30. Senat | REWIS RS 2018, 8162
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Markenbeschwerdeverfahren – "Unikat aus Blüte und Blatt (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2017 212 789.5
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.]in der Sitzung vom 7. Juni 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]Prof. Dr. Hacker sowie der [X.][X.]und Dr. Meiser
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das in beiger Farbe gestaltete Zeichen
ist am 21. April 2017 für die Waren und Dienstleistungen der
„Klasse 21: Blumen- und Pflanzenhalter [Blumengestecke]; Blumenhalter; Blumenkästen; Blumenkörbe; Blumenschalen; Blumentöpfe; Blumenvasen; Glasgegenstände zu Dekorationszwecken; Kerzenleuchter; Kerzenständer; Porzellanwaren zur Dekoration
Klasse 31: Blumen; Echte Blumen; Frische Blumen; Frische Blumendekorationen; Gestecke aus frischen Blumen; Getrocknete Blumendekorationen; Kränze aus natürlichen Blumen; Natürliche Blumen; Natürliche Blumendekorationen; Natürliche Pflanzen; Pflanzen [getrocknet] für Dekorationszwecke; Sträuße aus frischen Blumen
Klasse 41: Anleitungen [Schulung] über Blumenarrangements
Klasse 44: Dienstleistungen eines Floristen; Floristik; Gestaltung von Blumenarrangements“
zur Eintragung als Wort-/Bildmarke in das beim [X.]geführte Markenregister angemeldet worden.
Mit Beschluss vom 28. September 2017 hat die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 44 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen.
Unikat aus Blüte und Blatt eingebunden sein könne oder für welche es als Verzierung diene. Die Dienstleistungen eines Floristen und die in Klasse 41 beanspruchten Ausbildungsdienstleistungen könnten sich unmittelbar auf das Binden und Stecken von Blumen und Pflanzen zu einem Unikat aus Blüte und Blatt beziehen. Damit beinhalte das Anmeldezeichen für alle relevanten Waren und Dienstleistungen eine werblich-anpreisende Sachaussage, nicht jedoch einen Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen. Schließlich sei auch die bildliche Ausgestaltung nicht geeignet, die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke zu begründen, da sie sich insgesamt auf werbeübliche Gestaltungselemente beschränke. Soweit sich die Anmelderin auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen berufe, entfalteten diese nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits keine Bindungswirkung.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Zur Begründung führt sie aus, die Markenstelle habe die Anmeldung zu Unrecht wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen und dabei einen zu strengen Beurteilungsmaßstab zugrunde gelegt. Die Wortverbindung stelle aufgrund des „reimenden Charakters“ eine künstlerische Schöpfung dar, die den allgemeinen Sprachgebrauch zur Beschreibung von Blumenläden deutlich übersteige. Ferner sei die künstlerisch verzierte Schreibweise prägnant und für die Verkehrskreise einprägsam genug, um die Herkunft der angemeldeten Waren und Dienstleistungen von der Herkunft aus einem anderen Unternehmen zu unterscheiden.
Unikat aus Blüten und Blatt im sprachgebräuchlichen Sinne darstellen, so dass das Anmeldezeichen für diese Dienstleistungen nicht beschreibend sei.
In gleicher Weise müssten bei der Beurteilung der angemeldeten Waren wie z. B. „
Die von der Markenstelle ermittelten Fundstellen seien nicht geeignet zu belegen, dass auch das Anmeldezeichen vom Verkehr nur als Werbeaussage bzw. Kaufaufforderung verstanden werde. Schließlich sei noch einmal darauf zu verweisen, dass bereits mehrere Marken mit der Wortkombination „Unikat…“ in das bei dem [X.]geführte Markenregister eingetragen worden seien.
Der Anmelderin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des [X.]vom 28. September 2017 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da es der angemeldeten Wort-/Bildmarke in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. [X.]GRUR 2015, 1198 (Nr. 59) - Kit Kat; GRUR 2012, 610 (Nr. 42) - Freixenet; GRUR 2008, 608 (Nr. 66) - EUROHYPO; [X.]GRUR 2016, 1167 (Nr. 13) - Sparkassen-Rot; GRUR 2015, 581 (Nr. 16) - Langenscheidt-Gelb; GRUR 2015, 173 (Nr. 15) - for you; GRUR 2014, 565 (Nr. 12) - smartbook; GRUR 2013, 731 (Nr. 11) ´- Kaleido; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat, jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa [X.]GRUR 2015, 1198 (Nr. 59) - Kit Kat; GRUR 2014, 373 (Nr. 20) - KORNSPITZ; 2010, 1008, 1009 (Nr. 38) - Lego; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 66) - EUROHYPO; GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; [X.]GRUR 2016, 1167 (Nr. 13) - Sparkassen-Rot; GRUR 2016, 934 (Nr. 9) - OUI; GRUR 2015, 581 (Nr. 16) - Langenscheidt-Gelb; [X.]GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; GRUR 2009, 949 (Nr. 10) - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.]ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.]GRUR 2017, 186 (Nr. 29) - Stadtwerke Bremen; GRUR 2016, 1167 (Nr. 13) - Sparkassen-Rot; GRUR 2015, 581 (Nr. 9) - Langenscheidt-Gelb; GRUR 2015, 173, 174 (Nr. 15) - for you; GRUR 2014, 565, 567 (Nr. 12) - smartbook; GRUR 2012, 1143 (Nr. 7) - Starsat; GRUR 2012, 270 (Nr. 8) - Link economy). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.]bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.]GRUR 2006, 411, 412 (Nr. 24) - Matratzen Concord/Hukla).
Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.]GRUR 2013, 1143, Nr. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.]GRUR 2013, 519 (Nr. 46) - Deichmann; GRUR 2004, 674 (Nr. 86) - Postkantoor; [X.]GRUR 2017, 186 (Nr. 30, 32) - Stadtwerke Bremen; 2014, 1204 (Nr. 12) - DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 270 (Nr. 11) - Link economy; GRUR 2009, 952 (Nr. 10) - DeutschlandCard). Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.]GRUR 2017, 186 (Nr. 32) - Stadtwerke Bremen; GRUR 2014, 1204 (Nr. 12) - DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 1143 (Nr. 9) - Starsat; GRUR 2010, 1100 (Nr. 23) - TOOOR!; GRUR 2006, 850 (Nr. 28 f.) - FUSSBALL WM 2006).
2. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen fehlt es der zur Eintragung in das Markenregister angemeldeten Wortfolge Unikat aus Blüte und Blatt im vorliegenden Waren- und Dienstleistungszusammenhang an jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
a) Das Anmeldezeichen setzt sich, wie auch die Markenstelle bereits zutreffend festgestellt hat, sprachgerecht aus einfachen Wörtern der [X.]zusammen.
Unikat“ wird dabei in der Werbesprache gängig zur anpreisenden Bezeichnung eines (individuellen, qualitativ entsprechend hochwertigen) „Einzelstücks“ verwendet. Die Fundstellen der Markenstelle belegen hierzu ferner, dass gerade auch die Verwendung von Wortfolgen mit den Bestandteilen „Unikat aus…“ sowie der nachfolgenden Bezeichnung des jeweiligen Materials, aus dem das Einzelstück hergestellt ist, bereits im Anmeldezeitpunkt werbeüblich war und vielfach verwendet wird („Unikat aus Corian“; „Unikat aus deinen Segeln und Kites“; „Unikat aus Titan und Turmalin“; Unikat aus gebrauchten Feuerwehrschlauch“; „Unikat aus Faserverbundwerkstoff“; „Unikat aus massiver Eiche“). In die Art und Weise der Bildung dieser Wortverbindungen reiht sich das Anmeldezeichen ohne weiteres ein.
Dem Verkehr wird sich das Anmeldezeichen daher hinsichtlich aller beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf Anhieb als werblich anpreisender Sachhinweis auf „Unikate“ (also „Einzelstücke“ von entsprechender Qualität), die „aus Blüte und Blatt“ (also aus Blumen, Pflanzen und deren Bestandteilen) bestehen, erschließen, nicht aber als Mittel zur betrieblichen Herkunftsindividualisierung.
b) Dies gilt zuerst, wie auch die Beschwerdebegründung nicht ernsthaft in Abrede stellt, für die zurückgewiesenen Waren der Klasse 31. Für die Waren „Blumen; Echte Blumen; Frische Blumen; Frische Blumendekorationen; Gestecke aus frischen Blumen; Getrocknete Blumendekorationen; Kränze aus natürlichen Blumen; Natürliche Blumen; Natürliche Blumendekorationen; Natürliche Pflanzen; Pflanzen [getrocknet] für Dekorationszwecke; Sträuße aus frischen Blumen“ liegt der Sachbezug unmittelbar auf der Hand, da diese Waren selbst ein Unikat aus Blüte und Blatt darstellen bzw. Bestandteile derartiger - aus Blumen und Pflanzen angefertigter - Unikate sein können.
Unikat(s) aus Blüte und Blatt sein, in ein derartiges floristisches Arrangement eingebunden sein oder damit verziert werden, so dass sich das Anmeldezeichen auch insoweit in einer Bestimmungsangabe erschöpft.
Unikat(s) aus Blüte und Blatt sein bzw. zu dessen Herstellung dienen.
Unikat aus Blüte und Blatt beziehen können.
c) Nach alledem enthält die Wortfolge Unikat aus Blüte und Blatt in ihrer Gesamtheit eine ausschließlich sachbezogene Aussage zu Art und Qualität, Beschaffenheit oder Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit der Folge, dass sie nicht geeignet ist, diese nach ihrer betrieblichen Herkunft zu unterscheiden (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Entgegen dem Beschwerdevorbringen bewegt sich das Anmeldezeichen dabei in jeder Hinsicht im Rahmen der aktuellen und für den Verkehr verständlichen Werbesprache und verlangt den angesprochenen Verkehrskreisen keinerlei analysierende Gedankengänge ab.
d) Schließlich führt auch die grafische Ausgestaltung von der dargelegten beschreibenden bzw. qualitätsanpreisenden Bedeutung der [X.]des angemeldeten Zeichens in keiner Weise fort. Ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis kann zwar durch eine besondere bildliche und grafische Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger [X.]erreicht werden; die Ausgestaltung muss aber eine kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke bewirken, die den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile bedeutungslos macht ([X.]GRUR 2008, 710 Rn. 20 - VISAGE; vgl. auch Ströbele/Hacker/Thiering, [X.]12. Aufl., § 8 Rn. 209 m. w. N.). Letzteres kann vorliegend nicht festgestellt werden.
Die Kombination unterschiedlicher Schriftarten, die sich als solche nicht wesentlich von den [X.]unterscheiden, ist [X.]und nicht geeignet, die Schutzfähigkeit des [X.]zu begründen (vgl. bereits [X.]GRUR 1996, 410, 411 - Color COLLECTION; vgl. auch Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 201 m. w. N.), wie auch die Anordnung der Wortelemente im Rahmen einer zweizeiligen Gestaltung (vgl. [X.]GRUR 1996, 410, 411 - Color COLLECTION) sowie ihre Ausgestaltung in unterschiedlichen Schriftgrößen (vgl. etwa [X.]PROMA 30 W (pat) 7/17 - [X.]MILLIONS) dem werbegrafischen Standard entspricht. Auch die Farbgestaltung (vgl. [X.]GRUR 2009, 954 (Nr. 17) – Kinder III; Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8 Rn. 210), hier in einem beigen Farbton (vgl. etwa [X.]27 W (pat) 216/04 - [X.]in Bad Wiessee, juris) sowie schließlich die - ohnehin nur schwach sichtbare - rechteckige Unterlegung der [X.](vgl. etwa [X.]PROMA 24 W (pat) 338/03 - VISAGE, bestätigt durch [X.]GRUR 2008, 710, Rn. 21; [X.]PROMA 30 W (pat) 508/16 - suisse-print …so druckt die [X.]heute…) stellen einfache und grundlegende Stilmittel dar, an die sich der Verkehr durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat und die er deshalb nicht als Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen wahrnehmen wird. Somit reicht die grafische Ausgestaltung insgesamt nicht aus, um in Kombination mit den nicht unterscheidungskräftigen Wortbestandteilen dem [X.]Unterscheidungskraft zu verschaffen.
3. Die Anmelderin kann sich zur Ausräumung des [X.]auch nicht auf eine ihrer Meinung nach abweichende Eintragungspraxis bzw. auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen berufen. Nach übereinstimmender höchstrichterlicher Rechtsprechung lässt sich aus Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen herleiten, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt (vgl. etwa [X.]GRUR 2009, 667 (Nr. 18) - Bild.t.-Online.de m. w. N.; [X.]GRUR 2012, 276, Nr. 18 - Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V. m. w. N.; [X.]GRUR 2011, 230 - SUPERgirl; [X.]MarkenR 2011, 66 - Freizeit Rätsel Woche).
4. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
Meta
07.06.2018
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.06.2018, Az. 30 W (pat) 567/17 (REWIS RS 2018, 8162)
Papierfundstellen: REWIS RS 2018, 8162
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