Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.04.2018, Az. VI ZB 44/16

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 11084

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:100418BVIZB44.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI [X.]/16
vom

10. April
2018

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 233 [X.], § 234 Abs. 1 A, § 236 Abs. 2 C
Ein Rechtsanwalt muss allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn
er unvorhergesehen ausfällt. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall,
z.B. durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen ([X.] an Senatsbeschluss vom 6. März 1990 -
VI [X.], [X.], 1026).
[X.], Beschluss vom 10. April 2018 -
VI [X.]/16 -
OLG [X.]

[X.]
-
2
-
[X.]er VI.
Zivilsenat des [X.] hat am
10. April 2018
durch den
Vorsitzenden [X.], [X.], die
Richterinnen [X.]r. Oehler und [X.]r. Roloff und [X.] Klein

beschlossen:
[X.]ie Rechtsbeschwerde des [X.] gegen den Beschluss des 13. Zivilsenats des [X.] vom 5. September 2016 wird als unzulässig verworfen.
[X.]er Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:
I.
[X.]er Kläger, der sich als Rechtsanwalt in den Vorinstanzen selbst vertre-ten hat, verlangt mit seiner Klage die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung [X.] Persönlichkeitsrechtsverletzung durch einen von dem Beklagten zu
2 verfassten Artikel in der von den Beklagten herausgegebenen Zeitung.
[X.]as [X.] hat die Klage mit Urteil vom 23. Mai 2016, dem Kläger zugestellt am 2. Juni 2016,
abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger
rechtzeitig
Berufung eingelegt. Nachdem das [X.] mit Schreiben vom 5. August 2016 den Kläger darauf hingewiesen hat,
dass innerhalb der am 1
2
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3
-
2.
August 2016 abgelaufenen Frist eine Berufungsbegründung nicht eingegan-gen sei, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 17. August 2016, eingegangen am selben Tag, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und die Berufung
begründet. Zur [X.] hat er -
mit anwaltlicher Versiche-rung und unter Vorlage einer entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 30.
Juli bis 19. August 2016 -
vorgetragen, er sei wegen eines plötzlich in dieser Zeit aufgetretenen Burnout-Zustandes nicht mehr in der Lage gewesen, die Berufungsbegründung rechtzeitig zu fertigen oder eine Verlänge-rung der Berufungsbegründungsfrist zu beantragen. [X.]ie Symptome des [X.] habe er nicht deuten können, weil er eine solche Erkrankung noch nie zu-vor in seinem Leben gehabt habe. Wegen des plötzlichen und unerwarteten Auftretens des für ihn unbekannten Burnout-Zustandes habe er als Einzelan-walt ohne Personal für diesen konkreten Ausfall keine präzisen Vorkehrungen treffen können, zumal frühere Bemühungen für [X.] ergeben hätten, dass keiner der übrigen vier Anwaltskollegen auf der [X.], auf der er wohne, zu
einer
Vertretung bereit gewesen sei.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das [X.] den Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist abgelehnt, den [X.] zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. [X.]er Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, dass er ohne sein Verschulden verhindert gewesen sei, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Es fehle [X.] an einer [X.]arlegung, welche Vorkehrungen der Kläger zur Wahrung von [X.] für den Fall seines unvorhergesehenen Ausfalls getroffen habe. Sowohl die unerwartet aufgetretene [X.] als auch die Tätigkeit des [X.] als Einzelanwalt ohne Personal auf einer Insel mit nur weiteren wenigen, nicht vertretungsbereiten Rechtsanwälten seien unerheblich und entbänden den [X.]
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ger nicht von der Pflicht, rechtzeitig für den Fall seines unerwarteten Ausfalls für eine Vertretung zu sorgen.

II.
[X.]ie gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, da die Voraussetzun-gen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Entgegen der Auffassung des [X.] ist eine Entscheidung des [X.] insbesondere auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. [X.]ie Begrün-dung der Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, dass die Ablehnung des [X.] im angefochtenen Beschluss den Kläger in seinem An-spruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz verletzt.
1. [X.]as Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechts-schutzes gebietet es, einer [X.] die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres [X.] zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den [X.]en den Zugang zu einer in der [X.] eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschweren (st. Rspr., vgl. [X.] [X.]K 11, 461, 463; zuletzt Senat, Beschluss vom 19. September 2017 -
VI [X.]/16, VersR 2018,
119
Rn. 6 und vom 12. [X.]ezember 2017 -
VI [X.], NJW-RR 2018,
311 Rn.
4,
jeweils mwN).
2. [X.]avon ausgehend ist die Ablehnung des [X.] nicht zu beanstanden.

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6
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5
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] muss ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorherge-sehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anwei-sungen für einen solchen Fall geben. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Per-sonal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall
treffen, z.B. durch Absprache mit einem
vertretungsbereiten Kollegen ([X.] vom 6. März 1990 -
VI [X.], [X.], 1026; [X.], Beschlüsse vom 26. September 2013 -
V [X.], NJW 2014, 228
Rn. 7
und vom 18. Mai 1994 -
XII [X.], [X.], 1520). Ein Rechtsanwalt muss allerdings, wenn er -
wie hier -
unvorhergesehen erkrankt, nur das, aber auch alles zur Fristwahrung unternehmen, was ihm dann möglich und zumutbar ist (Senatsbe-schluss vom 6. März 1990 -
VI [X.], [X.], 1026; [X.], Beschlüsse
vom 26.
September 2013 -
V
[X.], NJW 2014, 228 Rn. 10;
vom 11. März 1987 -
VIII ZB 2/87, [X.], 785, 786;
vom 8. Februar 2000 -
XI [X.], juris Rn. 12;
vom 18. September 2003 -
V [X.], [X.], 182 und vom 18. September 2008 -
V [X.], [X.], 3571
Rn. 9).
b) [X.]er Kläger hat nicht glaubhaft gemacht, dass er die danach erforderli-che zumutbare Vorsorge für einen
Verhinderungsfall getroffen hat. Aus dem von ihm vorgelegten Attest des behandelnden Arztes ergibt sich vielmehr, dass nach den eigenen Angaben des [X.] die als Burnout-Zustand gedeuteten Symptome in den "letzten Tagen"
vor dem 5. August 2016 "immer wieder zeit-weise"
-
also nicht ständig -
aufgetreten seien, wobei er "beispielsweise Termi-ne und [X.] übersehen"
habe. [X.]araus ergibt sich aber schon nicht, dass der Kläger in den Zeiten, in denen die Symptome nicht auftraten, außer-stande gewesen wäre, einen Fristverlängerungsantrag zu stellen. Ferner [X.] für ihn in diesen Zeiten dringende Veranlassung, Vorkehrungen für den Verhinderungsfall zu treffen, zumal er als Einzelanwalt und ohne eigenes Per-7
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6
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sonal tätig war. Hätte der Kläger rechtzeitig im Zustand der Gesundheit die für einen überraschenden Krankheitsfall gebotenen Absprachen getroffen, wäre es ihm nach dem Attest noch möglich gewesen, seinen Vertreter zu instruieren. [X.]em Vorbringen des [X.] ist nicht zu entnehmen, dass er entsprechende Vorsorge getroffen hat. [X.]abei vermag ihn
auch nicht der Umstand zu entlasten, dass er auf der Insel
angeblich
keinen vertretungsbereiten Kollegen gefunden hätte. [X.]ass der Kläger seine Anwaltstätigkeit auf einer Insel ausübt, auf der nur wenige Rechtsanwälte tätig sind, entbindet ihn nicht -
wie im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt -
von der Pflicht, für den Fall eines Ausfalls für eine Vertretungsregelung zu sorgen, was auch durch einen vertretungsbereiten Kollegen auf dem Festland
erfolgen kann.
Galke
[X.]
Oehler

Roloff
Klein

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.05.2016 -
2 O 838/15 -

OLG [X.], Entscheidung vom 05.09.2016 -
13 [X.] -

Meta

VI ZB 44/16

10.04.2018

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.04.2018, Az. VI ZB 44/16 (REWIS RS 2018, 11084)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11084

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