Bundessozialgericht, Urteil vom 10.11.2022, Az. B 1 KR 9/22 R

1. Senat | REWIS RS 2022, 9218

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Krankenversicherung - Arzneimittelversorgung - Versorgung mit Cannabis nach § 31 Abs 6 SGB 5 - Antrag auf Genehmigung - Genehmigungsfiktion - hinreichende Bestimmtheit - Mitteilung des Inhalts der geplanten Verordnung - Anforderungen an die begründete Einschätzung des Vertragsarztes - Abwägung - Kontraindikation - Vorkehrungen zur Vermeidung bzw Begrenzung weiterer schädlicher Auswirkungen)


Leitsatz

1. Ein Antrag auf Genehmigung der vertragsärztlichen Verordnung von Cannabis ist nur dann für den möglichen Eintritt der Genehmigungsfiktion hinreichend bestimmt, wenn der Krankenkasse mindestens der Inhalt der geplanten vertragsärztlichen Verordnung entsprechend den betäubungsmittelrechtlichen Voraussetzungen mitgeteilt wird.

2. Die begründete vertragsärztliche Einschätzung muss bei festgestellter Cannabisabhängigkeit, bestehenden cannabinoidbedingten psychischen Störungen und Verhaltensstörungen oder anderen schädlichen Auswirkungen des Cannabiskonsums eine Abwägung enthalten, ob eine Kontraindikation für die Behandlung mit Cannabis allgemein oder für bestimmte Darreichungsformen und Mengen besteht und welche Vorkehrungen in der Therapie zur Vermeidung oder Begrenzung weiterer schädlicher Auswirkungen der Anwendung von Cannabis zu treffen sind.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 17. März 2022 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erstattung der Kosten für den Erwerb von Cannabisblüten auf ärztliche Verordnung in den Jahren 2017 bis 2022.

2

Der 1990 geborene und bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) versicherte Kläger beantragte am 28.2.2017 durch seine Betreuerin die Kostenübernahme für "verordnete Cannabisblüten/Zustimmung Therapie" zur Behandlung seiner 2015 diagnostizierten Fibromyalgie. Er behandele die ihn stark beeinträchtigenden Schmerzen selbst erfolgreich mit Cannabis. Die Beklagte wies den Kläger auf die Erforderlichkeit einer Untersuchung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung ([X.]) hin und forderte ergänzende Informationen beim Kläger an, insbesondere auch zu dem zu verordnenden Cannabispräparat (Schreiben vom 3.3.2017). Der Kläger legte am 17.3.2017 bei der Beklagten ein Rezept des Facharztes für Anästhesiologie G über die Verordnung von Sativex nebst Dosierung sowie den [X.], weitere Untersuchungsbefunde und ärztliche Berichte vor (jeweils vom 17.3.2017). Der [X.] enthält neben den Diagnosen ([X.] Fibromyalgie, chronischen Schmerzsyndrom, Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung und sonstiger cannbinoidbedingter psychischer Störung und Verhaltensstörung) auch Angaben zu den [X.], die [X.] Schmerzlinderung, Schaffung eines strukturierten Tagesablaufes und Reduktion auf 2-4 mal [X.] täglich beinhalten. Im Bericht der behandelnden Allgemeinmedizinerin wurden die bisherigen Therapieversuche dargestellt. Der [X.] bejahte ein Fibromyalgiesyndrom sowie eine Cannabisabhängigkeit, verneinte jedoch eine schwerwiegende Erkrankung (Gutachten vom 6.4.2017). Beim Kläger anwendbare vertragsärztliche Behandlungsoptionen seien noch nicht zum Einsatz gekommen. Bei einer [X.] psychischen Verhaltensstörung sei der Einsatz von Cannabis kontraindiziert, eine Entzugsbehandlung sei vorrangig.

3

Die [X.] lehnte die beantragte Kostenübernahme ab (Bescheid vom 10.4.2017; Widerspruchsbescheid vom 11.9.2017). Das [X.] hat die Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]), das L[X.] die Berufung zurückgewiesen. Es bestünden dem medizinischen Standard entsprechende Therapiealternativen. Es fehle auch an einer ärztlichen Einschätzung, dass diese beim Kläger nicht zur Anwendung gelangen könnten. Die Genehmigungsfiktion sei nicht eingetreten. Der Ablehnungsbescheid sei spätestens am 13.4.2017 und damit noch fristgerecht bekannt gegeben worden. Der Kläger habe zwar schon am 28.2.2017 einen hinreichend bestimmten Antrag gestellt. Die [X.] habe aber erst am 10.3.2017 mit Inkrafttreten der Rechtsgrundlage für die begehrte Cannabis-Versorgung zu laufen begonnen (Urteil vom 17.3.2022).

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 13 Abs 3a [X.]B V. Die Frist beginne unabhängig vom Inkrafttreten des § 31 Abs 6 [X.]B V. Es habe bereits am 28.2.2017 eine Anspruchsgrundlage für die begehrte Versorgung gegeben. Es sei nicht überzeugend, dass [X.]n Anträge ohne spezielle Anspruchsgrundlage nicht bearbeiten müssten. Sinngemäß rügt er zudem eine Verletzung von § 31 Abs 6 [X.]B V.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 17. März 2022 und das Urteil des [X.] vom 30. April 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 15 903,54 Euro zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Entgegen der Ansicht des L[X.] habe ein fiktionsfähiger Antrag erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgelegen. Im Übrigen sei das L[X.]-Urteil zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.][X.]). Das [X.] hat zu Recht die Berufung des [X.] gegen das klageabweisende Urteil des [X.] zurückgewiesen. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist zulässig, aber unbegründet.

9

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung seiner Kosten für die Selbstbeschaffung von Cannabisblüten auf ärztliche Verordnung. Er hat weder Kostenerstattung gewählt (§ 13 Abs 2 [X.]B V) noch handelte es sich nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.] bei der Selbstbeschaffung der Cannabisblüten um eine unaufschie[X.]are Leistung (§ 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 [X.]B V). Die Beklagte hat den auf die [X.]enehmigung der Verordnung von Cannabisblüten gerichteten Antrag des [X.] auch nicht zu Unrecht abgelehnt (dazu 1.). Ein Kostenerstattungsanspruch ergibt sich schließlich nicht aus § 13 Abs 3a Satz 7 [X.]B V. Eine [X.]enehmigungsfiktion ist nicht eingetreten (dazu 2.).

1. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des [X.] nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 [X.]B V nicht.

a) Hat die [X.] eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der [X.] in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (vgl B[X.] vom 2.9.2014 - B 1 KR 3/13 R - B[X.]E 117, 1 = [X.]-2500 § 28 [X.], Rd[X.] mwN). Dieser Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. [X.]egenstand des ablehnenden Bescheids ist allerdings nicht die Versorgung mit Cannabis selbst, sondern die [X.]enehmigung der vertragsärztlichen Verordnung von Cannabis.

Eine Besonderheit des Anspruchs auf Versorgung mit Cannabisprodukten nach § 31 Abs 6 [X.]B V besteht darin, dass es sich um einen Sachleistungsanspruch handelt, für den nach dessen Satz 2 bei der ersten Verordnung eine [X.]enehmigung durch die [X.] verlangt wird. Die [X.] gewährt mit der Entscheidung über den Antrag des Versicherten keinen Sachleistungsanspruch, sondern genehmigt die vertragsärztliche Verordnung von Cannabis, die ihrerseits Voraussetzung für einen entsprechenden Sachleistungsanspruch des Versicherten ist. Denn der sich aus § 27 Abs 1 Satz 2 [X.], § 31 Abs 6 [X.]B V ergebende [X.] auf Versorgung mit Cannabis bedarf zu seiner Realisierung gemäß § 73 Abs 2 Nr 7 [X.]B V, § 11 Abs 1 [X.] ([X.], Richtlinie nach § 92 Abs 1 Satz 2 [X.] [X.]B V), § 13 [X.] (BtM[X.]) iVm § 9 Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung ([X.]) einer vertragsärztlichen Verordnung. Die Verordnung dokumentiert gegenüber der Apotheke als Voraussetzung für deren Vergütungsanspruch, dass das Mittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ([X.]) abgegeben werden darf (vgl B[X.] vom 17.12.2009 - B 3 KR 13/08 R - B[X.]E 105, 157 = [X.]-2500 § 129 [X.], RdNr 17; B[X.] vom [X.] KR 3/10 R - B[X.]E 106, 303 = [X.]-2500 § 129 [X.], RdNr 13). Mit dem damit ermöglichten Bezug von Cannabis durch einen bestimmten, verordnungsbereiten Vertragsarzt auf Kosten der [X.] wird der Sachleistungsanspruch des Versicherten erfüllt. Die [X.]enehmigung nach § 31 Abs 6 Satz 2 [X.]B V ist gleichwohl mit der Leistung, die Versicherte als Sachleistung von der [X.] erhalten können, gleichzusetzen. Denn die [X.]enehmigung der [X.] ist nach Prüfung sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen zu erteilen und in der Sache deshalb wie eine Bewilligung der Leistung durch die [X.] zu behandeln.

b) Die Beklagte lehnte es auf der [X.]rundlage der unangegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 [X.][X.]) des [X.] zu Recht ab, die vom Kläger begehrte [X.]enehmigung der Verordnung von Cannabisblüten zu erteilen. Dem Kläger stand weder im Zeitpunkt der Ablehnungsentscheidung noch ab einem späteren Zeitpunkt im [X.] ein Anspruch auf [X.]enehmigung der Verordnung von Cannabisblüten zu.

[X.]) Rechtsgrundlage der begehrten [X.]enehmigung für die vertragsärztliche Verordnung von Cannabisblüten ist § 31 Abs 6 [X.]B V. Danach haben Versicherte Anspruch auf die Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol und Nabilon (nachfolgend zusammengefasst Cannabis), wenn sie an einer schwerwiegenden Erkrankung leiden (Satz 1), eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht oder nach einer begründeten ärztlichen Einschätzung nicht zur Anwendung kommen kann (Satz 1 Nr 1), eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht (Satz 1 [X.]) und bei der ersten Verordnung vor Beginn der Leistung eine [X.]enehmigung der [X.] vorlag, die nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnen ist (Satz 2).

Der Anspruch scheitert nicht bereits daran, dass beim Kläger keine schwerwiegende Erkrankung iS von § 31 Abs 6 Satz 1 [X.]B V vorläge (dazu [X.]) noch ist der festgestellte Cannabiskonsum des [X.] ein begründeter Ausnahmefall für die Versagung der [X.]enehmigung (dazu [X.]). Der Kläger erfüllt aber andere Anspruchsvoraussetzungen nicht. Nach den Feststellungen des [X.] stehen zur Behandlung der Erkrankungen des [X.] noch weitere, dem medizinischen Standard entsprechende Methoden zur Verfügung und es fehlt auch an einer begründeten Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes, warum diese nicht zur Anwendung kommen können (dazu dd).

[X.]) Anhaltspunkte für die Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung des [X.] sind nach den Feststellungen des [X.] nicht ersichtlich. Die Annahme einer schwerwiegenden Erkrankung erfordert, dass die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt ist. Maßgebend dafür sind die durch die Erkrankung hervorgerufenen Funktionsstörungen und -verluste, Schmerzen, Schwäche und [X.] bei den Verrichtungen des täglichen Lebens, die sich durch ihre Schwere vom Durchschnitt der Erkrankungen abheben müssen. Ein [X.]rad der Schädigung ([X.]dS) bzw [X.]rad der Behinderung ([X.]dB) von 50 für die mit Cannabis zu behandelnden Erkrankung nach [X.] aus Teil 2 der Anlage zu § 2 der [X.] ([X.]) kann dafür als Anhaltspunkt dienen, ist aber nicht als starrer [X.]renzwert zu verstehen. Entscheidend sind die in der [X.] enthaltenen Kriterien zur Schwere der Beeinträchtigungen aufgrund der Auswirkungen einer Erkrankung (ausführlich dazu B[X.] vom 10.11.2022 - B 1 KR 28/21 R - RdNr 13 ff). Zudem hat das B[X.] entschieden (Urteil vom 10.11.2022 - B 1 KR 19/22 R - RdNr 16), dass dann, wenn die Auswirkungen der mit Cannabis zu behandelnden Erkrankung nicht die Schwere des Einzel-[X.]dS von 50 erreicht, die Annahme einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Lebensqualität nicht ausgeschlossen ist. Soll Cannabis zur Behandlung mehrerer Erkrankungen oder Symptome eingesetzt werden, ist auf deren [X.]esamtauswirkungen abzustellen. Schränken sich ggf überschneidende und/oder einander wechselseitig verstärkende Auswirkungen die Lebensqualität insgesamt in einer einem Einzel-[X.]dS 50 vergleichbaren Schwere ein, kann grundsätzlich auch vom Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung ausgegangen werden. Sie kommt im Einzelfall in Betracht, etwa wenn ihre Auswirkungen aufgrund weiterer Erkrankungen, zu deren Behandlung kein Einsatz von Cannabis geplant ist, schwerer wiegen oder die Teilhabe am Arbeitsleben oder in einem anderen Bereich besonders einschränken.

Das [X.] ist davon ausgegangen, dass beim Kläger eine schwerwiegende Erkrankung iS des § 31 Abs 6 Satz 1 [X.]B V bestehe. Der Kläger leidet nach den Feststellungen des [X.] an einer Fibromyalgie mit mehreren Lokalisationen, einer gastroösophagealen Refluxkrankheit mit Ösophagitis, einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, einer Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung, einem Abhängigkeitssyndrom für Cannabinoide, sonstigen [X.] psychischen und Verhaltensstörungen, einer chronischen [X.]astritis, Spannungskopfschmerzen und einer posttraumatischen Belastungsstörung. Aufgrund dieser Erkrankungen bestehe bei dem Kläger seit Jahren und fortbestehend eine Schmerzsymptomatik mit witterungsabhängiger Verstärkung, Schlafstörungen, Konzentrationsmängeln, Reizbarkeit. Der Kläger habe erhebliche Probleme im Umgang mit der Umwelt, der Regelung des eigenen Tagesablaufs, der Eigenmotivation zur Problembewältigung und dem Aufbau normaler Strukturen, sodass er im Rahmen der Einzelfallhilfe einen Betreuer habe und im Betreuten Wohnen wohne. Die Lebensqualität sei daher nachhaltig und dauerhaft beeinträchtigt. Ob auf [X.]rundlage dieser Feststellungen bei dem Kläger eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt - wofür einiges spricht -, kann letztlich offenbleiben, weil weitere Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt sind (näher dazu dd).

[X.]) Der Cannabiskonsum des [X.] stellt schon aus Rechtsgründen keinen begründeten Ausnahmefall dar, die [X.]enehmigung abzulehnen.

Die [X.] kann die [X.]enehmigung der Verordnung gemäß § 31 Abs 6 Satz 2 [X.]B V nur in begründeten Ausnahmefällen ablehnen. Hierfür ist sie darlegungs- und beweispflichtig. Die dem Vertragsarzt eingeräumte [X.] zur Unanwendbarkeit einer Standardtherapie darf nicht unterlaufen werden. Ein begründeter Ausnahmefall setzt voraus, dass über die Anspruchsvoraussetzungen nach § 31 Abs 6 Satz 1 [X.]B V hinausgehende, besondere Umstände vorliegen. Jegliche Umstände, die bereits in die Abwägung des Vertragsarztes zur Abgabe der begründeten Einschätzung (§ 31 Abs 6 Satz 1 Nr 1 Buchst b [X.]B V) einzustellen sind, sind nicht geeignet, als begründeter Ausnahmefall eine Ablehnung der [X.]enehmigung zu rechtfertigen. Das gilt auch für einen Vorkonsum und eine Cannabisabhängigkeit, die [X.]egenstand der begründeten Einschätzung sind und regelmäßig keinen begründeten Ausnahmefall darstellen. Sollte der Vertragsarzt die notwendige Abwägung nicht auf vollständiger und zutreffender Tatsachengrundlage unter Berücksichtigung der [X.]ründe, die einer Therapie mit Cannabis entgegenstehen können, vorgenommen haben, scheitert der [X.]enehmigungsanspruch bereits an der unzureichend begründeten Einschätzung (s dazu B[X.] vom 10.11.2022 - B 1 KR 28/21 R - juris Rd[X.]8). In Betracht kommen deshalb in erster Linie nichtmedizinische [X.]ründe, etwa die unbefugte Weitergabe des verordneten Cannabis an Dritte (vgl B[X.], [X.]O, Rd[X.]1; B[X.] vom 10.11.2022 - B 1 KR 21/21 R - Rd[X.]5).

Ob der Cannabiskonsum des [X.] einer Behandlung mit Cannabis im Sinne einer Kontraindikation entgegensteht, ist hiernach in erster Linie vom behandelnden Vertragsarzt zu beurteilen. Die [X.]enehmigung kann in einem solchen Fall nicht mit der Begründung versagt werden, es liege ein Ausnahmefall vor.

dd) Die [X.]enehmigung einer Cannabis-Verordnung setzt voraus, dass eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung entweder nicht zur Verfügung steht (§ 31 Abs 6 Satz 1 Nr 1 Buchst a [X.]B V) oder im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes nicht zur Anwendung kommen kann (§ 31 Abs 6 Satz 1 Nr 1 Buchst b [X.]B V). Beide alternativ zu betrachtenden Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht.

Eine Standardtherapie steht nicht zur Verfügung, wenn es sie generell nicht gibt, sie im konkreten Einzelfall ausscheidet, weil der Versicherte sie nachgewiesenermaßen nicht verträgt oder erhebliche gesundheitliche Risiken bestehen (vgl B[X.] vom [X.] - B 1 KR 7/05 R - B[X.]E 96, 170 = [X.]-2500 § 31 [X.], Rd[X.]1; B[X.] vom 7.11.2006 - B 1 KR 24/06 R - B[X.]E 97, 190 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.]2) oder sie trotz ordnungsgemäßer Anwendung im Hinblick auf das beim Patienten angestrebte Behandlungsziel ohne Erfolg geblieben ist (vgl B[X.] vom 25.3.2021 - B 1 KR 25/20 R - B[X.]E 132, 67 = [X.]-2500 § 137c [X.], Rd[X.]2).

Ausgehend von diesen Maßstäben ergibt sich nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen, den Senat bindenden (§ 163 [X.][X.]) Feststellungen des [X.], dass noch Standardtherapien zur Behandlung der Schmerzerkrankung und zur Erreichung der angestrebten Behandlungsziele des [X.] zur Verfügung stehen. Diese bestehen in einer konsequent durchgeführten psychotherapeutischen Behandlung der Suchtproblematik mit anschließender multimodaler Schmerztherapie sowie der [X.]abe von Antidepressiva.

Steht danach fest, dass für die Behandlung der Erkrankungen Methoden zur Verfügung stehen, die dem medizinischen Standard entsprechen, bedarf es der begründeten Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes, warum diese unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des [X.] nicht zur Anwendung kommen können (§ 31 Abs 6 Satz 1 Nr 1 Buchst b [X.]B V). Hieran fehlt es vorliegend.

Auch wenn das [X.]esetz dem behandelnden Vertragsarzt eine [X.] zugesteht, sind an die begründete Einschätzung hohe Anforderungen zu stellen (im Einzelnen dazu B[X.] vom 10.11.2022 - B 1 KR 28/21 R - Rd[X.]4 ff). In die Abwägung einzubeziehen sind insbesondere auch Kontraindikationen und mögliche schädliche Auswirkungen der Therapie mit Cannabis (ausführlich dazu B[X.] vom 10.11.2022 - B 1 KR 19/22 R - Rd[X.]2; B[X.] vom 10.11.2022 - B 1 KR 28/21 R - Rd[X.]8; B[X.] vom 10.11.2022 - B 1 KR 21/21 R - Rd[X.]1). Die begründete vertragsärztliche Einschätzung muss, wenn eine Cannabisabhängigkeit und cannabinoidbedingte psychische und Verhaltensstörungen oder andere schädliche Auswirkungen des Cannabiskonsums festgestellt sind, eine sorgfältige Abwägung enthalten, ob eine Kontraindikation für die Behandlung mit Cannabis allgemein oder für bestimmte Darreichungsformen und Mengen besteht und welche Vorkehrungen in der Therapie zur Vermeidung oder Begrenzung weiterer schädlicher Auswirkungen der Anwendung von Cannabis zu treffen sind. Eine solche sorgfältige Abwägung erfordert regelmäßig eine eigene besondere Fachkunde des Cannabis verordnenden Vertragsarztes, soweit sie ihm nicht durch fundierte Stellungnahmen fachkundiger Ärzte vermittelt worden ist. Liegen voneinander abweichende ärztliche Stellungnahmen vor, genügt für eine begründete Stellungnahme nicht, dass sich der Vertragsarzt einer ärztlichen Einschätzung anschließt. Er muss auch nachvollziehbar darlegen, warum er dies tut.

Die dazu vom [X.] getroffenen, für den Senat bindenden Feststellungen hat der Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Das Vorliegen einer begründeten Einschätzung zur Nichtanwendbarkeit einer Standardtherapie hat das [X.] danach zutreffend verneint.

Die Ausführungen von [X.] in dem vorgelegten Arztfragebogen genügen den Anforderungen schon deshalb nicht, weil sich dessen Äußerungen - wie vom [X.] festgestellt - nicht auf die Verordnung von Cannabisblüten beziehen, sondern auf die Verordnung von Sativex. Das ist nicht ausreichend, weil die vom Vertragsarzt vorzunehmende Abwägung sich auf die Vor- und Nachteile des zu verordnenden [X.] und seiner Anwendungsform beziehen muss. Wie die Notwendigkeit einer erneuten [X.]enehmigung vor einem Wechsel der Verordnung zwischen Blüten, Extrakten oder Fertigarzneimitteln nach § 31 [X.] [X.]B V zeigt, kann eine begründete Einschätzung auf der [X.]rundlage einer geplanten Verordnung von Sativex auch nur einen [X.]enehmigungsanspruch für die Verordnung dieses Mittels begründen.

Auch im Übrigen genügen die vom [X.] festgestellten Ausführungen von [X.] nicht den Anforderungen an eine begründete Stellungnahme nach § 31 Abs 6 Satz 1 Nr 1 Buchst b [X.]B V. Es fehlen Angaben zu den Symptomen der zu behandelnden Erkrankungen und zum Krankheitszustand des [X.] unter Einschluss weiterer beim Kläger vorliegender Erkrankungen. Angaben zu allen verfügbaren Standardtherapien, ihrer [X.]eeignetheit hinsichtlich der Behandlungsziele und zu etwaigen Nebenwirkungen im Ausmaß einer behandlungsbedürftigen Erkrankung sind ebenfalls nicht vorhanden. Der pauschale Verweis darauf, dass diverse nichtsteroidale Antirheumatika ([X.]) wegen starker gastrointestinaler Beschwerden bzw allergischer Nebenwirkungen nicht mehr eingesetzt werden können, ist nicht ausreichend. Darüber hinaus benennt [X.] bei den [X.] die multimodale stationäre Schmerztherapie als Behandlungsoption, ohne darzulegen, warum diese beim Kläger nicht zur Anwendung kommen kann. Eine vom behandelnden Arzt selbst erkannte und dargelegte Behandlungsoption, zu der keine Abwägung hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit beim Patienten erfolgt, steht der für den [X.]enehmigungsanspruch erforderlichen begründeten Einschätzung entgegen.

Schwer wiegt auch die fehlende Abwägung mit den beim Kläger bestehenden [X.] psychischen und Verhaltensstörungen, die [X.] im ebenfalls der [X.] vorgelegten Therapievertrag als Diagnose genannt hatte. Den Ausführungen im Arztfragebogen ist weder zu entnehmen, ob sich hieraus eine Kontraindikation ergibt und welche Vorkehrungen in der Therapie zur Vermeidung oder Begrenzung weiterer schädlicher Auswirkungen der Anwendung von Cannabis zu treffen sind, noch, ob [X.] als Anästhesist über die Fachkunde verfügt, psychiatrisch oder psychotherapeutisch zu behandelnde Krankheitsbilder und die Auswirkungen eines weiteren Cannabiskonsums zu beurteilen.

Eine den Anforderungen genügende begründete Einschätzung des verordnenden Vertragsarztes ist auch im Klage- und Berufungsverfahren nicht erfolgt. Sie hätte ohnehin nur Bedeutung für eine danach erfolgte Selbstbeschaffung gehabt. Denn die begründete Einschätzung des Vertragsarztes eröffnet nur für die Zukunft einen Anspruch auf [X.]enehmigung der Versorgung mit Cannabis, nicht aber für die Vergangenheit. Letzteres wäre mit dem durch die begründete Einschätzung des Vertragsarztes und allgemein durch die [X.]-[X.]enehmigung verfolgten präventiven Schutzzweck nicht vereinbar (ausführlich zur begründeten Einschätzung B[X.] vom 10.11.2022 - B 1 KR 28/21 R - juris Rd[X.]4 ff). Die Leistungsgewährung erfolgt nur auf [X.]rundlage eines vorherigen Antrags der Versicherten bei der [X.]. Damit wird dem Ausnahmecharakter der Regelung Rechnung getragen, die die Versorgung mit Arzneimitteln auf Cannabisbasis ermöglicht, obwohl nicht das [X.] vorliegt, das üblicherweise in der [X.] verlangt wird. Das Vorliegen der Voraussetzungen hat die [X.] in jedem Einzelfall unter Einbeziehung des [X.] zu prüfen (vgl Begründung des Entwurfs eines [X.]esetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften BT-Drucks 18/8965 [X.]).

2. Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch des [X.] ergibt sich auch nicht aus § 13 Abs 3a Satz 7 [X.]B V aufgrund einer eingetretenen [X.]enehmigungsfiktion.

Die [X.]enehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a Satz 6 [X.]B V vermittelt dem Versicherten eine Rechtsposition sui generis. Diese erlaubt es ihm, sich die beantragte Leistung nach Fristablauf bei [X.]utgläubigkeit zu Lasten der [X.] selbst zu beschaffen, und verbietet es der [X.] nach erfolgter Selbstbeschaffung, eine Kostenerstattung mit der Begründung abzulehnen, nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe kein Rechtsanspruch auf die Leistung (vgl zum [X.]anzen B[X.] vom 26.5.2020 - B 1 KR 9/18 R - B[X.]E 130, 200 = [X.]-2500 § 13 [X.]3). Ein Anspruch nach § 13 Abs 3a Satz 7 [X.]B V kann deshalb nur hinsichtlich der Kosten für eine Leistung entstehen, die ein Versicherter hinreichend bestimmt beantragt und nach Eintritt der sich allein auf diesen Antrag beziehenden [X.]enehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a Satz 6 [X.]B V) selbst beschafft hat (vgl B[X.] vom [X.] - B 1 KR 8/21 R - [X.]-2500 § 28 [X.] RdNr 18).

Im Falle des [X.] ist keine [X.]enehmigungsfiktion eingetreten. Der Antrag auf [X.]enehmigung der Versorgung mit Cannabisblüten, der einem Leistungsantrag gleichzustellen ist (vgl zum Verhältnis von [X.]enehmigung und Leistung oben Rd[X.]) war erst am 17.3.2017, und damit am achten Tag nach Inkrafttreten des § 31 Abs 6 [X.]B V als Antrag nach § 31 Abs 6 Satz 1 [X.]B V hinreichend bestimmt (§ 31 Abs 6 [X.]B V idF des Art 4 [X.] des [X.]esetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 6.3.2017, B[X.]Bl I 403, mW vom 10.3.2017; dazu a). Die mit diesem Tag beginnende [X.] hat die [X.] nicht überschritten. Sie hat fristgemäß über den Antrag des [X.] entschieden (dazu b).

a) An die für den Eintritt der [X.]enehmigungsfiktion allgemein notwendige hinreichende Bestimmtheit des Antrages (dazu [X.]) sind wegen der Besonderheiten des Anspruchs nach § 31 Abs 6 [X.]B V gesteigerte Anforderungen zu stellen (dazu [X.]), ohne dass es der Vorlage eines Betäubungsmittel-Rezeptes bedurfte (ausführlich dazu B[X.] vom 10.11.2022 - B 1 KR 28/21 R - juris Rd[X.]6 ff). Diese Bestimmtheitsanforderungen erfüllte der Kläger erst am 17.3.2017 (dazu [X.]).

[X.]) Im Zusammenhang mit der [X.]enehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a Satz 6 [X.]B V kommt dem Leistungsantrag eine Doppelfunktion als Verfahrenshandlung und als materiell-rechtliche Voraussetzung zu (vgl B[X.] vom 26.2.2019 - B 1 KR 18/18 R - [X.]-2500 § 13 [X.]4 RdNr 19; B[X.] vom 11.9.2018 - B 1 KR 1/18 R - B[X.]E 126, 258 = [X.]-2500 § 13 [X.]2, RdNr 17). Die [X.]enehmigungsfiktion kann nur greifen, wenn der Antrag so bestimmt gestellt ist, dass die auf [X.]rundlage des Antrages fingierte [X.]enehmigung ihrerseits hinreichend bestimmt iS des § 33 Abs 1 [X.]B X ist. Die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit richten sich im Einzelnen nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts (B[X.] [X.]O). Dies gilt auch nach der Änderung der Rspr des Senats, dass die [X.]enehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a Satz 6 [X.]B V keinen Sachleistungs- sondern allein einen Kostenerstattungsanspruch begründet (vgl nur B[X.] vom [X.] - B 1 KR 8/21 R - [X.]-2500 § 28 [X.] RdNr 18). Auch der Umfang des [X.] muss durch die fingierte [X.]enehmigung hinreichend bestimmt umschrieben sein. Ein Antrag ist im Regelfall bereits dann hinreichend bestimmt, wenn das Behandlungsziel eindeutig ist, auch wenn mehrere Möglichkeiten zur Erfüllung der Leistungspflicht zur Verfügung stehen (vgl B[X.] vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - B[X.]E 123, 293 = [X.]-2500 § 13 [X.]6, RdNr 18; B[X.] vom 26.2.2019, [X.]O, Rd[X.]0).

[X.]) Ein Antrag auf [X.]enehmigung der vertragsärztlichen Verordnung von Cannabis ist nur dann für den möglichen Eintritt der [X.]enehmigungsfiktion hinreichend bestimmt, wenn der [X.] mindestens der Inhalt der geplanten vertragsärztlichen Verordnung entsprechend den betäubungsmittelrechtlichen Voraussetzungen mitgeteilt wird. Wegen der Besonderheiten des Anspruchs nach § 31 Abs 6 [X.]B V reicht die Angabe des [X.] oder die grobe Umschreibung der gewünschten Leistung nicht aus. Die vorgängige [X.]enehmigung einer vom Vertragsarzt auszustellenden Verordnung als Verwaltungsakt muss in ihrem Verfügungssatz den Inhalt der Verordnung genau bestimmen. Der Verfügungssatz der [X.]enehmigung (§ 33 Abs 1 [X.]B X) und die ausgestellte oder noch auszustellende Erstverordnung des Vertragsarztes müssen hinsichtlich aller Verordnungsdetails übereinstimmen. Notwendig ist die Angabe aller Verordnungsdaten, die für eine bei einer Apotheke zu Lasten der [X.] einlösbare Verordnung von Cannabis notwendig sind (aA Roller, [X.]b 2020, 343, 346). Die danach mit dem Antrag bereits anzugebenden Verordnungsdaten ergeben sich aus § 13 Abs 3 Satz 1 BtM[X.] iVm § 9 Abs 1 [X.]-5 [X.]. Erforderlich sind die

        

-       

Arzneimittelbezeichnung, ggf zusätzlich die Bezeichnung und [X.]ewichtsmenge des enthaltenen Betäubungsmittels je Packungseinheit, bei abgeteilten Zubereitungen je abgeteilter Form sowie die Darreichungsform,

        

-       

Menge des verschriebenen Arzneimittels in [X.]ramm oder Milliliter, Stückzahl der abgeteilten Form,

        

-       

[X.]ebrauchsanweisung mit Einzel- und Tagesangabe.

Dies folgt aus Wortlaut, Regelungssystematik, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck.

Nach § 31 Abs 6 Satz 1 [X.]B V besteht ein Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon (Cannabis). Die Leistung bedarf nach Satz 2 allerdings bei der ersten Verordnung der [X.]enehmigung der [X.], die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Schon nach dem Wortlaut der Regelung ist der Inhalt einer konkreten Verordnung zu genehmigen.

Binnensystematik und Entstehungsgeschichte der Norm bestätigen dies. Die Begründung des Entwurfs eines [X.]esetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften verweist darauf, dass die Prüfung bei der Erstverordnung zu erfolgen hat (BT-Drucks 18/8965 [X.]). Dabei hatte man zunächst nicht bedacht, dass es bei fortgesetzter Therapie auch zu einer Änderung der ärztlichen Verordnung kommen kann. Mit dem in die Vorschrift eingefügten § 31 [X.] [X.]B V in der ab 16.8.2019 geltenden Fassung des Art 12 Nr 1 Buchst c Doppelbuchst [X.] des [X.]esetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung vom [X.] (B[X.]Bl I 1202) hat der [X.]esetzgeber sodann geregelt, dass der Wechsel zu anderen Blüten oder zu anderen Extrakten (nicht aber von Blüten zu Extrakten oder umgekehrt) sowie die Anpassung der Dosierung in einer Folgeverordnung, also nach der genehmigten Erstverordnung, keiner erneuten [X.]enehmigung bedarf. [X.]rund hierfür war ausweislich der [X.]esetzesbegründung, dass es nunmehr zur Anpassung der Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 oder für den Wechsel zwischen getrockneten Cannabisblüten oder zwischen Cannabisextrakten in standardisierter Qualität keiner erneuten [X.]enehmigung nach Satz 2 bedürfen sollte (BT-Drucks 19/8753 [X.]). Diese [X.]esetzesänderung ist nur dann verständlich, wenn [X.]egenstand der [X.]enehmigung der Inhalt einer ganz konkreten ärztlichen Verordnung sein muss, so wie er für die Verschaffung des Cannabis durch eine Apotheke erforderlich ist. Der zusätzlichen Regelung in [X.] hätte es nicht bedurft, wenn die [X.]enehmigung nach Abs 6 Satz 2 nur allgemein die Verordnung der in Satz 1 genannten Cannabismittel ohne Beschränkung auf eine bestimmte Blütensorte, ein bestimmtes Cannabisextrakt oder eine bestimmte Dosierung erfassen würde.

Dies befindet sich angesichts - bislang - fehlender anderweitiger Qualitätssicherungen auch im Einklang mit dem durch die [X.]enehmigung verfolgten Zweck des präventiven Schutzes der Versicherten durch eine Plausibilitätskontrolle der jeweiligen konkreten Behandlungsfälle durch die [X.] unter Mitwirkung des [X.] (jetzt: Medizinischer Dienst; vgl oben Rd[X.]0). Eine solche erstmalige Kontrolle ist nur dann effektiv möglich, wenn das genaue therapeutische Vorgehen des Vertragsarztes bekannt ist.

[X.]) Nach den Feststellungen des [X.] begehrte der Kläger mit dem am 28.2.2017 gestellten Antrag die Kostenübernahme für "verordnete Cannabisblüten/Zustimmung Therapie, ohne dass dem Antrag bereits weitere Unterlagen, wie etwa eine Verordnung oder eine Mitteilung des behandelnden Vertragsarztes über die beabsichtigte Verordnung beigefügt waren. Aufgrund der fehlenden Verordnungsdaten war der Antrag vom 28.2.2017 nicht hinreichend bestimmt, sodass die Fristen des § 13 Abs 3a Satz 1 [X.]B V nicht in Lauf gesetzt wurden. Frühestens mit der Vorlage des Rezeptes über die beabsichtigte Verordnung von Sativex 3x2 Sprühstöße täglich und Cannabisblüten [X.] 14/1 ([X.] 22.12) 50g 2x tgl. 100 mg am 17.3.2017 war der Antrag hinreichend bestimmt gestellt.

b) Die Beklagte hat innerhalb der hier maßgeblichen [X.] dem [X.] ihre [X.]enehmigungsversagung rechtzeitig bekanntgegeben.

Nach § 13 Abs 3a [X.]B V in der hier maßgeblichen Fassung des [X.]esetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom [X.] (B[X.]Bl I 277) hat die [X.] über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden (Satz 1). Wenn die [X.] eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (Satz 2).

Innerhalb der [X.] ist dem Kläger die Mitteilung der Beklagten über die Notwendigkeit der Beauftragung des [X.] mit einer gutachtlichen Stellungnahme mit der Rechtsfolge zugegangen, dass eine [X.] maßgeblich war. Ausgehend vom 17.3.2017, dem Tag des bei der Beklagten eingegangenen, hinreichend bestimmten Antrags, lief die Frist am [X.] ab. Der Ablehnungsbescheid des [X.] vom 10.4.2017 wurde dem Kläger nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.] spätestens am 13.4.2017 bekanntgegeben und verhinderte demnach den Eintritt der [X.]enehmigungsfiktion.

3. [X.] folgt aus § 193 [X.][X.].

[X.]

Meta

B 1 KR 9/22 R

10.11.2022

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Berlin, 30. April 2019, Az: S 182 KR 2081/17, Urteil

§ 31 Abs 6 S 1 Nr 1 Buchst a SGB 5, § 31 Abs 6 S 1 Nr 1 Buchst b SGB 5, § 31 Abs 6 S 1 Nr 2 SGB 5, § 31 Abs 6 S 2 SGB 5, § 31 Abs 6 S 4 SGB 5, § 13 Abs 3 S 1 SGB 5, § 13 Abs 3a S 6 SGB 5, § 13 Abs 3a S 7 SGB 5, § 33 Abs 1 SGB 10, § 13 BtMG 1981, § 9 Abs 1 BtMVV 1998, § 2 VersMedV, Anlage VersMedV

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 10.11.2022, Az. B 1 KR 9/22 R (REWIS RS 2022, 9218)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9218

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