Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.07.2013, Az. 3 StR 143/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2013, 3853

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 143/13
vom
25. Juli 2013
in der Strafsache
gegen

wegen
bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
u.a.

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 25. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 4.
Februar 2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

a)
in den Fällen II. 1) und 2) der Urteilsgründe
b)
im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.

2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das Landgericht
hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, wegen [X.] gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit
vorsätzlicher Körper-verletzung, wegen Beleidigung und wegen vorsätzlicher Körperverletzung
zu 1
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der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten
hat in dem sich aus der [X.] ergebenden Umfang Erfolg. Im Übri-gen ist sie unbegründet im Sinne von §
349 Abs.
2 StPO.

1. In den Fällen II. 1) und 2) der Urteilsgründe hält die Verurteilung we-gen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Nach den Feststellungen des [X.] fasste der Angeklagte den Entschluss, in seiner Wohnung Marihuana anzubauen, um seinen Eigenbedarf zu decken und sich durch den Vertrieb des Rauschmittels eine fortlaufende Einkommensquelle zu verschaffen. Je die Hälfte des geernteten [X.] war für den Verkauf bzw. den Eigenkonsum bestimmt. Die Umsetzung dieses Planes führte unter anderem im August 2011 zu einer Ernte von 428 g Mari-huana mit einem Wirkstoffgehalt von 16,3 % THC, insgesamt also ca. 69,9 g THC, das bei einer
Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten sichergestellt werden konnte. Danach pflanzte der Angeklagte
wiederum Marihuana an, das vor Erreichen der [X.] am 13.
September 2011 entdeckt wurde. Zu die-sem Zeitpunkt besaßen die Pflanzen und Setzlinge ein Gesamtgewicht von rund 263 g mit einem Wirkstoffgehalt von 3,2 %, mithin 8,42 g THC. Der Ange-klagte
hatte auch in diesem Fall mit einer Ernte von
mindestens 400 g Mari-huana gerechnet. Während er noch die Ernte der erstgenannten Aufzucht trocknete und mit dem weiteren Anbau beschäftigt war, kaufte der Angeklagte
sich eine Machete mit einer Klingenlänge von ca. 40 cm, die er "cool und schick"
fand, und legte diese "offen"
auf einem Fernsehschrank des Wohnzim-mers ab, in dem er das geerntete Marihuana trocknete, verpackte und verkauf-te.
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Diese Feststellungen belegen zwar, dass der Angeklagte
mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen
Handel getrieben hat ([X.], Urteil
vom 20. Dezember 2012 -
3 [X.], NJW 2013, 1318 ff.). Sie tragen jedoch den Schuldspruch wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungs-mitteln nicht. [X.] im Sinne des § 30a Abs. 2 [X.] BtMG sind ne-ben den Schusswaffen nur solche, die zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind. Während an der Eignung der Machete, durch ihren Einsatz Personen zu verletzen, keine Zweifel bestehen, verhält sich das Urteil nicht zu der Frage einer diesbezüglichen Zweckbestimmung durch den Angeklagten ([X.], Beschluss vom 9. Oktober 1997 -
3 [X.], [X.]St 43, 266, 268 f.; Beschluss vom 25. Mai 2010 -
1 [X.], [X.], 98 f.). Auf [X.] hierzu konnte aber im vorliegenden Fall nicht verzichtet werden, da es sich bei der Machete nicht um eine Waffe im Sinne des § 1 Abs. 2 [X.] [X.] handelt (vgl. [X.], Beschluss vom 9. Oktober 1997 -
3 [X.], [X.]St 43, 266, 269; Beschluss vom 11. Februar 2003 -
5 [X.]/02,
[X.]R BtMG § 30a Abs. 2 Gegenstand 4; [X.]/[X.]/Papsthart, Waffenrecht, 9. Aufl., § 1 [X.] Rn. 23), so dass sich diese subjektive Zweckbestimmung durch den [X.] nicht von selbst versteht (s. [X.], BtMG, 4. Aufl., § 30a Rn. 117 mwN).

Die Aufhebung der Verurteilungen wegen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge führt zum Wegfall der hierfür verhängten Einzelstrafen. Damit hat auch die Gesamtstrafe keinen Bestand.

2. Ergänzend bemerkt der Senat:

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Die Strafkammer
hat die Strafe für die beiden Betäubungsmitteldelikte, bei denen sie zwar die Voraussetzungen für einen minder schweren Fall nach §
30a Abs. 3 BtMG, nicht aber nach § 29a Abs. 2
BtMG als erfüllt angesehen hat, einem Strafrahmen von eins bis zehn
Jahren entnommen. Dies entspricht zwar der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. [X.], Urteil vom 13. Februar 2003 -
3 [X.], NJW 2003, 1679, 1680; Beschluss vom 1.
April 2009 -
1 [X.], [X.], 214; Beschluss vom 25. Mai 2010
-
1 [X.], [X.], 98, 99). Der Senat neigt
allerdings dazu, unter [X.] seiner bisherigen Rechtsprechung in den Fällen eines minder schweren Falles des § 30a Abs. 3 BtMG, in denen nicht gleichzeitig die Voraussetzungen eines minder schweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG gegeben sind, auch die Höchststrafe dem § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen.

§ 30a Abs. 2 [X.] BtMG begründet eine weitere Qualifikation zu § 29a Abs. 1 [X.] BtMG, der sich seinerseits gegenüber dem Grundtatbestand des §
29 Abs. 1 BtMG als qualifiziertes Delikt darstellt. Liegen die Voraussetzungen des § 30a Abs. 2 BtMG vor, so treten der Qualifikationstatbestand des § 29a Abs. 1 [X.] BtMG und der Grundtatbestand des § 29 Abs. 1 BtMG nach dem Grundsatz der Spezialität in [X.] hinter diese Vorschrift zurück ([X.], Urteil vom 13. Februar 2003 -
3 [X.], NJW 2003, 1679, 1680). Für denjenigen, der beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eine Waffe oder einen sonstigen zur Verletzung von Personen bestimm-ten und geeigneten Gegenstand mit sich führt, sieht § 30a Abs. 2 BtMG den erhöhten Strafrahmen von fünf bis fünfzehn Jahren vor. In minder schweren Fällen reicht der Strafrahmen nach § 30a Abs. 3 BtMG von sechs
Monaten bis zu zehn Jahren. Da im Rahmen der hierfür geforderten Gesamtwürdigung auch
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der minderen Gefährlichkeit der Waffe oder des sonstigen Gegenstandes Rechnung getragen werden kann ([X.], Beschluss vom 4. Februar 2003
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GSSt 1/02, [X.]St 48, 189, 197), folgt aus der Annahme eines minder schwe-ren Falles nach § 30a Abs. 3 BtMG nicht ohne
Weiteres, dass damit auch die Voraussetzungen für einen minder schweren Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG vor-liegen. Ist ein minder schwerer Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG nicht gegeben, so entfaltet nach einhelliger Auffassung -
wie bei Tateinheit (§ 52 Abs. 2 Satz 2 StGB) -
die Mindeststrafe des zurückgetretenen § 29a Abs. 1 BtMG eine Sperrwirkung für die [X.] auch dann, wenn die Voraussetzungen des § 30a Abs. 3 BtMG
erfüllt sind ([X.], Urteil vom 13. Februar 2003 -
3 [X.], NJW 2003, 1679, 1680; Beschluss vom 1. April 2009 -
1 [X.], [X.], 214; Beschluss vom 25. Mai 2010 -
1 [X.], [X.], 98, 99;
vgl. [X.], Urteil vom 24. April 1951 -
1 [X.], [X.]St 1, 152, 155
f.; Beschluss vom 3. Juli 1981 -
3 [X.], [X.]St 30, 166, 167).

Entgegen der bisherigen Rechtsprechung kann für die sich aus § 29a Abs. 1 BtMG ergebende Strafobergrenze nichts anderes gelten (a.A. [X.], [X.] vom 25. Mai 2010 -
1 [X.], [X.], 98, 99; Beschluss vom 3.
Juli 1981 -
3 [X.], [X.]St
30, 166, 167; vgl. aber Urteil vom 14.
Januar 1964 -
1 [X.], [X.]St 19, 188, 189), da sonst die Erfüllung des weiteren Qualifikationstatbestandes
des §
30a Abs.
2 [X.] BtMG
zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Privilegierung des [X.] hinsichtlich des anzu-wendenden Strafrahmens führt. Der Täter, der mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel treibt und dabei eine Waffe oder einen sonstigen Ge-genstand mit sich führt, erfüllt auch den Tatbestand des zurückgetretenen §
29a Abs. 1 BtMG. Deshalb ist die hierfür zu verhängende Strafe weiterhin dieser Vorschrift zu entnehmen, wenn der Strafrahmen des § 30a Abs. 2 BtMG nicht zur Anwendung kommt. Die Annahme eines minder schweren Falles nach 9
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§ 30a Abs.
3 BtMG vermag zwar den Strafrahmen des § 30a Abs. 2 BtMG, nicht aber den des § 29a Abs. 1 BtMG zu mildern. Dies ist vielmehr der Rege-lung des minder schweren Falles in § 29a Abs. 2 BtMG vorbehalten. Liegen dessen Voraussetzungen nicht vor, so bleibt es beim Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG.

Dem steht nicht die Erwägung entgegen, dass der Täter durch eine [X.] an die Höchststrafe des nach [X.] verdrängten [X.] nicht mit einer Strafe belegt werden darf, die den Strafrahmen des nach dem Schuldspruch angewendeten Strafgesetzes übersteigt (vgl. [X.],
Beschluss vom 3. Juli 1981 -
3 [X.], [X.]St 30, 166, 167
f.). Denn auch die dem Schuldspruch zugrundeliegende Strafvorschrift des § 30a Abs. 2 BtMG sieht -
wie § 29a Abs. 1 BtMG -
eine Höchststrafe von fünfzehn Jahren vor.

Auch dem gesetzgeberischen Willen lässt sich Gegenteiliges nicht ent-nehmen (anders [X.],
Beschluss vom 25. Mai 2010 -
1 [X.], [X.], 98, 99). Zwar wollte der Gesetzgeber mit der Erhöhung der Strafobergrenze des § 30a Abs. 3 BtMG auf zehn Jahre durch das Gesetz zur Änderung arz-neimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 ([X.], 2009, 1990) von der Rechtsprechung aufgezeigten Wertungswidersprüchen bei An-wendung der Strafrahmen der §§ 29a, 30 und 30a BtMG Rechnung tragen. Dabei hatte er aber insbesondere Ungereimtheiten bei den in bestimmten Konstellationen mittäterschaftlicher Begehung von [X.] anzuwendenden Strafrahmen im Blick. So sollte mit der Gesetzesänderung einer Besserstellung des -
ohne Wissen der anderen -
bewaffneten [X.], für den lediglich im Hinblick auf die mindere Gefährlichkeit der Waffe ein minder schwerer Fall angenommen wurde, gegenüber seinen Mittätern [X.] und die Verhängung im Verhältnis der Mittäter untereinander angemesse-10
11
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ner Strafen ermöglicht werden (BT-Drucks. 16/12256,
Seite 61). Dass der Ge-setzgeber das bewaffnete Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in den Fällen, in denen wegen der minderen Gefährlichkeit der Waffe ein minder schwerer Fall zwar nach § 30a Abs. 3 BtMG, nicht aber nach § 29a Abs. 2 BtMG vorliegt, eine Strafobergrenze von zehn Jahren festschreiben wollte, lässt sich den [X.]materialien nicht entnehmen.

[X.]

Ri[X.] [X.] und Ri[X.] Hubert
befinden sich im Urlaub und sind
daher gehindert
zu unterschreiben.

[X.]

Ri[X.] [X.] befindet sich

Spaniol

im Urlaub und ist daher

gehindert zu unterschreiben.

[X.]

Meta

3 StR 143/13

25.07.2013

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.07.2013, Az. 3 StR 143/13 (REWIS RS 2013, 3853)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3853

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