Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 23.03.2018, Az. 2 BvR 1140/15

2. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2018, 11662

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Reichweite des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts bzgl Kündigung einer Gemeindereferentin nach Entzug der kanonischen Beauftragung (Missio canonica) - Unzureichende Substantiierung der Verfassungsbeschwerde bei unzureichender Auseinandersetzung mit einschlägiger Rspr des BVerfG (BVerfGE 137, 273) sowie den angegriffenen Entscheidungen


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

1. Die Verfassungsbeschwerde ist bereits unzulässig, denn sie wird den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] folgenden Substantiierungsanforderungen nicht gerecht.

2

a) Eine § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] genügende Begründung der Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass der die Rechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüssig vorgetragen wird (vgl. [X.] 81, 208 <214>; 89, 155 <171>; 99, 84 <87>; 108, 370 <386 f.>; 113, 29 <44>). Bei einer gegen eine gerichtliche Entscheidung gerichteten Verfassungsbeschwerde hat sich der Beschwerdeführer mit dieser inhaltlich auseinanderzusetzen (vgl. [X.] 82, 43 <49>; 86, 122 <127>; 88, 40 <45>; 105, 252 <264>). Es muss deutlich werden, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (vgl. [X.] 78, 320 <329>; 99, 84 <87>; 115, 166 <179 f.>). Liegt zu den mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Verfassungsfragen Rechtsprechung des [X.] bereits vor, der die angegriffenen Gerichtsentscheidungen folgen, so ist der behauptete [X.] in Auseinandersetzung mit den vom [X.] entwickelten Maßstäben zu begründen (vgl. [X.] 77, 170 <214 ff.>; 99, 84 <87>; 123, 186 <234>; 130, 1 <21>).

3

b) Dem genügt die vorliegende Verfassungsbeschwerde nicht, da eine ausreichende Auseinandersetzung mit den vom [X.] zum kirchlichen Selbstbestimmungsrecht gemäß Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV entwickelten Maßstäben (vgl. [X.] 137, 273 <306 Rn. 90, 307 ff. Rn. 95 ff.>) unterbleibt, obwohl dies in Anbetracht der angegriffenen Urteile geboten gewesen wäre.

4

Die Fachgerichte führen aus, dass die Beschwerdeführerin einen Arbeitsvertrag über die Tätigkeit als Gemeindereferentin unter Anerkennung besonderer Loyalitätspflichten abgeschlossen habe. Sie sei sodann durch den Erzbischof unter gleichzeitiger Erteilung der "[X.]" zur Gemeindereferentin berufen worden. Nach dem Entzug der kanonischen Beauftragung sei das Beschäftigungsverhältnis gekündigt worden. Bei der gerichtlichen Kontrolle dieser Kündigung sei davon auszugehen, dass die Bestimmung des Erfordernisses einer kanonischen Beauftragung für die Tätigkeit einer Gemeindereferentin und die Entscheidung über deren Entzug Teil des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts seien. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen fundamentale Grundprinzipien der Rechtsordnung wie das allgemeine Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG), die guten Sitten (§ 138 BGB) oder den ordre public (Art. 6 EGBGB) bei Entzug dieser Beauftragung hätten nicht vorgelegen. Vor diesem Hintergrund sei die ordentliche Kündigung der Beschwerdeführerin als gerechtfertigt anzusehen. Die Fachgerichte haben damit die im Beschluss des [X.] des [X.] vom 22. Oktober 2014 dargelegten Maßstäbe (vgl. [X.] 137, 273 <306 Rn. 90, 307 ff., Rn. 95 ff.>) auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses der Beschwerdeführerin angewendet.

5

Hierzu verhält die Beschwerdeführerin sich nicht in einem den Begründungserfordernissen der Verfassungsbeschwerde gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] genügenden Umfang. Sie beschränkt sich auf die Wiederholung ihrer Behauptung im fachgerichtlichen Verfahren, der kirchliche Arbeitgeber dürfe durch den Entzug der kanonischen Beauftragung nicht einen eigenständigen Kündigungsgrund schaffen. Soweit sie dabei geltend macht, die Notwendigkeit dieser Beauftragung sei erst nachträglich zum Gegenstand ihres Arbeitsvertrages gemacht worden, setzt sie sich mit den entgegenstehenden Feststellungen in den angegriffenen Urteilen in keiner Weise auseinander. Auch verhält sie sich nicht zu der Frage, ob die Bestimmung des Erfordernisses und der Entzug der kanonischen Beauftragung dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterfallen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um die Möglichkeit einer Verletzung ihrer Grundrechte hinreichend substantiiert darzulegen.

6

2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 1140/15

23.03.2018

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 3. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), 26. September 2014, Az: 10 Sa 737/14, Urteil

Art 140 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, Art 137 Abs 3 WRV

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 23.03.2018, Az. 2 BvR 1140/15 (REWIS RS 2018, 11662)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11662


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 BvR 1140/15

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 1140/15, 23.03.2018.


Az. 10 Sa 737/14

Landesarbeitsgericht Hamm, 10 Sa 737/14, 26.09.2014.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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