Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2010, Az. 3 StR 353/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2010, 2730

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] vom 5. Oktober 2010 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] - zu 2. auf dessen Antrag - am 5. Oktober 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. April 2010 a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit gewerbsmäßiger unerlaub-ter Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 [X.] an Personen unter 18 Jahren, der gewerbsmäßigen un-erlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an Personen unter 18 Jahren in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in neun Fällen sowie der gewerbsmäßigen unerlaubten Abga-be von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an Personen unter 18 Jahren in 12 Fällen schuldig ist; b) im Ausspruch über die Gesamtstrafen mit der Maßgabe aufgehoben, dass die aufrechterhaltene Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis entfällt und eine nach-trägliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafen nach §§ 460, 462 StPO, auch über die Kosten des Rechts-mittels, zu treffen ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. - 3 - Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen "der gewerbsmäßigen Ab-gabe von Betäubungsmitteln (Cannabis) als Person über 21 Jahre an Personen unter 18 Jahren in Tateinheit mit Handeln mit Betäubungsmitteln (Cannabis) in 22 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungs-mitteln (Cannabis) in nicht geringer Menge unter Mitsichführen einer Schuss-waffe und eines sonstigen Gegenstandes, der nach seiner Art zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist" 1 - unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des [X.] vom 15. April 2008 (215 [X.]/08 7291 Js 98327/07) zu [X.] und acht Monaten, wobei die verhängte Sperre für die Fahrerlaubnis aufrechterhalten bleibt, - unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des [X.] vom 29. Mai 2008 (324 [X.]/08 3121 Js 84840/07) nach [X.] zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von einem Jahr und - unter Einbeziehung der Strafen aus dem Strafbefehl des [X.] vom 10. Juli 2009 (215 Cs 341/09 2031 [X.]) und aus dem Urteil des [X.] vom 13. November 2009 (233 [X.]/09 7261 Js 48032/09) zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. 2 - 4 - 1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der [X.] hat aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] weder zum Verfahren noch zur Beweiswürdigung einen Rechtsfehler zum Nachteil des [X.] ergeben. Jedoch war auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffe-nen Feststellungen der Schuldspruch zu ändern. 3 Im Fall [X.] 22. der Urteilsgründe ist der Angeklagte des bewaffneten [X.] mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit ge-werbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an Personen unter 18 Jahren schuldig. Das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) tritt als Grunddelikt hinter der Qualifikation des be-waffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) zurück ([X.], BtMG, 3. Aufl., § 30a Rn. 196). Soweit die [X.] keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob bei der in der Woh-nung des Angeklagten sichergestellten Schreckschusspistole der Explosions-druck nach vorne austritt, was Voraussetzung für das Vorliegen einer Schuss-waffe im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG wäre ([X.], Urteil vom 12. Oktober 2005 - 2 [X.], [X.]R BtMG § 30a Abs. 2 Waffe 1; [X.], aaO, Rn. 95 f.), gefährdet dies den Bestand des Schuldspruchs nicht. Denn bei dem in der Wohnung, aus der der Angeklagte das Cannabis verkaufte, ebenfalls aufgefun-denen Dolch mit einer Klingenlänge von 12 cm handelt es sich um eine Waffe im technischen Sinn und damit einen Gegenstand, der zur Verletzung von Per-sonen bestimmt und geeignet ist ([X.], aaO, Rn. 108). Der Angeklagte führte den Dolch im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG mit sich, weil er diesen [X.] gebrauchsbereit zusammen mit einem Teil des zum Weiterverkauf be-stimmten Rauschgifts verwahrte, sodass er ihn jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand benutzen konnte ([X.], Beschluss vom 18. April 2007 - 3 [X.], [X.]R BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 8). Für die Erfüllung des [X.] - 5 - bestandes des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist es ausreichend, dass der Dolch nur während einzelner Verkäufe aus der Gesamtmenge von 200 Gramm Marihuana (Wirkstoffgehalt 8,5 % THC) zur Verfügung stand ([X.], aaO, Rn. 144 f.). In den Fällen [X.] 13. bis 21. der Urteilsgründe hat sich der Angeklagte wegen gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an Personen unter 18 Jahren in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäu-bungsmitteln in neun Fällen strafbar gemacht. Insoweit ist die Verurteilung we-gen tateinheitlich begangenen Handeltreibens mit Betäubungsmittel nicht zu beanstanden, weil der Angeklagte nach den Feststellungen im Zeitraum von Dezember 2007 bis Mai 2008 Teilmengen des jeweils gekauften Rauschgifts auch an den erwachsenen Zeugen S. verkaufte, sodass allein die [X.] wegen gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an Personen unter 18 Jahren den Unrechtsgehalt dieser Taten nicht ausschöpfen würde. 5 In den Fällen [X.] 1. bis 12. der Urteilsgründe muss die tateinheitliche Ver-urteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln entfallen, weil das [X.] insoweit nicht sicher ausschließen konnte, dass der Angeklagte das Rauschgift nur an die Minderjährigen verkaufte oder selbst verbrauchte. Bei einer solchen Fallkonstellation wird von der Verurteilung wegen gewerbsmäßi-ger Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an Personen un-ter 18 Jahren auch der im Handeltreiben mit Betäubungsmitteln liegende Un-rechtsgehalt der Tat erfasst ([X.], aaO, § 30 Rn. 116; [X.]/Wienroeder, BtMG, 3. Aufl., § 30 Rn. 31; Körner, BtMG, 6. Aufl., § 30 Rn. 72). Ob dieses Konkurrenzverhältnis auch beim Handeltreiben in nicht geringer Menge gilt, braucht der [X.] nicht zu entscheiden (vgl. [X.], Beschluss vom 13. Juli 1994 6 - 6 - - 3 StR 138/94, [X.]R BtMG § 30a Konkurrenzen 1; [X.], Urteil vom 24. Juli 1997 - 4 [X.], nicht tragend). 2. Trotz der Änderung des Schuldspruchs können die verhängten Einzel-strafen bestehen bleiben. Das [X.] hat jeweils rechtsfehlerfrei minder schwere Fälle gemäß § 30 Abs. 2, § 30a Abs. 3 StGB angenommen und bei der konkreten Strafzumessung die tateinheitliche Begehung der weggefallenen Straftatbestände nicht strafschärfend berücksichtigt. Im Fall [X.] 22. der Urteils-gründe hat es zu Lasten des Angeklagten weder das Mitsichführen von zwei Waffen noch die konkrete Gefährlichkeit der Schreckschusspistole gewertet. Unter diesen Umständen schließt der [X.] aus, dass die [X.] bei zu-treffender rechtlicher Würdigung mildere Einzelstrafen ausgesprochen hätte. 7 Soweit das [X.] gemäß § 31 BtMG aF, § 49 Abs. 2 StGB die Un-tergrenze der Strafrahmen der minder schweren Fälle gemäß § 30 Abs. 2, § 30a Abs. 3 StGB auf das gesetzliche Mindestmaß herabgesetzt und nicht er-kennbar geprüft hat, ob § 31 BtMG in der ab 1. September 2009 geltenden Fassung anzuwenden ist, ist der Angeklagte nicht beschwert. Zwar wäre unter der Voraussetzung, dass er vor Eröffnung des Hauptverfahrens sein Wissen über seinen Marihuanalieferanten offenbart haben sollte (§ 46b Abs. 3 StGB), eine für den Angeklagten günstigere Milderung nach § 49 Abs. 1 StGB mit einer Strafobergrenze von drei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe möglich ge-wesen. Angesichts der moderaten Freiheitsstrafen von acht Monaten (Fälle [X.] 1. bis 20.), von einem Jahr drei Monaten (Fall [X.] 21.) und von einem Jahr acht Monaten (Fall [X.] 22.) sowie des Umstandes, dass sich das [X.] bei der Strafzumessung nicht an der Obergrenze des Strafrahmens orientiert hat, wä-ren von der [X.] geringere Einzelstrafen nicht ausgesprochen worden. 8 - 7 - 3. Nicht bestehen bleiben können die verhängten drei Gesamtstrafen. Hierzu hat der [X.] in seiner Antragsschrift ausgeführt: 9 "Das [X.] hat nicht berücksichtigt, dass in die erste zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe aufgrund der Zäsurwirkung des Strafbefehls des [X.] vom 15. April 2008 nicht nur die Strafe aus diesem Strafbefehl und die Strafen für die vorliegend abgeurteilten Ta-ten 1 bis 19 ([X.]: 01.06. bis 31.08.2007, 01.09.2007 bis 15.03.2008) und 21 (Tatzeit: Anfang 2008), sondern auch die Strafe aus dem Urteil des [X.] vom 29. Mai 2008, dem eine am 12. Mai 2007 begangene Tat zugrunde lag, einzubeziehen gewesen wären ([X.]St 32, 190, 192 ff.; [X.] NStZ-RR 2007, 369 f.; [X.] Aufl. § 55 Rdn. 12 m.w.N.). Daneben könnte die Bil-dung einer weiteren nachträglichen Gesamtfreiheitsstrafe aus den [X.] für die Fälle 20 (Tatzeit: 16.05. bis 01.06.2008) und Fall 22 (Tatzeit: Anfang Juni 2008) sowie den Strafen aus den Vorverurteilungen durch das [X.] vom 10. Juli 2009 und vom 13. November 2009 in Betracht kommen, sofern die Vollstre-ckung der Strafen aus den betreffenden Vorerkenntnissen zum Zeit-punkt der Entscheidung der [X.] nicht bereits erledigt war. Angaben darüber, dass dies nicht der Fall war, weil diese Strafen be-reits verbüßt sind oder sonstige Rechtsgründe gegen ihre Einbezie-hung vorliegen, enthält das Urteil nicht. Nach §§ 349 Abs. 4, 354 Abs. 1b Satz 1 StPO sind die Gesamtstrafen daher mit der Maßgabe aufzuheben, dass über die Frage einer nachträglichen Gesamtstra-fenbildung eine gerichtliche Entscheidung nach §§ 460, 462 StPO zu-treffen ist. In den Tenor der neuen Gesamtstrafenentscheidung wird dann auch die Anordnung, dass zur Kompensation einer rechts-staatswidrigen Verfahrensverzögerung zwei Monate der zweiten ([X.] als verbüßt anzusehen sind ([X.]), auf-zunehmen sein. Infolge der Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafen kommt es nicht mehr darauf an, dass die [X.] trotz der Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des [X.] vom 15. April 2008 die darin verhängte Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrer-laubnis (§§ 69, 69a StGB) nicht aufrechterhalten konnte, weil diese bereits abgelaufen war ([X.]; [X.]St 42, 308; [X.] 55 Rdn. 29 m.w.N.)." - 8 - Dem schließt sich der [X.] an. Wegen des Ablaufs der Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis war auszusprechen, dass diese Maßregel entfällt. 10 4. Die Kosten- und Auslageentscheidung war dem Verfahren gemäß §§ 460, 462 StPO vorzubehalten. 11 [X.] von [X.] Mayer

Meta

3 StR 353/10

05.10.2010

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2010, Az. 3 StR 353/10 (REWIS RS 2010, 2730)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2730

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

21 KLs-72 Js 857/20-1/21 (Landgericht Essen)


2 StR 219/22 (Bundesgerichtshof)

Erforderliche Feststellungen zum Qualifikationstatbestand des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln


1 StR 211/15 (Bundesgerichtshof)

Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Aufbewahrung eines Schlagrings in demselben Raum wie die gelagerten Drogen


3 StR 143/13 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Strafobergrenze bei gleichzeitigem Mitsichführen einer Waffe


3 StR 445/20 (Bundesgerichtshof)

Strafverurteilung wegen bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Mitsichführen einer Schusswaffe oder eines …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.