Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2005, Az. I ZB 21/05

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1243

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[X.] vom 20. Oktober 2005 in der [X.] Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja Geltendmachung der Abmahnkosten
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1 Die auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens nach der [X.] der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG nicht anrechenbare Geschäfts-gebühr nach Nr. 2400 dieser Anlage für eine wettbewerbsrechtliche [X.] zählt nicht zu den Kosten des Rechtsstreits i.S. des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO und kann nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO, § 11 Abs. 1 Satz 1 RVG festgesetzt werden. [X.], [X.]. v. 20. Oktober 2005 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 20. Oktober 2005 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] [X.], [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss des [X.], 8. Zivilsenat, vom 18. Januar 2005 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 1.020,92 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin mit anwaltlichem Schreiben vom 13. Juli 2004 wegen einer [X.] und eines Wettbewerbsverstoßes ab. Nachdem sich die Antragsgegnerin geweigert hatte, die begehrte Unterwerfungserklärung abzugeben, erwirkte die Antragstellerin eine einstweilige Verfügung. In dem [X.]uss wurden der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. 1 Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Antragstellerin u.a. beantragt, gegen die Antragsgegnerin auch die anteilige Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 2 - 3 - [X.] (Vergütungsverzeichnis Anlage 1 zum RVG) abzüglich des nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 [X.] anzurechnenden Teils festzusetzen. 3 Das [X.] hat dem Antrag insoweit nicht entsprochen. Das Ober-landesgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen ([X.] 2005, 898). Mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag weiter, die anteilige Geschäftsgebühr von 1.020,92 • festzusetzen. 4 I[X.] Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zu-lässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. 5 1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung [X.]: 6 Die Kosten des vorgerichtlichen Abmahnschreibens seien keine Kosten des Rechtsstreits i.S. des § 91 ZPO, die im Kostenfestsetzungsverfahren fest-gesetzt werden könnten. Die Zielrichtung des wettbewerbsrechtlichen Abmahn-schreibens gehe dahin, den Rechtsstreit im Wege des Vergleichs oder einer freiwilligen Leistung des Gegners zu vermeiden. Der Rechtsfrieden solle ohne Prozess wiederhergestellt oder dem Gegner ein sofortiges Anerkenntnis i.S. des § 93 ZPO verwehrt werden. Bei der Abmahnung gehe es nur darum, die rechtlichen Voraussetzungen einer auch im Kostenpunkt erfolgreichen Klage herzustellen und nicht die Durchführung eines Rechtsstreits vorzubereiten. Der Umstand, dass die Abmahnung auch erfolge, um dem Gegner die Berufung auf § 93 ZPO zu verwehren, führe nicht dazu, dass die Abmahnung aus nachträgli-cher Sicht als Vorbereitung des späteren Prozesses angesehen werden könne. 7 - 4 - 2. Diese Auffassung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann die anteilige Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 [X.] für die erfolglose Abmahnung nicht zur Erstattung im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO angemeldet werden. 8 9 a) Die Frage, ob die Kosten, die für eine Abmahnung entstanden sind, zu den Kosten des Rechtsstreits i.S. des § 91 ZPO zählen und im [X.] festgesetzt werden können, war bereits vor dem Inkrafttreten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes am 1. Juli 2004 in Rechtsprechung und Literatur umstritten (bejahend: [X.] NJW 1969, 935; [X.] [X.] 1982, 1192; KG WRP 1982, 25; [X.] WRP 1992, 588; [X.] GRUR 1997, 318; OLG Düsseldorf AnwBl 2001, 187; [X.].UWG/[X.], Vor § 13 [X.]. 184; [X.], UWG, 3. Aufl., Vor § 13 [X.]. 191; [X.], Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., [X.]. 41 [X.]. 90; [X.]/Schütze/[X.], ZPO, 3. Aufl., § 91 [X.]. 11; [X.], NJW 1986, 2088, 2089 f.; [X.], [X.], 20, 23 f.; a.A.: [X.] GRUR 1985, 328; [X.] [X.] 1985, 1863; [X.] 1993, 388; [X.] 1996, 1192; [X.] 1997, 205; [X.] AnwBl 1997, 681; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl. [X.]. 802). Auch unter Geltung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ist die Frage nach wie vor umstritten. Für die anteilige, nicht anrechenbare Ge-schäftsgebühr des Rechtsanwalts nimmt die überwiegende Ansicht losgelöst von der Frage der Abmahnkosten generell an, diese Gebühr könne nicht im Kostenfestsetzungsverfahren angemeldet werden, sondern müsse im Klagever-fahren eingeklagt werden ([X.] RVG-Report 2005, 76; [X.] NJW 2005, 759; Schons, NJW 2005, 3089, 3091; Eulerich, NJW 2005, 3097, 3099; vgl. auch [X.]/[X.], NJW 2005, 3100; unter Geltung der [X.]: [X.] [X.] 1991, 704; [X.] MDR 2001, 293; [X.] MDR 2002, 237; [X.] [X.] 2003, 201; a.A. OLG - 5 - [X.] 2004, 276; [X.], 79, 80). Teilweise wird die Möglichkeit einer Festsetzung der wettbewerbsrechtlichen Abmahnkosten im Kostenfestsetzungsverfahren allgemein (Harte/[X.], UWG, § 12 [X.]. 87; [X.]/Lauterbach/[X.], ZPO, 63. Aufl., § 91 [X.]. 286; Musielak/[X.], ZPO, 4. Aufl., § 91 [X.]. 36) oder jedenfalls der Festsetzung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 [X.] bejaht ([X.], [X.] 2005, 45, 47), während zum Teil die Möglichkeit der Kostenfestsetzung der [X.] nach wie vor verneint wird ([X.] [X.], 360; [X.]/ Scharen, [X.], 5. Aufl., [X.]. 11 [X.]. 3; [X.]/[X.]/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 12 UWG [X.]. 1.91; [X.]/[X.], Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, [X.] [X.]. 253; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 91 [X.]. 43; [X.]/[X.], ZPO, 25. Aufl., § 104 [X.]. 21 "Außergerichtliche Anwaltskosten"). b) Die für die Abmahnung entstehende Geschäftsgebühr zählt nicht zu den Kosten des Rechtsstreits i.S. des § 91 ZPO. 10 aa) Zu den Prozesskosten rechnen nicht nur die durch die Einleitung und Führung eines Prozesses ausgelösten Kosten, sondern auch diejenigen Kos-ten, die der Vorbereitung eines konkret bevorstehenden Rechtsstreits dienen (vgl. [X.], Urt. v. 11.12.1986 - III ZR 268/85, [X.], 247, 248; [X.] aaO § 91 [X.]. 39). Diese werden aus Gründen der [X.] den Prozesskosten zugerechnet und können im Kostenfestsetzungsverfah-ren geltend gemacht werden (vgl. [X.] [X.], 247, 248; [X.] aaO [X.]. 41 [X.]. 90; [X.], NJW 1986, 2088, 2089 f.; [X.], [X.] 2005, 45, 47). Hierzu werden Kosten für Detektivermittlungen (vgl. [X.] NJW 1971, 1183), für Testkäufe ([X.], 665) und für Nachforschungen im Zusammenhang mit Patentstreitigkeiten (BPatGE 8, 181; [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 80 [X.]. 53) gerechnet. 11 - 6 - 12 bb) Die Kosten einer Abmahnung gehören nicht zu den einen Rechts-streit unmittelbar vorbereitenden Kosten. Die Abmahnung hat eine doppelte Funktion. Sie dient der Streitbeilegung ohne Inanspruchnahme der Gerichte und mit ihr verfolgt der Gläubiger das weitere Ziel, dem Schuldner die [X.] zu verwehren, den gerichtlich geltend gemachten Anspruch mit der Kosten-folge des § 93 ZPO anzuerkennen. Auch dieser letztgenannte Zweck hat keine den Prozess unmittelbar vorbereitende Funktion. Zulässigkeit und Begründet-heit der Klage hängen nicht von einer vorangegangenen Abmahnung ab (vgl. hierzu auch [X.], [X.]. v. 15.7.2005 - GSZ 1/04, [X.], 882, 885 = [X.], 1408 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung, zur Veröffentli-chung in [X.] vorgesehen). Soweit der Gläubiger mit der Abmahnung darauf abzielt, die ihm ungünstige Kostenfolge des § 93 ZPO zu vermeiden, kommt diese Funktion auch einer Mahnung zu, ohne dass die Mahnkosten den im [X.] zu erstattenden Prozesskosten zugerechnet werden (vgl. Musielak/[X.] aaO § 91 [X.]. 7; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 27. Aufl., § 91 [X.]. 8; [X.]/[X.] aaO § 91 [X.]. 13, Stichwort "Mahnschreiben"; a.A. [X.]/Schütze/[X.] aaO § 91 [X.]. 70). Auch vermögen Gründe der Prozesswirtschaftlichkeit nach der Neuregelung, die die Geschäftsgebühr durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz erfahren hat, eine Festsetzung der [X.] im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu rechtfertigen. Zwar erfolgt anders als unter Geltung der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung, die eine Anrechnung der vorprozessual entstandenen Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 [X.] auf die Gebühren des anschließenden gerichtlichen Ver-fahrens im vollen Umfang vorsah (§ 118 Abs. 2 Satz 1 [X.]), nach der [X.] 3 Abs. 4 des [X.] nur eine anteilige Anrechnung der Geschäfts-gebühr auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens. Dadurch hat die Frage der Festsetzung der für eine Abmahnung nach dem Rechtsanwaltsvergü-tungsgesetz entstandenen Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren - 7 - aber keine derartige Bedeutung erlangt, dass allein aus Gründen der [X.] eine Festsetzung der nicht anrechenbaren Geschäftsgebühr ge-rechtfertigt wäre. Im Regelfall wird ein Unterlassungsschuldner, der eine im Ver-fahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach §§ 935, 940 ZPO ergangene Ver-botsverfügung hinnimmt, die für die Abmahnung entstandenen Kosten beglei-chen. Akzeptiert der Schuldner die einstweilige Verfügung nicht, kann im an-schließenden Hauptsacheverfahren die anteilige, nicht anrechenbare Ge-schäftsgebühr ohne weiteres mit eingeklagt werden. Die verbleibenden Fälle haben dagegen zahlenmäßig kein solches Gewicht, dass anders als bei den Mahnkosten eine Kostenerstattung der Abmahnkosten im Kostenfestsetzungs-verfahren vorzusehen ist. Zudem müssen der materielle und der prozessuale Kostenerstattungsanspruch keineswegs deckungsgleich sein. So kann der Gläubiger zwar einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG haben, während der prozessuale Kostenerstattungsan-spruch wegen eines nur teilweisen Obsiegens im Prozess dahinter zurückbleibt, etwa wenn der Gläubiger nur mit dem Unterlassungsantrag durchdringt, wäh-rend der Auskunfts- und der Schadensersatzantrag abgewiesen werden. - 8 - 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. 13 [X.] Büscher

Schaffert Bergmann Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 05.10.2004 - 312 O 759/04 - [X.], Entscheidung vom 18.01.2005 - 8 W 296/04 -

Meta

I ZB 21/05

20.10.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2005, Az. I ZB 21/05 (REWIS RS 2005, 1243)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1243

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