Bundessozialgericht, Urteil vom 19.04.2016, Az. B 1 KR 21/15 R

1. Senat | REWIS RS 2016, 12782

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Gegenstand

Krankenversicherung - Krankenhaus - teilstationäre Krankenhausbehandlung an einzelnen getrennten Tagen - Unterscheidung zu vor- und nachstationärer Behandlung


Leitsatz

1. Versicherte können teilstationäre Krankenhausbehandlung in Gestalt mehrstündiger Behandlung an einzelnen getrennten Tagen erhalten (Aufgabe von BSG vom 4.3.2004 - B 3 KR 4/03 R = BSGE 92, 223 = SozR 4-2500 § 39 Nr 1).

2. Erhalten Versicherte teilstationäre Krankenhausbehandlung an einzelnen getrennten Tagen, bedarf es an jedem Tag einer Aufnahmeuntersuchung zur Prüfung der Erforderlichkeit.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 21. April 2015 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 5. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 573,18 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über Krankenhausvergütung.

2

Die Klägerin, eine rechtsfähige Teilkörperschaft der [X.], ist Trägerin eines zugelassenen Krankenhauses. Sie verfügt dort ua über [X.] der Klinik für Innere Medizin, Abteilung Hämatologie und Onkologie. Die Vergütung der Behandlungen erfolgt aufgrund einer Vereinbarung mit den Krankenkassen ([X.]) nach [X.] teilstationären Entgelten. Die Klägerin behandelte den bei der beklagten [X.] Versicherten seit Juli 2007 wegen eines metastasierenden Kolonkarzinoms ua vom 7.1. bis 25.3.2008 mittels komplexer Blockchemotherapie in der Tagesklinik. Er erhielt nach einem zuvor festgelegten [X.] an einzelnen Tagen im Rahmen einer mehrstündigen Behandlung in Abständen von ein bis zwei Wochen ua Chemotherapeutika mittels Infusion. Da er am [X.] klagte und sich eine Hautrötung im Bereich der Hände und Füße (sog [X.]) zeigte, sah die Klinik an diesem Tag von der Chemotherapie ab. Die Klägerin berechnete und erhielt zunächst 19 721,32 Euro für die Behandlung, dabei für den 25.2.2008 insgesamt 648,86 Euro (Abteilungspflegesatz zzgl [X.]; 30.4.2008). Die Beklagte forderte - gestützt auf eine Stellungnahme des [X.] - vergeblich 573,18 Euro zurück: Der Versicherte habe am 25.2.2008 tatsächlich keine Medikation erhalten. Die Klägerin hätte die Unverträglichkeit vor Aufnahme abklären müssen. Hierfür sei nur eine Vergütung entsprechend vorstationärer Behandlung vorgesehen. Die Beklagte rechnete deshalb mit ihrem geltend gemachten Erstattungsanspruch gegen eine andere Forderung der Klägerin auf (14.8.2008). Das [X.] hat die Zahlungsklage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat die Beklagte dagegen verurteilt, der Klägerin 573,18 Euro nebst Zinsen zu zahlen: Die erforderliche Untersuchung sei bereits vor der Aufnahme am [X.] erfolgt. Der Versicherte habe vergütungsunschädlich am 25.2.2008 die Behandlung abgebrochen (Urteil vom [X.]).

3

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 39 [X.]B V.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 21. April 2015 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 5. Januar 2012 zurückzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der beklagten [X.] ist begründet (§ 170 [X.] SGG). Der klagenden [X.] steht der im [X.] zulässigerweise mit der (echten) Leistungsklage ([X.], vgl zB [X.], 172 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.] 9 mwN; [X.], 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]2) verfolgte Vergütungsanspruch aus der Behandlung anderer Versicherter zu (dazu 1.). Die Beklagte erfüllte diesen Vergütungsanspruch in Höhe von 573,18 Euro dadurch, dass sie mit einem aus der Behandlung des Versicherten resultierenden Erstattungsanspruch wirksam aufrechnete (dazu 2.).

8

1. Es ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass die Klägerin aufgrund stationärer Behandlungen anderer Versicherter der Beklagten zunächst Anspruch auf die abgerechnete Vergütung weiterer 573,18 Euro hatte; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl zur Zulässigkeit dieses Vorgehens zB BSG [X.]-2500 § 129 [X.] Rd[X.]0; BSG [X.]-2500 § 130 [X.] Rd[X.]5; BSG [X.]-5562 § 9 [X.] Rd[X.] 8; BSG [X.]-5560 § 17b [X.] Rd[X.] 8 mwN).

9

2. Die Voraussetzungen des Gegenanspruchs in Höhe von 573,18 Euro aus öffentlich-rechtlicher Erstattung waren erfüllt, mit dem die Beklagte analog § 387 BGB gegen die Restvergütungsforderung der Klägerin aufrechnete. Die Beklagte erfüllte den der Klägerin zustehenden restlichen Vergütungsanspruch durch die wirksame Aufrechnung (dazu a), weil ihr ein Erstattungsanspruch in dieser Höhe zustand (dazu [X.]). Für die teilstationäre Leistung, die die Klägerin am 25.2.2008 nach der Behandlungsplanung dem Versicherten erbringen wollte (dazu c), konnte sie keine weitere Vergütung beanspruchen, weil sie nach gebotener Überprüfung die Behandlung als an diesem Tag nicht geeignet und damit als nicht erforderlich ansah und sie unterließ (dazu d).

a) Die Beklagte erklärte gegenüber der Klägerin wirksam die Aufrechnung. Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387 BGB). Die Beklagte konnte mit ihrer Gegenforderung aus öffentlich-rechtlicher Erstattung gegen die Hauptforderung aufrechnen, da ihr Erstattungsanspruch in der erklärten Höhe bestand (vgl dazu allgemein [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.] 9 ff mwN; zur Aufrechnung BSG [X.]-2500 § 264 [X.] Rd[X.]5). Der Vergütungsanspruch der Klägerin und der von der Beklagten geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch erfüllten die Voraussetzungen der Gegenseitigkeit und der Gleichartigkeit. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Beklagten war auch fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar.

b) Die Beklagte zahlte der Klägerin 573,18 Euro Krankenhausvergütung ohne Rechtsgrund, weil die Klägerin für die zugunsten des Versicherten am 25.2.2008 erbrachten Leistungen einen jedenfalls in diesem Umfang überhöhten Betrag berechnete. In dieser Höhe steht der Beklagten ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu (vgl zur entsprechenden Anwendung auf überzahlte Krankenhausvergütung zB [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.] 9 ff mwN, [X.]). Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Krankenhausvergütung für eine teilstationäre Behandlung des Versicherten am 25.2.2008 über den unstreitigen, bezahlten Anspruch in Höhe von 75,68 Euro hinaus entsprechend der Pauschale für vorstationäre Behandlung (vgl § 3 Abs 4 Krankenhausbehandlungsvertrag - Landesvertrag gemäß § 112 Abs 1, [X.] [X.] über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung; hiernach hat die Vergütung analog zur vorstationären Behandlung zu erfolgen, wenn sich im Rahmen der Aufnahmeuntersuchung herausstellt, dass keine stationäre Behandlung erforderlich ist). Denn die Klägerin erfüllte am 25.2.2008 nicht die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung bei teilstationärer Behandlung. Zwar unterfiel die beabsichtigte Behandlung dem Rechtsregime teilstationärer Behandlung (dazu c). Die Aufnahme des Versicherten war aber an diesem Tag nach der gebotenen Prüfung durch das Krankenhaus nicht erforderlich, sondern die geplante Chemotherapie war wegen Durchfalls und [X.] des Versicherten kontraindiziert (dazu d).

c) Die Klägerin konnte die an einzelnen Tagen im Intervall von ein bis zwei Wochen beabsichtigte Therapie des Versicherten teilstationär erbringen. Entgegen der Auffassung des [X.] ist hierfür nicht in erster Linie die Vorstellung der Vertragspartner in Vergütungsvereinbarungen maßgeblich, sondern die Zulässigkeit teilstationärer Therapie nach dem Plan des Gesetzgebers. Nur soweit das Gesetz eine teilstationäre Therapie ermöglicht und diese erfolgt ist, greift das hierfür vorgesehene Vergütungsregime. [X.] unterscheidet sich nach der gesetzlichen Gesamtkonzeption von vollstationärer Behandlung im Krankenhaus im Wesentlichen dadurch, dass sie nicht auf eine Aufnahme rund um die Uhr ausgerichtet ist, sondern nur jeweils zumindest einen Teil eines Tages umfasst. Soweit der früher für das Leistungserbringungsrecht des Krankenhauses zuständige 3. Senat des BSG zusätzlich nach dem alten Rechtszustand der Verordnung zur Regelung der [X.]sätze (Bundespflegesatzverordnung - [X.]) gefordert hat, dass die Leistungen nicht nur in mehr oder weniger kurzen Intervallen erfolgen, sondern sich über einen längeren, sinngemäß jeweils mehrtägigen Zeitraum zu erstrecken haben (vgl [X.], 223 Rd[X.]2 = [X.]-2500 § 39 [X.] Rd[X.]1; kritisch [X.], [X.] 2005, 46, 47), gibt der erkennende Senat diese Rechtsprechung auf. Die Rechtsansicht harmoniert nicht damit, dass selbst vollstationäre Krankenhausbehandlung entsprechend den Fallpauschalen für einen einzelnen [X.] möglich ist (vgl zB [X.]/[X.], [X.] 2005, 196, 197). Der Wortlaut des Gesetzes verlangt nicht nach einer solchen Einschränkung. Entstehungsgeschichte und Regelungszweck der teilstationären Behandlung sprechen für ein weites Verständnis.

aa) Teilstationäre Krankenhausbehandlung sollte bereits unter Geltung der [X.] zunächst in der Psychiatrie (vgl [X.] 1975, BT-Drucks 7/4200 S 209 ff, 215 ff, 222; § 184 Abs 1 S 1 Halbs 2 [X.] idF des [X.] vom 22.12.1981, [X.] 1578) und später generell einen Zwischenbereich zwischen vollstationärer und ambulanter Versorgung schaffen (vgl umfassend § 184 Abs 1 [X.] idF durch das Gesetz zur Verbesserung der ambulanten und teilstationären Versorgung psychisch Kranker vom [X.], [X.] 324 und hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des [X.], BT-Drucks 10/4533 [X.] und [X.]). Der Zugang zu teilstationärer Krankenhausversorgung und damit auch zur Tagesklinik sollte unter den üblichen Voraussetzungen der [X.] erfolgen. Die ausdrückliche Erwähnung teilstationärer Behandlungen mit Inkrafttreten des [X.] zum 1.1.1989 und in der Folgezeit änderte daran nichts (vgl § 39 Abs 1 S 2 [X.] idF des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20.12.1988, [X.] 2477; § 39 Abs 1 S 1 [X.] idF des [X.] der gesetzlichen Krankenversicherung - [X.] vom 21.12.1992, [X.] 2266).

Teilstationäre Krankenhausversorgung unterfällt dementsprechend - als im Vergleich zu vollstationärer Krankenhausbehandlung wesensgleiche Teilleistung - dem Rechtsregime des Qualitätsgebots für Krankenhausleistungen (insbesondere § 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1, § 137c [X.]), nicht jenem der vertragsärztlichen Versorgung (insbesondere § 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1, § 135 [X.]). [X.] ist nicht kostengünstig vertragsärztlich sicherzustellen (§ 72, § 72a, § 75 [X.]), sondern aufwändiger durch zugelassene Krankenhäuser (§§ 107 bis 109 [X.]) und zweiseitige Verträge (§ 112 [X.]). Dementsprechend ist teilstationäre Behandlung nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Vergütung zu bezahlen (vgl insbesondere § 72 Abs 2, § 75 Abs 7 und [X.], § 82 Abs 2, § 85, §§ 87 bis 87e [X.]), sondern nach den Regeln der Krankenhausvergütung (vgl sogleich, [X.]). Der im Regelungssystem angelegte Vorrang der vertragsärztlichen vor der stationären, auch teilstationären Versorgung wurzelt in den Kostenvorteilen der vertragsärztlichen Versorgung, im [X.] also im Wirtschaftlichkeitsgebot (vgl entsprechend zu § 39 [X.]: Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesundheits-Reformgesetzes, BT-Drucks 11/2237 [X.] zu § 38 Abs 1 des Entwurfs: "Vorrang der preisgünstigen ambulanten Behandlung").

[X.]) Teilstationäre Krankenhausbehandlung unterscheidet sich von vorstationärer Behandlung zunächst dadurch, dass sie nicht notwendig ohne Unterkunft und Verpflegung und nicht nur zu eng umgrenzten Zwecken erfolgt wie etwa die vorstationäre Behandlung, um die Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung zu klären oder die vollstationäre Krankenhausbehandlung vorzubereiten (§ 115a Abs 1 [X.], hier anzuwenden in der durch Art 1 [X.]1 [X.] vom 21.12.1992, [X.] 2266, eingefügten Fassung). Während die vorstationäre Behandlung grundsätzlich auf längstens drei Behandlungstage innerhalb von fünf Tagen vor Beginn der stationären Behandlung begrenzt ist (vgl § 115a [X.] [X.]) und die nachstationäre Behandlung grundsätzlich begrenzt ist auf höchstens sieben Behandlungstage innerhalb von 14 Tagen, bei [X.] nach § 9 Abs 2 Transplantationsgesetz - [X.] (§ 9 [X.] idF durch Art 1 [X.] Gesetz vom [X.], [X.] 1601 mWv 1.8.2012) auf grundsätzlich drei Monate nach Beendigung der stationären Krankenhausbehandlung (vgl § 115a Abs 2 S 2 [X.]), unterliegt die teilstationäre Behandlung nicht vergleichbaren Grenzen.

[X.]) Zudem ist die Vergütungsstruktur für teilstationäre Krankenhausbehandlung der Versicherten nach der Gesetzeskonzeption an jene für vollstationäre Behandlung angelehnt. Sie unterscheidet sich insoweit von der Vergütungsstruktur für vor- und nachstationäre Leistungen (vgl hierzu zB [X.], 199 = [X.]-2500 § 115a [X.], Rd[X.] 9 ff mwN). Die Vergütung für teilstationäre Behandlung bemisst sich nämlich grundsätzlich bei [X.] wie jenem der Klägerin nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Nach § 1 Abs 1 Krankenhausentgeltgesetz - [X.]EntgG (hier anzuwenden idF durch Art 2 [X.] Gesetz zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser vom 17.7.2003, [X.] 1461) werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz ([X.]G) vergütet. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich aus § 109 Abs 4 S 3 [X.] (idF durch Art 1 [X.] Fallpauschalengesetz vom [X.], [X.] 1412) iVm § 7 [X.]EntgG (idF durch Art 2 [X.] Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. [X.]> vom 15.12.2004, [X.] 3429) und § 17b [X.]G (hier anzuwenden idF durch Art 18 [X.] [X.] vom [X.], [X.] 378; vgl entsprechend [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]5 f; BSG [X.]-2500 § 109 [X.]4 Rd[X.]5). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch [X.] ([X.], [X.] <[X.]>) konkretisiert. Der [X.] [X.]n und der [X.] gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 [X.] [X.]EntgG (idF durch Art 19 [X.] GKV-WSG) mit der [X.] als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 [X.]EntgG (idF durch Art 2 [X.] 8 2. [X.]) einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den [X.] auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 [X.] [X.]EntgG (idF durch Art 19 [X.] GKV-WSG).

Besondere Einrichtungen, deren Leistungen insbesondere aus medizinischen Gründen, wegen einer Häufung von schwerkranken Patienten oder aus Gründen der Versorgungsstruktur mit den Entgeltkatalogen noch nicht sachgerecht vergütet werden, können zeitlich befristet aus dem Vergütungssystem ausgenommen werden (§ 17b [X.] [X.]G; ab 1.1.2016 § 17b [X.] [X.]G). Für Leistungen, die ab dem [X.] noch nicht mit den [X.] und Zusatzentgelten sachgerecht vergütet werden können, und für besondere Einrichtungen nach § 17b [X.] [X.]G vereinbaren die Vertragsparteien nach § 11 [X.]EntgG fall- oder tagesbezogene Entgelte oder in eng begrenzten Ausnahmefällen Zusatzentgelte, sofern die Leistungen oder besonderen Einrichtungen nach Feststellung der Vertragsparteien nach § 9 [X.]EntgG oder in einer Verordnung nach § 17b Abs 7 S 1 [X.] [X.]G von der Anwendung der [X.] und Zusatzentgelte ausgenommen sind (§ 6 Abs 1 S 1 [X.]EntgG).

[X.]) Die Klägerin behandelte den Versicherten nach den aufgezeigten Kriterien seit [X.] teilstationär. Er erhielt nach dem Gesamtzusammenhang der [X.], den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) nach einem zuvor festgelegten [X.] an einzelnen Tagen im Rahmen einer mehrstündigen Behandlung in Abständen von ein bis zwei Wochen ua Chemotherapeutika mittels Infusion, wofür er der besonderen Mittel des Krankenhauses bedurfte. Die Klägerin plante auch für den 25.2.2008 eine solche Behandlung, zu der es dann jedoch nicht kam.

d) Das Gesetz fordert als Vergütungsvoraussetzung, dass auch bei teilstationärer Behandlung jede Aufnahme eines Versicherten nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sein muss, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Das folgt aus Regelungssystem (dazu aa), Wortlaut (dazu [X.]) und Regelungszweck (dazu [X.]). An der aufgezeigten Voraussetzung fehlt es (dazu [X.]).

aa) Die Zahlungsverpflichtung einer [X.] entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - auch bei teilstationärer Krankenhausbehandlung unmittelbar mit Inanspruchnahme der teilstationären Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus - wie hier bei der Klägerin - durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 S 2 [X.] erforderlich und wirtschaftlich ist ([X.], vgl zB [X.], 172 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]1; [X.], 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]5, alle mwN). Die Zahlungsverpflichtung dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses, Krankenhausbehandlung (§ 39 [X.]) der Versicherten im Rahmen des [X.] zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt (vgl [X.], 111 = [X.]-2500 § 39 [X.]0, Rd[X.]0). Den Leistungsanspruch der Versicherten regelt ua § 39 [X.]. Die Krankenhausvergütung bemisst sich bei [X.] für die teilstationären Leistungen nach tagesbezogenen teilstationären Fallpauschalen oder Entgelten, die krankenhausindividuell (vgl § 6 Abs 1 S 1 [X.]EntgG) vereinbart worden sind (§ 6 Abs 1 [X.] 2008).

[X.]) Nach dem Gesetzeswortlaut wird das Krankenhaus mit einem Versorgungsvertrag (vgl § 109 Abs 1 [X.]) für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines [X.] zur Krankenhausbehandlung (§ 39 [X.]) der Versicherten verpflichtet. Die [X.]n sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des [X.] mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des [X.]G, des [X.]EntgG und der [X.] zu führen (§ 109 Abs 4 S 1 bis 3 [X.]). Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115a [X.]) sowie ambulant (§ 115b [X.]) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 [X.]), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (vgl § 39 Abs 1 S 1 und 2 [X.]).

[X.]) Sinngemäß gilt nach dem Regelungszweck Entsprechendes für den Anspruch Versicherter auf teilstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus: In diesem Fall muss die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sein, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die gesetzliche Regelung des § 39 Abs 1 S 2 [X.] spricht nur beispielhaft die vollstationäre Behandlung an. Die Regelung ist Ausdruck des umfassend geltenden [X.] (§ 12 Abs 1 [X.]). Dementsprechend hat zB das Krankenhaus, dem ein Versicherter zur vorstationären Behandlung überwiesen wird, die Erforderlichkeit dieser Behandlung - schon im Eigeninteresse - vorab zu prüfen (vgl [X.], 199 = [X.]-2500 § 115a [X.], Rd[X.]5 mwN; BSG [X.]-2500 § 115a [X.] Rd[X.] mwN). Ebenso muss nachstationäre Behandlung erforderlich sein, um abgerechnet werden zu können (vgl [X.], 209 = [X.]-2500 § 115a [X.], Rd[X.] mwN). Alle arbeitsteilig in die Krankenbehandlung eingebundenen Leistungserbringer sind im Interesse des Patienten, zur Sicherung eines geeigneten Vorgehens und zwecks Achtung des [X.] verpflichtet, im Rahmen ihrer professionellen Kompetenz laufend zu prüfen, ob der ursprünglich aufgestellte Therapieplan weiter zu verfolgen ist (vgl entsprechend zB zu Heilmittelerbringern [X.], 116 = [X.]-2500 § 125 [X.], Rd[X.]0).

[X.]) Die Klägerin prüfte und verneinte entsprechend den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben am 25.2.2008, dass die teilstationäre Behandlung des Versicherten an diesem Tag erforderlich war. Seine Behandlung war wegen Durchfalls und [X.] kontraindiziert. Es ist vergütungsrechtlich ohne Belang, zu welchem Zeitpunkt vor Beginn der beabsichtigten Therapie am 25.2.2008 die Überprüfung der Erforderlichkeit erfolgte.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1, § 161 Abs 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 [X.], § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 1 KR 21/15 R

19.04.2016

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Rostock, 5. Januar 2012, Az: S 15 KR 249/08, Urteil

§ 39 Abs 1 S 1 SGB 5 vom 21.12.1992, § 39 Abs 1 S 2 SGB 5 vom 20.12.1988, § 109 Abs 1 SGB 5, § 109 Abs 4 S 1 SGB 5, § 109 Abs 4 S 3 SGB 5, § 112 Abs 1 SGB 5, § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 5, § 115a Abs 1 Nr 1 SGB 5 vom 21.12.1992, § 115a Abs 1 Nr 2 SGB 5 vom 21.12.1992, § 115a Abs 2 S 1 SGB 5, § 115a Abs 2 S 2 SGB 5, § 1 Abs 1 KHEntgG, § 6 Abs 1 S 1 KHEntgG, § 17b Abs 1 KHG vom 26.03.2007, § 184 Abs 1 RVO vom 26.02.1986

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 19.04.2016, Az. B 1 KR 21/15 R (REWIS RS 2016, 12782)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 12782

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