Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2017, Az. I ZB 112/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 4425

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:051017BIZB112.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 112/16
vom

5. Oktober 2017

in dem Rechtsbeschwerdeverfahren

-
2
-
Der I.
Zivilsenat des [X.] hat am 5.
Oktober 2017 durch [X.] Dr.
Büscher, [X.]
[X.], die Richte-rin Dr.
Schwonke, den Richter [X.] und die Richterin Dr.
Marx
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 25.
Zivilsenats des [X.] vom 22.
No-vember 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die so-fortige Beschwerde des Klägers
über einen Betrag von 2.048,80

hinaus zurückgewiesen worden ist.
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Kosten-festsetzungsbeschluss des [X.] vom 26. April 2016 abgeändert. Die von dem
Antragsteller der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten werden auf 2.048,80

Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.
Februar 2016 aus 1.415

März 2016 aus [X.] 633,80

festgesetzt.
Die Kosten der Rechtsmittel
trägt die Antragsgegnerin.
Der Gegenstandswert des [X.] wird auf 279

-
3
-
Gründe:
I. Die
Antragsgegnerin verlangt im Kostenfestsetzungsverfahren [X.] ihrer
Anwaltskosten.
In dem vorausgegangenen
Verfügungsverfahren nahm der Antragsteller die Antragsgegnerin auf Unterlassung in Anspruch. Das [X.] wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Dagegen legte
der Ver-fahrensbevollmächtigte des Antragstellers
Berufung ein. Nachdem der Bericht-erstatter den
Verfahrensbevollmächtigten beider Parteien am 10.
März 2016 die vorläufige Einschätzung, das Rechtsmittel habe keine Aussicht auf Erfolg,
tele-fonisch mitgeteilt hatte, nahm der Antragsteller am 16. März 2016 die Berufung zurück. Am selben Tag -
jedoch nach Eingang der Rücknahmeerklärung -
gin-gen der Zurückweisungsantrag und die Berufungserwiderung der Antragsgeg-nerin beim [X.] ein. Mit Beschluss des [X.] vom 17.
März 2016
wurden dem
Antragsteller
die Kosten
des
Verfah-rens auferlegt.
Dem Antrag der Antragsgegnerin, für das Berufungsverfahren eine 1,6fache Verfahrensgebühr nach §§
2, 13 RVG in Verbindung mit Nr.
3200 VV RVG aus einem Streitwert bis 10.000

nebst einer Pauschale gemäß Nr.
7002 VV RVG gegen den
Antragsteller festzusetzen, hat das [X.] entspro-chen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des
Antragstellers
hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit seiner
zugelassenen Rechtsbe-schwerde
verfolgt der Antragsteller sein
Begehren auf
Zurückweisung des [X.] der Antragsgegnerin weiter, soweit damit
die Festset-zung der 1,6-fachen Verfahrensgebühr anstatt der ermäßigten 1,1-fachen [X.] für das Berufungsverfahren beantragt worden ist.

1
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3
-
4
-

II. Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO statthafte und auch im Üb-rigen zulässige
Rechtsbeschwerde ist begründet.

Das Beschwerdegericht hat einen Anspruch der Antragsgegnerin
auf Er-stattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,6-fachen Verfahrensgebühr gem. Nr. 3200 VV
RVG zu Unrecht bejaht.
1. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Beschwerdegericht aus-geführt, mit Einreichung des Schriftsatzes vom 16. März 2016 sei für die Pro-zessbevollmächtigten der Antragsgegnerin
die volle Verfahrensgebühr nach Nr.
3200 VV
RVG angefallen. Wie sich aus Nr.
3201 Nr.
1 VV
RVG ergebe, er-halte der Rechtsanwalt die volle Verfahrensgebühr, wenn er einen Schriftsatz einreiche, der einen Sachantrag oder Sachvortrag enthalte. Die den Prozess-bevollmächtigten der Antragsgegnerin
zustehende
1,6-fache Verfahrensgebühr sei auch erstattungsfähig. Dass der
Antragsteller seine Berufung ebenfalls am 16. März 2016
und vor Einreichung der
Berufungserwiderung
zurückgenommen habe, stehe dem nicht entgegen. Von der Rücknahme des Rechtsmittels habe die Antragsgegnerin
zum Zeitpunkt der Einreichung ihres Antrags keine
Kennt-nis gehabt. Nach der Rechtsprechung des [X.]
und anderer [X.]e seien die Kosten des Rechtsmittelgegners auch dann er-stattungsfähig, wenn weder ihm noch seinem Prozessbevollmächtigten im Zeit-punkt der die Gebühr auslösenden Tätigkeit die Rücknahme des Rechtsmittels bekannt gewesen sei oder hätte bekannt sein müssen.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Die vom [X.]
antragsgemäß festgesetzte 1,6-fache Verfah-rensgebühr nach Nr. 3200 VV
RVG gehört nicht zu den erstattungsfähigen Kos-ten des Gegners im Sinne des
§ 91 Abs.
1 Satz
1 ZPO, da der Antrag auf Zu-4
5
6
7
8
-
5
-
rückweisung der Berufung erst nach Rücknahme des Rechtsmittels eingegan-gen ist.
[X.]) Nach dieser Vorschrift hat
die unterliegende Partei oder im Fall der Berufungsrücknahme der Berufungskläger

516 Abs.
3
ZPO) dem Gegner die diesem erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Notwendig im Sinne des
§
91 Abs. 1 Satz
1 ZPO sind nur Kosten für solche Maßnahmen, die im Zeit-punkt ihrer Vornahme objektiv erforderlich und geeignet zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erscheinen. Das ist vom Standpunkt einer verständi-gen und wirtschaftlich vernünftigen Partei aus zu beurteilen, wobei [X.] auf den Zeitpunkt der Vornahme der kostenverursachenden Handlung [X.] ist ([X.],
Beschluss vom 26.
Januar 2006 -
III
ZB
63/05, [X.]Z
166, 117 Rn.
20; Beschluss vom 30.
September 2014 -
XI
ZB
21/13, [X.] 2015, 90 Rn.
10;
Beschluss vom 25.
Februar 2016 -
III
ZB
66/15, [X.]Z 209, 120 Rn.
8).
bb) Die Frage, ob im Berufungsverfahren die Kosten für die Einreichung eines Schriftsatzes, mit dem die Zurückweisung des Rechtsmittels beantragt wird, auch dann erstattungsfähig sind, wenn dieser erst nach der Rücknahme der Berufung bei Gericht eingeht, ist bereits Gegenstand von Entscheidungen des [X.] gewesen.
Danach stellt die Einreichung einer Beru-fungserwiderung nach Rücknahme des Rechtsmittels keine zur [X.] Rechtsverteidigung im Sinne von §
91 Abs.
1
Satz 1 ZPO erforderliche Maßnahme dar. Auf die (verschuldete oder unverschuldete) Unkenntnis des Rechtsmittelbeklagten von der Berufungsrücknahme kommt es nicht an. Die subjektive Unkenntnis des Rechtsmittelgegners ist nicht geeignet, die [X.]sfähigkeit der Kosten für eine objektiv nicht erforderliche Handlung zu be-gründen ([X.], Beschluss
vom 23.
November 2006 -
I
ZB
39/06, [X.], 9
10
-
6
-
727 Rn.
16
f. = [X.], 786 -
Kosten der Schutzschrift II; [X.]Z
209, 120 Rn.
10).
b) Dieser rechtlichen Beurteilung steht auch nicht die Entscheidung
des [X.]
vom 25. Januar 2017 (XII
ZB
447/16, [X.], 365) [X.]. Diese Entscheidung ist auf der Grundlage von §
80 Satz
1 FamFG er-gangen. Den Kostenbestimmungen der §§
80
ff. FamFG
liegt ein anderes Re-gelungskonzept als den §§
91
ff. ZPO zugrunde, welches in viel stärkerem Ma-ße den Einzelfall und dabei subjektive Elemente der schuldhaften Kostenverur-sachung im Blick hat
([X.], [X.], 365 Rn.
24).
3.
Die Antragsgegnerin
kann danach
gemäß §
91 Abs.
1 Satz
1, §
516 Abs.
3 ZPO nur die Erstattung
einer 1,1-fachen Verfahrensgebühr nach Nr.
3201 VV RVG nebst Auslagen (Nr.
7002 VV
RVG) in Höhe von insgesamt verlangen.
Wenn -
wie hier -
der Auftrag des Rechtsanwalts durch Rücknahme des Rechtsmittels endigt, bevor ein Schriftsatz, der [X.] oder Sachvortrag enthält, eingereicht worden ist, kommt eine
Erstattung einer ermäßigten Verfah-rensgebühr nach Nr.
3201 VV
RVG
in Betracht. Dies setzt voraus, dass der Prozessbevollmächtigte des Rechtsmittelgegners auf Grund eines ihm erteilten Auftrags schon vor der Rücknahme des Rechtsmittels das Geschäft im Sinn von Teil
3 Vorbemerkung
3 Abs.
2 VV
RVG
betrieben hat. Hierfür kann schon die Entgegennahme des Auftrags sowie erster Informationen genügen ([X.]Z
209, 120 Rn.
14). Diese Voraussetzungen sind nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] gegeben. Der Auftrag, den die An-tragsgegnerin ihren
Verfahrensbevollmächtigten für das Berufungsverfahren erteilt hat, steht zwischen den Parteien außer Streit.
11
12
13
-
7
-

4. Hinsichtlich der Erstattung der Kosten für die erste Instanz bleibt es bei der antragsgemäßen Festsetzung in Höhe von 1.415

sich die Rechtsbeschwerde auch nicht.
5. [X.] ergibt sich aus §
91 Abs.
1 ZPO.

Büscher
[X.]
Schwonke

[X.]
Marx
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.04.2016 -
I-16 [X.]/15 -

OLG Hamm, Entscheidung vom 22.11.2016 -
I-25 W 245/16 -

14
15

Meta

I ZB 112/16

05.10.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2017, Az. I ZB 112/16 (REWIS RS 2017, 4425)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4425

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZB 112/16

25 W 245/16

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