30. Senat | REWIS RS 2017, 11907
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Markenbeschwerdeverfahren – „Schnupperprobe" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2013 043 455.2
hat der 30. Senat (Marken- und [X.]) des [X.] in der Sitzung vom 26. April 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Wortzeichen
Schnupperprobe
wurde am 26. Juli 2013 für folgende Waren der
„Klasse 3: Mittel zur kosmetischen Tierpflege; Parfümeriewaren für Tiere; Mittel zur Körperpflege und Schönheitspflege für Tiere; ätherische Öle, Seifen, [X.] und Pflegemittel für Tiere; Mundpflegemittel für Tiere, nicht für medizinische Zwecke; Tiershampoos
Klasse 5: Arzneimittel, pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Lebensmittel für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, Pflaster und Verbandmaterial, diätetische Substanzen für medizinische Zwecke; voranstehende Waren zur Anwendung bei Tieren; chemische Präparate für veterinärmedizinische Zwecke
Klasse 31: Futtermittel für Tiere und Haustiere, insbesondere für Hunde und Katzen sowie für Pferde“
zur Eintragung als Wortmarke in das Register bei dem [X.] angemeldet.
Mit Beschlüssen vom 17. September 2014 sowie vom 13. April 2015, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 5 die Anmeldung zunächst vollständig und sodann teilweise, nämlich für die folgenden Waren der
„Klasse 3: Mittel zur kosmetischen Tierpflege; Parfümeriewaren für Tiere; Mittel zur Körperpflege und Schönheitspflege für Tiere; ätherische Öle, Seifen, [X.] und Pflegemittel für Tiere; Mundpflegemittel für Tiere, nicht für medizinische Zwecke; Tiershampoos
Klasse 5: diätetische Lebensmittel für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, diätetische Substanzen für medizinische Zwecke; voranstehende Waren zur Anwendung bei Tieren;
Klasse 31: Futtermittel für Tiere und Haustiere, insbesondere für Hunde und Katzen sowie für Pferde“
wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen.
Schnupperprobe u. a. die Bedeutung „eine Probe zum Testen, Ausprobieren oder Kennenlernen“. Es könne aber auch die Bedeutung „[X.], Probe zum testweisen Riechen“ aufweisen. Eine amtsseitig durchgeführte Internetrecherche habe zu zahlreichen Treffern geführt, nach denen das Wort Schnupperprobe meist zur Bezeichnung einer erstmaligen Teilnahme (z. B. an einer Chor- oder Orchesterprobe, zum Kennenlernen des Chors oder Orchesters) verwendet werde. Daneben habe sich aber auch belegen lassen, dass das Wort Schnupperprobe zur Bezeichnung von kleineren Mengen von Tierfutter gebraucht werde, die zum test-/probeweisen Verfüttern an Tiere angeboten würden. Es sei somit belegt, dass das Wort Schnupperprobe keine Wortneuschöpfung darstelle, sondern vielmehr seit längerem in der [X.] verwendet werde. Auch die Anmelderin biete auf ihrer Homepage eine Probe von ihrem Hundefutter unter der Überschrift „Schnupperprobe – kostenlos für ihren Hund“ an, wobei sie das Anmeldewort im Text als beschreibende Angabe verwende.
Ausgehend hiervon werde der angesprochene Verkehr das Anmeldezeichen in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren der Klasse 31 und Klasse 5 mit der dargestellten Bedeutung erfassen, nämlich dahingehend, dass es sich bei den so gekennzeichneten Futtermitteln und Futtermittelergänzungsstoffen um Warenproben zum test- bzw. probeweisen Verfüttern handele. Damit beschreibe das Anmeldezeichen die Bestimmung und die Art der Ware. Hinsichtlich der zurückgewiesenen Waren der Klasse 3 werde das Zeichen ebenfalls im Sinne einer Warenprobe zum testweisen Verwenden verstanden, nämlich hinsichtlich der Frage, ob das Tier diese Waren „annehme“ („riechen könne“). Insoweit komme dem Zeichen die Bedeutung „Probe zum Testen“ (durch Riechen oder „Schnuppern“) zu. Denn all diese Waren könnten in [X.] abgegeben werden und wiesen in der Regel einen bestimmen Duft oder Geruch auf bzw. sollten einen solchen Duft erzeugen. In Bezug auf die Waren der Klasse 3 beschreibe das Zeichen damit die Bestimmung der Ware.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Sie trägt vor, bereits das Zeichenelement „Schnupper-“ sei kein vollständiges, existierendes Wort der [X.]. Er sei allenfalls ein Bestandteil des Verbs „schnuppern“, dem allerdings mehrere Bedeutungen zukämen. Auch der Begriff „Probe“ habe vielfältige Bedeutungen und sei in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 3, 5 und 31 nicht beschreibend.
Schnupperprobe unterscheidungskräftig. Denn es enthalte keinen ohne weiteres erkennbaren beschreibenden Begriffsinhalt, sondern sei interpretationsbedürftig und mehrdeutig. Insoweit könne der Begriff bspw. als phantasievolle Abwandlung von „[X.]“ oder „[X.]“, gerade in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 31, verstanden werden. Wie von der Markenstelle zutreffend ausgeführt, könne der Begriff ferner als erstmalige Teilnahme an einer Probe eines Chors, eines Orchesters, Theaters etc. zu dessen Kennenlernen verstanden werden.
Schnupperprobe auch im Sinne von „[X.]“ zu verstehen. Dies verkenne bereits, dass sich die mit der Marke beanspruchten Waren (auch) an menschliche Verbraucher richteten, während das Verb „schnuppern“ aber ausschließlich in Bezug auf Tiere verwendet werde.
Somit komme dem Anmeldezeichen weder ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zu, noch handele es sich um ein gebräuchliches Wort der Umgangssprache. Vielmehr handele es sich bei der [X.] geradezu um ein Musterbeispiel für eine sprechende Marke, die eine beschreibende bzw. anpreisende Aussage andeute, welche aber ohne nähere Überlegung nicht offensichtlich sei. Auch die vom Senat übersandten Ergebnisse einer Internetrecherche würden nichts anderes belegen.
Schließlich sei auf eine Mehrzahl von vergleichbaren Voreintragungen (wie „[X.]“, „Schnuppertraum“, „[X.]“ oder auch „[X.]“) zu verweisen, welchen für die Eintragungsfähigkeit der [X.] indizielle Bedeutung zukomme.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle insoweit aufzuheben, als die Eintragung der [X.] zurückgewiesen worden ist.
Ihren zunächst hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin nach [X.] durch den Senat zurückgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Anmeldezeichen ist in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen, so dass die Markenstelle die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 [X.]).
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. [X.] [X.] 2012, 610 (Nr. 42) – [X.]; [X.] 2008, 608, 611 (Nr. 66) - [X.]; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) – smartbook; [X.] 2013, 731 (Nr. 11) – [X.]; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) – [X.], jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa [X.] [X.] 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) – [X.]; [X.] 2008, 608, 611 (Nr. 66) – [X.]; [X.] 2006, 233, 235, Nr. 45 – Standbeutel; [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2009, 949 (Nr. 10) – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] 2015, 173, 174 (Nr. 15) – for you; [X.] 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; [X.] 2012, 1143 (Nr. 7) – [X.]; [X.] 2012, 270 (Nr. 8) – Link economy). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411, 412 (Nr. 24) - Matratzen [X.]/Hukla).
Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.] 2013, 1143, Nr. 15 – Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2004, 674, 678, Nr. 86 – Postkantoor; [X.] 2014, 1204, 1205, Nr. 12 – [X.]; [X.] 2012, 270, 271, Nr. 11 – Link economy; [X.] 2009, 952, 953, Nr. 10 – [X.]). Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] 2014, 1204, 1205, Nr. 12 – [X.]; [X.] 2012, 1143, 1144, Nr. 9 – [X.]; [X.] 2010, 1100, Nr. 23 – [X.]!; [X.] 2006, 850, 855, Nr. 28 f. – FUSSBALL WM 2006).
2. Ausgehend von diesem rechtlichen Hintergrund fehlt es dem Anmeldezeichen Schnupperprobe in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren an jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].
a) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den Bestandteilen „Schnupper-“ und „Probe“ zusammen.
aa) Dem Wort „Probe“ kommt im vorliegenden [X.] ersichtlich die Bedeutung „kleine Menge, Teil von etwas, woraus die Beschaffenheit des Ganzen zu erkennen ist“ zu (www.duden.de).
bb) Das vorangestellte Präfix „Schnupper –“ drückt lexikalisch nachvollziehbar in Bildungen mit Substantiven aus, „
Schnupper–“ und einem nachgestellten Bezugswort, wie etwa „[X.]“, „[X.]“, „Schnuppertraining“, „Schnupperpraktikum“ etc. (vgl. www.duden.de).
cc) In diese Begriffsbildungen reiht sich entgegen dem Vorbringen der Anmelderin auch das verfahrensgegenständliche Anmeldezeichen ohne weiteres ein.
Schnupperprobe seit langem in den [X.] Wortschatz eingegangen ist, wie sich aus den Belegen der Markenstelle sowie den ergänzenden Recherchen des Senats, die der Anmelderin zur Verfügung gestellt worden sind und die zum Teil deutlich vor dem hiesigen Anmeldezeitpunkt datieren, ergibt.
dd) Ausgehend hiervon wird sich das Anmeldezeichen „Schnupperprobe“ dem angesprochenen Verkehr im Zusammenhang mit allen beschwerdegegenständlichen Waren der Klassen 3, 5 und 31 ohne weiteres und nächstliegend als werblich-anpreisender Hinweis darauf erschließen, dass es sich um eine ([X.] handelt, die es dem Verbraucher ermöglichen soll, einen Eindruck von dem jeweiligen Produkt gewinnen zu können, ohne sich verbindlich dafür entscheiden zu müssen.
Schnupperprobe“ ist mit dem dargelegten Sinngehalt nachweislich bereits vor dem Anmeldezeitpunkt von anderen Unternehmen als der Anmelderin eingesetzt worden; zudem hat die Markenstelle zutreffend festgestellt, dass auch die Anmelderin selbst das Zeichen beschreibend verwendet (vgl. [X.]. 42 VA: „
Schnupperprobe daher auf Anhieb und hinsichtlich aller zurückgewiesenen Waren als werbliche Anpreisung, nicht jedoch als Mittel zur betrieblichen Herkunftsindividualisierung auffassen.
ee) Auf eine besondere Originalität und Prägnanz der Wortzusammensetzung kann sich die Anmelderin bereits deshalb nicht berufen, da es sich wie dargelegt um ein gängiges Wort der [X.] handelt, welches gerade auch in der Werbesprache vielfach verwendet wird.
ff) Auch auf eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit des Wortes Schnupperprobe vermag sich die Anmelderin nicht zu berufen. Dass das Anmeldezeichen im Zusammenhang mit denjenigen zurückgewiesen Waren, welche für Tiere bestimmt sind (
3. Auf die von der Anmelderin in Bezug genommenen Voreintragungen kommt es nicht an, da sie nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind (vgl. [X.] [X.] 2009, 667 Nr. 18 – Bild.t.-Online.de m. w. N.; [X.] 2008, 1093 Nr. 8 – [X.]; BGH [X.] 2011, 230 – [X.]; [X.] 2011, 66 – Freizeit Rätsel Woche).
4. Demnach war die Beschwerde zurückzuweisen.
Meta
26.04.2017
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.04.2017, Az. 30 W (pat) 27/15 (REWIS RS 2017, 11907)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 11907
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