Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2018, Az. V ZB 184/17

V. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 6060

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[X.]:[X.]:BGH:2018:120718BV[X.]184.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.] 184/17
vom

12. Juli 2018
in der Abschiebungshaftsache

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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juli
2018 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, [X.], die Richterin [X.] und [X.] Hamdorf

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird unter Zurückweisung des
Rechtsmittels
im Übrigen der Beschluss des [X.]s [X.]
-
5. Zivilkammer -
vom 3. August 2017
aufgehoben, soweit die Beschwerde für den [X.]raum vom 7. Juni 2017 bis zum 21.
Juli
2017
zurückgewiesen worden ist.

Es wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 5. Mai 2017 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt hat, soweit [X.] für den [X.]raum vom 7. Juni 2017
bis 21.
Juli 2017
angeordnet wurde.

Von
den gerichtlichen Kosten trägt der Betroffene 22 %. Weitere gerichtliche Kosten werden nicht erhoben. Der [X.] trägt 78
%
der außergerichtlichen Kosten des Betroffenen. Im Übrigen trägt sie dieser selbst.

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Gründe:

I.

Der Betroffene, ein [X.] Staatangehöriger, reiste am 2. Juni 2014 in das [X.] ein und stellte am 16. Juni 2014 unter einem Aliasna-men einen Asylantrag. Das [X.] ([X.]) stell-te mit Bescheid vom 4.
April 2016, bestandskräftig geworden am 23. April 2016, das Asylverfahren ein. Der Betroffene wurde aufgefordert, innerhalb einer Woche das
[X.] zu verlassen; seine Abschiebung nach [X.] wurde [X.]. Der Betroffene kam der Ausreisepflicht nicht nach und war unbekannten Aufenthalts. Im November 2016 wurde er aus den [X.] nach [X.] rücküberstellt. Er ersuchte im Dezember 2016 um Asyl;
einen förmlichen Asylantrag stellte er nicht. Das [X.] änderte mit Bescheid vom 28. Juli 2017 die Abschiebungsandrohung dahingehend, dass dem Betroffenen eine Abschiebung nach [X.] angedroht wurde.

Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 5.
Mai 2017 Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum 5. August 2017 ange-ordnet. Am 7. Juni 2017 hat der Betroffene beantragt, die Haft aufzuheben und festzustellen, dass der Beschluss des Amtsgerichts ihn
ab dem Eingang des [X.] bei Gericht in seinen Rechten verletzt hat. Das Amtsge-richt hat den Antrag auf Aufhebung der Haft
mit Beschluss vom 28. Juni 2017 zu-rückgewiesen. Auf die
Beschwerde hat es mit
Beschluss vom 21.
Juli 2017 die
angeordnete Haft
für den [X.]raum nach dem 4. August 2017 aufgehoben; im Üb-rigen hat es der Beschwerde nicht abgeholfen. Das [X.] hat die
Be-schwerde zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde möchte der Betroffene, der am 4.
August 2017 nach [X.] abgeschoben worden ist, weiterhin die
Feststellung
erreichen, dass der Beschluss des Amtsgerichts
ihn für die [X.] vom 1
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7. Juni 2017 bis zum 4. August 2017 in seinen Rechten verletzt hat. Die beteiligte Behörde beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

II.

Die mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG statthafte (§ 70 Abs.
3 Satz 1 Nr. 3 FamFG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist zum Teil begründet. Der Haftanordnungsbeschluss des Amtsgerichts hat den Betroffenen in der [X.] vom 7. Juni
2017 bis zum 21. Juli 2017 in seinen Rechten verletzt. Dies hätte sowohl das Amtsgericht als auch das Beschwerdegericht fest-stellen müssen.

1. Der Betroffene hat bereits bei dem Amtsgericht die
Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft beantragt. Dieser Antrag ist zulässig.
Nach der Recht-sprechung des Senats kann ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit ei-nes [X.] entgegen dem insoweit zu engen Wortlaut des §
62 Abs. 1 FamFG nicht nur im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens,
sondern auch im Rahmen eines Haftaufhebungsverfahrens gemäß
§
426 Abs. 2 Satz 1
FamFG gestellt werden (Senat, Beschluss vom 24.
September 2015 -
V [X.], [X.] 2016, 56 Rn. 8 mwN). Da die formelle Rechtskraft der Entscheidung über die Haftanordnung nicht durch einen Antrag auf Haftaufhebung durchbro-chen werden kann, kann die Rechtswidrigkeit der Haft
allerdings
erst ab dem [X.]punkt des Eingangs des [X.] bei Gericht festgestellt wer-den (Senat, Beschluss vom 29. November 2012 -
V [X.], [X.] 2013, 157 Rn. 7; Beschluss vom 24. September 2015 -
V [X.], aaO Rn.
10;
Be-schluss vom 26. April 2018 -
V [X.], juris Rn. 5); dies hat der Betroffene bei der Antragstellung beachtet.

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2. Der Feststellungsantrag ist teilweise begründet.

a) Das Beschwerdegericht geht
im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass die
Haftanordnung nicht
hätte
ergehen dürfen, weil es an einem zulässigen Haftantrag fehlte. Die Angaben
der beteiligten Behörden in dem Haftantrag vom 5. Mai 2017
zur erforderlichen
Dauer der Haft
(§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 FamFG)
waren unzureichend. Auf die Einwände gegen die Anordnung der Haft konnte der Haftaufhebungsantrag auch gestützt werden (Senat, Beschluss vom 28.
April
2011 -
V [X.] 292/10, [X.] 2011, 200 Rn. 17; Beschluss vom 26.
Mai
2011

V
[X.] 318/10, juris Rn. 16; Beschluss vom 15. Dezember 2011

V
[X.] 302/10, juris Rn. 13; Beschluss vom 29.
November 2012 -
V [X.] 115/12, [X.] 2013, 158 Rn. 4).

b)
Rechtsfehlerhaft ist aber die Auffassung des [X.],
we-gen der Heilung des Mangels
des Haftantrags
im Beschwerdeverfahren
sei die angeordnete Haft insgesamt nicht rechtswidrig gewesen. Der Mangel des [X.] ist
zwar
nachträglich geheilt worden, Heilung ist aber erst mit Wirkung ab dem 21.
Juli 2017
eingetreten.

aa)
Auch im Haftaufhebungsverfahren ist zu berücksichtigen,
dass Fehler im Haftanordnungsverfahren für die Zukunft heilbar sind. Deshalb ist eine rechts-kräftige, aber mangels zulässigen Haftantrags rechtswidrige (rechtskräftig gewor-dene) Haftanordnung nicht nach § 426 FamFG aufzuheben, wenn die fehlenden Angaben und Feststellungen im Aufhebungsverfahren nachgeholt werden;
einer persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 420 FamFG bedarf es in diesem Fall nicht (dazu Senat, Beschluss vom 1. Juni 2017 -
V [X.] 39/17 [X.] 2017, 347 Rn. 15; Beschluss vom 1. Juni 2017 -
V [X.] 42/17, juris Rn. 11). Die auf die-ser Grundlage vollzogene Haft ist dann nicht rechtswidrig.
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bb) Diese Nachholung der den Haftantrag heilenden Feststellungen erfolg-te hier am 21. Juli 2017. An diesem
Tag hat das Amtsgericht der Beschwerde (teilweise) abgeholfen und festgestellt, dass die Behörde für den 4. August 2017 einen Flug zur Abschiebung des Betroffenen nach [X.] gebucht hat. Daraus ergab sich, dass dieser
Abschiebetermin
der frühest mögliche und die bis dahin angeordnete Haft erforderlich war.

Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist
der Haftantrag nicht erst ab dem
31.
Juli 2017 zulässig
geworden.
Insoweit macht der Betroffene
geltend, der Beschluss des Amtsgerichts lasse nicht erkennen, woraus
es die Flugbu-chung für den 4. August 2017 entnehme. Ergänzende Angaben zu dem [X.] habe die beteiligte Behörde erst mit Schriftsatz vom 27. Juli 2017 gemacht;
dazu habe
der Verfahrensbevollmächtigte
des Betroffenen erst nach Erhalt des Schriftsatzes am 31. Juli
2017 Stellung nehmen können. Darauf kommt es
aber
nicht an. Die Heilung
tritt
allerdings mit der Entscheidung über die Aufrechterhal-tung der Haft ein (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2018 -
V [X.] 71/17,
InfAusIR 2018, 218 Rn.
9).
Der Eintritt der Heilung
ist hier nicht von einer persön-lichen Anhörung des Betroffenen abhängig. Einer persönlichen Anhörung nach §
420 FamFG bedarf es im Haftaufhebungsverfahren, anders als bei einer [X.] (dazu: Senat, Beschluss vom 16. Juli 2014 -
V [X.] 80/13, [X.] 2014, 384 Rn. 21 ff.; Beschluss vom 11. Februar 2016 -
V [X.] 24/14, juris Rn. 9; Beschluss vom 15. September 2016 -
V [X.] 30/16, juris Rn. 9; Beschluss vom 31. März 2017 -
V [X.] 74/17, [X.]
2017, 295 Rn.
3), nicht (vgl. Senat, Beschluss vom 1. Juni 2017

V
[X.]
39/17, [X.] 2017, 347 Rn. 15, 18).
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3. Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde unbegründet. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.

Stresemann
Schmidt-Räntsch
Kazele

[X.]
Hamdorf

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.06.2017 -
25 XIV(B) 8/17 -

LG [X.], Entscheidung vom 03.08.2017 -
I-5 T 203/17 -

11

Meta

V ZB 184/17

12.07.2018

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2018, Az. V ZB 184/17 (REWIS RS 2018, 6060)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6060

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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