Bundessozialgericht, Beschluss vom 14.02.2020, Az. B 9 V 41/19 B

9. Senat | REWIS RS 2020, 2316

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Beschwerdebegründung - erforderliche Sachverhaltsdarstellung - Verweis auf Sachverhaltszusammenfassung des LSG nicht ausreichend - Ausschluss von Fragen der freien Beweiswürdigung aus der Grundsatzbeschwerde - sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensfehler - unterlassene Sachaufklärung - Darlegungsanforderungen


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 29. August 2019 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt in der Hauptsache wegen eines am 27.11.2013 erlittenen vorsätzlichen tätlichen rechtswidrigen Angriffs eine Höherbewertung des Grades der Schädigungsfolgen ([X.]) von mindestens 30 und die Gewährung einer Beschädigtenrente über Juni 2014 hinaus. Diesen Anspruch hat das [X.] verneint, weil die anerkannten Schädigungsfolgen einer posttraumatischen Belastungsstörung und der Verlust der vierten Zehe am linken Fuß ab Juli 2014 keinen rentenberechtigenden [X.] mehr bedingten und kein Anspruch auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen bestehe. Das [X.] habe die vorliegenden medizinischen Äußerungen zum Gesundheitszustand des [X.] bereits sorgfältig im Einzelnen ausgewertet und bezüglich der [X.]-Bewertung die anerkannten Schädigungsfolgen zutreffend in das System der versorgungsmedizinischen Grundsätze eingeordnet. Hierauf werde nach § 153 Abs 2 [X.]G Bezug genommen. Die Einholung eines [X.] auf psychiatrischem Gebiet sei ebenso wenig angezeigt wie die Anhörung von Frau Dr. M. A. nach § 109 [X.]G (Urteil vom 29.8.2019).

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim B[X.] eingelegt. Er macht als Zulassungsgrund die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und einen Verfahrensmangel geltend.

3

II. Die Beschwerde des [X.] ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) und des [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G).

4

1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl zum Ganzen [X.]sbeschluss vom 31.1.2018 - [X.] V 63/17 B - juris Rd[X.] 6; [X.]sbeschluss vom 30.11.2017 - [X.] V 35/17 B - juris Rd[X.] 4). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung des [X.] nicht gerecht.

5

a) Der Kläger versäumt es bereits, den der Entscheidung des [X.] zugrundeliegenden Sachverhalt darzustellen. Eine verständliche Sachverhaltsschilderung gehört jedoch zu den Mindestanforderungen einer Grundsatzrüge. Es ist nicht Aufgabe des [X.], sich im Rahmen des [X.]s die entscheidungserheblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil selbst herauszusuchen (vgl stRspr, zB B[X.] Beschluss vom 12.2.2018 - [X.] ÜG 12/17 B - juris Rd[X.] 7; B[X.] Beschluss vom 29.9.2017 - B 13 R 365/15 B - juris Rd[X.]). Der bloße Hinweis auf den mit der Klage verfolgten Anspruch reicht im [X.] ebenso wenig aus wie der pauschale Verweis des [X.] auf die "Sachverhaltszusammenfassung" des [X.] (vgl [X.]sbeschluss vom 29.5.2019 - [X.] V 15/19 B - juris Rd[X.]0).

6

b) Darüber hinaus hat der Kläger aber auch keine Rechtsfrage iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G bezeichnet. Er hält sinngemäß die Frage für grundsätzlich bedeutsam, wie sich das Gericht zu verhalten hat, wenn unterschiedliche Gutachten/Stellungnahmen vorliegen, die jeweils zu anderen Ergebnissen gelangen, die jedoch für den Verfahrensausgang essenziell wichtig sind. Diese Fragestellung zielt jedoch auf die Klärung und Bewertung von Tatsachen ab und beinhaltet im [X.] letztlich Fragen der Beweiswürdigung und der Sachaufklärung. Die Zulassung der Revision kann gemäß § 160 Abs 2 [X.] Teilsatz 2 [X.]G aber nicht mit der Behauptung verlangt werden, das [X.] habe gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung verstoßen. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass die Beschwerde ausdrücklich eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G geltend macht, sondern auch dann, wenn sie ihre Angriffe gegen die Beweiswürdigung des [X.] in das Gewand einer Grundsatzrüge zu kleiden versucht. Ein Beschwerdeführer kann die gesetzlichen Beschränkungen der Verfahrensrüge in § 160 Abs 2 [X.] [X.]G - soweit sie reichen - nicht dadurch umgehen, dass er die [X.] in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung kleidet (vgl [X.]sbeschluss vom [X.] - [X.] V 17/19 B - juris Rd[X.] 8; B[X.] Beschluss vom 28.2.2018 - B 1 KR 65/17 B - juris Rd[X.] 5). Der Kläger zeigt nicht auf, dass es hier um eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung geht, bei der die gesetzlichen Beschränkungen der Verfahrensrügen nicht greifen.

7

2. Der Kläger hat auch den geltend gemachten Verfahrensmangel wegen fehlender Sachaufklärung (§ 103 [X.]G) nicht in der gebotenen Weise bezeichnet.

8

Nach § 160 Abs 2 [X.] Teilsatz 1 [X.]G ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensfehler kann aber nach § 160 Abs 2 [X.] Teilsatz 2 [X.]G nicht - wie oben bereits ausgeführt - auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) gestützt werden. Unerheblich ist deshalb auch soweit der Kläger mit der Auswertung und Würdigung der vorliegenden Sachverständigengutachten durch das Berufungsgericht nicht einverstanden ist.

9

Mit der Rüge, das [X.] hätte das "nachdrücklich beantragte - neutrale - Gutachten" einholen müssen, kann der Kläger sich schon deshalb nicht auf den Verfahrensfehler einer unterlassenen Sachaufklärung mit Erfolg berufen, weil er keinen konkreten bis zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] aufrechterhaltenen oder in dem Urteil des [X.] erwähnten prozessordnungsgemäßen Beweisantrag benannt hat, den dieses ohne hinreichende Begründung übergangen haben könnte (vgl § 160 Abs 2 [X.] Teilsatz 3 [X.]G; zu den [X.] an eine Sachaufklärungsrüge s hierzu allgemein [X.]sbeschluss vom 21.12.2017 - [X.] SB 70/17 B - juris Rd[X.] 4 und 5 mwN). Soweit der Kläger mit seiner Beschwerde kritisiert, dass das [X.] seiner Amtsermittlungspflicht nicht nachgekommen sei und "entsprechende Anträge, die der Aufklärung des Sachverhalts dienen sollten, pauschal als verspätet beantragt zurückgewiesen" habe, legt er überdies nicht dar, weshalb sich das [X.] aufgrund seiner Rechtsauffassung zu einer weiteren Beweisaufnahme hätte gedrängt fühlen müssen. Nach der Rechtsprechung des B[X.] ist das Gericht nur dann gem § 103 [X.]G zu weiteren Ermittlungen verpflichtet, wenn die vorliegenden Beweismittel nicht ausreichen, um die entscheidungserheblichen Tatsachen festzustellen (vgl [X.]sbeschluss vom 21.12.2017 - [X.] SB 70/17 B - juris Rd[X.] 5 mwN). Demgegenüber bezieht sich der Kläger in seiner Beschwerdebegründung nur allgemein auf die von ihm während des gerichtlichen Verfahrens begehrte weitere Beweiserhebung, ohne deutlich zu machen, inwiefern er die Sachaufklärungspflicht des [X.] noch nicht als erfüllt ansieht (vgl [X.]sbeschluss vom 10.12.2012 - [X.] SB 45/12 B - Rd[X.] 9 mwN).

3. Schließlich war der [X.] nicht verpflichtet, den Prozessbevollmächtigten des [X.] entsprechend seiner Bitte in der Beschwerdebegründung um einen rechtlichen Hinweis, "soweit weitere Ausführungen als nötig erachtet werden", vorab auf die Unzulänglichkeit des Beschwerdevortrags aufmerksam zu machen (stRspr, zB [X.]sbeschluss vom [X.] - [X.] V 17/19 B -, juris Rd[X.]2 mwN). Dies ist dem Prozessbevollmächtigten des [X.] auch anhand von mehreren durchgeführten [X.] bekannt.

Von einer weiteren Begründung sieht der [X.] ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]G).

4. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gem § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 [X.]G durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

5. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 [X.]G.

Meta

B 9 V 41/19 B

14.02.2020

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: V

vorgehend SG Braunschweig, 29. September 2017, Az: S 12 VE 12/16, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 Alt 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 Alt 3 SGG, § 103 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 14.02.2020, Az. B 9 V 41/19 B (REWIS RS 2020, 2316)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2316

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