Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.10.2010, Az. IX R 55/09

9. Senat | REWIS RS 2010, 2199

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Gegenstand

Keine Eigenheimzulage für Zweitobjekt im EU-Ausland - Verjährung von Eigenheimzulage - Keine Abweichung von Verjährungsvorschriften der AO bei Europarechtswidrigkeit der materiellen Anspruchsnorm


Leitsatz

1. NV: Es ist europarechtlich nicht geboten, einem unbeschränkt Steuerpflichtigen mit Wohnsitz im Inland Eigenheimzulage für ein Zweitobjekt im EU-Ausland zu gewähren .

2. NV: Zur Verjährung von Eigenheimzulage .

3. NV: Auch wenn die materielle Anspruchsnorm gegen Europarecht verstößt, rechtfertigt dies keine Abweichung von den Verjährungsvorschriften der AO .

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), Eheleute mit Wohnsitz im Inland, begehren für ihr auf …, [X.], gelegenes Wohnobjekt Eigenheimzulage für die Jahre 2001 und 2002.

2

Das Objekt wurde im Jahr 2001 angeschafft und wird von den Klägern selbst genutzt. Am 1. Juli 2008 beantragten sie bei dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --[X.]--) unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) vom 17. Januar 2008 [X.]/05 Kommission/ [X.] (Slg. 2008, [X.], [X.], 326) Eigenheimzulage ab dem Jahr 2001. Das [X.] setzte mit Bescheid vom 18. September 2008 die Eigenheimzulage ab dem [X.] in Höhe von jährlich 2.556,46 € fest und wies den Antrag im Übrigen wegen Festsetzungsverjährung ab. Der Einspruch blieb erfolglos.

3

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage auf Eigenheimzulage für die Jahre 2001 und 2002 mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 299 veröffentlichten Urteil ab. Ob dem Grunde nach ein Anspruch auf Eigenheimzulage für das in [X.] belegene Objekt bestehe, könne dahinstehen, weil für die Streitjahre Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Eine Durchbrechung der nationalen Verfahrensvorschriften wäre selbst bei Europarechtswidrigkeit der materiellen Regelung nicht veranlasst.

4

Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der sie die fehlerhafte Anwendung der Vorschriften über die Festsetzungsverjährung rügen.

5

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Eigenheimzulage für die Jahre 2001 und 2002 festzusetzen.

6

Das [X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision ist nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen, denn sie ist unbegründet.

8

1. Eigenheimzulage kann für eine im Ausland belegene Zweitwohnung eines im Inland gemäß § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unbeschränkt Steuerpflichtigen schon der Sache nach nicht beansprucht werden. Wie der Senat im Urteil vom 20. Oktober 2010 [X.]/09 BFHE 231, 480 entschieden hat, ist es in dieser Fallkonstellation --anders als in den der Entscheidung des [X.] in [X.]. 2008, [X.], [X.], 326 zugrundeliegenden Fällen der unbeschränkten Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 2 und 3 EStG unionsrechtlich nicht geboten, das Tatbestandsmerkmal der Inlandsbelegenheit in § 2 Abs. 1 des Eigenheimzulagengesetzes ([X.]) unangewendet zu lassen.

9

2. Im Übrigen ist das [X.] im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass den Klägern schon deshalb kein Anspruch auf Eigenheimzulage für die Streitjahre 2001 und 2002 zusteht, weil ein solcher Anspruch verjährt ist.

a) Nach § 15 Abs. 1 [X.] sind für die Festsetzung der Eigenheimzulage die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, so dass gemäß § 155 Abs. 4 der Abgabenordnung [X.]) die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften sinngemäß heranzuziehen sind. Gemäß den zutreffenden Ausführungen des [X.] war zum Zeitpunkt der Antragstellung am 1. Juli 2008 Festsetzungsverjährung für die Streitjahre 2001 und 2002 eingetreten. Nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] beträgt die Festsetzungsfrist grundsätzlich vier Jahre, beginnend mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 170 Abs. 1 [X.]). Eigenheimzulage entsteht nach § 10 [X.] mit dem Beginn der Nutzung der Wohnung und für jedes weitere Jahr des Förderzeitraums mit Beginn des Kalenderjahres, für das Eigenheimzulage festzusetzen ist. Damit endete die Festsetzungsfrist aufgrund der bindenden Feststellungen des [X.] zum Beginn der Nutzung nach § 170 Abs. 1 [X.] für die Eigenheimzulage 2001 am 31. Dezember 2006 und für die Eigenheimzulage 2002 am 31. Dezember 2007. Mangels Europarechtswidrigkeit von § 2 Abs. 1 [X.] in der im Streitfall vorliegenden Fallgestaltung ist das einschlägige Verfahrensrecht schon vom Ansatz her nicht außer [X.] zu lassen.

b) Im Übrigen könnte selbst die von den Klägern behauptete Europarechtswidrigkeit der materiellen Anspruchsnorm keine Abweichung von den Verjährungsvorschriften der Abgabenordnung rechtfertigen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass Urteile des [X.] grundsätzlich keinen Einfluss auf den Ablauf von Festsetzungsfristen oder die Bestandskraft von Steuerbescheiden haben (vgl. BFH-Urteile vom 8. Juli 2009 [X.], [X.], 1; vom 23. November 2006 [X.], [X.], 350, [X.], 433; [X.], [X.], 357, [X.], 436, und [X.], [X.] 2007, 872; [X.]-Urteil vom 28. November 2000 [X.]/99, [X.], [X.]. 2000, [X.]). Anhaltspunkte für einen dem [X.]-Urteil vom 25. Juli 1991 [X.]/90, Emmott ([X.]. 1991, [X.]) vergleichbaren Sonderfall sind nicht ersichtlich.

Meta

IX R 55/09

20.10.2010

Bundesfinanzhof 9. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 28. Oktober 2009, Az: 9 K 146/09, Urteil

§ 2 Abs 1 EigZulG, § 15 Abs 1 EigZulG, § 155 Abs 4 AO, § 169 Abs 2 S 1 Nr 2 AO, § 170 Abs 1 AO, § 10 EigZulG, Art 43 EG, Art 56 EG, Art 49 AEUV, Art 63 AEUV, Art 18 EG, Art 21 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.10.2010, Az. IX R 55/09 (REWIS RS 2010, 2199)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2199

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