das Testverfahren sei ordnungsgemäß und richtlinienkonform durchgeführt worden. Die unter [X.]I angeordnete Schutzmaßnahme sei rechtmäßig gewesen. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 der [X.] (RindTbV) seien bei Verdacht auf Tuberkulose die Rinder des [X.]estandes abzusondern und dürften nur mit Genehmigung von ihrem Standort entfernt werden. Auch die Aussetzung der amtlichen Anerkennung als tuberkulosefreier [X.]estand sei rechtmäßig. Sie finde eine ausreichende Rechtsgrundlage im [X.] der [X.]/[X.]; diese Regelung sei auch in der Neufassung des § 13 RindTbV enthalten. Die [X.] in Nr. [X.] fänden eine Rechtsgrundlage in Art. 54 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 882/2004 i.V.m. Art. 14 der Verordnung ([X.]) Nr. 178/2002 und der Verordnung ([X.]) Nr. 853/2004. Eine Vorabentscheidung des [X.] sei nicht erforderlich, weil das Urteil mit der [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision angefochten werden könne und sich die vom Kläger aufgeworfenen Vorlagefragen nicht stellten oder eindeutig zu beantworten seien.

3

Die [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat weder die geltend gemachte grundsätzliche [X.]edeutung (1. bis 5.) noch liegt ein Verfahrensmangel vor, auf dem das Urteil beruhen kann (6.).

4

1. Die Darlegung der grundsätzlichen [X.]edeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt die Formulierung einer bestimmten, jedoch fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Die von der [X.]eschwerde unter Nr. 1.1 formulierten Fragen würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen oder sind tatsächlicher Natur und deswegen revisionsgerichtlich nicht klärungsfähig.

5

a) Aus der [X.]egründung der Fragen ergibt sich, dass die [X.]eschwerde geklärt wissen will, ob ein Testverfahren, das ein aus dem Erreger [X.] ([X.]) gewonnenes Tuberkulin verwendet, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsvorschriften geeignet ist zur Suche nach und zum Nachweis des Mykobakteriums caprae ([X.]), das in dem Untersuchungsgebiet bislang ausschließlich gefunden worden sei. Diese Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsbedürftig. Nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts ([X.] Rn. 1 f.) hat das [X.] im [X.]etrieb des [X.] nicht ausschließlich nach dem Erreger [X.] gesucht, sondern - wie in der Allgemeinverfügung aus dem [X.] vorgegeben - ganz generell nach einem Tuberkulosebefall der Rinder. Es hat in Nr. I des angefochtenen [X.]escheids den Verdacht auf Tuberkulose festgestellt, ohne diesen Verdacht auf den Erreger [X.] zu beschränken. Dass der im [X.]etrieb des [X.] verwendete Simultantest (mit einem Anteil des [X.] [X.]) eine geeignete Tuberkulinprobe ist, ist durch Unionsrecht offiziell anerkannt. Das bestimmt [X.] Nr. 2.2.1 der [X.]/[X.] des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen ([X.] 121 vom 29. Juli 1964 S. 1977) in der Fassung der Verordnung ([X.]) Nr. 1226/2002 vom 8. Juli 2002 ([X.] [X.] vom 9. Juli 2002 S. 13).

6

Ist aber ein geeigneter Test verwendet worden, dann ist nicht weiter klärungsbedürftig, dass eine Reaktion auf die Injektion der Tuberkuline, auch wenn sie "zweifelhaft" ist, eine hinreichende Grundlage für sichernde und aufklärende Maßnahmen abgibt. Das folgt ohne Weiteres aus der [X.]/[X.]. Nach Art. 2 [X.]uchst. d (i.d.F. des Anhangs der Richtlinie 97/12/[X.] des Rates vom 17. März 1997, [X.] [X.], geändert durch die [X.]/[X.] des Rates vom 14. Dezember 1998, [X.] L 358 S. 107) gilt ein Rinderbestand als tuberkulosefrei, der die Anforderungen gemäß Anhang A Teil I Nummern 1 und 2 erfüllt. Voraussetzung ist unter anderem, dass alle über sechs Wochen alten Rinder auf amtliche [X.] gemäß [X.] negativ reagiert haben. Eine zweifelhafte Reaktion, die in [X.]. b und Nr. 2.2.5.3.2 [X.]uchst. b des [X.] der Richtlinie definiert ist, führt zu einer Nachuntersuchung des Tieres. Außerdem können der Status der Tuberkulosefreiheit des [X.]estandes ausgesetzt und die Tiere aus diesem [X.]estand gesperrt werden, bis der Gesundheitszustand des verdächtigen Rindes geklärt ist (Nr. 2.2.5.3.3 [X.]uchst. c des [X.] der Richtlinie).

7

b) Ob die im Simultantest verwendete Tuberkulinmischung zum Nachweis des Erregers [X.] geeignet ist, ist eine Tatsachenfrage, die in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden könnte. Soweit die [X.]eschwerde so zu verstehen ist, dass geklärt werden soll, ob die Verwendung von Tuberkulin, das aus [X.] hergestellt ist, aus Rechtsgründen nicht zum Nachweis des Erregers [X.] verwendet werden darf, wäre sie in einem Revisionsverfahren nicht zu behandeln. Nach den unbestrittenen Feststellungen des [X.]erufungsgerichts hat die [X.]ehörde ihre an den Kläger gerichteten Anordnungen mit dem Verdacht auf Tuberkulose begründet, nicht damit, den Erreger [X.] nachgewiesen oder in Verdacht zu haben.

8

Abgesehen davon würde es die Aussagekraft des verwendeten Tests sogar stärken, wenn die Ansicht des [X.] zutreffen sollte, dass der angewandte Simultantest zum Nachweis des Erregers [X.] nicht tauglich sei; denn in diesem Falle würde eine Reaktion auf eine Infektion mit dem Erreger [X.] hindeuten, was die in Rede stehenden behördlichen Maßnahmen auch nach Ansicht des [X.] rechtfertigen würde. Nichts anderes gilt aber dann, wenn die Untersuchung durch den Verdacht einer Infektion mit dem Erreger [X.] motiviert gewesen sein sollte. Eine solche Infektion stellt ebenfalls eine Tuberkulose des Rindes dar, wie das [X.]erufungsgericht festgestellt hat ([X.] Rn. 34). Der [X.] ist gemäß § 137 Abs. 2 VwGO an diese Feststellung gebunden, weil sie nicht, wie noch darzulegen ist (unten 6. b), mit durchgreifenden [X.] infrage gestellt worden ist.

9

2. Mit der unter Nr. 2 in Varianten formulierten Frage will die [X.]eschwerde geklärt wissen, ob die gleichzeitige Verabreichung von Rinder- und Geflügeltuberkulin verschiedener Hersteller die Wirksamkeit des Tests infrage stellt oder seine Eignung beseitigt. Grundlage für die [X.]edenken des [X.] sind die von ihm zitierten Passagen aus den Packungsbeilagen der Hersteller der Tuberkuline, deren Verbindlichkeit für den vorliegenden Zusammenhang ebenfalls geklärt werden soll.

Damit sind im [X.] wiederum Umstände angesprochen, die die Eignung des durchgeführten Simultantests in tatsächlicher Hinsicht betreffen und nicht rechtsgrundsätzlich geklärt werden können. Was die [X.]edeutung der Packungsbeilage in diesem Zusammenhang angeht, die nach § 11 des Arzneimittelgesetzes eine Gebrauchsinformation mit gesetzlich definiertem Inhalt ist, kann ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens gesagt werden, dass sie nach [X.] Recht als Element der tatsächlichen [X.]eurteilung der Eignung des Tests von [X.]edeutung sein kann. Ob das der Fall ist und wie Informationen aus der Packungsbeilage zu verstehen und im Zusammenhang mit anderen Umständen mit [X.]lick auf die Eignung zu bewerten sind, ist dann aber eine Frage der Tatsachenfeststellung und [X.]eweiswürdigung im Einzelfall, die dem Revisionsgericht verwehrt ist. Fallübergreifend bedeutsame Fragestellungen zeigt die [X.]eschwerde insoweit nicht auf. Dass das Unionsrecht insofern einschlägige rechtliche Vorgaben enthält, behauptet die [X.]eschwerde nicht.

3. Mit der unter Nr. 3 aufgeworfenen Frage möchte die [X.]eschwerde geklärt wissen, ob Nr. 2.2.5.1 des [X.] der [X.]/[X.] eine rechtliche Verpflichtung begründet, für die Applikation der Tuberkuline bei jedem einzelnen zu untersuchenden Rind eine sterile [X.] zu verwenden.

Die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage für ein Revisionsverfahren verdeutlicht die [X.]eschwerde nicht. Dazu wäre es erforderlich gewesen darzulegen, dass und warum sich das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung bei der gewünschten Auslegung der Richtlinie zugunsten des [X.] ändern würde. Dafür ist nichts ersichtlich. Der [X.]hof hat angenommen, dass es für die Verwertbarkeit des Testergebnisses bei dem [X.] nicht darauf ankommt, ob jedes Tier des Rinderbestandes des [X.] mit einer sterilen [X.] hätte untersucht werden müssen oder ob der Einsatz einer sterilen [X.] zu [X.]eginn der [X.]estandsuntersuchung und bei Auftreten besonderer Umstände genügt hätte. Zur [X.]egründung hat er darauf verwiesen, die Durchführung des Simultantests hätte mit Ausnahme des getöteten Tieres ausschließlich negative [X.]efunde erbracht ([X.] Rn. 35). Der [X.]hof ist mit anderen Worten in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass das Testergebnis des einzigen Rindes mit zweifelhafter Reaktion durch die verwendete [X.] nicht verfälscht wurde und deshalb belastbar gewesen ist. An diese Feststellung, die die [X.]eschwerde nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat, ist der [X.] nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.

4. Die unter Nr. 4.1.1 formulierte Frage, ob die Aussetzung der amtlichen Anerkennung der Tuberkulosefreiheit eines landwirtschaftlichen [X.]etriebs bei einem Verdacht auf eine Infektion mit dem Erreger [X.] rechtlich möglich ist, würde sich in einem Revisionsverfahren wiederum nicht stellen. Die Aussetzung der amtlichen Anerkennung als tuberkulosefreier [X.]etrieb beruhte nicht darauf, dass bei dem Kläger der Erreger [X.] vermutet worden wäre, sondern darauf, dass bei Verwendung einer nach [X.] Nr. 2.2.1 der [X.]/[X.] offiziell anerkannten Testmethode bei einem Rind eine zweifelhafte Reaktion aufgetreten war. Auf welchen Erreger die Reaktion hindeutete, war gerade nicht klar und musste aufgeklärt werden. Dass bei einer solchen Lage ein hinreichender Verdacht im Sinne der [X.]/[X.] gegeben ist, ist oben aufgezeigt worden und schon deswegen nicht zweifelhaft, weil bei Verwendung eines aus dem Erreger [X.] hergestellten [X.] eine Infektion mit diesem Erreger und nicht nur mit [X.] im [X.]ereich des Möglichen liegt, und zwar unabhängig davon, welche Erreger bis dahin im fraglichen Untersuchungsraum gefunden worden waren. Auf das Verhältnis des - bei Erlass der Verfügung vom 16. Mai 2013 im Übrigen noch nicht geltenden - § 13 RindTbV zu der [X.]/[X.] kommt es insofern nicht an.

5. Die Frage, ob eine Milchmengenreglementierung nach den Verordnungen ([X.]) Nr. 882/2004, Nr. 178/2002 und Nr. 853/2004 bei einem Verdacht auf eine Infektion mit dem Erreger [X.] möglich ist, würde sich im Revisionsverfahren nicht stellen. Die Milchreglementierung beruhte darauf, dass die Anerkennung des klägerischen Rinderbestandes als tuberkulosefrei ausgesetzt war ([X.] Rn. 42 f.); der Verdacht, das Rind mit zweifelhafter Reaktion sei nicht tuberkulosefrei, war - wie dargelegt (1. und 4.) - nicht auf den Erreger [X.] beschränkt.

6. Es liegt auch kein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor.

a) Zu Unrecht rügt die [X.]eschwerde, das [X.]erufungsurteil sei nicht gemäß § 138 Nr. 6 VwGO mit Gründen versehen, weil es auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils [X.]ezug nehme, in denen das Verwaltungsgericht seinerseits auf Ausführungen in einem Urteil zu einer Parallelsache verweise, an der der Kläger nicht beteiligt gewesen sei.

Das Gericht darf wesentliche Teile seiner Urteilsbegründung durch [X.]ezugnahme auf eine gegenüber [X.] ergangene Entscheidung jedenfalls dann ersetzen, wenn die Entscheidung den [X.]eteiligten spätestens bei Zustellung des angefochtenen Urteils bekannt ist ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 27. Mai 1988 - 9 [X.] 19.88 - [X.] 402.25 § 32 AsylVfG Nr. 6 S. 2 f. und vom 3. Januar 2006 - 10 [X.] 17.05 - juris Rn. 3; Eichberger, in: [X.]/[X.]/[X.]ier, VwGO, [X.]and 2, Stand: Oktober 2015, § 138 Rn. 152; [X.], in: [X.], VwGO, 14. Aufl. 2014, § 138 Rn. 58). Hier durften das Verwaltungsgericht und der [X.]hof davon ausgehen, dass das in [X.]ezug genommene Urteil des [X.] vom 10. Juli 2013 - [X.] 13.266 - nicht nur den Prozessbevollmächtigten des [X.], sondern auch dem Kläger selbst bekannt ist. Das Verwaltungsgericht hatte die [X.]eteiligten unter Hinweis auf das genannte Urteil gefragt, ob sie das Verfahren weiter betreiben wollen (GA [X.]l. 192). Die Prozessbevollmächtigten des [X.] hatten diese Frage bejaht und im Einzelnen dargelegt, warum die beiden Verfahren nach klägerseitiger Auffassung nicht vergleichbar seien (Schriftsatz vom 28. Januar 2014, GA [X.]l. 206 ff.). Unter diesen Umständen war es gerechtfertigt anzunehmen, dass die Prozessbevollmächtigten des [X.] ihrem Mandanten bereits während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Kenntnis von dem Urteil [X.] 13.266 vermittelt hatten. Auch bei Zustellung des [X.]erufungsurteils, das auf das Urteil des [X.] mit dem dortigen Verweis [X.]ezug nimmt, bestand kein Anlass, dem Urteil einen anonymisierten Abdruck des Urteils [X.] 13.266 beizufügen. Im [X.]erufungsverfahren hatte der Kläger die Kenntnis des zugrunde liegenden [X.]escheids, nicht aber des in [X.]ezug genommenen Urteils bestritten (Schriftsatz vom 4. August 2014 S. 4, GA [X.]l. 112 ff.). Auf den [X.]escheid haben die Vorinstanzen nicht [X.]ezug genommen. Sollte sich dieser von dem hier angefochtenen [X.]escheid wesentlich unterscheiden, wären die vorinstanzlichen Urteile dennoch im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO mit Gründen versehen. Das ist nur dann nicht der Fall, wenn die Entscheidungsgründe ihre Funktion, die [X.]eteiligten über die dem Urteil zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zu unterrichten und dem Rechtsmittelgericht die Nachprüfung der Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit in prozessrechtlicher und materiellrechtlicher Hinsicht zu ermöglichen, nicht mehr erfüllen (stRspr; [X.]VerwG, Urteil vom 28. November 2002 - 2 C 25.01 - [X.]VerwGE 117, 228 <230>; [X.]eschluss vom 3. März 2016 - 3 PKH 3.15 [[X.]:[X.]:[X.]VerwG:2016:030316[X.]3PKH3.15.0] - juris Rn. 12). Ein Verfahrensfehler liegt nicht bereits dann vor, wenn die [X.]egründung in sachlicher Hinsicht falsch, unzulänglich oder oberflächlich ist ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 13. Juni 1988 - 4 C 4.88 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 80). Über die tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen der Vorinstanzen werden die [X.]eteiligten und das Revisionsgericht durch die [X.]ezugnahme auf das Urteil des [X.] vom 10. Juli 2013 unterrichtet. Damit erledigt sich auch die Rüge, dem Kläger sei durch eine lückenhafte [X.]egründung das rechtliche Gehör versagt worden.

b) Die [X.]eschwerde meint weiter, das [X.]erufungsgericht habe den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 VwGO verletzt, indem es davon ausgegangen sei, dass der Tuberkuloseerreger [X.] eine Unterart des Erregers [X.] sei und eine Infektion mit dem Erreger [X.] eine Tuberkulose des Rindes darstelle. Das treffe nicht zu und wäre dem [X.]erufungsgericht aufgefallen, hätte es den Sachverhalt weiter aufgeklärt, wie es geboten gewesen sei.

Die [X.]eschwerde zeigt nicht auf, welche Aufklärungen angezeigt gewesen wären und dass diese ein dem Kläger günstigeres Ergebnis erbracht hätten. Schon den [X.] der [X.]eschwerde ist kein Anhalt dafür zu entnehmen, dass eine Infektion mit dem Erreger [X.] keine Tuberkulose sein könnte. Die von ihr angeführte [X.]elegstelle der Landesanwaltschaft besagt das Gegenteil. Inwiefern es darauf ankommen könnte, ob es sich um eine Unterart oder eigenständige Spezies des Tuberkuloseerregers handelt, erschließt sich nicht. Die [X.]eschwerde verkürzt auch die [X.]eweiswürdigung des [X.]erufungsgerichts, das sich auf Erkenntnisquellen gestützt hat, mit denen sich die [X.]eschwerde nicht auseinandersetzt.

c) Schließlich überzeugt die [X.]eschwerde nicht, soweit sie meint, das [X.]erufungsgericht habe seine Pflicht zur Einholung einer Vorabentscheidung des [X.] verletzt. Der [X.]hof war nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zu einer Anrufung des Gerichtshofs schon deshalb nicht verpflichtet, weil seine Entscheidung mit dem Rechtsmittel der [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision anfechtbar war. Unabhängig hiervon sind die von der [X.]eschwerde angedeuteten Vorlagefragen zu allgemein für eine Klärung, nicht entscheidungserheblich oder so klar im Sinne des [X.]erufungsgerichts zu beantworten, dass eine Vorlage nicht geboten ist. Die abweichende Ansicht der [X.]eschwerde verkennt vor allem den entscheidungserheblichen Sachverhalt, in dem lediglich der Umstand zu würdigen war, dass ein nach der [X.]/[X.] zugelassenes Testverfahren eine zweifelhafte Reaktion erbrachte. Auf die Unterscheidung von Erregerarten kam es bei Vorliegen eines solchen Testergebnisses nicht an. Wie ein derartiger Sachverhalt zu behandeln ist, lässt die Richtlinie - wie unter 1. dargelegt - klar erkennen. Der Fall des [X.] wirft insofern keine vorlagebedürftigen Fragen auf.

Von einer weiteren [X.]egründung seines [X.]eschlusses sieht der [X.] nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Der [X.] setzt für die im [X.]eschwerdeverfahren nur noch thematisierten drei Regelungsgegenstände jeweils den Auffangwert an.

Meta

3 B 67/15

01.06.2016

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 9. Juli 2015, Az: 20 BV 14.1490, Urteil

Anh B Nr 2.2.1 EWGRL 432/64, EGV 1226/2002, § 1 RindTbV, § 13 RindTbV, § 138 Nr 6 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 01.06.2016, Az. 3 B 67/15 (REWIS RS 2016, 10687)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 1050 REWIS RS 2016, 10687

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