Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.02.2014, Az. V B 60/12

5. Senat | REWIS RS 2014, 7574

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Gegenstand

Kostenentscheidung bei sog. In-camera-Verfahren - Beiladung


Leitsatz

Das Verfahren nach § 86 Abs. 3 FGO ist jedenfalls dann ein unselbständiges Zwischenverfahren ohne eigenständige Kostenentscheidung, wenn der Antrag nach § 86 Abs. 3 FGO erfolglos geblieben und/oder die im Rahmen des § 86 Abs. 3 FGO in Anspruch genommene Behörde Beteiligte auch des Hauptsacheverfahrens ist.

Tatbestand

1

I. Mit Schriftsatz vom 9. Mai 2012 beantragte der [X.]läger und Antragsteller (Antragsteller) in dem seine Geschäftsführerhaftung wegen Umsatzsteuer 2002 und 2003 betreffenden [X.]lageverfahren beim Finanzgericht ([X.]) gemäß § 86 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) die Feststellung durch den [X.] ([X.]), dass die Weigerung der Vorlage des vollständigen Berichts zum Umsatzsteuerbetrug der Firmengruppe B des Finanzamts für [X.] und Steuerfahndung [X.] und des Finanzamts für Groß- und [X.]onzernbetriebsprüfung [X.] vom 15. September 2011 durch den Beklagten und Antragsgegner (Finanzamt --[X.]--) rechtswidrig ist.

2

[X.]ieser Bericht, den das [X.] nicht angefordert hatte, war dem [X.] zusammen mit vom [X.] angeforderten Handakten der Umsatzsteuerprüfung versehentlich übermittelt und vom [X.] auf entsprechenden Hinweis an das [X.] zurückgesandt worden. [X.]ies erfolgte zugleich mit dem Hinweis an die Beteiligten, dieser Bericht sei nicht Bestandteil der Akten, die das Gericht der Entscheidungsfindung zugrunde legen werde.

3

[X.]er Antragsteller ist der Auffassung, dass § 86 [X.]O nicht nur dann anwendbar sei, wenn das [X.] Aktenteile nach Aufforderung durch das [X.] nicht übersendet, sondern auch dann, wenn dem [X.] vorliegende Aktenteile vom [X.] erfolgreich zurückgefordert werden, so dass sie dem [X.] nicht mehr vorliegen.

Entscheidungsgründe

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I[X.] Der Antrag ist unzulässig.

5

1. Nach § 86 Abs. 1 [X.]O sind Behörden grundsätzlich zur Vorlage von Urkunden und Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente und zu Auskünften verpflichtet. Nach Abs. 2 der Vorschrift kann die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung elektronischer Dokumente und die Erteilung von Auskünften verweigert werden, wenn die Vorgänge aus bestimmten Gründen geheim gehalten werden müssen. Nach Abs. 3 der Vorschrift stellt der [X.] auf Antrag eines Beteiligten in den Fällen der Abs. 1 und 2 ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage der Urkunden oder Akten, die Übermittlung elektronischer Dokumente oder die Verweigerung der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist. Der Antrag ist bei dem für die Hauptsache zuständigen Gericht zu stellen.

6

2. § 86 Abs. 3 [X.]O setzt voraus, dass das [X.] im finanzgerichtlichen Verfahren die Vorlage der betreffenden Unterlagen oder die Erteilung von Auskünften angeordnet hatte und die ersuchte Behörde sich daraufhin geweigert hat, dieser Aufforderung nachzukommen ([X.]-Beschluss vom 18. Juli 2006 X B 65/06, [X.]/NV 2006, 1699). Voraussetzung einer Feststellung i.S. von § 86 Abs. 3 Satz 1 [X.]O ist daher, dass das [X.], wenn es im Rahmen eines bei ihm anhängigen Verfahrens Steuerakten vom [X.] anfordert und diese nicht vollständig vorgelegt werden, weiterhin, d.h. auch noch zum Zeitpunkt der erstrebten Entscheidung des [X.], auf der lückenlosen Vorlage besteht.

7

An einer derartigen Aufforderung durch das [X.] fehlt es im Streitfall, so dass die Voraussetzungen für ein Feststellungsverfahren nach § 86 Abs. 3 [X.]O nicht vorliegen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kommt die Anwendung dieser Vorschrift auf andere Fallgestaltungen, bei denen eine gerichtliche Anordnung zur Aktenvorlage fehlt, nicht in Betracht. Insbesondere reicht eine Rückforderung von dem [X.] vorliegenden Aktenteilen durch das [X.] nicht aus.

8

3. Einer Beiladung der obersten Aufsichtsbehörde nach § 86 Abs. 3 Satz 4 [X.]O bedarf es nicht, wenn --wie hier-- der Antrag nach § 86 Abs. 3 [X.]O unzulässig ist und die Interessen der obersten Aufsichtsbehörde daher nicht betroffen sein können.

9

4. Bei dem Verfahren nach § 86 Abs. 3 [X.]O handelt es sich um ein unselbständiges Zwischenverfahren, so dass es keiner eigenständigen Kostenentscheidung bedarf ([X.]-Beschlüsse vom 16. Januar 2013 III S 38/11, [X.]/NV 2013, 701; vom 14. November 2006 IX B 156/06, [X.]/NV 2007, 473). Der [X.] und der X. Senat des [X.] haben auf Anfrage mitgeteilt, dass sie an ihrer gegenteiligen Auffassung in den Beschlüssen vom 17. September 2007 I B 93/07 ([X.]/NV 2008, 387) und vom 15. Oktober 2009 [X.] ([X.]/NV 2010, 54) nicht festhalten ([X.]-Beschlüsse vom 7. November 2013 X ER-S 3/13 und vom 13. November 2013 I ER-S 1/13). Soweit der [X.] Senat des [X.] dies auf den Fall beschränkt hat, dass der Antrag nach § 86 Abs. 3 [X.]O erfolglos geblieben ist und/oder die im Rahmen des § 86 Abs. 3 [X.]O in Anspruch genommene Behörde Beteiligte auch des Hauptsacheverfahrens ist, sind diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt.

Meta

V B 60/12

25.02.2014

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

§ 86 Abs 3 FGO, § 143 Abs 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.02.2014, Az. V B 60/12 (REWIS RS 2014, 7574)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7574

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