Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.11.2016, Az. 30 W (pat) 546/14

30. Senat | REWIS RS 2016, 1867

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "PERFECTING SURGICAL OUTCOMES (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 045 301.0

hat der 30. Senat (Marken- und [X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 17. September 2014 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das Wort-/Bildzeichen

Abbildung

2

ist am 25. April 2014 zur Eintragung als Marke für eine Vielzahl von Waren der Klassen 9, 10 und 16 in das vom [X.] geführte Register angemeldet worden.

3

Mit Beschluss vom 17. September 2014 hat die Markenstelle für Klasse 9 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) teilweise, nämlich für die folgenden Waren:

4

Klasse 09:

5

Klasse 10:

6

Klasse16:

7

zurückgewiesen.

8

Abbildung

9

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Der Wortfolge sei weder ein beschreibender Begriffsinhalt zu entnehmen, noch werde der Verkehr einen engen beschreibenden Bezug zu den beschwerdegegenständlichen Waren herstellen. Es lasse sich auch nicht feststellen, dass die Marke aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen bestehe. Das Anmeldezeichen bediene sich einer im Bereich der Medizintechnik ungewöhnlichen Wortwahl, da hier in der Regel gerade nicht von „Outcomes“, also Ergebnissen oder Resultaten, gesprochen werde. Auch sei es abwegig anzunehmen, chirurgische Ergebnisse könnten „perfektioniert“ werden. Dies gelte erst recht für die zurückgewiesenen Waren der Klassen 9 und 16, für die ein Bezug zur Chirurgie schon nicht ersichtlich sei. Das Anmeldezeichen verfüge somit über Originalität und Prägnanz und erfordere ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand, wobei zudem die ungewöhnliche graphische Ausgestaltung der Marke zusätzliche Merkfähigkeit verleihe.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Anmelderin die Anmeldung, soweit sie Gegenstand der Beschwerde ist, teilweise zurückgenommen, nämlich für sämtliche in Klasse 16 beschwerdegegenständlichen Waren sowie in den Klassen 9 und 10 für folgende Waren:

Klasse 09:

Klasse 10:

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.]s vom 17. September 2014 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hinsichtlich der nach der [X.] der Anmeldung alleine noch beschwerdegegenständlichen Waren, nämlich

Klasse 09

Klasse 10:

auch begründet, da [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] insoweit nicht festgestellt werden können.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. [X.] [X.] 2012, 610 (Nr. 42) - [X.]; [X.], 608, 611 (Nr. 66) - [X.]; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; [X.] 2013, 731 (Nr. 11) - [X.]; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) - [X.], jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa [X.] [X.] 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) - [X.]; [X.] 2008, 608, 611 (Nr. 66) - [X.]; [X.] 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; [X.] 2009, 949 (Nr. 10) - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] 2015, 173, 174 ([X.]) - for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) - [X.]; [X.] 2012, 270 (Nr. 8) - [X.] economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla).

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.] 2013, 1143, Nr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2004, 674, 678, Nr. 86 - Postkantoor; [X.] 2012, 270, 271, Nr. 11 - [X.] economy; [X.] 2009, 952, 953, Nr. 10 - [X.]; [X.] 2006, 850, 854, Nr. 19 - [X.]; [X.] 2005, 417, 418 - [X.]; [X.] 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2001, 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] 2006, 850, 854, Nr. 19 - [X.]; [X.] 2003, 1050, 1051 - [X.]; [X.] 2001, 1043, 1044 - [X.] - Schlechte Zeiten).

Davon ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft von Wortfolgen gegenüber anderen Wortmarken gerechtfertigt sind. Es wäre daher unzulässig, besondere Kriterien aufzustellen, die das Kriterium der Unterscheidungskraft ersetzen oder von ihm abweichen ([X.] [X.] 2010, 228, Nr. 38 - Vorsprung durch Technik; [X.] 2004, 1027, Nr. 35, 36 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT), etwa dergestalt, dass die sloganartige Wortfolge phantasievoll sein und ein begriffliches Spannungsfeld, das einen Überraschungs- und damit Merkeffekt zur Folge habe, aufweisen müsse ([X.] [X.] 2010, 228, Nr. 39 - Vorsprung durch Technik; [X.] 2004, 1027, Nr. 31, 32 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Auch wenn solche spruch- oder sloganartigen Wortfolgen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen unterliegen, ist jedoch zu berücksichtigen, dass solche Wortfolgen vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen werden wie andere Markenkategorien. So wird der Verkehr in [X.] oder spruchartigen Wortfolgen regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sehen, wenn diese eine bloße Werbefunktion ausüben - diese kann z. B. darin bestehen, die Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen - es sei denn, dass die Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. [X.] [X.] 2004, 1027, Nr. 35 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT; [X.] 2001, 1047, 1049 - [X.], [X.]; [X.] 2001, 735, 736 - Test it.).

2. Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Hintergrunds steht dem angemeldeten Wort-/Bildzeichen

Abbildung

für die nach [X.] der Anmeldung alleine noch beschwerdegegenständlichen Waren das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht entgegen.

a) Die Markenstelle hat allerdings zutreffend ausgeführt, dass der angesprochene inländische Verkehr die  angemeldete Wortfolge, welche sich  aus den [X.] Begriffen „[X.]“, „[X.]“ und „OUTCOMES“ zusammensetzt, ohne Weiteres im Sinne der naheliegenden [X.] Übersetzung („chirurgische Ergebnisse perfektionieren (verbessern/vervollkommnen)“) verstehen wird. Die hier schutzsuchende Bezeichnung richtet sich erster Linie an Chirurgen, Mediziner und medizinisches Fachpersonal sowie  an den am Handel mit diesen Produkten beteiligten Fachverkehr. Im Bereich der Medizin gehört [X.] zu denjenigen Fremdsprachen, derer sich die Fachwelt und die fachspezifisch orientierte Werbebranche erfahrungsgemäß besonders häufig bedienen. Zudem dürfen bereits die [X.]kenntnisse des normal informierten und verständigen [X.] nicht zu gering veranschlagt werden (vgl. Ströbele/Hacker, [X.], 11. Aufl., § 8 Rdnr. 168, 169). Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die einzelnen Begriffe der angemeldeten Wortfolge wie auch die Wortfolge in ihrer Gesamtheit von den beteiligten Verkehrskreisen in ihrem Sinn- und Bedeutungsgehalt ohne weiteres verstanden werden.

b) Dies gilt entgegen dem Beschwerdevorbringen insbesondere auch für den Begriff „OUTCOMES“, da es sich hierbei lexikalisch nachvollziehbar um einen aus der [X.] Sprache entlehnten, gerade auch in der inländischen Medizin gängigen Fachbegriff handelt (vgl. hierzu die Anlage

Somit kann der Argumentation der Anmelderin, das Anmeldezeichen bediene sich einer im Bereich der Medizintechnik „ungewöhnlichen Wortwahl“, da hier in der Regel nicht von „Outcomes“ gesprochen werde, nicht beigetreten werden. Vielmehr handelt es sich um einen gerade auch in der Medizin gängigen Fachbegriff.

c) Ausgehend hiervon kann der Markenstelle auch darin gefolgt werden, dass sich das Anmeldezeichen in seiner Gesamtheit den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres als anpreisender Hinweis darauf erschließt, dass die so gekennzeichneten Waren dazu dienen sollen, [X.] zu perfektionieren (zu verbessern, zu vervollkommnen). Entgegen dem Beschwerdevorbringen vermag demgegenüber die graphische Ausgestaltung des [X.], die sich im Wesentlichen auf einfache und gebräuchliche Gestaltungen des [X.] - wie die Fettung zweier Wortbestandteile sowie die Schreibweise in Versalien - beschränkt, nicht von dieser sachlichen Aussage wegzuführen oder einen darüber hinausgehenden Gesamteindruck zu vermitteln (vgl. hierzu m. w. N. Ströbele/Hacker, [X.] 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 191).

d) Wenngleich das Anmeldezeichen somit in seiner Gesamtheit als sachlicher Hinweis auf Waren, die dazu bestimmt sind, [X.] zu verbessern, verstanden werden kann, ist gleichwohl die Beurteilung eines Zeichens stets in Zusammenhang mit den konkreten Waren und Dienstleistungen vorzunehmen, für die eine Eintragung begehrt wird ([X.], [X.] 2004, 674 (Nr.33) - Postkantoor). Im Hinblick auf die vorliegend nach Teilrücknahme der Anmeldung alleine noch beschwerdegegenständlichen vorgenannten Waren lässt sich jedoch nicht feststellen, dass das Anmeldezeichen deren Merkmale beschreibt oder zumindest einen engen beschreibenden Bezug hierzu aufweist.

Die verbliebenen Waren weisen ihrer Art und Beschaffenheit nach keine speziellen Eigenschaften in Bezug auf einen Operationserfolg auf. Insbesondere im Hinblick auf die  obengenannten Computerwaren der [X.] hat der Senat, wenngleich Computertechnik sowohl im Rahmen der medizinischen Diagnostik als auch unmittelbar im Operationssaal eine wichtige Rolle spielen kann, keine Anhaltspunkte dafür, dass besondere Computerhardware - anders als die gegebenenfalls aufgespielte Anwendersoftware - speziell zur „Verbesserung des Operationserfolges“ konstruiert und angeboten wird.

Demnach gibt es für die nach [X.] der Anmeldung verbliebenen Waren keinen hinreichenden Anhalt dafür, dass dem Anmeldezeichen die Unterscheidungskraft fehlt.

3. Aus den vorgenannten Gründen unterliegt die angemeldete Marke hinsichtlich der alleine noch beschwerdegegenständlichen Waren auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

4. Da der [X.] somit hinsichtlich der obengenannten Waren die Eintragung wegen der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] nicht versagt werden kann, war der angefochtene Beschluss der Markenstelle auf die Beschwerde der Anmelderin aufzuheben.

Meta

30 W (pat) 546/14

24.11.2016

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.11.2016, Az. 30 W (pat) 546/14 (REWIS RS 2016, 1867)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1867

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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