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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX [X.]/11
vom
25. Oktober 2012
in dem Rests[X.]huldbefreiungsverfahren
Na[X.]hs[X.]hlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 292 Abs. 1 Satz 3, § 36 Abs. 1 Satz 2; ZPO § 850e Nr. 2a
Für die Bere[X.]hnung des pfändbaren Arbeitseinkommens ist [X.] mit Arbeitseinkommen ni[X.]ht zusammenzure[X.]hnen, wenn der S[X.]huldner nur deshalb [X.] erhält, weil sein Arbeitseinkommen bei anderen Personen berü[X.]k-si[X.]htigt wird, die mit ihm in einer Bedarfsgemeins[X.]haft leben.
[X.], Bes[X.]hluss vom 25. Oktober 2012 -
IX [X.]/11 -
LG Berlin
AG Berlin-Li[X.]htenberg
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2
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Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat dur[X.]h [X.] [X.], [X.], Prof. Dr. Gehrlein, [X.] und die Ri[X.]hterin Möhring
am 25. Oktober 2012
bes[X.]hlossen:
Dem weiteren Beteiligten wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Re[X.]htsbes[X.]hwerde gegen den Bes[X.]hluss der [X.] des [X.] vom 29.
März 2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Auf die Re[X.]htsbes[X.]hwerde des weiteren Beteiligten wird der vor-bezei[X.]hnete Bes[X.]hluss aufgehoben.
Die Sa[X.]he wird zur erneuten Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten des Re[X.]htsbes[X.]hwerdeverfahrens, an das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht zu-rü[X.]kverwiesen.
Der Wert des Re[X.]htsbes[X.]hwerdeverfahrens wird auf 1.500
t-gesetzt.
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3
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Gründe:
I.
Der Treuhänder erstrebt Zahlungen aus der Abtretung von pfändbaren Lohnanteilen des S[X.]huldners in der Wohlverhaltensperiode. Der S[X.]huldner be-zog na[X.]h der Aufhebung des
Insolvenzverfahrens ab dem 15.
September 2009 aus einem Arbeitsverhältnis mit der [X.] ein monatli[X.]hes Nettoeinkommen von rund 1.400
Höhe von monatli[X.]h 392,43
, weil er zusammen mit seiner
Lebensgefährtin, deren drei Kindern und einem gemeinsamen Kind in einer Bedarfsgemeins[X.]haft gemäß §
7 Abs.
2 und 3 [X.] lebte.
Der Treuhänder hat beim Insolvenzgeri[X.]ht beantragt anzuordnen, dass die [X.] des S[X.]huldners mit den ergänzend bezogenen [X.] gemäß §
850e Nr.
2a ZPO zusammengere[X.]hnet werden und der pfänd-bare Anteil bei der Arbeitgeberin zu entnehmen ist. Das Insolvenzgeri[X.]ht hat den Antrag zurü[X.]kgewiesen. Die sofortige Bes[X.]hwerde des Treuhänders hat keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht dur[X.]h den Einzelri[X.]hter zugelassenen Re[X.]htsbes[X.]hwerde verfolgt der Treuhänder sein Begehren [X.].
II.
Na[X.]h Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe hat der weitere Beteiligte
fristgere[X.]ht im Sinne von §
234
Abs.
1 Satz 1, 2 ZPO Wiedereinset-zung in den vorigen Stand in die versäumten Fristen zur Einlegung und [X.] na[X.]h §
575 Abs.
1, 2 ZPO beantragt. Zudem 1
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4
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hat er
die versäumten Re[X.]htshandlungen binnen der in §
236 Abs. 2 Satz 2, §
234 Abs. 1 ZPO geregelten Fristen na[X.]hgeholt, so dass ihm
Wiedereinset-zung in den vorigen Stand zu gewähren war.
III.
Die Re[X.]htsbes[X.]hwerde ist na[X.]h §
574 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2, §
793 ZPO statthaft, weil sie vom [X.] zugelassen worden ist (§
574 Abs.
3 Satz 2 ZPO). Das Insolvenzgeri[X.]ht hat bei der Prüfung der §
292 Abs.
1 Satz 3, §
36 Abs.
1 Satz 2 [X.], §
850e Nr.
2a ZPO als besonderes Vollstre[X.]kungsgeri[X.]ht na[X.]h §
36 Abs.
4 Satz 1 [X.] ents[X.]hieden, so dass si[X.]h der Re[X.]htsmittelzug na[X.]h den vollstre[X.]kungsre[X.]htli[X.]hen Vors[X.]hriften bestimmt (vgl. [X.], Bes[X.]hluss vom 5.
Juni 2012 -
IX
ZB 31/10, [X.], 1444 Rn.
3). Die Re[X.]htsbes[X.]hwerde ist na[X.]h Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand au[X.]h im Übri-gen (§
575 Abs.
1 bis 3 ZPO) zulässig. Sie führt zur Aufhebung der angefo[X.]hte-nen Ents[X.]heidung und zur Zurü[X.]kverweisung der Sa[X.]he an das Bes[X.]hwerdege-ri[X.]ht.
1. Ents[X.]heidet der originäre Einzelri[X.]hter -
wie hier
-
in einer Sa[X.]he, der er re[X.]htsgrundsätzli[X.]he Bedeutung beimisst, über die Bes[X.]hwerde und lässt er die Re[X.]htsbes[X.]hwerde zu, so ist die Zulassung wirksam. Auf die Re[X.]htsbe-s[X.]hwerde unterliegt die Ents[X.]heidung jedo[X.]h wegen fehlerhafter Besetzung des [X.] der Aufhebung von Amts wegen, weil der Einzelri[X.]hter in Re[X.]htssa[X.]hen, denen er grundsätzli[X.]he Bedeutung beimisst, zwingend das Verfahren an das Kollegium zu übertragen hat. [X.] er mit der [X.] zuglei[X.]h die grundsätzli[X.]he Bedeutung der Re[X.]htssa[X.]he, ist seine Ents[X.]heidung objektiv willkürli[X.]h und verstößt gegen das Verfassungsgebot des 4
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5
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gesetzli[X.]hen Ri[X.]hters na[X.]h Art.
101 Abs.
1 Satz 2 GG ([X.], Bes[X.]hluss vom 13.
März 2003 -
IX
ZB 134/02, [X.]Z 154, 200, 201
ff; vom 22.
November 2011 -
VIII
ZB 81/11, NJW-RR 2012, 125 Rn. 8 f; vom 28. Juni 2012 -
IX
ZB 298/11, Z[X.] 2012, 1439 mwN).
Die angefo[X.]htene Ents[X.]heidung ist daher aufzuheben und die Sa[X.]he zur erneuten Ents[X.]heidung an den Einzelri[X.]hter zurü[X.]kzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das Be-s[X.]hwerdegeri[X.]ht in der Sa[X.]he ri[X.]htig ents[X.]hieden hat.
a) Die Befugnis des Treuhänders, beim Insolvenzgeri[X.]ht in der Wohlver-haltensperiode die Anordnung der Zusammenre[X.]hnung von [X.]n des S[X.]huldners mit pfändbaren Sozialleistungen zu beantragen, folgt aus §
292 Abs.
1 Satz 3 [X.] in Verbindung mit §
36 Abs.
1 Satz 2, Abs.
4 Satz 2 [X.], §
850e Nr.
2a ZPO. Die Abtretungserklärung des S[X.]huldners erfasst na[X.]h §
287 Abs. 2 Satz
1 [X.], §
400 BGB nur die pfändbaren Teile seiner Einkünfte. Die Höhe der unpfändbaren Einkommensteile ri[X.]htet si[X.]h entspre[X.]hend §
36 Abs.
1 Satz 2 [X.] na[X.]h den [X.] des Einzelzwangsvollstre[X.]kungs-re[X.]hts. Die Zusammenre[X.]hnung von [X.]n mit Sozialleistungen kann zu einer Übers[X.]hreitung der [X.] des
§
850[X.] ZPO und [X.] zu abführbaren Beträgen an den Treuhänder führen.
b) Die Voraussetzungen, unter denen Sozialleistungen gemäß §
850e Nr.
2a ZPO mit [X.]n zusammengere[X.]hnet werden dürfen, liegen na[X.]h dem Wortlaut dieser Norm vor. Der Antrag des Treuhänders bezieht si[X.]h auf pfändbare laufende Geldleistungen im Sinne von §
54 Abs.
4 [X.], ni[X.]ht 6
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auf unpfändbare Dienst-
oder Sa[X.]hleistungen na[X.]h §
54 Abs.
1 SGB
I. Ein [X.] gemäß §
54 Abs.
3 und 5 [X.] greift ni[X.]ht ein. Eine Billig-keitsprüfung, wie sie in der bis zum 17.
Juni 1994 geltenden Fassung des §
850e Nr.
2a ZPO no[X.]h vorgesehen war, findet na[X.]h der Neufassung der [X.] dur[X.]h das Zweite Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbu[X.]hs ([X.], S.
1229, 1251) ni[X.]ht mehr statt.
[X.]) Sinn und Zwe[X.]k der gesetzli[X.]hen Regelung verbieten es jedo[X.]h, das vom S[X.]huldner bezogene [X.] unter den im Streitfall gegebenen Umständen mit seinem Arbeitseinkommen zusammenzure[X.]hnen, weil die Zuer-kennung öffentli[X.]her Leistungen auss[X.]hließli[X.]h auf der Art der Leistungsbe-re[X.]hnung beruht.
aa) Die Regelungen über die Zusammenre[X.]hnung mehrerer Arbeitsein-kommen na[X.]h §
850e Nr.
2 ZPO und über die Zusammenre[X.]hnung von [X.] mit laufenden Geldleistungen na[X.]h dem Sozialgesetzbu[X.]h gemäß §
850e Nr.
2a ZPO dienen dem Interesse des Gläubigers an einer Be-friedigung seiner Forderung unter Wahrung der bere[X.]htigten Belange des S[X.]huldners. Jene bestehen darin, dass ihm von seinem Arbeitseinkommen ein Betrag verbleiben muss, der sein Existenzminimum si[X.]hert und ihm dadur[X.]h ein mens[X.]henwürdiges Leben ermögli[X.]ht. Bezieht der S[X.]huldner mehrere Einkünf-te, verlangen diese Belange ni[X.]ht, ihm den na[X.]h dem Gesetz pfändungsfreien Betrag auf jedes Einkommen zu gewähren. Er ist vielmehr ausrei[X.]hend ge-s[X.]hützt, wenn das Gesamteinkommen in Höhe des gesetzli[X.]h vorgesehenen Betrags pfändungsfrei bleibt.
bb) In Anbetra[X.]ht dieses Normzwe[X.]ks verbietet si[X.]h die Hinzure[X.]hnung der dem S[X.]huldner gewährten Sozialleistung zu seinem Arbeitseinkommen.
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S[X.]huldner lebt mit seiner Lebensgefährtin und deren Kindern sowie einem ge-meinsamen Kind zusammen und bildet mit ihnen eine Bedarfsgemeins[X.]haft na[X.]h §
7 Abs.
3 Nr.
1, Nr.
3 Bu[X.]hst. [X.] und Nr.
4 [X.]. Bei der Bere[X.]hnung der Hilfebedürftigkeit der Mitglieder der Bedarfsgemeins[X.]haft wird das Einkommen des S[X.]huldners gemäß §
9 Abs.
2 Satz 1 und 2 SGB
II anteilig berü[X.]ksi[X.]htigt. Infolge dieser re[X.]hneris[X.]hen Aufteilung des Arbeitseinkommens des S[X.]huldners gilt au[X.]h dieser selbst als hilfebedürftig, obwohl er Arbeitseinkommen bezieht, das seinen sozialre[X.]htli[X.]hen Bedarf übersteigt. Die Gewährung von [X.] an den S[X.]huldner beruht somit darauf, dass sein Einkommen sozial-re[X.]htli[X.]h anderen Mitgliedern der Bedarfsgemeins[X.]haft zugeordnet wird. Die Sozialleistung stellt si[X.]h unter diesen Umständen ni[X.]ht als eigenes Einkommen dar, wel[X.]hes dem S[X.]huldner zusätzli[X.]h zu seinem Arbeitseinkommen zur [X.] steht. [X.] betra[X.]htet ersetzt es vielmehr einen Teil des Arbeitsein-kommens, der innerhalb der Bedarfsgemeins[X.]haft sozialre[X.]htli[X.]h anders zuge-
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ordnet wird. Eine Zusammenre[X.]hnung der Sozialleistung und des Arbeitsein-kommens zum Zwe[X.]k einer einheitli[X.]hen Bestimmung des pfändbaren Betrags ist bei dieser Sa[X.]hlage ni[X.]ht gere[X.]htfertigt.
Kayser
Raebel
Gehrlein
[X.]
Möhring
Vorinstanzen:
AG Berlin-Li[X.]htenberg, Ents[X.]heidung vom 16.03.2010 -
39 IK 95/05 -
LG Berlin, Ents[X.]heidung vom 29.03.2011 -
85 [X.] -
Meta
25.10.2012
Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2012, Az. IX ZB 263/11 (REWIS RS 2012, 1973)
Papierfundstellen: REWIS RS 2012, 1973
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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