Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.05.2000, Az. II ZR 47/99

II. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2104

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:29. Mai 2000BoppelJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: neinThürSpkVO § 5 Abs. 1 Satz 2; GmbHG § 51 Abs. 2 und 4Zur Verwaltungsratssitzung einer [X.] Sparkasse, in der über die frist-lose Kündigung eines Mitglieds des Vorstandes Beschluß gefaßt werden soll,kann nicht wirksam mit der Mitteilung des Tagesordnungspunktes "[X.]" einberufen werden (Anschluß an Urt. v. 30. November 1961- [X.], NJW 1962, 393); ein in einer derart fehlerhaft einberufenen [X.] ist nichtig.[X.], Urteil vom 29. Mai 2000 - [X.] - [X.] LG Gera- 2 -Der II. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] h.c. Röhricht und [X.] [X.], Prof. Dr. [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] [X.] in [X.] vom 20. Januar 1999aufgehoben und auf die Berufung des [X.] das Urteil der7. Zivilkammer des [X.] vom 17. Juli 1997 wiefolgt abgeändert:Es wird festgestellt, daß der Dienstvertrag des [X.] mitder Beklagten vom 8. März 1995 durch die fristlosen Kün-digungen vom 20. Juni und vom 9. Dezember 1996 nichtbeendet wurde.Die Widerklage wird abgewiesen.Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die beklagte Sparkasse ist aus der Fusion der [X.]und [X.] Gr./Z. hervorgegangen. Der Kläger war vor der [X.] des letztgenannten Kreditinstituts, nach der Fusion [X.] er bei der Beklagten vom 1. März 1995 an das [X.] Vorstandsvorsitzenden. Nach dem auf fünf Jahre abgeschlossenenDienstvertrag vom 8. März 1995 kann die Beklagte das Dienstverhältnis nuraus wichtigem Grund kündigen. Dem Kläger ist ein Versorgungsversprechenerteilt worden, das Vordienstzeiten seit dem 1. August 1971 als ruhegehaltsfä-hig einbezieht; die Versorgung kann gekürzt werden, wenn das Dienstverhält-nis seitens der Beklagten gekündigt wird und der Kläger den wichtigen Grundvorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat; bei grober Fahrlässigkeit istdiese Kürzung nur zulässig, wenn der Beklagten ein erheblicher Vermögens-schaden zugefügt worden ist, sie darf dann [X.] die Hälfte der [X.] erfassen. Nach § 10 des Vertrages steht dem Kläger einDienstwagen der Oberklasse zu, den er kostenfrei auch für private Zweckenutzen darf, wobei der sich hieraus ergebende geldwerte Vorteil von ihm zuversteuern ist.In dem Fusionsvertrag ist bestimmt, daß in der ersten Wahlperiode [X.] Beschlüsse nur mit Zweidrittel-Mehrheit gefaßt werden [X.], wenn dadurch grundlegende Interessen beider Gewährträger berührt wer-den. Dementsprechend ordnet die Geschäftsordnung des Verwaltungsrates an,daß der Verwaltungsrat in diesen Fällen mit Zweidrittel-Mehrheit beschließt.Über Inhalt und Tragweite dieser Regelungen, vor allem über die Frage, obauch die Besetzung des Vorstandes zu den "grundlegenden Interessen [X.]" gehört, streiten die [X.] 4 -In einer Sitzung des Verwaltungsrates der Beklagten vom 19./20. [X.], zu der mit der Tagesordnung "Vorstandsangelegenheiten" eingeladenworden war, wurde mit 11 gegen 6 Stimmen beschlossen, den Kläger aus [X.] abzuberufen und den mit ihm geschlossenen Dienstvertrag frist-los zu kündigen. Im Anschluß an diese Sitzung ist dem Kläger am 20. [X.] das siebenseitige Kündigungsschreiben ausgehändigt worden. [X.] die Abberufung gerichtlich nicht angegriffen hat, hat er geltend gemacht, diefristlose Kündigung sei aus formellen und materiellen Gründen unwirksam, [X.] auf die entsprechende Feststellung angetragen. Während des [X.] hat der Verwaltungsrat, wiederum einberufen mit der Tagesordnung"Vorstandsangelegenheiten", am 9. Dezember 1996 abermals die fristloseKündigung des Anstellungsverhältnisses des [X.] beschlossen. Auch ge-gen diese ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung wendet sich der Kläger,der zudem hilfsweise die Feststellung beantragt hat, daß ihm die volle Versor-gung zusteht.Die Beklagte hat von dem Kläger zunächst vergeblich die [X.] Dienstwagens des [X.] verlangt, sodann Widerklage erhoben und [X.] - nachdem der Kläger während des Rechtsstreits das Fahrzeug zurückge-geben hatte - in der Hauptsache einseitig für erledigt erklärt.Das [X.] hat die Klage abgewiesen und die Feststellung der Er-ledigung der Widerklage ausgesprochen. Das Berufungsgericht hat unter Zu-rückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Berufung des [X.] nurinsoweit entsprochen, als es festgestellt hat, dem Kläger stehe seit [X.] 1996 die Hälfte der ihm zugesagten Versorgung zu. Gegen [X.] 5 -ses Urteil haben beide Parteien Revision eingelegt. Der [X.] hat lediglich [X.] des [X.] zur Entscheidung angenommen.Entscheidungsgründe:Die Revision des [X.] ist begründet. Die am 20. Juni und9. Dezember 1996 ausgesprochenen fristlosen Kündigungen des [X.] des [X.] sind unwirksam und haben das Dienstverhältnis nicht [X.] war der Kläger nicht zur Herausgabe des Dienstwagens ver-pflichtet und der Antrag der Beklagten, die Erledigung des mit der Widerklagegeltend gemachten Herausgabeanspruchs festzustellen, unbegründet.Das angefochtene Urteil leidet an verschiedenen Rechtsfehlern verfah-rensrechtlicher Art und in der materiellrechtlichen Beurteilung. Der [X.] istebensowenig genötigt, auf sie sämtlich einzugehen, wie es für den [X.] Rechtsstreits darauf ankommt, daß das Berufungsgericht in seiner Ent-scheidung zur Versorgung des [X.] verkannt hat, daß das [X.],die Hinterbliebenen- und die Invaliditätsversorgung nach §§ 1, 17 BetrAVGunverfallbar geworden waren und dem Kläger deswegen nicht aberkannt wer-den konnten (vgl. [X.].Urt. v. 29. Mai 2000 - [X.] z.[X.].). Denn [X.] sind bereits aus formellen Gründen unwirksam, weildie sie tragenden Beschlüsse des Verwaltungsrates nichtig sind.Die Einladung zu den beiden Sitzungen mit der Tagesordnung "[X.]" entsprach nicht den Anforderungen von Nr. 1.1 derGeschäftsordnung des Verwaltungsrats der Beklagten. Diese Vorschrift ordnetin Übereinstimmung mit § 8 Abs. 4 [X.] 1990 und unter Bezugnahme auf die- 6 -Regelung in dem seinerzeitigen Entwurf von § 6 Abs. 1 ThürSpkVO (jetzt: § 5Abs. 1 Satz 2 ThürSpkVO v. 1. Juli 1999 - GVBl. S. 438 ff.) an, daß "unter [X.] der Tagesordnung" einzuladen ist. Inhaltsgleiche Regelungen findensich in § 51 Abs. 2 und 4 GmbHG. Für sie hat der [X.] entschieden (Urt. [X.] November 1961 - [X.], NJW 1962, 393 f.), es reiche aus, wenn inder nach § 51 GmbHG zu übermittelnden Tagesordnung mitgeteilt werde, "daßein bestimmter Geschäftsführer abberufen werden soll", während die [X.] Gründe nicht erforderlich sei. Zutreffend wird dies im Schrifttum dahin ver-standen, daß die Mitteilung "[X.]" nicht hinrei-chend bestimmt ist, um dem Zweck der Vorschrift, den an der [X.] eine sachgerechte Vorbereitung und Teilnahme an der Aussprachezu ermöglichen und sie vor Überraschung oder Überrumpelung zu schützen,gerecht zu werden ([X.]/[X.], GmbHG 8. Aufl. § 51 Rdn. 19 m. ein-geh. [X.].; [X.]/[X.], GmbHG 8. Aufl. § 51 Rdn. 21 f. ; Lut-ter/[X.], GmbHG 15. Aufl. § 51 Rdn. 6; [X.]/[X.], GmbHG3. Aufl. § 51 Rdn. 10; [X.]/[X.]/[X.], GmbHG 16. Aufl. § 51 Rdn.22; [X.], GmbHR 1992, 796).Dieselben Gesichtspunkte beanspruchen Geltung auch für die Einberu-fung zur Sitzung des Verwaltungsrates einer Sparkasse, der als deren "ober-stes Organ und Aufsichtsorgan" (§ 8 Abs. 1 Thür[X.]) ähnliche Aufgabenwahrzunehmen hat, wie die Gesellschafterversammlung bei einer GmbH. Beiihm geht es ebenfalls darum, daß die Beteiligten sich sachgerecht auf den [X.] vorbereiten und ordnungsgemäß an der Abstimmung [X.] können, weil sie allein so ihrer verantwortungsvollen Aufgabe als [X.] und Weisungen nicht gebundene und nach ihrer freien, nur durch [X.] auf gesetzliche Regelungen, das öffentliche Wohl und die Aufgaben- 7 -der Sparkassen bestimmten Überzeugung handelnde Organmitglieder gerechtwerden können. Diesem Erfordernis trägt neben der Einberufungsfrist und derrechtzeitigen Mitteilung der [X.] auch § 5 Abs. 1 Satz 4 derzwischenzeitlich erlassenen ThürSpkVO Rechnung, nach der die Erweiterungder durch die Einladung festgelegten Tagesordnung nur bei Dringlichkeit undnur aufgrund eines mit qualifizierter Mehrheit gefaßten Beschlusses zulässigist.Über die jeweils nur mit "Vorstandsangelegenheiten" angekündigtefristlose Kündigung des Dienstvertrages des [X.] durfte danach nicht Be-schluß gefaßt werden. Da jedenfalls die von dem Gr.er Gewährträgerentsandten Verwaltungsratsmitglieder deutlich gemacht haben, daß sie mitdem Vorgehen der Mehrheit nicht einverstanden waren, ist der Einberufungs-mangel nicht geheilt, auch wenn sie sich später - negativ votierend - an [X.] über den nicht ordnungsgemäß angekündigten [X.] beteiligt haben. Wenn die Gr.er Vertreter ihren Standpunkt, daß auchin Vorstandsfragen der Verwaltungsrat nur mit Zweidrittelmehrheit befindendurfte, wahren wollten, waren sie gezwungen, sich in dieser Weise an der Ab-stimmung zu beteiligen und sich damit die Möglichkeit zu erhalten, die Verlet-zung ihrer Rechte aus dem Fusionsvertrag im verwaltungsgerichtlichen Verfah-ren feststellen zu lassen.RöhrichtRi[X.] [X.][X.]ist wegen Urlaubs an [X.] ver-hindert. Röhricht Kurzwelly Kraemer

Meta

II ZR 47/99

29.05.2000

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.05.2000, Az. II ZR 47/99 (REWIS RS 2000, 2104)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2104

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