Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2018, Az. XII ZB 20/17

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 15506

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:170118BXIIZB20.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

BESCHLUSS
XII ZB 20/17
Verkündet am:

17. Januar 2018

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 138 [X.], § 1408
Zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit
eines [X.] mit einem von der Ausweisung bedrohten Ausländer aufgrund
einer
Gesamtschau der zu den Scheidungsfolgen getroffenen Regelungen
(Fortführung von Senatsurteil vom 22.
November 2006

XII
ZR
119/04

FamRZ
2007, 450 und von Senatsbeschluss vom 17.
Mai 2006
XII
ZB
250/03
FamRZ 2006, 1097).
[X.], Beschluss vom 17. Januar 2018 -
XII ZB 20/17 -
OLG [X.]

[X.]. [X.]

-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 17.
Januar
2018
durch [X.], [X.], Dr.
Günter
und
Dr.
Botur
und die Richterin Dr.
Krüger
für Recht erkannt:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2.
Familien-senats des Hanseatischen Oberlandesgerichts [X.]
vom 22.
Dezember
2016 wird auf Kosten des Antragstellers
zurückge-wiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:
I.
Die beteiligten Eheleute streiten im Scheidungsverbund um den [X.] und dabei insbesondere
um die Wirksamkeit eines [X.].
Der 1963 geborene Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) und die 1971 geborene Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) heirateten am 7.
Februar 1997. Im Vorfeld ihrer Eheschließung hatten die beteiligten Eheleute am
21.
Ja-nuar 1997

unter im Einzelnen streitigen Umständen

einen notariell beurkun-deten Ehevertrag geschlossen, durch den sie Gütertrennung vereinbarten, den Versorgungsausgleich ausschlossen und für den Fall der Scheidung gegensei-tig und vollständig auf nachehelichen Unterhalt verzichteten; ferner war gere-1
2
-
3
-

gelt, dass die etwaige Unwirksamkeit einer Bestimmung auf die Wirksamkeit des Vertrags im Übrigen keinen Einfluss haben sollte. Aus der Ehe ist eine im Jahr 2002 geborene Tochter hervorgegangen.
[X.] ist [X.] Staatsangehöriger. Er ist ausgebildeter Fernmeldemonteur und hat in der ehemaligen [X.] ein Studium Schiffselektro-nik/Nachrichtenwesen absolviert.
Durchgehend seit dem [X.] ist er als Postbeamter

zuletzt in der Besoldungsgruppe
A
11

vollschichtig erwerbstä-tig.
Die Ehefrau stammt aus Bosnien
und hatte dort eine Ausbildung zur Ver-käuferin absolviert.
Sie kam
im Jahre 1994 als Bürgerkriegsflüchtling in das [X.]. Nach ihrer Einreise
nahm sie eine vollschichtige Beschäftigung als Gebäudereinigerin auf; einen gesicherten Aufenthaltsstatus erlangte sie
bis zu ihrer Heirat
nicht. Nach der Eheschließung
war
die Ehefrau bis zur Geburt des gemeinsamen Kindes im Jahr 2002 zunächst weiterhin als Gebäudereinige-rin und als Verkäuferin
vollschichtig erwerbstätig. Danach
arbeitete sie
im An-schluss an eine zweijährige Berufspause zwischen 2004 und 2010 auf Basis einer geringfügigen sozialversicherungsfreien Beschäftigung
als Verkäuferin in einer Bäckerei. Sie hat mittlerweile die [X.] Staatsangehörigkeit erworben.
Das vorliegende Scheidungsverfahren ist seit dem 16.
April 2014 [X.]. Die Ehefrau hat im Scheidungsverbund in der [X.] Zugewinn-ausgleich
einen Stufenantrag gestellt und

in der ersten Stufe

von dem [X.] Auskunft über sein Endvermögen und sein Trennungsvermögen verlangt. Das Amtsgericht hat die Ehe geschieden, den Versorgungsausgleich durchge-führt und den Stufenantrag zum Güterrecht abgewiesen. Mit ihrer Beschwerde hat sich die Ehefrau gegen den Scheidungsausspruch und gegen die Abwei-sung ihres güterrechtlichen Stufenantrages gewendet. Das
Oberlandesgericht hat die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben, den [X.] in der [X.] Zugewinnausgleich zur Erteilung von Auskünften
zum 3
4
-
4
-

Trennungsvermögen
und zum Endvermögen
verpflichtet und das Verbundver-fahren im Übrigen
an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des
[X.]s, der eine Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erstrebt.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht hat die Auffassung vertreten, dass der [X.] zur Auskunft im Rahmen des Güterrechts verpflichtet ist, weil der [X.] wegen Verstoßes gegen die guten
Sitten insgesamt unwirksam sei. Dies hat das Beschwerdegericht wie folgt begründet:
Die Ehegatten hätten
eine evident einseitige und nicht gerechtfertigte Lastenverteilung zum Nachteil der Ehefrau vereinbart. Zwar sei der Ausschluss des gesetzlichen Güterstands für sich genommen regelmäßig nicht sittenwidrig, soweit er unter fairen [X.] zu Stande komme. Hier [X.] sich aber in der Gesamtschau, dass sich die Sittenwidrigkeit auch auf den vereinbarten Ausschluss des Zugewinnausgleichs erstrecke.
Der
einseitige Vertragsinhalt beruhe auf ungleichen [X.]. Unstreitig sei die Ehefrau bei Vertragsschluss der [X.]n Sprache nicht mächtig gewesen. Der Abschluss der notariellen Vereinbarung sei ohne Hinzuziehung eines geeigneten Dolmetschers erfolgt, so dass es der Ehefrau aufgrund ihrer Sprachprobleme unmöglich gewesen sei, den Sinngehalt der ehevertraglichen Vereinbarung richtig zu erfassen. Es sei nicht Aufgabe der Ehefrau gewesen, einen geeigneten Dolmetscher hinzuzuziehen. In diesem Zu-5
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-
5
-

sammenhang sei es auch von Bedeutung, dass der Ehefrau vorab kein in ihre Heimatsprache übersetzter Entwurf des [X.] überlassen worden sei. Die Ehefrau habe sich in einer besonderen Notsituation befunden. Sie habe sich mit einem Flüchtlingsstatus in [X.] aufgehalten und bereits eine "Abschiebeverfügung"
erhalten. Ihre einzige Möglichkeit zur Sicherung des [X.] Aufenthalts in [X.] sei die Heirat mit dem Ehemann gewesen. Zu diesem Zwecke habe sie [X.] zunächst verlassen müssen, um [X.] vor der Eheschließung
wieder einzureisen. Mangels zur Verfügung ste-hender Zeit sei eine
faire Vorbereitung des Vertragsschlusses unmöglich gewe-sen. Zwischen den Eheleuten habe auch eine wirtschaftliche Disparität bestan-den. [X.] habe über deutlich höhere und gesicherte Einkünfte verfügt und sei zudem Eigentümer einer Immobilie gewesen.
Der einseitig
belastende Inhalt des [X.] könne auch nicht

wie der Ehemann meine

mit dem legitimen Interesse an der Absicherung der vor-hersehbar allein aus seinem Erwerbseinkommen finanzierten Investitionen in seine Immobilie gerechtfertigt werden, denn diese Sichtweise beruhe auf einem grundlegenden Missverständnis der Ehe als [X.]. Eine Kompensation der wirtschaftlichen Nachteile zu Gunsten der Ehefrau sei in dem Ehevertrag nicht vorgesehen. Auch ein besonderer Ehetypus
oder andere ge-wichtige Belange des Ehemanns rechtfertigten die ehevertragliche Regelung nicht.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis
stand. Mit Recht geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die in dem Ehevertrag vom 21.
Januar 1997 enthaltene Abrede zum Güterrecht jedenfalls im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller zu den Scheidungsfolgen getroffenen Einzelrege-lungen einer [X.] am Maßstab des §
138 Abs.
1 BGB nicht standhält.
10
11
-
6
-

a) Wie der Senat wiederholt dargelegt hat,
unterliegen die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn-
und Versorgungsaus-gleich grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten. Die [X.] der Scheidungsfolgen darf allerdings nicht dazu führen, dass der [X.] der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einsei-tige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den be-lasteten Ehegatten

unter angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abre-de

bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei umso schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten umso genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift
(vgl. Senatsbeschluss vom 29.
Januar 2014

XII
ZB
303/13

FamRZ 2014, 629 Rn.
16 und Senatsurteil vom 31.
Oktober 2012

XII
ZR
129/10

FamRZ 2013, 195 Rn.
16 mwN).
Im Rahmen der [X.] hat der Tatrichter zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt,
dass ihr

und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Le-bensverhältnisse

wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge einer Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelungen zu versagen ist. Erforderlich ist dabei eine Gesamt-würdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss
abstellt, insbesondere auf die Einkommens-
und Vermögensverhältnisse der Ehegatten, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die [X.] auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den 12
13
-
7
-

Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen (vgl. Senatsbeschluss
vom 29.
Januar 2014

XII
ZB
303/13

FamRZ 2014, 629 Rn.
17
und Senatsurteil vom 31.
Oktober 2012

XII
ZR
129/10

FamRZ 2013, 195 Rn.
17;
grundlegend
Senatsurteil [X.]Z 158, 81, 100
f.
= FamRZ 2004, 601, 606).
b) Dabei erweist sich der hier verfahrensgegenständliche Zugewinnaus-gleich einer ehevertraglichen Disposition am weitesten zugänglich. Schon im Hinblick auf den
im [X.] und die daraus folgende nachrangige Bedeutung des Zugewinnausgleichs im System des Scheidungsfolgenrechts wird ein Ausschluss des gesetzlichen Gü-terstands für sich genommen regelmäßig nicht sittenwidrig sein (vgl. Senatsbe-schlüsse
vom 15.
März 2017

XII
ZB
109/16

FamRZ 2017, 884 Rn.
36 und vom 29.
Januar 2014

XII
ZB
303/13

FamRZ 2014, 629 Rn.
32; Senatsurteil vom 21.
November 2012

XII
ZR
48/11

FamRZ 2013, 269 Rn.
17
ff.).
c) Ergibt die [X.] des [X.] allerdings, dass [X.] ehevertragliche Regelungen
zu

kernbereichsnäheren

Scheidungsfol-gen bei isolierter Betrachtungsweise sittenwidrig und daher nichtig sind, so ist nach §
139 BGB im Zweifel der gesamte Ehevertrag nichtig, wenn nicht anzu-nehmen ist, dass er auch ohne die unwirksamen Bestimmungen
geschlossen sein würde (vgl. Senatsurteile vom 21.
November 2012

XII
ZR
48/11

FamRZ 2013, 269 Rn.
31
und vom 25.
Mai 2005

XII
ZR
296/01

FamRZ 2005, 1444, 1447). Ob

was zwischen den Beteiligten streitig ist

schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wegen eines konkreten Kinderwunsches die Tendenz zu einer Alleinverdienerehe eindeutig vorgezeichnet
war und deshalb die Beurtei-lung berechtigt ist, dass insbesondere
der vollständige Verzicht auf Betreu-14
15
-
8
-

ungsunterhalt (vgl. dazu Senatsurteil vom 31.
Oktober 2012

XII
ZR
129/10

FamRZ 2013, 195 Rn.
19) und der Ausschluss des Versorgungsausgleichs (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 29.
Januar 2014

XII
ZB
303/13

FamRZ 2014, 629 Rn.
20) zu Lasten des sich plangemäß aus dem Erwerbsleben zurückzie-henden Ehegatten für sich genommen sittenwidrig
und daher unwirksam sein könnten, bedarf unter den hier obwaltenden Umständen
allerdings keiner ab-schließenden Erörterung.
d) Selbst wenn die ehevertraglichen Einzelregelungen zu den [X.] bei isolierter Betrachtungsweise den Vorwurf der Sittenwidrigkeit jeweils für sich genommen nicht zu rechtfertigen vermögen, kann sich ein Ehe-vertrag nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Rahmen einer Gesamt-würdigung als insgesamt sittenwidrig erweisen, wenn das objektive Zusam-menwirken aller in dem Vertrag enthaltenen Regelungen erkennbar auf die ein-seitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15.
März 2017

XII
ZB
109/16

FamRZ 2017, 884 Rn.
38 und vom 29.
Januar 2014

XII
ZB
303/13

FamRZ 2014, 629 Rn.
38; Senatsurteile vom 31.
Okt-ober 2012

XII
ZR
129/10

FamRZ 2013, 195 Rn.
22 und vom
21.
November 2012

XII
ZR
48/11

FamRZ 2013, 269 Rn.
26).
Mit Recht hat das Beschwerdegericht erkannt, dass sich der Ehevertrag vom 21.
Januar 1997 jedenfalls in der Gesamtwürdigung der getroffenen [X.] als insgesamt sittenwidrig und damit als im Ganzen nichtig erweist.
aa) Der objektive Gehalt der Gesamtregelung ("Globalverzicht") zielte
er-kennbar auf eine
einseitige Benachteiligung der Ehefrau. Der wechselseitige Unterhaltsverzicht, der Ausschluss des Versorgungsausgleichs und die [X.] der Gütertrennung dienten nur
den Interessen des Ehemanns als dem wirtschaftlich stärkeren Ehegatten
mit dem höheren Einkommen und der
([X.]) höheren Vermögensbildung
in der Ehezeit. Auch wenn beide Eheleute 16
17
18
-
9
-

bei Vertragsschluss vollschichtig erwerbstätig waren und zu diesem Zeitpunkt noch kein konkreter Kinderwunsch
bestanden haben mag, konnte schon angesichts
des Alters der beiden Ehegatten bei der Eheschließung (34
Jahre bzw. 25
Jahre) eine spätere Familiengründung nicht von vornherein aus-geschlossen
werden, was letztlich auch die [X.] erfolgte Geburt der gemeinsamen Tochter verdeutlicht. Jedenfalls wird deshalb in die Beurtei-lung der Frage, ob eine ehevertragliche Vereinbarung im Rahmen einer Ge-samtwürdigung objektiv unausgewogen ist, auch die Situation der Ehegatten nach einer
bei
Vertragsschluss zumindest für
möglich gehaltenen
Geburt ge-meinsamer Kinder
einzubeziehen sein
(vgl. auch Senatsbeschluss vom 17.
Mai 2006

XII
ZB
250/03

FamRZ 2006, 1097, 1098). Es war für diesen Fall vor-hersehbar, dass der einkommensschwächeren Ehefrau

wie tatsächlich ge-schehen

die Aufgaben der Kinderbetreuung und Haushaltsführung übertragen werden würden. Eine
Wirksamkeit des vereinbarten Unterhaltsverzichts
hätte
dann im Falle der Ehescheidung dazu geführt, dass die Ehefrau selbst im Fall der Betreuung gemeinsamer Kinder jeden nachehelichen Schutz vor ehebe-dingten Einkommenseinbußen verloren hätte. Auch der mit der Übernahme der Haushaltsführung und Kinderbetreuung einhergehende Verzicht auf eine eigene versorgungsbegründende Erwerbstätigkeit in der Ehezeit wäre der Ehefrau nicht honoriert worden; der Verzicht auf den Versorgungsausgleich sichert allein dem Ehemann die in der Ehe erwirtschaftete Altersversorgung. Die Ehefrau hätte mithin alle ehebedingten vermögensrechtlichen Nachteile allein zu tragen gehabt

ein Ergebnis, das mit dem Gebot der ehelichen Solidarität schlechthin unvereinbar wäre. Diese Einseitigkeit findet im Ausschluss des Zugewinnaus-gleichs ihre Fortsetzung.
bb) Allerdings hat der Senat in ständiger Rechtsprechung betont, dass
aus dem objektiven Zusammenspiel einseitig belastender

aber für sich ge-nommen noch hinnehmbarer

Regelungen zu den Scheidungsfolgen nur dann 19
-
10
-

auf die weiter erforderliche verwerfliche Gesinnung des begünstigten Ehegatten geschlossen werden kann, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass sich in dem unausgewogenen Vertragsinhalt eine auf ungleichen Verhandlungspositio-nen basierende einseitige Dominanz eines Ehegatten und damit eine Störung der subjektiven Vertragsparität widerspiegelt. Eine lediglich auf die Einseitigkeit der Lastenverteilung gegründete tatsächliche Vermutung für die subjektive Sei-te der Sittenwidrigkeit lässt sich bei familienrechtlichen Verträgen nicht aufstel-len. Ein unausgewogener Vertragsinhalt mag in diesem Zusammenhang zwar ein gewisses Indiz für eine unterlegene Verhandlungsposition des belasteten Ehegatten sein. Gleichwohl wird das Verdikt der Sittenwidrigkeit in der Regel nicht gerechtfertigt sein, wenn sonst außerhalb der Vertragsurkunde keine ver-stärkenden Umstände zu erkennen sind, die auf eine subjektive Imparität, ins-besondere infolge der Ausnutzung einer Zwangslage, [X.] oder wirtschaftli-cher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit, hindeuten könnten ([X.] vom 15.
März 2017

XII
ZB
109/16

FamRZ 2017, 884 Rn.
39 und vom 29.
Januar 2014

XII
ZB
303/13

FamRZ 2014, 629 Rn.
39; Senatsur-teile vom 21.
November 2012

XII
ZR
48/11

FamRZ 2013, 269 Rn.
27 und vom 31.
Oktober 2012

XII
ZR
129/10

FamRZ 2013, 195 Rn.
24). Gemessen daran hat das Beschwerdegericht schon auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts hinreichende
Umstände aufgezeigt, aus denen es in der gebote-nen Gesamtschau rechtsbedenkenfrei darauf schließen konnte, dass sich in dem unausgewogenen Vertragsinhalt die unterlegene Verhandlungsposition der Ehefrau und damit eine gestörte subjektive Vertragsparität widerspiegelt.
(1) [X.] war der Ehefrau in [X.] und ökonomischer Hinsicht überlegen. Er war in [X.] beheimatet und durch seine Stellung im öf-fentlichen Dienst wirtschaftlich abgesichert. Die lebensjüngere Ehefrau hielt sich erst seit
knapp drei
Jahren
in [X.] auf
und
beherrschte die [X.] Sprache noch nicht. Sie war vor der Eheschließung zwar ebenfalls

als [X.]
-
11
-

dereinigerin

erwerbstätig
gewesen; dabei betrug ihr rentenversicherungspflich-tiges Jahresbruttoeinkommen ausweislich der zum Versorgungsausgleich ein-geholten Auskünfte der [X.] in den Jahren 1996 und 1997 allerdings (nur) rund
20.000
DM. Die dauerhafte Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit in [X.] wäre ihr zudem
nur bei einer unbefristeten
Arbeits-
und Aufent-haltserlaubnis möglich gewesen, die sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht erlangt hatte.
(2) Wie der Senat mehrfach ausgesprochen hat, begründet das Ansinnen eines Ehegatten, eine Ehe nur unter der Bedingung eines [X.] einge-hen zu wollen, für sich genommen auch bei Vorliegen eines Einkommens-
und Vermögensgefälles für den anderen Ehegatten in Regel noch keine (Zwangs-)
Lage, aus der ohne Weiteres auf eine gestörte Vertragsparität
geschlossen werden kann. Etwas anderes gilt aber ausnahmsweise dann, wenn der mit dem Verlangen nach
dem Abschluss eines [X.] konfrontierte Ehegatte er-kennbar in einem besonderen Maße auf die Eheschließung angewiesen ist
(vgl. Senatsbeschluss
vom 29.
Januar 2014

XII
ZB
303/13

FamRZ 2014, 629 Rn.
41 und Senatsurteil vom 21.
November 2012

XII
ZR
48/11

FamRZ 2013, 269 Rn.
28). In diesem Zusammenhang hebt das Beschwerdegericht zu Recht die ausländerrechtliche Komponente des Streitfalls hervor (vgl. dazu auch Senatsbeschluss
vom 17.
Mai 2006

XII
ZB
250/03

FamRZ 2006, 1097, 1098
und Senatsurteil vom 22.
November 2006

XII
ZR
119/04

FamRZ 2007, 450, 451
f.). Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerde-gerichts
war die Ehefrau von der Ausweisung
bedroht. Es liegt auf der Hand, dass sich ein ausländischer Vertragspartner bei der Aushandlung eines [X.]s in einer deutlich schlechteren Verhandlungsposition befindet, wenn er sei-nen Lebensplan, dauerhaft unter Verbesserung seiner Lebensverhältnisse in [X.] ansässig und erwerbstätig zu werden, nur unter der dem anderen Vertragspartner bekannten Voraussetzung der Eheschließung verwirklichen 21
-
12
-

kann. Je dringlicher dieser Wunsch

etwa mit Blick auf drohende ausländer-rechtliche Maßnahmen

erscheint, desto eher hat es der andere Vertrags-partner in der Hand, sich die Verwirklichung dieses Wunsches durch ehever-tragliche Zugeständnisse "abkaufen"
zu lassen (vgl. Senatsbeschluss vom 28.
März 2007

XII
ZR
119/04

FamRZ 2007, 1157 Rn.
6).
(3) Bei dieser Sachlage kann
es im Ergebnis sogar auf sich beruhen, ob die Ehefrau auch durch die konkrete Gestaltung des [X.] zusätzlich benachteiligt worden ist. Es kann deshalb insbesondere dahinstehen, ob dem
Ehemann

wie das Beschwerdegericht meint

in der Gesamtschau auch die Hinzuziehung eines ungeeigneten Dolmetschers im Beurkundungs-termin anzulasten ist. Unstreitig ist allerdings, dass der sprachunkundigen Ehe-frau im Vorfeld der Beurkundung kein eigener
Vertragsentwurf überlassen [X.] war, so dass ihr
von vornherein die
Möglichkeit genommen wurde, sich den Vertragstext

wenigstens in groben Zügen

vorab schriftlich in ihre Heimat-sprache
übersetzen zu lassen. Bei dieser Verfahrensgestaltung blieb der Ehe-frau, wenn ihr
daran gelegen
war, den Vertragstext vor der Unterzeichnung in einer ihr vertrauten
Sprache zu lesen,
nur die unangenehme
und voraussicht-lich mit einer Verzögerung des Vertragsschlusses
verbundene Möglichkeit, sich im Notartermin einer Genehmigung der Niederschrift
ohne vorherige Aushändi-gung einer schriftlichen Übersetzung zu widersetzen (vgl. §
16 Abs.
2 Satz
2 BeurkG).
cc) Ergibt sich das Verdikt der Sittenwidrigkeit

wie hier

aus der Ge-samtwürdigung eines einseitig belastenden [X.], erfasst die [X.] nach ständiger Rechtsprechung des Senats notwendig den gesamten Vertrag, ohne dass eine salvatorische Klausel hieran etwas zu ändern vermag (vgl. Senatsurteile vom 21.
November 2012

XII
ZR
48/11

FamRZ 2013, 269 Rn.
31 und vom 9.
Juli 2008

XII
ZR
6/07

FamRZ 2008, 2011 Rn.
24; Se-22
23
-
13
-

natsbeschluss
vom 17.
Mai 2006

XII
ZB
250/03

FamRZ 2006, 1097, 1098). Denn dann erfüllte
die salvatorische Klausel im Interesse des begünstigten Ehegatten die Funktion, den Restbestand eines dem benachteiligten Ehegatten aufgedrängten Vertragswerks so weit wie möglich gegenüber der etwaigen Unwirksamkeit
einzelner Vertragsbestimmungen rechtlich abzusichern; in [X.] spiegelt sich auch in der Vereinbarung der [X.] selbst die auf ungleichen Verhandlungspositionen beruhende Störung der Vertrags-parität
zwischen den Ehegatten wider
(Senatsurteil vom 21.
November 2012

XII
ZR
48/11

FamRZ 2013, 269 Rn.
31).
3. Die angefochtene Entscheidung des [X.] hat daher Bestand.
a) Zwar
ist die vom Beschwerdegericht angeordnete Zurückverweisung des gesamten Verfahrens an das Amtsgericht verfahrensordnungswidrig
erfolgt. Hat das Amtsgericht einen Stufenantrag in einer vermögensrechtlichen Folge-sache insgesamt abgewiesen und gibt das Beschwerdegericht demgegenüber dem Auskunftsanspruch in der ersten Stufe statt, kommt eine Zurückverwei-sung des
Verfahrens
an das Amtsgericht
in analoger
Anwendung von §
117 Abs.
2 Satz
1 iVm
§
538 Abs.
2 Satz
1 Nr.
4 ZPO grundsätzlich in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom 19.
November 2014

XII
ZB
522/14

FamRZ 2015, 247 Rn.
19; [X.] Beschluss vom 22.
September 2008

II
ZR
257/07

NJW 2009, 431 Rn.
12 und Urteil vom 3.
Mai 2006

VIII
ZR
168/05

NJW 2006, 2626 Rn.
14
f.). Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend
ist auch, dass dann, wenn bei gemeinsamer Anfechtung von Ehescheidung und [X.] lediglich das Rechtsmittel in der [X.] begründet ist, eine Aufhebung und Zurückver-weisung durch das Rechtsmittelgericht zur Aufrechterhaltung des [X.] in erster Instanz grundsätzlich auch auf die Scheidungssache zu erstrecken

ist (vgl. [X.], 301, 302; [X.] in Prütting/
24
25
-
14
-

[X.] FamFG
4.
Aufl. §
142 Rn.
3; [X.] FamFG/Nickel [Stand: Oktober 2017] §
142 Rn.
7; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 13.
November 2013

XII
ZB
453/13
juris Rn.
3 und vom 4.
September 2013

XII
ZB
87/12

FamRZ
2013, 1879 Rn.
12). Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung der Sache analog §
117 Abs.
2 Satz
1 FamFG iVm
§
538 Abs.
2 Satz
1 Nr.
4 ZPO lagen hier
allerdings
nicht vor, weil es an dem dafür erforderlichen Antrag mindestens eines Beteiligten fehlte
(vgl. [X.] Beschluss vom 22.
September 2008

II
ZR
257/07

NJW 2009, 431 Rn.
12; vgl. auch [X.] Urteil vom 22.
Juni 2004

XI
ZR
90/03

NJW-RR 2004, 1637, 1639).
b) Das Fehlen des für eine
Zurückverweisung nach §
538 Abs.
2 ZPO notwendigen Antrags
kann durch das Rechtsbeschwerdegericht
aber
nicht von Amts wegen, sondern nur auf eine rechtzeitig und ordnungsgemäß in der Form des §
71 Abs.
3 Nr.
2 lit.
b FamFG angebrachte
Verfahrensrüge berücksichtigt werden. Eine solche Rüge hat die Rechtsbeschwerde nicht erhoben. Die ab-

26
-
15
-

schließende und allgemein gehaltene Rüge einer
Verletzung des "gesamten Verfahrensrechts, insbesondere Verletzung von §
113 FamFG iVm §
286 ZPO", ist
in diesem Zusammenhang nicht ausreichend (vgl. [X.] Beschluss vom 18.
Februar 1997

XI
ZR
317/95

NJW 1997, 1710).
4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre,
zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Be-deutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§
74 Abs.
7 FamFG).

Dose

Schilling

Günter

Botur

Krüger
Vorinstanzen:
[X.]. [X.], Entscheidung vom 22.10.2015 -
983 [X.]/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 22.12.2016 -
2 UF 147/15 -

27

Meta

XII ZB 20/17

17.01.2018

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.01.2018, Az. XII ZB 20/17 (REWIS RS 2018, 15506)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 15506

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XII ZB 20/17

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