Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2000, Az. II ZR 251/98

II. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 3583

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:10. Januar 2000BoppelJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:[X.] §§ 611, 626 Abs. 1; [X.] §§ 4 Satz 1, 13 Abs. 1.; [X.] §§ 4, 67, 68a) Das als freies Dienstverhältnis begründete Anstellungsverhältnis des Vor-standsmitglieds einer Sparkasse wandelt sich nicht ohne weiteres mit dem [X.] der Organstellung infolge einer Sparkassenfusion in ein Arbeitsverhältnisum. b) Bleibt ein derartiges Anstellungsverhältnis mit seinem bisherigen Inhalt als freiesDienstverhältnis bei Weiterbeschäftigung des ehemaligen Organmitglieds alsstellvertretendes Vorstandsmitglied bestehen, so sind hierauf im Falle [X.] weder die §§ 4, 13 [X.] über die Einhaltung einer Klagefrist nochdie §§ 67, 68 [X.] über das Erfordernis der Mitwirkung des [X.].[X.], Urteil vom 10. Januar 2000 - [X.] - [X.] [X.]LG [X.] 3 -Der II. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] h.c. Röhricht und [X.] [X.], Prof. Dr. [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] [X.] vom 23. Juni 1998aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger wurde durch [X.]uß des Verwaltungsrats der [X.]([X.]) vom 17. März 1993 zum Mitglied ihres Vorstandes be-stellt und in dieser Eigenschaft durch Dienstvertrag vom folgenden Tage [X.] ab 1. Mai 1993 für die Dauer von fünf Jahren bei der [X.] angestellt.Nach § 8 des Vertrages war der Kläger für den Fall der Fusion der [X.] miteiner anderen Sparkasse verpflichtet, bei der neuen Sparkasse die [X.] stellvertretenden Vorstandsmitglieds zu übernehmen, ohne daß dadurcheine Verschlechterung der Anstellungsbedingungen eintreten sollte. [X.] 4 -öffentlich-rechtlicher Vereinbarung zwischen dem Zweckverband für dieM. Sparkasse in [X.] und dem Landkreis H. wurdedie [X.] mit Wirkung vom 1. Juli 1994 im Wege der Gesamtrechtsnachfolgevon der [X.] aufgenommen. Da der Kläger - wie auch die anderen Vor-standsmitglieder der [X.] - bei der [X.] nicht als Vorstandsmitglied ver-wendet werden konnte, beschäftigte ihn diese in Anwendung von § 8 [X.] mit seinem Einverständnis ab 8. Juli 1994 als stellvertretendesVorstandsmitglied in der Funktion des [X.] von [X.] Anstellungsbedingungen des Dienstvertrages im übrigen blieben - wie vor-gesehen - unberührt. Durch Prüfbericht der Innenrevision vom 19. Februar1995 wurde der Vorstand der [X.] darüber informiert, daß der Kläger [X.] für seinen Schwiegersohn geführten Konto seit Ende August 1994 undbei einem Kreditkonto der [X.] ([X.]), bei der der Klä-ger Gesellschafter und sein Schwiegersohn Geschäftsführer sei, seit [X.] 1994 laufend Überziehungen in beträchtlichem Umfang genehmigthabe, obwohl ihm dies nach § 18 des Sparkassengesetzes und nach den ihmbekannten sog. Verhaltensgrundsätzen wegen der persönlichen Beziehungenzu den Kreditnehmern untersagt gewesen sei; ferner habe er seiner Tochterund seinem Schwiegersohn im Juli 1994 unter Verstoß gegen die genanntenGrundsätze ein Allzweckdarlehen von 30.000,-- DM gewährt. Der Vorstand der[X.] untersagte daraufhin dem Kläger die Genehmigung weiterer Konto-überziehungen in diesen Fällen und berief am 23. Februar 1995 den [X.] zu einer außerordentlichen Sitzung am 6. März 1995 ein. [X.] dort gefaßten [X.]usses des Verwaltungsrats erklärten sowohl dessenVorsitzender als auch - vorsorglich - der Vorstand der [X.] dem Klägergegenüber noch an demselben Tage ohne Beteiligung des Personalrats [X.] Kündigung seines Anstellungsverhältnisses.- 5 -Das [X.] hat der Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der fristlo-sen Kündigung stattgegeben; das [X.] hat die dagegen gerich-tete Berufung der [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die [X.] ihr Klageabweisungsbegehren weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache andas Berufungsgericht.I. Das [X.] ist der Ansicht, der Kläger habe nach der [X.] aufgrund des Verlustes seiner Organstellung durch die Verwendung nurnoch als stellvertretendes Vorstandsmitglied (sog. Verhinderungsvertreter nach§§ 15, 16 SpkG-DDR) bei der [X.] in einem Arbeitsverhältnis gestanden,das den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes ([X.]) und des Perso-nalvertretungsgesetzes für das [X.] ([X.]) vom15. September 1993 (GVBl. [X.]) unterliege. Damit sei zwar wegen [X.] der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 Satz 1 [X.] die Berufung [X.] auf das Fehlen eines wichtigen Grundes oder eine Verfristung der au-ßerordentlichen Kündigung (§ 626 BGB) ausgeschlossen, nicht jedoch [X.] sonstiger Unwirksamkeitsgründe. Die fristlose Kündigung [X.] sei daher wegen Fehlens der erforderlichen [X.] Personalrats nach §§ 67, 68 Abs. 1 Nr. 2, 74 Abs. 3 [X.] unwirk-sam. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.II. Der [X.]at vermag schon der Prämisse des Berufungsgerichts, [X.] habe bei der [X.] in einem Arbeitsverhältnis gestanden, nicht zu- 6 -folgen. Tatsächlich liegt ein freies Dienstverhältnis vor, so daß die arbeits-rechtlichen Überlegungen des [X.]s nicht zum Tragen kommen.1. Aufgrund des wirksam zustande gekommenen flDienstvertragesfl vom18. März 1993 stand der Kläger als Mitglied des Vorstandes bei der [X.] ineinem freien Dienstverhältnis. In dieser Eigenschaft hatte er eine Organstel-lung inne, die ihn auch nach dem seinerzeit [X.] § 16 Abs. 1 SpkG-DDR zum gesetzlichen Vertreter des Dienstberechtigten machte; bereits mitdieser eigenverantwortlichen, im [X.] weisungsfreien Repräsentantenstellungist die Existenz eines Arbeitsverhältnisses nicht zu vereinbaren (h.M., vgl. [X.] nur: [X.]Z 49, 30; [X.], [X.]. v. 21. Februar 1994- 2 [X.], [X.], 1044, 1045 f.; vgl. für Sparkassen: [X.], Urt. [X.] 1998 - 2 [X.], [X.] f., n.v.; [X.], Die Dienstrechtsstel-lung der Vorstandsmitglieder der öffentlich-rechtlichen Sparkassen 1981,S. 48 f., 53). Auch im übrigen haben die Vertragsparteien das Anstellungsver-hältnis des [X.] als freies Dienstverhältnis ausgestaltet, wie wesentlicheEinzelbestimmungen des Vertrages, die für ein Arbeitsverhältnis untypischsind, zeigen: Gemäß § 1 ist ein Dienstverhältnis auf bestimmte Zeit, nämlich [X.], abgeschlossen; ferner ist der Kläger nach § 1 Abs. 3 verpflichtet,bei einem entsprechenden Angebot eine Wiederbestellung anzunehmen, wenndie Vertragsbedingungen nicht ungünstiger sind als die bisherigen. Nach § 8Abs. 1 ist er im Falle der Fusion zwar verpflichtet, bei der neuen [X.] eines stellvertretenden Vorstandsmitglieds zu übernehmen, doch solldadurch eine Verschlechterung der Anstellungsbedingungen nicht eintreten; [X.] der Nichtverwendbarkeit soll dieser Umstand für beide Seiten als wichti-ger Kündigungsgrund bei Bestehenbleiben der [X.] und [X.] des [X.] gelten. § 5 des Vertrages enthält eine eigenstän-- 7 -dige Vergütungsregelung, wonach der Kläger - unabhängig von einem [X.] - den erheblichen [X.] von 145.000,-- DM und danebeneine Aufwandsentschädigung von 2,5 % des [X.] jährlich erhält.Außerdem hat er Anspruch auf Versorgung und daneben auf Beihilfen nachden für die Beamten des [X.] geltenden Vorschriften,ferner bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf unbefristeteWeiterzahlung seiner Bezüge, maximal bis zur Beendigung seines [X.] - was über die Regelung für ein normales Angestelltenverhältnis weithinausgeht.2. Die so begründete Rechtsstellung als sog. freier Dienstnehmer hatder Kläger nicht dadurch verloren, daß er nach der Fusion von der [X.]nur noch als stellvertretendes Vorstandsmitglied weiterverwendet wurde [X.] gemäß §§ 15, 16 SpkG-DDR seine Organstellung einbüßte. Mit [X.] der Organstellung wandelte sich - wie das [X.] [X.] einem in der [X.]problematik gleichgelagerten Fall aus der hier in Rede ste-henden Fusion entschieden hat ([X.], Urt. v. 20. August 1998 aaO, S. 24 f.) -das Dienstverhältnis nicht ohne weiteres in ein Arbeitsverhältnis um. Der Inhaltdes Anstellungsverhältnisses änderte sich allein durch die in der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen dem Zweckverband für dieM. Sparkasse in [X.] und dem Landkreis H. geregelte Fusion nicht. Denn nach § 8 der Fusionsvereinbarung gingen diebestehenden Anstellungsverträge der [X.] - seien es Arbeits- oder Dienstver-hältnisse - im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Beklagte als aufneh-mende Sparkasse über. Mit den alten Vorstandsmitgliedern der [X.] solltenzwar wegen der seinerzeit fehlenden entsprechenden Verwendungsmöglichkeitbesondere Regelungen vereinbart werden. Jedoch ist vorliegend lediglich die- 8 -bereits in § 8 des Dienstvertrages des [X.] vorgesehene [X.] als stellvertretendes Vorstandsmitglied umgesetzt worden, die [X.] sein bisheriges Anstellungsverhältnis unberührt ließ. Die Beklagte über-nahm daher den Vertrag mit dem bisher praktizierten Inhalt. Der Trennung zwi-schen Organstellung und privatrechtlichem Anstellungsverhältnis entsprach esauch hier, daß der Kläger zwar seine Organstellung, nicht jedoch seineRechtsstellung als freier Dienstnehmer verlor.3. Bestand mithin zwischen den Parteien kein Arbeits-, sondern ein [X.] Dienstverhältnis, so wird der Kläger einerseits nicht durch §§ 4, 14 [X.]gehindert, sich auf eine etwaige Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündi-gung gemäß § 626 BGB zu berufen; andererseits scheidet eine Unwirksamkeitdieser Kündigung wegen Nichtbeteiligung des Personalrats aus (vgl. auch[X.], Urt. v. 20. August 1998 aaO, S. 30).Die gegenteilige Rechtsauffassung des Berufungsgerichts beruht auchauf einem Fehlverständnis des Anwendungsbereichs des [X.] und des[X.]. § 14 Abs. 1 [X.] enthält lediglich eine negative gesetzlicheFiktion, wonach Organmitglieder selbst dann von den [X.] ausgeschlossen sind, wenn ihr Rechtsverhältnis zu derjuristischen Person ausnahmsweise nicht als freies Dienst-, sondern als Ar-beitsverhältnis ausgestaltet ist ([X.]E 39, 16, 25 m. [X.].). Im übrigen ist [X.] weder eine positive noch eine negative Regelung des [X.] im Sinne des § 1 [X.] zu entnehmen, so daß durch das Entfallen [X.] nicht etwa die Vorschriften des ersten Abschnitts des [X.]- wie offenbar das [X.] meint - unabhängig vom Vorliegen einesArbeitsverhältnisses im konkreten Fall Anwendung finden. In vergleichbarer- 9 -Weise erfaßt der [X.] in § 4 Abs. 1 [X.] - der genausodefiniert ist wie im [X.] - außer der besonderen Gruppe der Beamten [X.] Angestellten und Arbeiter, die als Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältniszum Rechtsträger der Dienststelle stehen (vgl. [X.]/[X.], [X.] 2. Aufl.§ 4 Rdn. 27 ff. m.w.[X.].; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], Das Personalver-tretungsrecht in [X.], § 4 [X.] Rdn. 1, 3 f.). Hierzu gehörenersichtlich weder die als freie Dienstnehmer angestellten Organe öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder vergleichbarer juristischer Personen (vgl.[X.]/[X.] aaO, § 4 Rdn. 67; [X.] aaO, S. 55 f.) noch solche ehema-ligen Organmitglieder, deren Anstellungsverhältnis - wie hier beim Kläger - un-verändert als freies Dienstverhältnis bestehen geblieben ist.III. Eine das angefochtene Urteil im Ergebnis aufrechterhaltende Ent-scheidung des [X.]ats nach § 563 ZPO kommt schon deshalb nicht in Betracht,weil das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig -dafür hinreichende Feststellungen nicht getroffen hat.In der erneuten Berufungsverhandlung wird sich das [X.]im wesentlichen mit der zwischen den Parteien streitigen [X.]frage des [X.] eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB zu befassenhaben. Hinsichtlich der - vorgelagerten - formalen Streitpunkte einer etwaigenVerfristung nach § 626 Abs. 2 BGB und einer Abmahnung weist der [X.] hin:1. Nach der - im vorliegenden Fall entsprechend heranzuziehenden -geänderten Rechtsprechung des [X.]ats zum Fristbeginn für die außerordentli-che Kündigung des Anstellungsvertrages des Geschäftsführers einer GmbH- 10 -nach § 626 Abs. 2 BGB ([X.]Z 139, 89) ist hier auf die Kenntnis der Mitgliederdes für die Kündigung zuständigen Verwaltungsrats der [X.] (vgl. hierzu[X.].Urt. v. 14. Juli 1997 - [X.], [X.], 1657, 1658) in ihrer Eigen-schaft als Mitwirkende an der kollektiven Willensbildung in der Verwaltungs-ratssitzung vom 6. März 1995 abzustellen; insoweit scheidet eine Verfristungaus. Nach den bisherigen Feststellungen ist eine - der [X.] zurechenba-re - unangemessene Verzögerung der Einberufung des Verwaltungsrats nichtersichtlich.2. Unbegründet sind die Bedenken der Vorinstanzen gegen die Wirk-samkeit der fristlosen Kündigung wegen Fehlens einer vorherigen Abmahnungdes [X.]. [X.] Konsequenzen mußten nämlich zumindestnach dem gegen ihn am 21. Februar 1995 verhängten Verbot, weiterhin Ent-scheidungen über Kontoüberziehungen der [X.] und seines Schwieger-sohnes zu treffen, nicht besonders angedroht werden; sie lagen für den [X.] künftigen Zuwiderhandlungen - wie bis zum 23. Februar 1995 geschehen -auch ohne besondere Androhung auf der Hand (vgl. [X.].Urt. v. 13. Juli 1998- II ZR 131/97, [X.], 1779, 1780 = DStR 1998, 1398, 1400 m. Anm.[X.] zur Frage der Anwendbarkeit des arbeitsrechtlichen Grundsatzes derAbmahnung auf freie Dienstverhältnisse der vorliegenden Art).RöhrichtHesselberger[X.] Kurzwelly Kraemer

Meta

II ZR 251/98

10.01.2000

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2000, Az. II ZR 251/98 (REWIS RS 2000, 3583)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3583

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