Bundessozialgericht, Urteil vom 20.07.2010, Az. B 2 U 19/09 R

2. Senat | REWIS RS 2010, 4666

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Gegenstand

(Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren - beachtlicher Verfahrensfehler gem § 62 Halbs 2, § 42 S 1 SGB 10 - ablehnende Entscheidung der Widerspruchsstelle als funktional und sachlich unzuständige Behörde: erstmaliges Geltendmachen einer Wie-Berufskrankheit im Widerspruchsverfahren - posttraumatische Belastungsstörung - hauptamtlicher Mitarbeiter eines Entwicklungshilfedienstes)


Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 14. Mai 2009 wird zurückgewiesen, soweit ihre Berufung gegen die Aufhebung der Ablehnung eines Anspruchs auf Anerkennung einer PTBS als Wie-BK im Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2000 im Urteil des [X.] vom 25. Oktober 2005 zurückgewiesen wurde. Im Übrigen werden diese Urteile aufgehoben und die Feststellungsklage abgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf die Anerkennung einer posttraumatischen Belastungsstörung ([X.]) als Wie-Berufskrankheit (Wie-[X.]) streitig.

2

Der 1943 geborene Kläger ist von Beruf Diplom-Sozialarbeiter. Er nahm 1968 eine Beschäftigung als hauptamtlicher Mitarbeiter in der Entwicklungshilfe auf. Dort war er von März 1968 bis Juni 1973 auf [X.] und von Juli 1973 bis Juli 1975 in [X.] eingesetzt. Von August 1975 bis Dezember 1978 war er beim [X.] ([X.]) im Inland beschäftigt. Für diese Organisation war er von Januar 1979 bis Januar 1983 in [X.], von Februar 1983 bis Juni 1987 in [X.], von August 1987 bis Juli 1995 in [X.] sowie von September 1995 bis Februar 1999 als Referatsleiter "[X.]" wieder in [X.] eingesetzt. In der zuletzt genannten Funktion unternahm er mehrere Reisen in [X.] Länder.

3

Unter dem [X.] zeigte der [X.] der Beklagten eine mögliche Berufskrankheit an. Der Kläger leide nach jahrelangem Aufenthalt in Krisengebieten an [X.]. Die Beklagte lehnte die Anerkennung einer [X.] als "Berufskrankheit nach der [X.]" ([X.]) ab (Bescheid vom [X.]). Der Kläger erhob dagegen Widerspruch und machte außerdem geltend, die Erkrankung sei als Wie-[X.] anzuerkennen. Die Beklagte wies den Widerspruch durch den Widerspruchsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom [X.] zurück. Darin wurde erstmals erklärt, die [X.] sei nicht nach § 9 Abs 2 [X.] wie eine Berufskrankheit anzuerkennen, da neue medizinische Erkenntnisse hierzu nicht vorlägen.

4

Der Kläger hat beim [X.] die Aufhebung der den Anspruch auf Anerkennung einer Wie-[X.] ablehnenden Entscheidung und die Verpflichtung der Beklagten zur Anerkennung sowie ihre Verurteilung zur Entschädigung begehrt. Das [X.] hat den "Bescheid der Beklagten vom 08.02.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2000" aufgehoben und diese verurteilt, die [X.] als Wie-[X.] anzuerkennen und ihm die gesetzlichen Entschädigungsleistungen zu gewähren (Urteil vom 25.10.2005).

5

Die Beklagte hat gegen das Urteil des [X.] Berufung eingelegt und die Auffassung vertreten, neue Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über das Entstehen der Erkrankung [X.] bei der Gruppe der hauptberuflich in der Entwicklungshilfe tätigen Personen lägen nicht vor. Das L[X.] hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die beim Kläger vorliegende [X.] wie eine [X.] zu "entschädigen" ist. Die hauptamtlich in der Entwicklungshilfe tätigen Personen und die Entwicklungshelfer seien zu einer Gruppe zusammenzufassen. Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sei die Personengruppe bei ihrer Tätigkeit Einwirkungen ausgesetzt, die geeignet seien, [X.] hervorzurufen. Auch die individuellen Voraussetzungen für die Feststellung einer Wie-[X.] seien gegeben.

6

Die Beklagte hat die vom L[X.] zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung von § 9 Abs 2 [X.] sowie § 551 Abs 2 [X.] und einen Verstoß gegen die Grenzen freier richterlicher Beweiswürdigung. Für die Anerkennung einer Wie-[X.] seien ua besondere Einwirkungen zu fordern, denen der Kläger als Mitglied einer bestimmten Personengruppe in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sei. Zudem müssten neue Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft belegen, dass die Einwirkungen generell geeignet seien, [X.] zu verursachen. Bei den Feststellungen habe das L[X.] die Gruppe der Entwicklungshelfer iS des Entwicklungshelfer-Gesetzes von der Gruppe der als Landesbeauftragten eines Entwicklungshilfedienstes Beschäftigten abgrenzen müssen. Bei Beachtung dieser Unterscheidung zeige sich, dass Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die Verursachung einer [X.] nicht für die Gruppe der hauptamtlichen Landesbeauftragten gegeben seien. Für die Gruppe der hauptamtlich tätigen Verwaltungsbeauftragten lasse sich eine gruppenspezifische Risikoerhöhung nicht feststellen. Notwendig sei eine epidemiologische Bestätigung des Kausalzusammenhangs, die es nicht gebe.

7

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des L[X.] Baden-Württemberg vom 14. Mai 2009 sowie das Urteil des [X.] vom 25. Oktober 2005 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist teilweise begründet.

Da die Beklagte Revision eingelegt hat, sind nur die vom [X.] bestätigte Aufhebung der Ablehnung der Feststellung einer [X.] im Bescheid vom [X.] und im Widerspruchsbescheid vom [X.] und die Aufhebung der in diesem zudem enthaltenen Ablehnung der Anerkennung einer Wie-BK sowie die Verurteilung zur Entschädigung einer [X.] als Wie-BK Gegenstände der Revision. Diese ist begründet, soweit das [X.] die Berufung der Beklagten gegen die Aufhebung des die Anerkennung einer [X.] ablehnenden Bescheids vom [X.] und nur insoweit in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] zurückgewiesen und das Urteil des [X.] mit der Maßgabe bestätigt hat, dass eine [X.] als Wie-BK festzustellen sei.

1. Gegen die Ablehnung eines Anspruchs auf Feststellung einer [X.] im Bescheid vom [X.] und die Zurückweisung seines Widerspruchs gegen diese Regelung im Widerspruchsbescheid hat der Kläger vor dem [X.] keine Klage erhoben. Er hat die Feststellung einer [X.] vor dem [X.] von Anfang an nicht begehrt. Der Verwaltungsakt vom [X.], der nur diese Regelung enthält, und der Widerspruchsbescheid vom [X.], soweit er den Widerspruch gegen diese Verfügung zurückweist, sind vom Kläger nicht angegriffen worden und durften schon deshalb nicht aufgehoben werden.

2. Die Feststellung einer [X.] als zu entschädigende Wie-BK, die das [X.] ausgesprochen hat, hätte das [X.] nicht bestätigen dürfen. Die hierauf gerichtete Feststellungsklage ist unzulässig gewesen, denn insoweit fehlte es an einer Verwaltungsentscheidung der zuständigen Behörde über den Feststellungsantrag. Solange die sachlich zuständige Ausgangsbehörde des [X.] nicht über den erhobenen Feststellungsanspruch entschieden hat, kann der Versicherte, außer bei rechtswidriger Untätigkeit der Behörde, kein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung haben.

3. Dagegen ist die Revision unbegründet, soweit das [X.] die Berufung der Beklagten gegen die Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom [X.] zurückgewiesen hat, soweit darin erstmals der Antrag auf Anerkennung der [X.] als Wie-BK abgelehnt worden ist. Das [X.] hat den Widerspruchsbescheid auf die Anfechtungsklage des [X.] gegen die Ablehnung des Anspruchs auf Feststellung einer Wie-BK im Ergebnis zu Recht aufgehoben.

Soweit die [X.] den Widerspruch gegen die im Ausgangsbescheid verfügte Ablehnung der Feststellung einer [X.] zurückgewiesen hat, hat der Widerspruchsbescheid - wie gesagt - Bestand, denn er ist insoweit nicht angefochten worden. Soweit aber die [X.] erstmals die Feststellung einer Wie-BK abgelehnt hat, hat sie eine Entscheidung über ein anderes Recht des [X.] getroffen, denn der Anspruch auf Feststellung einer [X.] einerseits und derjenige auf Feststellung einer Wie-BK andererseits sind grundsätzlich zu unterscheiden (vgl B[X.] vom 2.12.2008 - B 2 KN 3/07 U R - [X.] 4-2700 § 9 [X.] 13).

Die Feststellung der [X.], der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung einer Wie-BK, ist rechtswidrig und verletzt diesen schon in seinem verfahrensrechtlichen Recht auf Entscheidung durch die funktional und sachlich zuständige Behörde des Leistungsträgers (§ 42 Satz 1 [X.]B X). Denn die [X.] ist funktional und sachlich nicht zuständig, an Stelle der Ausgangsbehörde des Trägers - hier des [X.] - über ein erstmals im Widerspruchsverfahren geltend gemachtes Recht zu entscheiden (vgl § 36a Abs 1 Satz 1 [X.]B IV iVm der Satzung der Beklagten; dazu B[X.] [X.] 3-1500 § 87 [X.] f; B[X.] vom [X.], veröffentlicht in [X.]; B[X.] vom 18.10.2005 - [X.] RA 21/05 R; [X.]). Der Verfahrensfehler ist iS von § 62 Halbs 2, § 42 Satz 1 [X.]B X beachtlich und begründet einen Aufhebungsanspruch.

Aufgrund des Antrags auf Feststellung einer Wie-BK, den der Kläger mit seiner Widerspruchsbegründung gestellt hat, muss jetzt die sachlich zuständige Behörde der Beklagten das Verwaltungsverfahren durchführen.

4. Der [X.] sieht sich im Hinblick auf die bisherige Dauer des Verfahrens und den zeitlichen Aspekt, den die grundgesetzliche Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) hat, veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen:

Maßgebend für die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs dürfte das [X.]B VII (§ 212 [X.]B VII) sein. Zwar könnte die streitige Erkrankung seit Mitte 1996 eingetreten sein. Es ist aber anzunehmen, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die [X.] - wenn überhaupt, dann - aus der [X.] nach dem [X.] stammen. Der Versicherungsfall dürfte daher nach Inkrafttreten des [X.]B VII eingetreten sein (B[X.] vom 2.12.2008 - B 2 KN 1/08 U R - B[X.]E 102, 121, 126 = [X.] 4-2700 § 9 [X.], Rd[X.] 22).

Für die Feststellung einer Wie-BK genügt es nicht, dass im Einzelfall berufsbedingte Einwirkungen die rechtlich wesentliche Ursache einer nicht in der [X.] bezeichneten Krankheit sind (vgl B[X.] vom [X.] - B[X.]E 59, 295 = [X.] 2200 § 551 [X.] 27), denn die Regelung des § 9 Abs 2 [X.]B VII beinhaltet keinen Auffangtatbestand und keine allgemeine Härteklausel (vgl B[X.] vom [X.] - [X.] 4-2700 § 9 [X.] Rd[X.] 31 mwN). Vielmehr darf die Anerkennung einer Wie-BK nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden [X.] in die Liste der BKen (vgl § 9 Abs 1 Satz 2 [X.]B VII) erfüllt sind, der Verordnungsgeber sie also als neue [X.] in die [X.] einfügen dürfte, aber noch nicht tätig geworden ist (vgl BT-Drucks 13/2204, 77 f).

           

Nach § 9 Abs 2 [X.]B VII müssen für die Feststellung der Wie-BK folgende Voraussetzungen erfüllt sein (zu den einzelnen Prüfungsschritten nachfolgend):

(1) Ein "Versicherter" muss die Feststellung einer bestimmten Krankheit als Wie-BK beanspruchen.

(2) Die Voraussetzungen einer in der Anlage 1 zur [X.] bezeichneten Krankheit dürfen nicht erfüllt sein.

(3) Die Voraussetzungen für die Bezeichnung der geltend gemachten Krankheit als [X.] durch den Verordnungsgeber nach § 9 Abs 1 Satz 2 [X.]B VII müssen vorliegen; es muss eine bestimmte Personengruppe durch die versicherte Tätigkeit besonderen Einwirkungen in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt (gewesen) sein (3.1), und es müssen medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse über das Bestehen einer Einwirkungs- und Verursachungsbeziehung vorliegen (3.2).

(4) Diese medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse müssen neu sein.

(5) Im Einzelfall müssen die abstrakten Voraussetzungen der Wie-BK konkret erfüllt sein.

ad (1) Der Kläger dürfte als hauptamtlich Beschäftigter des [X.] bei seinen Auslandseinsätzen nach § 2 Abs 1 [X.] 1 [X.]B VII, § 4 Abs 1 [X.]B IV versichert gewesen sein, denn während seiner Auslandseinsätze bestand im Inland ein Beschäftigungsverhältnis zum [X.], in dessen Rahmen er vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt im Ausland tätig war. Er hat mit der [X.] eine bestimmte Krankheit benannt, deren Anerkennung als Wie-BK er begehrt.

ad (2) Die Merkmale einer [X.] sind nicht erfüllt.

ad (3) Nach § 9 Abs 2 iVm Abs 1 Satz 2 Halbs 1 [X.]B VII setzt die Feststellung einer Wie-BK voraus, dass eine bestimmte Personengruppe durch die Art der versicherten Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt ist (3.1). Die Personengruppe darf nicht vorab nach gesetzesfremden Merkmalen bestimmt werden, sondern ergibt sich durch die nachgenannten Prüfungen. Zuerst ist die Art der Einwirkungen zu ermitteln, die im Blick auf die vom Versicherten geltend gemachte Krankheit abstrakt-generell als Ursachen in Betracht kommen können. Dann ist zu klären, ob diese abstrakt-generell einer bestimmten Art einer vom Versicherten verrichteten versicherten Tätigkeit zuzurechnen sind. Erst aus dieser Verbindung von krankheitsbezogenen Einwirkungen und versicherten Tätigkeiten ergibt sich die abstrakt-generelle Personengruppe, die sich von der Allgemeinbevölkerung unterscheidet. Als Einwirkungen kommt praktisch alles in Betracht, was auf Menschen einwirkt. Daher ist es - auch wenn es (noch) keine [X.] gibt - möglich, auf rein psychische Einwirkungen abzustellen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Verordnungsgeber eine entsprechende [X.] einführen kann. An die bestimmte Personengruppe sind keine besonderen Anforderungen hinsichtlich ihrer Größe (vgl B[X.] vom 29.10.1981 - 8/8a [X.] - B[X.]E 52, 272, 275 = [X.] 2200 § 551 [X.]) oder sonstiger charakterisierender Merkmale zu stellen (zB nicht gemeinsamer Beruf, vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/Kruschinsky, [X.], [X.]B VII-Kommentar, Stand Mai 2010, § 9 Rd[X.] 55).

(3.2) Die Einwirkungen, denen die Personengruppe durch die versicherte Tätigkeit ausgesetzt ist, müssen abstrakt-generell nach dem Stand der Wissenschaft die wesentliche Ursache einer Erkrankung der geltend gemachten Art sein. Denn für die Beurteilung des generellen Ursachenzusammenhangs gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl B[X.] vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - B[X.]E 96, 196 = [X.] 4-2700 § 8 [X.]). Vor der rechtlichen Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursachenart selbst muss auch hier die naturwissenschaftliche/naturphilosophische Kausalitätsprüfung erfolgen. Dabei ist zu klären, ob nach wissenschaftlichen Methoden und Überlegungen belegt ist, dass bestimmte Einwirkungen generell bestimmte Krankheiten der vom Versicherten geltend gemachten Art verursachen. Das ist anzunehmen, wenn die Mehrheit der medizinischen Sachverständigen, die auf den jeweils in Betracht kommenden Gebieten über besondere Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, zu derselben wissenschaftlich fundierten Meinung gelangt (zweifelnd zum Vorliegen solcher Erkenntnisse für die [X.]: [X.], [X.] 2006, 304, 306; Knickrehm, [X.]b 2010, 381, 385). Bei der Erstellung und der gerichtlichen Überprüfung der Gutachten, die zur Ermittlung des Stands der Wissenschaft einzuholen sind, können zB auch Erkenntnisse der "militärischen" Forschung (Knickrehm, [X.]b 2010, 381, 388; [X.], [X.] 2010, 23 ff) und die Leitlinien der [X.] herangezogen werden (vgl B[X.] vom 9.5.2006, aaO, jeweils Rd[X.] 26 mwN).

ad (4) Falls solche Erkenntnisse zur [X.] vorliegen, dürften diese neu iS des § 9 Abs 2 [X.]B VII sein (so auch das Urteil des [X.]), weil sie bei der letzten Änderung der [X.] vom Verordnungsgeber nicht geprüft und nicht beachtet wurden.

ad (5) Zur Beurteilung der Frage, ob auch die individuellen Voraussetzungen für die Anerkennung einer psychischen Erkrankung als Wie-BK vorliegen, ergeben sich aus dem Urteil des [X.] (aaO, jeweils Rd[X.] 24 f) Hinweise, auch wenn es die psychischen Folgen eines Arbeitsunfalls betraf. Danach ist, wenn der Versicherte nicht selbst von Einwirkungen betroffen war, sondern Einwirkungen auf Dritte beobachtete, als Anknüpfungspunkt für die Bejahung des Ursachenzusammenhangs ein enger personaler Bezug zu verlangen (vgl B[X.] vom [X.] - B 9 [X.]/00 R - B[X.]E 88, 240 = [X.] 3-3800 § 1 [X.]).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 [X.]G. Der [X.] schätzt den Anteil des wechselseitigen Obsiegens und Unterliegens auf jeweils die Hälfte.

Meta

B 2 U 19/09 R

20.07.2010

Bundessozialgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: U

vorgehend SG Freiburg (Breisgau), 25. Oktober 2005, Az: S 9 U 2976/04, Urteil

§ 2 Abs 1 Nr 1 SGB 7, § 4 Abs 1 SGB 4, § 9 Abs 2 SGB 7, § 9 Abs 1 S 2 SGB 7, § 36a Abs 1 S 1 SGB 4, § 42 S 1 SGB 10, § 62 Halbs 2 SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 20.07.2010, Az. B 2 U 19/09 R (REWIS RS 2010, 4666)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4666

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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