Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2004, Az. VI ZR 272/03

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2733

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/03 Verkündet am: 22. Juni 2004 [X.], Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein

[X.]R: ja

[X.] Art. 1 § 1, BGB § 134 a) Für die Beurteilung der Frage, ob sich ein Geschäft als Teil einer nach dem [X.] erlaubnispflichtigen Tätigkeit darstellt, kommt es nicht auf die äußere, formale Gestaltung der Rechtsbeziehung der Beteiligten an, sondern auf die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der von den Beteiligten dabei verfolgten Ziele. b) Zur Wirksamkeit der auf Veranlassung eines Mietwagenunternehmens erfolgten Abtretung eines Schadensersatzanspruchs an ein zur Rechtsberatung zugelasse-nes Inkassobüro.
[X.], Urteil vom 22. Juni 2004 - [X.]/03 - [X.]

AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2004 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des [X.]s [X.] vom 18. Juli 2003 wird [X.]. Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin, ein zur Rechtsberatung zugelassenes Inkassobüro, macht gegen die [X.], einen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer, Ansprüche auf Ersatz restlicher Mietwagenkosten geltend, die Unfallgeschädigte an sie zur Einziehung auf eigene Rechnung abgetreten haben. Die Haftung der [X.]n steht dem Grunde nach außer Streit. Die unfallgeschädigten Zedenten hatten bei der [X.]-Autovermietung [X.] ein Fahrzeug zum sogenannten [X.] angemietet. Zur [X.] hatten sie ihre Ansprüche auf Ersatz der Mietwagenkosten an [X.] abgetre-- 3 - ten. [X.] forderte die [X.] zur Zahlung auf. Diese rechnete nach dem (niedri-geren) Normaltarif ab und erstattete deshalb jeweils nur einen Teil der Mietwa-genkosten. Daraufhin schlug [X.] den Zedenten vor, die Klägerin einzuschalten. Für diesen Fall erklärte sie die Rückabtretung der ihr zur Sicherheit abgetrete-nen Ansprüche. Den an die Zedenten gerichteten Schreiben waren jeweils eine vorformulierte Abtretungserklärung zugunsten der Klägerin und ein an diese adressierter [X.] beigefügt. Die Zedenten unterschrieben die Erklä-rung und sandten sie an die Klägerin. Die [X.] ist der Auffassung, die Abtretungen zugunsten der Klägerin verstießen gegen das [X.] und seien deshalb unwirksam. Den [X.] hält sie für überhöht. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Abtretungen an die Klägerin seien wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 [X.] gemäß § 134 BGB nichtig. Die Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen sei erlaubnispflichtig. Zwar verfüge die Klägerin über die hiernach erforderliche Er-laubnis, doch stelle sich die im Streitfall gewählte Vertragskonstruktion, deren Bestandteil die Abtretungen an die Klägerin seien, als eine Umgehung des [X.]es dar; sie diene nämlich dazu, der [X.]-Autovermietung unter Ausschluß der Geschädigten maßgeblichen Einfluß auf die Durchsetzung - 4 - der Schadensersatzansprüche einzuräumen. Über die Abtretung an die Kläge-rin und deren Beauftragung hinaus sei eine Mitwirkung der Geschädigten nicht mehr beabsichtigt gewesen. Diese hätten die Schadensregulierung aus der Hand gegeben. Wie die Vielzahl der Abtretungen zeige, arbeite die Klägerin ständig mit [X.] zusammen. Sie befinde sich in einem Interessenwiderstreit. Da ersichtlich das Interesse von [X.] an der Durchsetzung der von ihr verlangten [X.]e im Vordergrund stehe, sei es nicht gewährleistet, daß die Klä-gerin allein die Interessen der Geschädigten wahrnehme. Daß die Einschaltung der Klägerin allein den Interessen von [X.] diene, ergebe sich auch aus den An-schreiben, mit denen [X.] die Geschädigten zur Abtretung ihrer Forderungen an die Klägerin bewogen habe. [X.] habe die Geschädigten darin nämlich vor die Wahl gestellt, entweder ihre Ansprüche an die Klägerin abzutreten oder den noch ausstehenden Mietzins zu zahlen und selbst von dem jeweiligen Unfall-gegner Ersatz zu verlangen. Hierdurch habe [X.] zum Ausdruck gebracht, daß sie sich durch eine Abtretung der Forderung an die Klägerin in gleichem Maße gesichert fühle wie durch eine Zahlung des Mietzinses. Daraus werde deutlich, daß die Klägerin in erster Linie nicht die Interessen der Unfallgeschädigten, sondern diejenigen von [X.] wahrnehmen solle. Dafür spreche auch, daß ihre Tätigkeit für die Zedenten mit keinerlei Kosten verbunden sein sollte. I[X.] Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. 1. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. zuletzt: Senatsurteil vom 18. März 2003 - [X.] ZR 152/02 - [X.], 656) bedarf der Inhaber eines Mietwagenunternehmens, der es geschäftsmäßig übernimmt, für unfallgeschädigte Kunden die Schadensregulierung durchzuführen, der [X.] 5 - nis nach Art. 1 § 1 [X.], und zwar auch dann, wenn er sich die [X.] erfüllungshalber abtreten läßt und die eingezogenen Beträge auf seine Forderungen an die Kunden verrechnet (Senatsurteile [X.] 47, 364, 366; 61, 317, 319 und vom 26. April 1994 - [X.] ZR 305/93 - [X.], 950); die Ausnahmevorschrift des Art. 1 § 5 Nr. 1 [X.] kommt ihm nicht zugute (Senatsurteile [X.] 47, 364, 368 und vom 26. April 1994 - [X.] ZR 305/93 - aaO, [X.]). Bei der Beurteilung, ob die Abtretung einer solchen Kundenforde-rung den Weg zu einer erlaubnispflichtigen Besorgung von [X.] eröffnen sollte, ist nicht allein auf den Wortlaut der vertraglichen Verein-barungen, sondern die gesamten diesen zugrunde liegenden Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen, also auf eine wirtschaftliche Betrachtung, die es vermeidet, daß Art. 1 § 1 [X.] durch formale Anpassung der geschäftsmäßigen Rechtsbesorgung an den Gesetzeswortlaut und die hier-zu entwickelten Rechtsgrundsätze umgangen wird (Senatsurteile [X.] 61, 317, 320 f. und vom 26. April 1994 - [X.] ZR 305/93 - aaO). Deshalb kommt es darauf an, wie sämtliche Teilstücke der getroffenen Vereinbarungen wirtschaft-lich ineinandergreifen, ob sie sich also wirtschaftlich als Teilstücke eines Ver-fahrens zur Entlastung des Geschädigten von der Schadensabwicklung ein-schließlich der Besorgung damit verbundener rechtlicher Angelegenheiten [X.]; insbesondere ist von maßgebender Bedeutung, in welcher Eigenschaft und in welchem Verhältnis zueinander die Beteiligten an der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche mitwirken sollen (Senatsurteil [X.] 61, 317, 321). 2. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht im Streitfall einen Verstoß gegen das [X.] in revisionsrechtlich nicht zu [X.] bejaht. Danach hat die [X.]-Autovermietung vor-nehmlich zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen den Weg gewählt, die Klä-gerin als Inkassobüro einzuschalten und den Geschädigten auf diese Weise die - 6 - Geltendmachung ihrer (restlichen) Schadensersatzansprüche abgenommen. Insofern ist unerheblich, daß die Beauftragung der Klägerin nicht von [X.], son-dern von den Geschädigten vorgenommen wurde und auch die Abtretung der Schadensersatzansprüche an die Klägerin nicht unmittelbar durch [X.], sondern über den Weg einer Rückabtretung von [X.] an die Geschädigten durch diese selbst erfolgte. Für die Beurteilung der Frage, ob sich ein Geschäft als Teil einer nach dem [X.] erlaubnispflichtigen Tätigkeit darstellt, kommt es nicht auf die äußere, formale Gestaltung der [X.] an, sondern auf die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der von den Beteiligten dabei verfolgten Ziele. So kann die Abtretung der Forderung eines Unfallgeschädigten an ein Inkassounternehmen als Umgehung einer an sich gem. Art. 1 § 1 [X.] erlaubnispflichtigen Tätigkeit gemäß § 134 BGB nichtig sein, wenn sie auf Veranlassung eines [X.] erfolgt und das Vorgehen wirtschaftlich betrachtet die Schadensregulierung durch diesen be-zweckt (Senatsurteil vom 18. März 2003 - [X.] ZR 152/02 - aaO). Diese Voraus-setzung hat das Berufungsgericht im Streitfall unter tatrichterlicher Würdigung seiner vefahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu Recht bejaht. Entgegen der Auffassung der Revision ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht aufgrund der von ihm vorzunehmen-den Bewertung der Geschäftsabläufe vorliegend die Überzeugung gewonnen hat, daß die Abtretung der Forderungen an die Klägerin dazu diente, der [X.]-Autovermietung maßgeblichen Einfluß auf die Geltendmachung der Schadens-ersatzansprüche gegenüber der [X.]n zu verschaffen. Dafür spricht zum einen, daß die Vorgehensweise von [X.] vorgeschlagen und den [X.] durch Zurverfügungstellung dafür geeigneter Unterlagen (vorformulierte Abtretungserklärung sowie ein an die Klägerin adressierter [X.]) [X.] wurde. Zum anderen wurden die Geschädigten in dem Anschreiben vor die Wahl gestellt, entweder den jeweiligen Restbetrag an [X.] zu zahlen (und - 7 - einen etwaigen Ersatzanspruch selbst gegenüber dem betreffenden Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer durchzusetzen) oder aber - für sie kosten-frei - die Klägerin zu beauftragen. Diese wahlweise Gestaltung legte es nahe, daß die Geschädigten den für sie bequemeren Weg bevorzugten und sich [X.] für eine Beauftragung der Klägerin entschieden. Auf diese Weise haben sie die Schadensabwicklung, also eine Rechtsbesorgung, um die sie sich ei-gentlich selbst kümmern müßten, aus der Hand gegeben. Daß dies aus ihrer Sicht (auch) im eigenen Interesse erfolgte, schließt nicht aus, daß dieser Ge-schäftsablauf bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise in erster Linie im Interesse von [X.] geschah und der Durchsetzung von deren Interessen diente. So wären etwaige von der Klägerin eingezogene Beträge der [X.]-Autovermietung zugute gekommen. Für deren maßgebliches Interesse spricht auch, daß ausweislich ihres Anschreibens die mit der Einschaltung der Klägerin verbundenen [X.] für den Fall, daß die Geltendmachung der jeweiligen Forderung ohne Erfolg bleiben würde, von [X.] getragen werden sollten. Hinzu kommt, daß es in der Sache jeweils nur noch um die Geltendmachung der Differenzbeträge zu den von [X.] verlangten, von der [X.]n aber als unberechtigt angesehenen höheren [X.]en ging. Aus revisionsrechtlicher Sicht ist es nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht auch diesen Umstand maßgeblich in seine Erwägungen einbezogen hat (vgl. Senatsurteil vom 18. März 2003 - [X.] ZR 152/02 - aaO, S. 657). Nach Lage des Falles ist hier entgegen der Auffassung der Revision [X.] nicht gewährleistet, daß die Klägerin als zugelassenes Inkassounterneh-men die Rechtsbelange der Unfallgeschädigten interessenneutral wahrnimmt und diese nicht in überflüssige und kostenträchtige Auseinandersetzungen um einen möglicherweise unangemessen hohen [X.] verwickelt (vgl. dazu Senatsurteil vom 18. März 2003 - [X.] ZR 152/02 - aaO, S. 657). Es darf nämlich nicht außer acht gelassen werden, daß die Geschädigten für den Fall, - 8 - daß sich die Geltendmachung ihrer Schadensersatzforderungen durch die Klä-gerin als erfolglos erweisen sollte, selbst doch noch von der [X.]-Autovermietung auf Erfüllung etwaiger restlicher Mietzinsansprüche in Anspruch genommen werden können (vgl. [X.] 47, 364, 366). Die Gefahr, der Art. 1 § 1 [X.] vor-beugen will, nämlich daß die Rechtsbelange der Unfallgeschädigten durch den ohne Erlaubnis handelnden Rechtsberater nicht mit der nötigen Sachkunde und Zuverlässigkeit vertreten werden, besteht, weil [X.] mit der Einschaltung der Klä-gerin in erster Linie ihre eigenen Interessen weiterverfolgt, mithin auch im [X.]. Das gilt ungeachtet der Tatsache, daß es vorliegend im Unterschied zu dem Sachverhalt, der dem Senatsurteil vom 18. März 2003 ([X.] ZR 152/02 - aaO, [X.]) zugrunde lag, an einer "Sicherungsabtretung" des Inkassobüros an die Autovermietung fehlt. Nach alledem ist es auch bei der gebotenen zurückhaltenden Anwen-dung des [X.]es (vgl. [X.] 97, 12, 27; [X.], 1123, 1124; [X.], Urteil vom 30. März 2000 - [X.] - [X.], 80) aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht die im Streitfall von der [X.]-Autovermietung gewählte formale Vertragskonstruktion als Teil des Versuchs gewertet hat, ihr unter Umgehung der Bestimmungen des [X.]es maßgeblichen Einfluß auf die Durchsetzung der [X.] zu geben. Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, daß § 1 Abs. 1 der [X.] [X.] nach einer neueren Entscheidung des Bundesverwal-tungsgerichts (BVerwG NJW 2003, 2767) nicht mehr anzuwenden ist. Entgegen der Auffassung der Revision geht es im vorliegenden Fall nämlich nicht um den - nach dem Wortlaut dieser Bestimmung erlaubnispflichtigen - Erwerb von [X.], sondern vielmehr um die von einem Dritten (dem Mietwagenunter-nehmer) veranlaßte Abtretung von Kundenforderungen, um diese im vornehm-lich eigenen Interesse durch ein dazu eingeschaltetes Inkassounternehmen - 9 - durchzusetzen. [X.] das soll nach Sinn und Zweck des [X.] verhindert werden. II[X.] [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
[X.]

Pauge Zoll

Meta

VI ZR 272/03

22.06.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2004, Az. VI ZR 272/03 (REWIS RS 2004, 2733)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2733

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