Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 05.05.2015, Az. 4 CN 4/14

4. Senat | REWIS RS 2015, 11620

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Gegenstand

Ungeklärte Erschließung im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans darf nicht in ein anschließendes amtliches Umlegungsverfahren verlagert werden


Leitsatz

Eine amtliche Umlegung nach §§ 45 ff. BauGB ist im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 Abs. 1 BauGB) nur zur Umsetzung der darin getroffenen Festsetzungen zulässig. Deswegen darf die ungeklärte Erschließung überplanter Grundstücke nicht im Wege des Konflikttransfers einem nachfolgenden amtlichen Umlegungsverfahren vorbehalten werden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit des am 7. Dezember 2011 bekannt gemachten Bebauungsplans Nr. V 18 "[X.]" der Antragsgegnerin (im Folgenden "Bebauungsplan").

2

Der Bebauungsplan überplant ein ca. 10,1 ha großes, bisher unbebautes Areal südlich der [X.]. [X.] (Landesstraße L 778) und westlich der [X.]. [X.]. Er setzt hierzu vier sich von Osten nach Westen erstreckende Gewerbegebiete mit den Bezeichnungen [X.] 1 bis [X.] 4 fest. Er setzt zudem [X.]nverkehrsflächen fest, und zwar teilweise auf der [X.]. [X.], von der aus die Gewerbegebiete über das Gewerbegebiet [X.] 1 von Osten her an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden werden, und teilweise entlang der Grenze des [X.] (im Norden) zur Verbreiterung der [X.]. [X.] jenseits eines Flächenstreifens zum Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen. Eine innere Erschließung der Baugebiete sieht der Bebauungsplan nicht vor. Nach der Begründung des Plans ist Anlass der Planung eine private, betriebsbezogene Projektentwicklung, die der Standortsicherung eines vorhandenen arbeitsplatzintensiven Gewerbebetriebs (im folgenden "Projektträger") dient und die nachhaltige Entwicklung des Betriebs an dem gewachsenen Standort vorsieht.

3

Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, das teilweise im [X.] 3, teilweise im [X.] 4 liegt. Es ist an einen Landwirt verpachtet, der es bewirtschaftet. Es wird derzeit über eine landwirtschaftliche [X.] zur [X.]. [X.] erschlossen. Die übrigen Grundstücke im Plangebiet gehören dem Projektträger, dessen betriebliche Anlagen auf benachbarten Grundstücken stehen und der seine Grundstücke im Plangebiet als Erweiterungsflächen vorhält.

4

Die Antragstellerin erhob gegen den Bebauungsplan fristgerecht Normenkontrollantrag, der in der Vorinstanz erfolglos blieb.

5

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Antragstellerin, der Bebauungsplan verstoße gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bzw. § 1 Abs. 7 BauGB, weil es diesem an einem schlüssigen Erschließungskonzept fehle. Der Bebauungsplan liefere keine Rechtsgrundlage dafür, das Grundstück der Antragstellerin gegen deren Willen einer Nutzung durch den Projektträger zum Zweck der Werkserweiterung zuzuführen.

6

Die Antragsgegnerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Antragstellerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. §§ 141, 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist begründet. Das angefochtene Urteil verstößt gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).

8

Das Normenkontrollgericht hat angenommen, der Bebauungsplan sei in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden, insbesondere leide der Bebauungsplan trotz fehlender Festsetzungen zur Innenerschließung an keinen Abwägungsfehlern. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die fehlende Innenerschließung im Wege eines Umlegungsverfahrens nach §§ 45 ff. [X.] herbei geführt werden könne. Diese Annahme verletzt Bundesrecht.

9

1. Mit Bundesrecht im Einklang steht allerdings die vorinstanzliche Ansicht, dass der Bebauungsplan nicht gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] verstößt.

Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] dürfen Bauleitpläne nur aufgestellt werden, sobald und soweit dies für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dem Kriterium der städtebaulichen Rechtfertigung kommt nach der Rechtsprechung des Senats dieselbe Funktion zu wie demjenigen der Planrechtfertigung im Planfeststellungsrecht, nämlich die Planung, die ihre Rechtfertigung nicht in sich selbst trägt, im Hinblick auf die damit verbundenen Rechtseinwirkungen in Einklang mit den gesetzlich zulässigen [X.] zu bringen und auf diese Weise grundsätzlich zu rechtfertigen (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 14. Februar 1975 - 4 [X.] 21.74 - [X.]E 48, 56 <60> m.w.[X.]). Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt (siehe hierzu etwa [X.], Urteil vom 25. Juni 2014 - 4 [X.]N 4.13 - [X.]E 150, 101 Rn. 14 m.w.[X.]). In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt (vgl. bereits [X.], Urteil vom 3. Juni 1971 - 4 [X.] 64.70 - [X.]E 38, 152 <157>). Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich ([X.], Urteil vom 21. März 2002 - 4 [X.]N 14.00 - [X.]E 116, 144 <147>), das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bebauungsplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden (zusammenfassend: [X.], Urteil vom 27. März 2013 - 4 [X.] 13.11 - [X.]E 146, 137 Rn. 9).

Das Oberverwaltungsgericht hat im angefochtenen Urteil zur städtebaulichen Erforderlichkeit der Planung ausgeführt, vor dem Hintergrund des [X.], wie er in der Planbegründung zum Ausdruck komme, verfolge die Antragsgegnerin mit der Planung die städtebaulich legitimen Belange der Wirtschaft nach § 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a und c [X.], indem sie infrastrukturelle Standortpolitik zugunsten des Projektträgers betreibe, damit dieser seinen Standort im Gebiet der Gemeinde sichern könne. Es handele sich hierbei weder um eine sog. Gefälligkeitsplanung noch um eine unzulässige Vorratsplanung ([X.], 13 und 14). Da der Bebauungsplan eine realistische Vollzugsperspektive aufweise, sei er auch nicht dauerhaft vollzugsunfähig ([X.]). Der Bebauungsplan sei daher als "konkret projektbezogener [X.]" zur Ermöglichung einer Werkserweiterung durch den Projektträger städtebaulich gerechtfertigt (UA S. 11).

An diese Wertungen ist der Senat gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Er ist nicht befugt, die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts durch eine eigene Wertung zu ersetzen ([X.], Urteil vom 6. Juni 2002 - 4 [X.]N 6.01 - [X.] 406.11 § 1 [X.] Nr. 111 S. 36). Hieran ändert die Rüge der Antragstellerin nichts, das angefochtene Urteil beruhe auf einem Verstoß gegen die gerichtliche Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung, wie sie die Revision mit Verweis auf die Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision geltend macht, sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel grundsätzlich nicht begründen (stRspr; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 19. Oktober 1999 - 9 B 407.99 - [X.] 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 11). Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz setzt deswegen voraus, dass das Gericht Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. Denn erst in diesem Fall fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts sowie für die Überprüfung seiner Entscheidung darauf, ob die Grenze einer objektiv willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie allgemeine Erfahrungssätze beachtenden Würdigung überschritten ist ([X.], Urteile vom 5. Juli 1994 - 9 [X.] - [X.]E 96, 200 <208 f.> m.w.[X.] und vom 6. Februar 1975 - 2 [X.] 68.73 - [X.]E 47, 330 <361>; Beschluss vom 18. Mai 1999 - 7 B 11.99 - juris Rn. 4). Solche Mängel macht die Revision der Sache nach aber nicht geltend. Sie liegen auch nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil sowohl mit der Frage befasst, ob der Bebauungsplan gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] verstößt, weil er eine unzulässige Vorratsplanung darstelle, als auch mit der Frage nach etwaigen Erweiterungsabsichten des Projektträgers ([X.]). Dass es dabei der Meinung der Antragstellerin nicht gefolgt ist, führt auf keinen Verfahrensfehler.

2. Die weitere Annahme des [X.], der Bebauungsplan leide auch nicht an beachtlichen Abwägungsfehlern (§ 1 Abs. 7 [X.]), steht dagegen mit Bundesrecht nicht im Einklang.

a) Nach § 1 Abs. 7 [X.] sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht ([X.], Urteil vom 12. Dezember 1969 - 4 [X.] 105.66 - [X.]E 34, 301 <308 f.>). In der Rechtsprechung ist ferner geklärt, dass jeder Bebauungsplan grundsätzlich die von ihm selbst geschaffenen oder ihm sonst zurechenbaren Konflikte zu lösen hat, indem die von der Planung berührten Belange zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden. Die Planung darf nicht dazu führen, dass Konflikte, die durch sie hervorgerufen werden, zu Lasten Betroffener letztlich ungelöst bleiben ([X.], Urteil vom 12. September 2013 - 4 [X.] 8.12 - [X.]E 147, 379 Rn. 17 m.w.[X.]). Dies schließt eine Verlagerung von Problemlösungen aus dem Bebauungsplanverfahren auf nachfolgendes Verwaltungshandeln indes nicht aus; Festsetzungen eines Bebauungsplans können auch Ausdruck einer "planerischen Zurückhaltung" sein ([X.], Urteil vom 5. August 1983 - 4 [X.] 96.79 - [X.]E 67, 334 <338> m.w.[X.]). Die Grenzen zulässiger Konfliktverlagerung auf [X.] des [X.] sind allerdings überschritten, wenn bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der offengelassene Interessenkonflikt in einem nachfolgenden Verfahren nicht sachgerecht wird lösen lassen ([X.], Urteile vom 11. März 1988 - 4 [X.] 56.84 - [X.] 406.11 § 9 BBauG Nr. 30 S. 4 ff. und vom 12. September 2013 a.a.[X.]). Ein Konflikttransfer ist mithin nur zulässig, wenn die Durchführung der Maßnahmen zur Konfliktbewältigung auf einer nachfolgenden Stufe möglich und sichergestellt ist. Ob eine Konfliktbewältigung durch späteres Verwaltungshandeln gesichert oder wenigstens wahrscheinlich ist, hat die Gemeinde prognostisch zu beurteilen, da es um den Eintritt zukünftiger Ereignisse geht. Ist insoweit bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung die künftige Entwicklung hinreichend sicher abschätzbar, so darf sie dem bei ihrer Abwägung Rechnung tragen ([X.], Beschluss vom 14. Juli 1994 - 4 NB 25.94 - [X.] 406.11 § 1 [X.] Nr. 75 S. 11 f.).

Löst der Bebauungsplan von ihm aufgeworfene Konflikte nicht, obwohl ein Konfliktlösungstransfer unzulässig ist, so führt dies zur Fehlerhaftigkeit der [X.] ([X.], Urteil vom 12. September 2013 a.a.[X.] Rn. 17, 21). Lässt sich die planerische Lösung der Gemeinde unter keinem denkbaren Gesichtspunkt begründen, fehlt es mithin an der Begründbarkeit der gemeindlichen Planung, dann führt dies zudem zu einem Fehler (auch) im [X.]. Denn ein solcher Fehler ist dann anzunehmen, wenn eine fehlerfreie Nachholung der erforderlichen [X.] schlechterdings nicht zum selben Ergebnis führen könnte, weil andernfalls der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen würde, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht, mithin die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit überschritten würden ([X.], Urteil vom 22. September 2010 - 4 [X.]N 2.10 - [X.]E 138, 12 Rn. 22). Anders als Mängel im [X.] (vgl. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2, § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 [X.]) ist ein Mangel im [X.] stets beachtlich; er führt unabhängig vom Vorliegen weiterer Mängel der Abwägung zur (Teil-)Unwirksamkeit des Bebauungsplans ([X.], Beschluss vom 16. März 2010 - 4 [X.] - BauR 2010, 1034 Rn. 31).

b) Nach den (bindenden) Feststellungen des [X.] weist der Bebauungsplan die Besonderheit auf, dass die Erschließung der vier Gewerbegebiete ausschließlich von Osten von der [X.]. Straße aus über das Grundstück des Projektträgers erfolgen soll. Das Grundstück der Antragstellerin liegt in der Mitte des [X.]; es wird derzeit landwirtschaftlich genutzt und ist über eine landwirtschaftliche Ausfahrt zur [X.] Straße erschlossen. Nach Anlegung des Grüngürtels entfällt die Anbindung an die [X.] Straße und wird das Grundstück der Antragstellerin von jeglicher Erschließung abgeschnitten. Nicht nur, dass die Antragstellerin schon jetzt die im Bebauungsplan festgesetzte gewerbliche Nutzung mangels Erschließung nicht aufnehmen kann (vgl. § 30 Abs. 1 [X.]), ginge ihr dann auch die landwirtschaftliche Nutzbarkeit verloren, weil eine [X.] auch über die [X.] Straße nicht mehr möglich wäre. Es entstünde eine nicht nutzbare "[X.]", weil dem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt. Eine solche Planung ist mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht vereinbar; sie vernachlässigt in nicht zu vertretender Weise die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentümerinteressen der Antragstellerin, überschreitet mithin die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit.

Die Lösung des Problems der fehlenden Innenerschließung konnte - anders als das Oberverwaltungsgericht meint - nicht im Wege eines Konflikttransfers einem nachfolgenden Umlegungsverfahren vorbehalten werden. Die Durchführung eines Umlegungsverfahrens ist rechtlich nicht zulässig, weil der Bebauungsplan selbst keine Festsetzungen zur Innenerschließung enthält. Diese sind aber erforderlich, weil die amtliche Umlegung nach §§ 45 ff. [X.] - das gilt in gleicher Weise für eine vereinfachte Umlegung nach §§ 80 ff. [X.] (vgl. Burmeister/[X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], Stand November 2014, zu § 80 Rn. 25) - im Bereich qualifizierter Bebauungspläne (§ 30 Abs. 1 [X.]) nur zur Verwirklichung der darin getroffenen Festsetzungen zulässig ist. Das Umlegungsverfahren ist kein Verfahren, in dem Konflikte, die im Bebauungsplan unbewältigt geblieben sind, gelöst werden können. Die Umlegung ist, wie § 46 Abs. 1 [X.] ("zur Verwirklichung eines Bebauungsplans") belegt, eine dem Vollzug des Bebauungsplans dienende Maßnahme ([X.], Urteil vom 12. März 1987 - [X.] - [X.]Z 100, 148 <150>), ein Instrument zur Planverwirklichung. Die Umlegung ist somit von der Planung abhängig; sie ist - im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans - ein planakzessorisches Instrument ([X.], in: [X.], [X.], 8. Aufl. 2015, § 45 Rn. 33; [X.], Baulandumlegung, 5. Aufl. 2006, Rn. 28) und dient dazu, den Grund und Boden entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans so zu gestalten, dass dessen Verwirklichung möglich ist (siehe auch Begründung des Entwurfs eines Bundesbaugesetzes, [X.]. 3/336 S. 73). Im Wege des Tauschs sollen Grundstücke, deren Lage, Form und Größe sich für eine Bebauung oder sonstige Nutzung nach Maßgabe des Bebauungsplans als ungeeignet oder unzweckmäßig erweisen, in der Weise neu gestaltet werden, dass die im Bebauungsplan festgesetzte Nutzung durchführbar ist. Eine Umlegung zur Bereitstellung von Verkehrsflächen kann danach nur unter der Voraussetzung zulässig sein, dass die Flächen im Bebauungsplan ausgewiesen sind ([X.] a.a.[X.] Rn. 31). Auch § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] zeigt, dass eine Umlegung entsprechende Festsetzungen im Bebauungsplan voraussetzt. Nur dann ist es überhaupt [X.]. § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] möglich, vorweg Flächen für Straßen, Wege etc. aus der [X.] auszuscheiden. Ohne solche Festsetzungen ist aber (auch) eine Erschließungsumlegung ausgeschlossen.

3. Dieser [X.]fehler führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans.

In der Rechtsprechung des [X.] ist geklärt, dass die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen - nach den allgemeinen Grundsätzen über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften (vgl. auch § 139 BGB) - dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit eines Bebauungsplans führt, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und außerdem hinzukommt, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte ([X.], Urteil vom 19. September 2002 - 4 [X.]N 1.02 - [X.]E 117, 58 <61>; Beschlüsse vom 18. Juli 1989 - 4 N 3.87 - [X.]E 82, 225 <230>, vom 20. August 1991 - 4 NB 3.91 - [X.] 310 § 47 VwGO Nr. 59, vom 25. Februar 1997 - 4 NB 30.96 - [X.] 310 § 47 VwGO Nr. 116 S. 77, vom 6. November 2007 - 4 [X.] 44.07 - juris Rn. 3, vom 22. Januar 2008 - 4 B 5.08 - [X.] 73 Nr. 22 Rn. 8 und vom 24. April 2013 - 4 [X.] 22.13 - [X.] 81 Nr. 77 S. 463). Dieser Rechtsprechung ist auch zu entnehmen, dass die [X.] eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme zur Gesamtunwirksamkeit darstellt (stRspr, z.B. [X.], Beschluss vom 29. März 1993 - 4 NB 10.91 - [X.] 310 § 47 VwGO Nr. 75 S. 128).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist von der Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen. Eine bloße [X.] scheidet bereits deshalb aus, weil dann ein Planungstorso zurückbliebe. Nach den bindenden Feststellungen des [X.] ging es der Antragsgegnerin darum, ein ca. 10 ha großes Gebiet als Erweiterungsfläche für den Projektträger auszuweisen und damit - auf lange Sicht - zu sichern. Es handelt sich also um ein einheitliches planerisches Gesamtkonzept. Dieses lässt sich nicht in zwei selbständige Teile ([X.] 1 und 2 sowie [X.] 3 und 4) aufspalten, ohne die Gesamtplanung in Frage zu stellen.

Da sich die Revision der Antragstellerin danach bereits aus materiellen Gründen als begründet erweist, kommt es nicht mehr darauf an, ob der von ihr auch insofern geltend gemachte Verstoß des [X.] gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gegeben ist.

4. [X.] beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Meta

4 CN 4/14

05.05.2015

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: CN

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 27. Mai 2013, Az: 2 D 37/12.NE, Urteil

§ 45 BauGB, §§ 45ff BauGB, § 30 Abs 1 BauGB, § 1 Abs 3 BauGB, § 1 Abs 7 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 05.05.2015, Az. 4 CN 4/14 (REWIS RS 2015, 11620)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 11620

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Referenzen
Wird zitiert von

1 MR 3/18

8 A 10034/18

9 N 12.1003

9 N 15.2011

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