Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.07.2000, Az. II ZR 282/98

II. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 1765

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[X.] DES VOLKESURTEILII [X.]/98Verkündet am:3. Juli 2000BoppelJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: jaBGB §§ 134, 626 Abs. 1; GmbHG § 46 Nr. 5a)Für den Abschluß eines Geschäftsführeranstellungsvertrages ist grundsätzlich dieGesellschafterversammlung zuständig.b)Ein unwirksamer Geschäftsführeranstellungsvertrag ist unter Heranziehung [X.] zu dem fehlerhaften Arbeitsverhältnis für die Dauer der Geschäftsfüh-rertätigkeit als wirksam zu behandeln. Er kann für die Zukunft jederzeit [X.] 2 -c)Die Vereinbarung einer Abfindung für den Fall der Kündigung des [X.] aus wichtigem Grund stellt eine unzulässige Einschrän-kung des außerordentlichen Kündigungsrechts im Sinne des § 626 Abs. 1 [X.]. Sie ist wegen Verstoßes gegen § 134 BGB nichtig.[X.], Urteil vom 3. Juli 2000 - II [X.]/98 - [X.] NaumburgLG Halle- 3 -Der II. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] h.c. Röhricht und [X.] Prof. Dr. [X.], Prof. [X.], [X.] und die Richterin [X.] erkannt:Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil [X.] Zivilsenats des [X.] aufgehoben und das Urteil der [X.] vom 6. Februar 1998 abgeändert, soweitzum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.Das Versäumnisurteil der 5. Zivilkammer des [X.] 9. Oktober 1997 bleibt aufrechterhalten.Dem Beklagten werden auch die weitergehenden Kosten [X.] auferlegt.Von Rechts [X.]:Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung von101.186,96 DM. Bei diesem Betrag handelt es sich um die zweite, seit [X.] 4 -ber 1996 fällige Tilgungsrate eines Darlehens, das die Klägerin dem [X.] gewährt hat.Der Beklagte hat mit einem Betrag von 91.200,-- DM die Aufrechnungerklärt, der ihm nach seiner Ansicht aus dem mit der Beklagten abgeschlosse-nen Geschäftsführervertrag vom 15. Oktober 1992 noch zusteht und den er fürden Zeitraum von April 1996 bis November 1997 unter Zugrundelegung einesmonatlichen Gehaltes von 4.800,-- DM in dieser Höhe errechnet hat. [X.] er mit einer Forderung von 115.200,-- DM aufgerechnet, die er aus der in§ 8 Abs. 3 dieses [X.]es für den Fall der Kündigung getroffenen [X.] herleitet. Dem Aufrechnungsbegehren liegt folgender Sachver-halt zugrunde:Der Beklagte, bis zum 27. März 1996 Geschäftsführer der Klägerin, hatden Geschäftsführervertrag mit der damaligen geschäftsführenden Gesell-schafterin [X.]abgeschlossen. Ein Beschluß der [X.] ist dazu nicht gefaßt worden. Nach § 8 beträgt die [X.]sdauer zehnJahre. Wird das [X.]sverhältnis vor Ablauf dieser Frist gekündigt, hat dieKlägerin eine Abfindungssumme von zwei Bruttojahresgehältern zu zahlen.Aufgrund des [X.] vom 22. März 1996 haben die ge-schäftsführenden Gesellschafterinnen [X.]und [X.]mit Schreiben vom25. März 1996 die Geschäftsführerstellung des Beklagten widerrufen und seinDienstverhältnis fristlos gekündigt.Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage und eine auf Fest-stellung der Nichtigkeit von [X.] und [X.] des [X.] des Anstellungsverhältnisses gerichtete [X.]. Der [X.] hat nur die Revision der Klägerin, mit der sie ihr Klage-begehren weiterverfolgt, angenommen.- 5 -- 6 -Entscheidungsgründe:Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Der Klage auf Zahlung von101.186,96 DM nebst 6,5 % Zinsen ab 1. Januar 1995 war stattzugeben. [X.] steht gegen die Klägerin kein Anspruch zu, mit dem er gegen [X.] aufrechnen kann.1. [X.] hat einen Anspruch des Beklagten auf [X.] von monatlich 4.800,-- DM für den Zeitraum [X.] 1996 bis November 1997 im Ergebnis zu Recht verneint.a) Der Geschäftsführervertrag vom 15. Oktober 1992 ist unwirksam.Zwischen den Parteien steht unstreitig fest, daß der [X.] die Geschäftsführerin [X.]abgeschlossen worden ist. Nach der stän-digen Rechtsprechung des [X.]es liegt die Zuständigkeit für den [X.] bei der [X.], nicht jedoch bei dem amtierenden Geschäftsführer (vgl. u.a. [X.], Urt. v.25. März 1991 - [X.], [X.], 380, 382; v. 27. März 1995- II ZR 140/93, [X.], 643). Die Geschäftsführerin [X.]konnte den [X.] mit dem Beklagten für die Klägerin somit nicht aufgrund eigener Organzu-ständigkeit abschließen. Da die Gesellschafterversammlung der Klägerin auchkeinen Beschluß über den Abschluß des Anstellungsvertrages gefaßt hat,konnte Frau [X.]auch nicht unter Ausführung eines solchen Beschlussesaufgrund Bevollmächtigung durch die Gesellschafterversammlung handeln. [X.] war daher bei dem [X.]sschluß nicht ordnungsgemäß vertreten.Der Beklagte ist der Ansicht, den Gesellschaftern der Klägerin sei [X.] ihrer Teilnahme an der Versammlung vom 22. März 1996 bekannt gewe-sen, daß der Beklagte als Geschäftsführer für die Klägerin tätig gewesen sei- 7 -und ein Gehalt von 4.800,-- DM monatlich bezogen habe. Sie seien somit voneinem wirksamen Dienstvertrag ausgegangen. In der von ihnen ausgesproche-nen Kündigung des [X.]es liege daher zugleich dessen Bestätigung, so daßer in diesem Zeitpunkt wirksam geworden sei. Dem vermag der [X.] nicht zufolgen.Der Geschäftsführervertrag ist zwar der Gesellschafterin [X.]in [X.] bekannt gewesen. Aus den Feststellungen des Berufungsgerichtsergibt sich jedoch nicht, daß die Tatsache des [X.]sschlusses und der In-halt des [X.]es auch der Gesellschafterin [X.]bekannt waren. Die Revisi-onserwiderung zeigt auch nicht auf, daß das Berufungsgericht entsprechendenVortrag des Beklagten unberücksichtigt gelassen hat. Eine in dem Kündi-gungsbeschluß enthaltene Bestätigung des Geschäftsführervertrages kommtfür die Gesellschafterin [X.]daher schon deswegen nicht in Betracht, weil da-von auszugehen ist, daß sie kein entsprechendes rechtsgeschäftliches Be-wußtsein gehabt hat. Da die Gesellschafterin [X.]offensichtlich von derWirksamkeit des [X.]es ausging, hat auch ihr das erforderliche Bewußtsein,den [X.] zu bestätigen, gefehlt.Die Würdigung eines Abstimmungsverhaltens des - nach den [X.] an der Gründung beteiligten - [X.] und des Beklagten kommt nicht in Betracht. Denn beide waren ausweis-lich des Protokolls in der Gesellschafterversammlung weder anwesend nochvertreten.b) Unter sinngemäßer Heranziehung der Grundsätze zu dem fehlerhaf-ten Arbeitsverhältnis ist zwar der [X.] der Tätigkeit des [X.] so zu behandeln, als wäre er wirksam zustande gekommen. Er kannaber für die Zukunft jederzeit auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes- 8 -aufgelöst werden (vgl. [X.]Z 41, 282, 287 f.; [X.], Urt. v. 19. Dezember 1988- II ZR 74/88, [X.], 294, 295). Das ist durch die Kündigung vom22./25. März 1996 geschehen.Zwar hat der [X.] entschieden, daß der Anstellungsvertrag eines [X.] auch für die Zukunft so zu behandeln ist, als wäre er wirksamzustande gekommen, wenn er im Vertrauen auf die Maßgeblichkeit der [X.] vertretenen [X.] als wirksam angesehen worden,infolge der Änderung der rechtlichen Beurteilungsmaßstäbe durch die Recht-sprechung jedoch als unwirksam behandelt worden ist. Da sich die Beteiligtenauf die Gültigkeit der unter diesen Umständen abgeschlossenen Verträge ein-gestellt hatten, hat es der [X.] als unvereinbar mit Treu und Glauben undeiner gerechten Interessenabwägung angesehen, sie als unwirksam zu [X.] ([X.]Z 65, 190, 194). Derartige Anforderungen erfüllt der vorliegende Fallnicht. Die Voraussetzungen für den wirksamen Abschluß eines Geschäftsfüh-rervertrages waren bei [X.]sschluß in der Rechtsprechung geklärt. [X.] fest, daß der [X.] nur mit Zustimmung der [X.] abgeschlossen werden konnte. Ein Vertrauen auf die Wirksamkeit [X.] konnte sich im Hinblick auf die Rechtslage, die für dieZuständigkeit zum [X.]sabschluß auf seiten der Klägerin bestand, bei [X.] nicht bilden.Nach Ansicht der Revisionserwiderung verstößt die Klägerin gegen [X.] Glauben (§ 242 BGB), wenn sie sich auf die Unwirksamkeit des [X.], obwohl sie ihn mit dem Beklagten drei Jahre und sechs Monate [X.] hat. Dem kann nicht gefolgt werden.Der [X.] hat zwar einen mit einem Vorstandsmitglied abgeschlossenenunwirksamen Anstellungsvertrag auch für die Zukunft - es ging um ein [X.] -Jahr - als wirksam angesehen, wenn beide Parteien ihn jahrelang als Grundla-ge ihrer Rechtsbeziehung betrachtet und durchgeführt haben und die Gesell-schaft das Vorstandsmitglied in seinem Vertrauen auf die [X.] dadurch bestärkt hat, daß sie vereinbarungsgemäß die [X.] erhöht und das zuständige Organ über die Verlängerung [X.] einen Beschluß gefaßt hat, ohne zum Ausdruck zu bringen, daß esfrühere mündliche Abmachungen, nicht aber den [X.] als maßgebend an-sieht ([X.], Urt. v. 8. März 1973 - [X.], [X.], 506, 507). [X.] erfüllt der Vortrag des Beklagten aber nicht. Der [X.] drei Jahre und sechs Monate im Einverständnis der Klägerin als Ge-schäftsführer für sie tätig gewesen. Die Revisionserwiderung zeigt jedoch kei-nen Vortrag des Beklagten darüber auf, daß die Gesellschafterversammlungder Klägerin von dem Anstellungsvertrag und seinem Inhalt Kenntnis gehabthat und er damit auf ihrer Seite den Rechtsbeziehungen zugrunde gelegt [X.] ist. Das folgt auch nicht aus seiner Behauptung, die Gesellschafterver-sammlung habe die Erhöhung seines Gehaltes von 3.000,-- DM auf4.800,-- DM beschlossen. Der [X.] enthält keine Regelung über eine Erhö-hung seiner Bezüge. Darüber hinaus konnte sich ein Vertrauen des Beklagtenauf den Fortbestand des [X.]es für die Zukunft auch deswegen nicht bilden,weil er nach § 8 Abs. 1 auf die Dauer von zehn Jahren abgeschlossen ist [X.] § 4 Nr. 3 g der Satzung Verträge, durch die die Klägerin auf mehr als zweiJahre gebunden wird, der vorherigen Zustimmung ihrer Gesellschafterver-sammlung bedürfen. Diese Regelung mußte dem Beklagten bekannt sein.2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht dem Beklagten aufgrund der in§ 8 Abs. 3 des Geschäftsführervertrages getroffenen Regelung einen Anspruchauf Zahlung einer Abfindungssumme in Höhe von zwei Jahresbruttogehälternzur Aufrechnung mit der Klageforderung [X.] 10 -Nach dieser Regelung steht dem Kläger ein derartiger Anspruch zu,wenn die GmbH den [X.] vor Beendigung seiner zehnjährigen Laufzeit kün-digt. Da der [X.] nicht wirksam abgeschlossen worden ist, eine Bindungs-wirkung nur für die Zeit entfaltet, in der der Beklagte als Geschäftsführer für dieKlägerin tätig war, und er für die Zukunft jederzeit beendet werden kann,kommt die Klausel nicht zum Tragen.Sie ist zudem wegen Verstoßes gegen § 134 BGB nichtig. Sie gewährtnach ihrem Regelungsinhalt eine Abfindung bei einer Kündigung aus [X.]. Damit führt sie eine unzumutbare Erschwerung der [X.]sbeendigungherbei, die als Einschränkung des außerordentlichen Kündigungsrechts [X.] des § 626 Abs. 1 BGB unzulässig ist ([X.] § 626 Nr. 1 und 2 unterKündigungserschwerung; [X.] § 626 Nr. 27; [X.], 3. Aufl. § 626Rdn. 70 m.w.N. in [X.]. 220). Der Beklagte kann daher keinen Zahlungsan-spruch aus dieser Vorschrift herleiten.Röhricht[X.] Goette [X.]

Meta

II ZR 282/98

03.07.2000

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.07.2000, Az. II ZR 282/98 (REWIS RS 2000, 1765)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1765

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