Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.09.2012, Az. III R 13/12

3. Senat | REWIS RS 2012, 2719

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Gegenstand

Kindergeldanspruch für ein Kind, das ein durch ein Stipendium gefördertes Promotionsstudium in Großbritannien absolviert - Keine Anhebung des Grenzbetrags wegen erhöhter Lebenshaltungskosten in Großbritannien


Leitsatz

1. Erhält ein Kind, das ein Promotionsstudium in Großbritannien durchführt, von der ausländischen Universität ein Stipendium, das zu Einkünften führt, für die das Besteuerungsrecht Großbritannien zusteht, ist bei der Berechnung der nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG für den Kindergeldanspruch maßgeblichen Einkünfte und Bezüge des Kindes nur der Saldo aus den in Großbritannien erzielten Einnahmen und den damit in Zusammenhang stehenden Werbungskosten oder Betriebsausgaben bei den Bezügen anzusetzen .

2. Stehen die Aufwendungen für das Promotionsstudium in keinem Veranlassungszusammenhang mit Einkünften, für die Großbritannien das Besteuerungsrecht zusteht, können sie als vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn sie in einem Veranlassungszusammenhang mit einer künftigen Berufstätigkeit des Kindes im Inland stehen .

3. Stehen die Aufwendungen für das Promotionsstudium weder in einem Veranlassungszusammenhang zu gegenwärtigen noch zu künftigen Einkünften, ist das Stipendium insoweit bei der Bezügeberechnung unberücksichtigt zu lassen, als es für besondere Ausbildungszwecke bestimmt ist. Im Übrigen mindern die Aufwendungen die Einkünfte und Bezüge dann und insoweit, als sie als Werbungskosten zu berücksichtigen wären, wenn sie im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses angefallen wären .

Tatbestand

1

I. Der im Februar 1984 geborene [X.] ([X.]) der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) nahm im Oktober 2007 ein Promotionsstudium an einer [X.] in [X.] auf, für das ihm die [X.] ein [X.]tipendium in Höhe von umgerechnet 18.082 € (2008) und 2.657 € (Januar und Februar 2009) bewilligte. Dieses wurde ihm entsprechend der [X.] [X.]teuergesetzgebung steuerfrei ausgezahlt.

2

Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) lehnte die Kindergeldfestsetzung für [X.] mit Bescheid vom 16. Januar 2009 ab Januar 2008 ab. Zur Begründung führte die Familienkasse im Wesentlichen aus, dass die Einkünfte und Bezüge des [X.] den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 [X.]atz 2 des Einkommensteuergesetzes in der im [X.]treitzeitraum geltenden Fassung (E[X.]tG) überschreiten würden und bei der insoweit durchzuführenden Berechnung insbesondere die Kosten für Unterkunft und Verpflegung nicht als besondere Ausbildungskosten berücksichtigt werden könnten. Der hiergegen erhobene Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 4. März 2009 als unbegründet zurückgewiesen. In der Begründung der Einspruchsentscheidung führte die Familienkasse u.a. aus, dass die Klägerin von Januar 2008 bis Februar 2009 keinen Anspruch auf Kindergeld habe.

3

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage für den Zeitraum Januar 2008 bis Februar 2009 als unbegründet ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass die Einkünfte und Bezüge des [X.] den Grenzbetrag für 2008 und den anteiligen Grenzbetrag für Januar und Februar 2009 überschritten hätten.

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

5

Die Klägerin beantragt, das Urteil des [X.] aufzuheben und die Familienkasse unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 16. Januar 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. März 2009 zu verpflichten, für den Zeitraum Januar 2008 bis Februar 2009 Kindergeld zugunsten der Klägerin festzusetzen.

6

Die Familienkasse beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision ist begründet. [X.]ie führt gemäß § 126 Abs. 3 [X.]atz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen [X.]ache an das [X.].

8

1. Nach § 32 Abs. 4 [X.]atz 2 E[X.]tG wird ein Kind, das --wie im [X.]treitfall [X.]-- das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und i.[X.]. des § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 2 Buchst. a E[X.]tG für einen Beruf ausgebildet wird, beim Kindergeldanspruch des Berechtigten nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von --in 2008 und 2009-- nicht mehr als 7.680 € im Kalenderjahr hat. Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 4 [X.]atz 1 Nr. 1 oder 2 E[X.]tG an keinem Tag vorliegen, ermäßigt sich der Grenzbetrag um ein Zwölftel (§ 32 Abs. 4 [X.]atz 7 E[X.]tG). Da [X.] im Februar 2009 sein 25. Lebensjahr vollendete, beträgt somit der anteilige Grenzbetrag für 2009  1.280 €.

9

2. a) Der Begriff der Einkünfte in § 32 Abs. 4 [X.]atz 2 E[X.]tG entspricht dem in § 2 Abs. 2 E[X.]tG gesetzlich definierten Begriff und ist je nach Einkunftsart als Gewinn oder als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu verstehen. Erzielt das Kind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sind daher von den Bruttoeinnahmen die Werbungskosten abzuziehen (vgl. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 21. Juli 2000 VI R 153/99, [X.], 316, B[X.]tBl II 2000, 566; [X.]enatsurteil vom 29. Mai 2008 III R 33/06, [X.], 1664).

b) Die Anknüpfung an den Einkünftebegriff des § 2 Abs. 2 E[X.]tG bedingt bei einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person nach dem Welteinkommensprinzip zwar, dass auch im Ausland erzielte Einkünfte zu erfassen sind. Dies gilt jedoch gemäß § 2 (nunmehr § 2 Abs. 1) der Abgabenordnung nicht, soweit ein zu unmittelbar anwendbarem innerstaatlichen Recht gewordenes völkerrechtliches Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung das Besteuerungsrecht für die betreffenden Einkünfte einem anderen [X.]taat zuweist.

Nach Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a des Abkommens zwischen der [X.] und dem [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der [X.]teuerverkürzung vom 26. November 1964 ([X.] 1966, 359, B[X.]tBl I 1966, 730) i.d.F. des Revisionsprotokolls vom 23. März 1970 ([X.] 1971, 46, B[X.]tBl I 1971, 140) --DBA-[X.] 1964/1970-- werden im Falle einer in [X.] ansässigen Person --sofern keiner der in Art. XVIII Abs. 2 Buchst. [X.] 1964/1970 genannten Ausnahmefälle vorliegt-- von der Bemessungsgrundlage der [X.]teuer in [X.] u.a. die Einkünfte aus Quellen innerhalb [X.] ausgenommen, die in Übereinstimmung mit diesem Abkommen in [X.] besteuert werden können. Insbesondere können insoweit nach Art. XI Abs. 2 [X.]ätze 1 und 2 DBA-[X.] 1964/1970 Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem der Gebiete ansässige Person aus in dem anderen Gebiet ausgeübter unselbständiger Arbeit bezieht, in diesem anderen Gebiet besteuert werden. Da der in Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a DBA-[X.] 1964/1970 verwendete Begriff der "Einkünfte" aber nicht nur positive, sondern auch negative Einkünfte umfasst, werden nach dieser Vorschrift nicht nur die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, sondern auch die damit zusammenhängenden Werbungskosten von der Bemessungsgrundlage der [X.] [X.]teuer ausgenommen (vgl. insoweit [X.]-Urteil vom 11. Februar 2009 I R 25/08, [X.], 498, B[X.]tBl II 2010, 536; [X.]enatsurteil vom 9. Juni 2011 III R 28/09, [X.], 149, B[X.]tBl II 2012, 213, zu der vergleichbaren Bestimmung in Art. 23 Abs. 2 [X.]atz 1 Buchst. a [X.]atz 1 des Abkommens zwischen der [X.] und den Vereinigten [X.]taaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der [X.]teuerverkürzung auf dem Gebiet der [X.]teuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer [X.]teuern vom 29. August 1989, [X.] 1991, 355).

c) aa) [X.]tehen Aufwendungen nicht in einem Veranlassungszusammenhang mit einer Tätigkeit, aus der aktuell steuerpflichtige Einnahmen erzielt werden, kann sich ein Werbungskostenabzug (oder gegebenenfalls Betriebsausgabenabzug) auch daraus ergeben, dass die Aufwendungen im Zusammenhang mit einer künftigen Einnahmeerzielung stehen. Aufwendungen zur Erwerbung, [X.]icherung und Erhaltung der Einnahmen i.[X.]. des § 9 Abs. 1 [X.]atz 1 E[X.]tG liegen vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. [X.]ie sind beruflich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der [X.]teuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Dann sind die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Diese Voraussetzungen können auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen erfüllt sein. Denn § 9 E[X.]tG enthält keine [X.]onderregelung zu Berufsausbildungskosten. Entscheidend bleibt, ob die Aufwendungen einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur nachfolgenden, auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Berufstätigkeit aufweisen ([X.]-Urteil vom 27. Oktober 2011 VI R 52/10, [X.], 444).

bb) Insoweit ist in der Rechtsprechung des [X.] anerkannt, dass auch Aufwendungen für ein Promotionsstudium und die Promotion vorweggenommene Werbungskosten (bzw. Betriebsausgaben) darstellen, soweit sie mit einer künftigen Berufstätigkeit in einem Veranlassungszusammenhang stehen. Liegt ein erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang vor, kommt es für die steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen nicht darauf an, ob ein neuer, ein anderer oder ein erstmaliger Beruf ausgeübt werden soll ([X.]-Urteile vom 4. November 2003 VI R 96/01, [X.]E 203, 500, B[X.]tBl II 2004, 891; vom 4. November 2003 VI R 75/02, juris, und vom 4. November 2003 VI R 28/03, [X.]/NV 2004, 928). Dieser Auffassung ist auch die Verwaltung gefolgt ([X.]chreiben des [X.] --[X.]-- vom 22. [X.]eptember 2010 IV C 4-[X.] 2227/07/10002, B[X.]tBl I 2010, 721 Rz 26).

Die Frage, ob im jeweiligen Einzelfall ein hinreichend erwerbsbezogener Veranlassungszusammenhang zu bejahen ist oder (ausnahmsweise) ein dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuweisendes Promotionsvorhaben vorliegt (zu atypischen Fällen von Hobbypromotionen, Promotionsvermittlungen und -verschaffungen vgl. [X.], Der Betrieb 2003, 1753), haben in erster Linie die [X.] nach § 96 Abs. 1 [X.]O in Anbetracht aller entscheidungserheblichen Umstände zu würdigen ([X.]-Beschluss vom 8. Juni 2004 VI B 158/03, [X.]/NV 2004, 1406).

cc) Voraussetzung für die Berücksichtigung vorweggenommener Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben ist allerdings, dass die geplante Tätigkeit zu im Inland steuerpflichtigen Einkünften führen muss. Vorbereitende Aufwendungen zur Erzielung steuerfreier ausländischer Einkünfte sind nicht einkünftemindernd zu berücksichtigen ([X.]/[X.], E[X.]tG, 31. Aufl., § 9 Rz 37, m.w.N.). [X.]piegelbildlich steht dem Ansatz vorweggenommener Aufwendungen für eine im Inland geplante Tätigkeit nicht entgegen, dass sie während eines Auslandsaufenthalts entstanden sind, wenn es an einem Veranlassungszusammenhang zu im Ausland erzielten, nicht dem [X.] Besteuerungsrecht unterfallenden Einkünften fehlt (vgl. hierzu [X.]-Urteile vom 7. Dezember 2005 I R 34/05, [X.]/NV 2006, 1068, und vom 20. [X.]eptember 2006 I R 59/05, [X.]E 215, 130, B[X.]tBl II 2007, 756; Heger in jurisPR-[X.]teuerR 33/2009 [X.]. 2).

3. Bezüge i.[X.]. des § 32 Abs. 4 [X.]atz 2 E[X.]tG sind in der Regel alle Zuflüsse in Geld oder [X.], die nicht im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkünfteermittlung erfasst werden ([X.]enatsurteil in [X.], 149, B[X.]tBl II 2012, 213). Erfasst werden insoweit grundsätzlich auch nicht steuerbare oder für steuerfrei erklärte Einnahmen (Grönke-Reimann in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 32 E[X.]tG Rz 135).

4. Nach § 32 Abs. 4 [X.]atz 5 E[X.]tG bleiben bei der Ermittlung der schädlichen Grenze von 7.680 € Bezüge außer Ansatz, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt sind bzw. Einkünfte, die für solche Zwecke verwendet werden. [X.]olche besonderen Ausbildungskosten sind alle über die Lebensführung hinausgehenden ausbildungsbedingten Mehraufwendungen ([X.]-Urteil vom 14. November 2000 VI R 62/97, [X.]E 193, 444, B[X.]tBl II 2001, 491). Ausbildungsbedingte Mehraufwendungen, die nicht bereits als Werbungskosten oder Betriebsausgaben im Rahmen einer Einkunftsart des Kindes berücksichtigt werden, sind gemäß § 32 Abs. 4 [X.]atz 5 E[X.]tG von der [X.]umme der Einkünfte und Bezüge abzuziehen ([X.]-Urteile in [X.]E 193, 444, B[X.]tBl II 2001, 491; vom 23. Juli 2002 VIII R 63/00, [X.]/NV 2003, 24). Dabei erfolgt die Abgrenzung zwischen Kosten der Lebensführung und dem ausbildungsbedingten Mehrbedarf in der Weise, wie dies im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses zwischen den Kosten der Lebensführung und den durch den Beruf veranlassten Kosten (Werbungskosten) geschieht ([X.]enatsurteil vom 22. [X.]eptember 2011 III R 38/08, [X.], 331, B[X.]tBl II 2012, 338, m.w.N.; ebenso die Verwaltung, Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes --DA-FamE[X.]tG--, [X.]tand 2011, Nr. 63.4.3.1 Abs. 1, B[X.]tBl I 2009, 1030, B[X.]tBl I 2011, 21 und 716). Es sind die den Abzug der jeweiligen Aufwendung betreffenden steuerlichen Vorschriften dem Grunde und der Höhe nach zu beachten ([X.]-Urteil vom 25. Juli 2001 VI R 77/00, [X.]E 196, 159, B[X.]tBl II 2002, 12). Erfasst werden insoweit insbesondere nachgewiesene Aufwendungen für [X.]tudiengebühren, Fachbücher oder Fahrten zur Ausbildungsstätte. [X.]oweit grundsätzlich als Bezüge anzusetzende Ausbildungshilfen solche besonderen Ausbildungskosten abdecken sollen, kann bereits von dem Ansatz der entsprechenden Bezüge(-teile) abgesehen werden (vgl. hierzu auch Nr. 63.4.2.3.3 Abs. 3 DA-FamE[X.]tG, zu Ausbildungshilfen, die z.B. [X.]tudiengebühren, Reisekosten bei einem Auslandsstudium, Kaufkraftunterschiede oder die Kosten einer Auslandskrankenversicherung abdecken sollen).

a) Nicht zu den ausbildungsbedingten Mehraufwendungen gehört jedoch in der Regel der mit dem Jahresgrenzbetrag bereits typischerweise abgegoltene erhöhte Lebensbedarf wegen einer auswärtigen Unterbringung. Vielmehr wird die Tatsache, dass eine beträchtliche Anzahl der in Ausbildung befindlichen Kinder auswärts untergebracht ist und es deshalb an einer gemeinsamen Wirtschaftsführung mit den Eltern fehlt, in der Ausgestaltung des Jahresgrenzbetrags hinreichend berücksichtigt ([X.]-Urteile vom 25. Juli 2001 VI R 78/00, [X.]/NV 2001, 1558; vom 22. Mai 2002 VIII R 74/01, [X.]E 199, 283, B[X.]tBl II 2002, 695, und in [X.], 1664).

b) Dies gilt jedoch nicht, wenn das Kind über einen eigenen Hausstand am Lebensmittelpunkt verfügt und hinsichtlich des weiteren Hausstands am Ort der auswärtigen Ausbildung die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nach § 9 Abs. 1 [X.]atz 3 Nr. 5 E[X.]tG vorliegen ([X.]enatsurteil vom 17. Juni 2010 III R 63/09, [X.]/NV 2010, 2047; [X.]-Urteil in [X.]/NV 2001, 1558). Liegen die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung vor, sind solche Kosten, soweit es sich um Werbungskosten oder Betriebsausgaben handelt, bereits bei der Einkünfteermittlung zu berücksichtigen. [X.]ind die Kosten nicht durch die Erzielung von Einkünften veranlasst, kommt eine Berücksichtigung als besondere Ausbildungskosten in Betracht. Nichts anderes ergibt sich insoweit aus dem [X.]enatsurteil in [X.], 149, B[X.]tBl II 2012, 213. Denn in dem dort zu beurteilenden Fall schied die Berücksichtigung von Kosten der doppelten Haushaltsführung bereits deshalb aus, weil das Kind seine eigene Wohnung in [X.] aufgegeben hatte und nur noch über [X.] im Haushalt des [X.] verfügte ([X.], [X.]/PR 2011, 384; [X.]elder, jurisPR-[X.]teuerR 37/2011 [X.]. 3).

5. Eine in Analogie zu der in § 32 Abs. 4 [X.]atz 3 E[X.]tG vorgesehenen Kürzung des Grenzbetrags erfolgende Anhebung des Grenzbetrags wegen erhöhter Lebenshaltungskosten in [X.] kommt nicht in Betracht. Die Kürzung des Grenzbetrags wird in Anlehnung an die sogenannte Ländergruppeneinteilung vorgenommen (s. hierzu [X.]/Grönke-Reimann, § 32 E[X.]tG Rz 138; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], Kommentar, § 32 E[X.]tG Rz 590), in der das [X.] die verschiedenen Länder anhand vorhandener statistischer Kriterien, die Rückschlüsse auf das Lebenshaltungsniveau zulassen, in vier unterschiedliche Gruppen eingeteilt hat (s. hierzu für den Zeitraum 2008 und 2009 [X.]chreiben des [X.] vom 9. [X.]eptember 2008 IV C 4-[X.] 2285/07/0005, B[X.]tBl I 2008, 936). Diese Vorgehensweise hat das [X.] ([X.]) im Zusammenhang mit der sich im Rahmen des § 33a Abs. 1 E[X.]tG ergebenden vergleichbaren Problemstellung für verfassungsgemäß erachtet (Beschluss vom 31. Mai 1988  1 BvR 520/83, [X.]E 78, 214). Dass § 32 Abs. 4 [X.]atz 3 E[X.]tG nur eine Kürzung und keine Erhöhung des Grenzbetrags vorsieht, ist Folge der Tatsache, dass [X.] nach der vom [X.] nicht beanstandeten Ermittlungsmethode des [X.] ein vergleichbares Lebenshaltungsniveau aufweist wie die in die höchste Gruppe eingeteilten Länder, darunter u.a. auch [X.].

Zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung in der [X.] verzichtet die Verwaltung im Übrigen bereits auf eine Kürzung des Grenzbetrags, soweit das Kind seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der [X.] hat (Nr. 63.4.1 Abs. 3 DA-FamE[X.]tG). Da somit über den Grenzbetrag die üblichen Kosten der auswärtigen Unterbringung am Ausbildungsort abgedeckt sind und der ausbildungsbedingte Mehrbedarf entweder bei der [X.] oder bei der Bezügeermittlung Berücksichtigung findet, ist die von der Klägerin geltend gemachte Unvereinbarkeit des § 32 Abs. 4 [X.]atz 2 ff. E[X.]tG mit dem Freizügigkeitsrecht des Kindes nicht ersichtlich.

6. Die Vorentscheidung entspricht den vorgenannten Grundsätzen nicht.

a) Das [X.] wird daher im zweiten Rechtsgang zunächst festzustellen haben, ob --sofern die unbeschränkte [X.]teuerpflicht des [X.] in [X.] fortbestanden hat-- die Einnahmen aus dem [X.]tipendium zu Einkünften führen, für die das Besteuerungsrecht [X.] zusteht.

Ist dies der Fall, wird weiter zu prüfen sein, ob im Zusammenhang mit dem Promotionsstudium entstandene Aufwendungen Werbungskosten oder Betriebsausgaben darstellen, insbesondere ob in der Person des [X.] die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 [X.]atz 3 Nr. 5 E[X.]tG) vorlagen. Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben, die mit Einkünften in einem Veranlassungszusammenhang stehen, für die [X.] das Besteuerungsrecht zusteht, sind zunächst mit den entsprechenden Einnahmen zu verrechnen. Erst hinsichtlich des sich danach ergebenden [X.]aldos ist eine Umqualifizierung in Bezüge i.[X.]. des § 32 Abs. 4 [X.]atz 2 E[X.]tG zulässig.

b) [X.]tehen die Aufwendungen für das Promotionsstudium in keinem Veranlassungszusammenhang mit Einkünften, für die [X.] das Besteuerungsrecht zusteht, ist weiter zu prüfen, ob die Aufwendungen in einem Veranlassungszusammenhang mit einer künftigen Berufstätigkeit des [X.] im Inland stehen. Liegt ein solcher Veranlassungszusammenhang vor (vgl. hierzu etwa [X.]-Urteil vom 28. Juli 2011 VI R 5/10, [X.], 262) und sind die Voraussetzungen für den [X.] bzw. Betriebsausgabenabzug --insbesondere im Hinblick auf eine etwaige doppelte Haushaltsführung-- im Übrigen erfüllt, werden im Rahmen der Grenzbetragsberechnung die im Hinblick auf die künftige Berufstätigkeit entstandenen negativen Einkünfte mit den Bezügen aus dem [X.]tipendium verrechnet.

c) [X.]tehen die Aufwendungen weder in einem Veranlassungszusammenhang zu gegenwärtigen noch zu künftigen Einkünften, ist zu prüfen, ob Teile des [X.]tipendiums für besondere Ausbildungszwecke bestimmt waren. Ist dies der Fall, bleibt dieser Teil des [X.]tipendiums bereits bei der [X.] außer Betracht. Im Übrigen ist zu prüfen, ob die Aufwendungen, wenn sie im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses angefallen wären, als Werbungskosten zu berücksichtigen wären. Trifft dies zu, mindern sie gemäß § 32 Abs. 4 [X.]atz 5 E[X.]tG die anzusetzenden Einkünfte und Bezüge. Anderenfalls ist eine Berücksichtigung der Aufwendungen ausgeschlossen.

Meta

III R 13/12

27.09.2012

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 31. Mai 2011, Az: 4 K 331/09, Urteil

§ 32 Abs 4 S 2 EStG 2002, § 32 Abs 4 S 5 EStG 2002, § 9 Abs 1 S 1 EStG 2002, Art 18 Abs 2 Buchst a DBA GBR 1964, Art 11 Abs 2 DBA GBR 1964, § 96 Abs 1 FGO, § 32 Abs 4 S 3 EStG 2002, § 32 Abs 4 S 3 EStG 2009, § 32 Abs 4 S 2 EStG 2009, § 32 Abs 4 S 5 EStG 2009, § 9 Abs 1 S 1 EStG 2009, EStG VZ 2008, EStG VZ 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.09.2012, Az. III R 13/12 (REWIS RS 2012, 2719)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2719

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