Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 04.05.2021, Az. 2 WD 16/20

2. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2021, 6225

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Gegenstand

Aberkennung des Ruhegehalts wegen wiederholtem unerlaubten Fernbleibens vom Dienst, Drogendelikten und Fahren ohne Fahrerlaubnis


Leitsatz

Ein unerlaubtes Fernbleiben eines Soldaten vom Dienst an fünf teilweise zusammenhängenden Tagen ist im Regelfall mit einer Dienstgradherabsetzung zu ahnden.

Tenor

Die Berufung des früheren Soldaten gegen das Urteil der 3. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 13. Februar 2020 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem früheren Soldaten auferlegt, der auch die ihm darin erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen hat.

Tatbestand

1

Das disziplinargerichtliche Berufungsverfahren betrifft Vorwürfe des unerlaubten Fernbleibens vom Dienst, des Erwerbs, Besitzes und [X.]s von Drogen sowie des Fahrens dienstlicher und privater Fahrzeuge ohne Fahrerlaubnis.

2

1. Der 1986 geborene frühere Soldat wurde 2010 Zeitsoldat und zuletzt 2013 zum Oberstabsgefreiten befördert. Er gehörte der ... an, wo er zum Materialbewirtschaftungssoldaten ausgebildet und als Kraftfahrer und Truppführer des Fahrzeugtrupps im [X.] eingesetzt wurde. 2011 wurden ihm eine Leistungsprämie und die Schützenschnur Stufe III (Gold) verliehen. Für zwei Auslandseinsätze in [X.] erhielt er 2012 und 2014 Einsatzmedaillen der [X.] und der [X.]. Mit Verfügung vom 28. Januar 2016 wurden ihm die Dienstausübung und das [X.] untersagt. Beide Verbote wurden mit Verfügung vom 27. März 2017 aufgehoben. Seine Dienstzeit endete mit Ablauf des 30. September 2017. Er bezog bis Mitte Juni 2019 Übergangsgebührnisse. Eine Übergangsbeihilfe von 14 938,38 € wurde einbehalten.

3

2. Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 1. Juli 2015 verhängte das Amtsgericht ... gegen den früheren Soldaten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine Geldstrafe. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts ... vom 22. März 2016 wurde er wegen 16 Fällen des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung der vorgenannten Strafe zu einer viermonatigen Gesamtfreiheitsstrafe auf Bewährung und wegen zwei Fällen des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer weiteren viermonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts ... vom 4. September 2017 wurde gegen ihn wegen erneuten vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine dreimonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung verhängt. Am 6. April 2017 erging gegen ihn wegen des wiederholten unerlaubten Fernbleibens vom Dienst eine [X.] von 600 €.

4

3. In dem im Februar 2016 eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft dem früheren Soldaten mit [X.] vom 26. August 2016 zur Last gelegt:

"1. [X.] konsumierte am 14. Dezember 2013 an einem nicht näher bestimmbaren Ort Betäubungsmittel des Wirkstoffs Amphetamin/Methamphetamin ([X.]), obwohl er aufgrund der Belehrung vom 1. Oktober 2008 wusste, zumindest aber hätte wissen müssen und können, dass der [X.] von Betäubungsmitteln für Soldaten nach der Zentralen Dienstvorschrift 10/5, Nummer 404, Absatz 4, nunmehr überführt in [X.] [X.]-2630/0-0-2, Ziffer 5.1.1, Nummer 503 in und außerhalb des Dienstes verboten ist.

2. [X.] war am 14. Dezember 2013 auf der [X.] und der Anschlussstelle ... in Richtung [X.] in ..., um 21:40 Uhr, im Besitz zweier Tabletten des Wirkstoffs Amphetamin/Methamphetamin ([X.]), obwohl er aufgrund der Belehrung vom 1. Oktober 2008 wusste, zumindest aber hätte wissen müssen und können, dass der Besitz von Betäubungsmitteln für Soldaten nach der Zentralen Dienstvorschrift 10/5, Nummer 404, Absatz 4, nunmehr überführt in [X.] [X.]-2630/0-0-2, Ziffer 5.1.1, Nummer 503 in und außerhalb des Dienstes verboten ist.

3. [X.] gab seine Dienstfahrerlaubnis nicht zurück und meldete seinem nächsten [X.] nicht, dass ihm durch die Fahrerlaubnisbehörde ..., mit dem seit dem 3. September 2014 bestandskräftigen Bescheid, Aktenzeichen ..., ihm zugestellt am 2. August 2014, die zivile Fahrerlaubnis entzogen wurde, obwohl er aufgrund der Belehrung vom 1. Oktober 2008 wusste, zumindest aber hätte wissen müssen und können, dass dies gemäß [X.]/3, Nummer 505, 6. Variante, (nunmehr Zentrale Dienstvorschrift [X.]/11, Ziffer 2.5, Nummer 217, 6. Variante) ein meldepflichtiges Ereignis darstellt.

4. [X.] befuhr am Sonntag, den 16. November 2014 gegen 18.29 Uhr, mit dem LKW (Abschleppfahrzeug) der Firma ..., mit dem amtlichen Kennzeichen ..., die [X.], obwohl er aufgrund des Bescheids der Fahrerlaubnisbehörde ..., bestandskräftig seit dem 3. September 2014, Aktenzeichen ... wusste, zumindest hätte wissen müssen und können, dass er nicht im Besitz der hierfür erforderlichen Fahrerlaubnis war.

5. [...]

6. [X.] erwarb an einem nicht näher bestimmbaren Tag vor oder am 2. August 2015 von einem unbekannt gebliebenen Verkäufer mindestens 1 Gramm Amphetamin und führte am 2. August 2015 um 02:25 Uhr am Haupteingang des Geländes der ehemaligen ...basis ..., im Rahmen der [X.]', 0,4 Gramm Amphetamin in seiner Geldbörse mit, obwohl er aufgrund der Belehrung vom 1. Oktober 2008 wusste, zumindest aber hätte wissen müssen und können, dass der Besitz von Betäubungsmitteln für Soldaten nach [X.] [X.]-2630/0-0-2, Ziffer 5.1.1, Nummer 503 in und außerhalb des Dienstes verboten ist.

7. [X.] konsumierte zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt am 2. August 2015 an einem nicht mehr feststellbaren Ort in ..., im Rahmen der [X.]' mindestens 0,6 Gramm Amphetamin, obwohl er wusste, zumindest aber hätte wissen können und müssen, dass der Besitz und [X.] von Betäubungsmitteln für Soldaten nach [X.] [X.]-2630/0-0-2, Ziffer 5.1.1, Nummer 503 in und außerhalb des Dienstes verboten ist."

5

In einer ersten Nachtragsanschuldigungsschrift vom 20. September 2016 wurde der [X.] 5 wie folgt neu gefasst:

"[X.] fuhr im Zeitraum 3. September 2014 bis 15. September 2015 ohne im Besitz der hierfür erforderlichen zivilen Fahrerlaubnis und gültigen Dienstfahrerlaubnis zu sein, obwohl er aufgrund des Bescheids der Fahrerlaubnisbehörde ..., bestandskräftig seit dem 3. September 2014, Aktenzeichen ... wusste, zumindest aber hätte wissen können und müssen, dass er nicht mehr im Besitz der hierfür erforderlichen zivilen Fahrerlaubnis war und der Entzug seiner zivilen Fahrerlaubnis gemäß [X.]/2, Ziffer 4.3.2, Nummer 409, 1. Variante, nunmehr überführt in [X.] [X.]-1050/10-0-20 Ziffer 8.2.4, Nummer 810, 1. Variante, auch unmittelbar zum Erlöschen seiner Dienstfahrerlaubnis führt,

a) in den im Ermittlungsergebnis unter [X.], [X.] Nr. 5 a) näher bestimmten 18 Fällen mit den dort näher bestimmten fahrerlaubnispflichtigen [X.]kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr auf den unter vorbenanntem Ermittlungsergebnis [X.], [X.] Nr. 5 a) näher bezeichneten Strecken,

b) in den im Ermittlungsergebnis unter [X.], [X.] Nr. 5 b) näher bestimmten 95 Fällen mit den dort näher bestimmten fahrerlaubnispflichtigen [X.]kraftfahrzeugen sowohl im Standortbereich ... als auch im öffentlichen Straßenverkehr auf den unter vorbenanntem Ermittlungsergebnis [X.], [X.] Nr. 5 b) näher bezeichneten Strecken.

[X.] legte hierbei eine Gesamtstrecke von 6.439 Kilometer mit [X.]kraftfahrzeugen zurück."

6

Mit einer zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift vom 26. Juni 2019 wurde dem früheren Soldaten ergänzend zur Last gelegt:

"1. Der frühere Soldat fuhr am 11. Januar 2017 gegen 14:40 Uhr mit dem Pkw..., auf der ..., Ortsteil ..., bis zu seiner Wohnanschrift, ..., obwohl er aufgrund des Bescheids der Fahrerlaubnisbehörde ..., bestandskräftig seit dem 3. September 2014, Aktenzeichen ..., wusste, zumindest hätte wissen müssen und können, dass er nicht im Besitz der hierfür erforderlichen Fahrerlaubnis war.

2. Der frühere Soldat erschien am 5. Juli 2017 nicht, wie durch den ihm bekannten Dienstplan seines damaligen Kompaniechefs in Vertretung, Hauptmann S..., für den Zeitraum vom 3. Juli 2017 bis 9. Juli 2017 befohlen, um 7:00 Uhr zum Dienst in seiner Einheit, ..., sondern blieb dieser bis zu seiner eigenständigen Rückkehr am 6. Juli 2017 um 7:00 Uhr unerlaubt fern.

3. Der frühere Soldat erschien am 10. Juli 2017 nicht, wie durch den ihm bekannten Dienstplan seines damaligen Kompaniechefs, Hauptmann (nunmehr Major) ..., für den Zeitraum vom 10. Juli 2017 bis 16. Juli 2017 befohlen, um 7:00 Uhr zum Dienst in seiner Einheit, ..., sondern blieb dieser bis einschließlich 11. Juli 2017 unerlaubt fern.

4. Der frühere Soldat erschien am 19. Juli 2017 nicht, wie durch den ihm bekannten Dienstplan seines damaligen Kompaniechefs, Hauptmann (nunmehr Major) ..., für den Zeitraum vom 17. Juli 2017 bis zum 23. Juli 2017 befohlen, um 7:00 Uhr zum Dienst in seiner Einheit, ..., sondern blieb dieser bis zu seiner eigenständigen Rückkehr am 21. Juli 2017 gegen 9:20 Uhr unerlaubt fern.

5. Der frühere Soldat konsumierte zu nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten im Zeitraum zwischen dem 21. August 2017 und dem 27. August 2017 an einem nicht näher bestimmbaren Ort, jedenfalls aber außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen Marihuana in einer nicht mehr genau feststellbaren Menge, jedenfalls aber mindestens einen Joint pro Tag, obwohl der frühere Soldat aufgrund der Belehrung vom 1. Oktober 2008 wusste, zumindest aber hätte wissen können und müssen, dass ihm der [X.] von Betäubungsmitteln nach der [X.] [X.]-2630/0-0-2 'Leben in der militärischen Gemeinschaft', Ziffer 172 verboten ist."

7

4. [X.] hat dem früheren Soldaten mit Urteil vom 13. Februar 2020 das Ruhegehalt aberkannt. Es hat hinsichtlich des Vorwurfs 5 in der Fassung der ersten Nachtragsanschuldigungsschrift 13 Fahrten ausgeklammert. Alle weiteren Vorwürfe hat es als erwiesen angesehen, wobei es ein unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst nur am 5., 10., 11., 19. und 20. Juli 2017, nicht hingegen am 21. Juli 2017, angenommen hat. Der frühere Soldat habe mit dem erwiesenen Verhalten - ganz überwiegend vorsätzlich und teilweise fahrlässig - seine Pflichten zum treuen Dienen und zum inner- bzw. außerdienstlichen Wohlverhalten verletzt. Das Dienstvergehen wiege außerordentlich schwer und sei mit der [X.] zu ahnden.

8

5. Der frühere Soldat macht mit seiner unbeschränkten Berufung geltend, er sei vom Vorwurf 5 in der Fassung der ersten Nachtragsanschuldigungsschrift auch insoweit freizustellen, als er Fahrten mit der selbstfahrenden Arbeitsmaschine der Firma "[X.]" durchgeführt habe, da es dazu keiner Fahrerlaubnis bedurft habe. Zu berücksichtigen sei ferner, dass er mit den Dienstfahrzeugen keinen Unfall verursacht habe. Soweit ihm vorgeworfen werde, unerlaubt dem Dienst ferngeblieben zu sein, sei er an zahlreichen Tagen dienstunfähig krank gewesen. Mit seiner Drogenproblematik sei er vom Dienstherrn allein gelassen worden.

9

6. Hinsichtlich der Einzelheiten zur Person des früheren Soldaten, zur Anschuldigung und zur Begründung des erstinstanzlichen Urteils wird auf dieses verwiesen. Zu den im Berufungsverfahren eingeführten Unterlagen wird auf das Protokoll der Berufungshauptverhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des früheren Soldaten, über die gemäß § 124 [X.] in seiner Abwesenheit verhandelt werden konnte, ist unbegründet. Da sie in vollem Umfang eingelegt worden ist, hat der [X.] im Rahmen der Anschuldigung aufgrund eigener Tat- und Schuldfeststellungen über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden. Danach ist dem früheren Soldaten das Ruhegehalt abzuerkennen.

1. In tatsächlicher Hinsicht sind die Anschuldigungen im Wesentlichen erwiesen.

a) Die Vorwürfe 1 und 2 der [X.] hat der frühere Soldat in seiner Vernehmung durch die [X.] am 19. Juli 2016 eingeräumt. Dass er wusste, Betäubungsmittel weder konsumieren noch besitzen zu dürfen, folgt auch aus der von ihm am 1. Oktober 2008 unterzeichneten Belehrung.

b) Hinsichtlich des Vorwurfs 3 der [X.] ist der [X.] gemäß § 123 Satz 3 i.V.m. § 84 Abs. 1 Satz 1 [X.] an die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts ... im rechtskräftigen Urteil vom 22. März 2016 gebunden, wonach der frühere Soldat seinem [X.] nicht meldete, dass ihm seit dem 3. September 2014 bestandskräftig die allgemeine Fahrerlaubnis entzogen worden war, und er seine [X.] nicht zurückgab. Die Voraussetzungen für einen Lösungsbeschluss nach § 123 Satz 3 i.V.m. § 84 Abs. 1 Satz 2 [X.] liegen nicht vor. Ergänzend ist festzustellen, dass der frühere Soldat infolge einer am 1. Oktober 2009 unterzeichneten Belehrung wusste, dass er verpflichtet war, den endgültigen Entzug der allgemeinen Fahrerlaubnis der meldepflichtigen Einheit zu melden. Dies hat er in seiner Vernehmung durch die [X.] am 19. Juli 2016 auch eingeräumt.

c) Der Vorwurf 4 der [X.] steht aufgrund der tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom 1. Juli 2015, die der [X.] nach § 123 Satz 3 i.V.m. § 84 Abs. 2 [X.] zugrunde legen kann (vgl. [X.], Urteil vom 19. November 2020 - 2 WD 19.19 - juris Rn. 22) und des Geständnisses des früheren Soldaten in seiner Vernehmung durch die [X.] am 19. Juli 2016 ebenfalls fest.

d) Der Vorwurf 5 in der Fassung der ersten Nachtragsanschuldigungsschrift ist jedenfalls zum Großteil erwiesen.

Die vom [X.] gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 [X.] hinsichtlich des Vorwurfs 5 a) ausgeklammerten drei Fahrten vom 15. Januar 2015, 23. Juni 2015 und 27. März 2016 zu insgesamt 389 km und hinsichtlich des Vorwurfs 5b ausgeklammerten zehn Fahrten mit dem Gabelstapler zur Gesamtlänge von 33 km bleiben nach § 107 Abs. 2 Satz 2 [X.] unberücksichtigt. Der [X.] klammert zudem gemäß § 123 Satz 3 i.V.m. § 107 Abs. 2 Satz 1 [X.] hinsichtlich des Vorwurfs 5 b) die 34 Fahrten mit dem Fahrzeug der Firma "[X.]" zu insgesamt 140 km aus. Denn sie fallen nach der Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme nicht mehr ins Gewicht (vgl. [X.], Urteil vom 16. Januar 2014 - 2 WD 31.12 - [X.] 450.2 § 84 [X.] 2002 Nr. 7 = juris Rn. 79).

Hinsichtlich der übrigen 67 Fahrten zur Gesamtlänge von 5 877 km sind die angeschuldigten Vorwürfe erwiesen:

Zu den im Vorwurf 5 a) genannten verbleibenden 16 Fahrten mit [X.]fahrzeugen steht aufgrund der gemäß § 123 Satz 3 i.V.m. § 84 Abs. 1 Satz 1 [X.] bindenden tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts ... im rechtskräftigen Urteil vom 22. März 2016 fest, dass der frühere Soldat sie wissentlich und willentlich ohne allgemeine Fahrerlaubnis im öffentlichen Straßenverkehr durchführte. Die Voraussetzungen für einen Lösungsbeschluss nach § 123 Satz 3 i.V.m. § 84 Abs. 1 Satz 2 [X.] liegen nicht vor. Ergänzend ist festzustellen, dass der frühere Soldat diese Fahrten auch ohne [X.] durchführte. Denn diese erlosch nach § 27 Abs. 4 FeV mit der rechtskräftigen Entziehung der allgemeinen Fahrerlaubnis. Auch dies war dem früheren Soldaten nach seinen Angaben in der Vernehmung durch die [X.] vom 19. Juli 2016 bekannt.

Die im Vorwurf 5 b) genannten verbleibenden 51 Fahrten mit [X.]fahrzeugen hat der frühere Soldat in seiner Vernehmung durch die [X.] vom 19. Juli 2016 ebenfalls eingeräumt. Sie fanden überwiegend im öffentlichen Straßenverkehr und teilweise im Standortbereich der ... statt und wurden ebenfalls ohne allgemeine Fahrerlaubnis und infolgedessen auch ohne [X.] durchgeführt, was der frühere Soldat wusste.

e) Auch die Vorwürfe 6 und 7 der [X.] treffen nach der geständigen Einlassung des früheren Soldaten vom 19. Juli 2016 gegenüber der [X.] zu. Dabei wusste der frühere Soldat infolge der am 1. Oktober 2008 unterzeichneten Belehrung, dass der Besitz und [X.] von Betäubungsmitteln auch außerhalb des [X.]es untersagt war und der Besitz und Erwerb von Betäubungsmitteln strafbar sind.

f) Zum Vorwurf 1 der zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift steht aufgrund der gemäß § 123 Satz 3 i.V.m. § 84 Abs. 1 Satz 1 [X.] bindenden tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts ... vom 4. September 2017 fest, dass der frühere Soldat im Bewusstsein, dass ihm die allgemeine Fahrerlaubnis bestandskräftig entzogen worden war, seinen in dem [X.] bezeichneten Pkw einmal um den Block seiner Wohnanschrift fuhr. Die Voraussetzungen für einen Lösungsbeschluss nach § 123 Satz 3 i.V.m. § 84 Abs. 1 Satz 2 [X.] liegen nicht vor. Ergänzend ist festzustellen, dass die Tat zur angeschuldigten [X.] am angeschuldigten Ort geschah, wozu sich das amtsgerichtliche Urteil nicht ausdrücklich verhält. Dies hat der frühere Soldat in der amtsgerichtlichen Hauptverhandlung am 4. September 2017 bestätigt.

g) Auch die Vorwürfe 2, 3 und 4 der zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift treffen zu. Aus den [X.]plänen für die 27., 28. und 29. Kalenderwochen 2017, der auf Anweisung des erstinstanzlich vernommenen Zeugen [X.] ... geführten Gesprächsprotokollliste über die an den Fehltagen geführten Telefonate, dessen erstinstanzlicher Aussage, der E-Mail des Zeugen Hauptmann (jetzt Major) ... vom 20. Juli 2017 und seiner Aussage in der Berufungshauptverhandlung folgt, dass der frühere Soldat am 5., 10., 11., 19. und 20. Juli 2017 jeweils während seiner gesamten [X.]zeit unerlaubt dem jeweils befohlenen [X.] fernblieb. Da sich der Zeuge Hauptmann (jetzt Major) ... zudem sicher war, dass der [X.]antritt am 21. Juli 2017 um 7:00 Uhr morgens war, der frühere Soldat aber an dem Tag - wie angeschuldigt - erst gegen 9:20 Uhr zum [X.] erschien, steht zur Überzeugung des [X.]s auch fest, dass der frühere Soldat an dem Tag unentschuldigt zu spät zum befohlenen [X.] kam. Aufgrund der in der Gesprächsprotokollliste wiedergegebenen Inhalte der Telefonate mit dem früheren Soldaten ist der [X.] davon überzeugt, dass er dem [X.] jeweils wissentlich und willentlich unerlaubt fernblieb.

Soweit der frühere Soldat geltend macht, er sei an einer Vielzahl von Tagen dienstunfähig krank gewesen, finden sich in der Akte keine Belege dafür, dass er an den hier in Rede stehenden Tagen krankheitsbedingt vom [X.] förmlich durch den [X.] entbunden war. Dies gilt auch für die Einlassung, krankheitsbedingt nicht zum [X.] erschienen zu sein (vgl. [X.], Urteil vom 2. Dezember 1986 - 2 WD 48.85 - [X.]E 83, 265). Auch der in der Gesprächsprotokollliste aufgezeigte Inhalt der Telefonate mit ihm lässt darauf nicht schließen. Die für eine Einsichtnahme in die Gesundheitsakte erforderliche Schweigepflichtentbindungserklärung hat der frühere Soldat trotz wiederholter Nachfrage nicht abgegeben, so dass seine Gesundheitsakte nicht eingesehen werden konnte und daraus ebenfalls keine Berechtigung für sein Fehlen bzw. Zuspätkommen zum [X.] abgeleitet werden kann.

h) Den Vorwurf 5 der zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift hat der frühere Soldat in seiner Vernehmung am 4. September 2017 eingeräumt. Aufgrund der von ihm am 1. Oktober 2008 unterzeichneten Belehrung steht fest, dass er wusste, dass der [X.] von Betäubungsmitteln auch außerhalb des [X.]es gegen Nr. 404 [X.] 10/5 verstößt.

2. Der frühere Soldat hat nach § 23 Abs. 1 [X.] ein [X.]vergehen begangen.

a) Mit dem [X.] von Betäubungsmitteln (Vorwürfe 1 und 7 der [X.] und Vorwurf 5 der zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift) und dem Besitz von Betäubungsmitteln (Vorwürfe 2 und 6 der [X.]) hat er jeweils vorsätzlich seine Pflichten zum treuen Dienen und zum außerdienstlichen Wohlverhalten verletzt, mit dem Erwerb von Betäubungsmitteln (Vorwurf 6 der [X.]) seine außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht.

aa) Die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 [X.]) gebietet einem Soldaten, seine dienstlichen Aufgaben und Pflichten gewissenhaft, sorgfältig und loyal zu erfüllen ([X.], Urteil vom 28. August 2019 - 2 WD 28.18 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 68 Rn. 37). Dies schließt es ein, Weisungen des [X.]herrn in Form von Verwaltungsvorschriften zu beachten (vgl. [X.], Urteil vom 2. Juli 2020 - 2 WD 9.19 - juris Rn. 26 m.w.[X.]).

(1) Mit dem wiederholten [X.] und dem wiederholten Besitz von Betäubungsmitteln hat der frühere Soldat jeweils gegen die zu den verschiedenen Tatzeitpunkten inhaltsgleichen Regelungen in Ziffer 404 [X.] 10/5 bzw. in Nr. 503 der [X.] [X.]-2630/0-0-2 (Version 1), in welche Ziffer 404 [X.] 10/5 überführt wurde, bzw. in der späteren [X.] der [X.] [X.]-2630/0-0-2 (Version 2) verstoßen. Danach ist der unbefugte [X.] und Besitz von Betäubungsmitteln für Soldaten im und außer [X.] verboten. Diese Vorgaben sind als dienstliche Weisung zu qualifizieren, deren Nichtbeachtung durch den früheren Soldaten eine vorsätzlich begangene Verletzung der Pflicht zum treuen Dienen begründet (vgl. [X.], Urteil vom 21. Mai 2014 - 2 WD 7.13 - juris Rn. 39 zu Ziffer 404 [X.] 10/5).

(2) Mit dem wiederholten [X.] von Betäubungsmitteln verstieß der frühere Soldat auch insoweit vorsätzlich gegen § 7 [X.], als dass er dadurch nicht seine jederzeitige dienstliche Einsatzbereitschaft gewährleistete. Ein Soldat muss auch außerhalb der [X.]zeit jederzeit mit seinem Einsatz rechnen. Die Gewährleistung der jederzeitigen Einsatzbereitschaft wird erheblich beeinträchtigt, wenn er Rauschmittel zu sich nimmt. Dies gilt nicht nur im Fall eines akuten Rausches, sondern auch wegen der nicht voraussehbaren und damit nicht berechenbaren negativen gesundheitlichen Folgewirkungen. Schon der einmalige Genuss von Betäubungsmitteln stellt unabhängig von den konkreten gesundheitlichen Auswirkungen eine Verletzung der [X.] zum treuen Dienen dar (vgl. [X.], Urteile vom 21. Mai 2014 - 2 WD 7.13 - juris Rn. 40 m.w.[X.]).

bb) Mit dem wiederholten Besitz, dem wiederholten [X.] und dem Erwerb von Betäubungsmitteln hat der frühere Soldat ferner jeweils vorsätzlich gegen seine außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht (§ 17 Abs. 2 Satz 2 [X.] a.F.) verstoßen. Denn diese Taten waren geeignet, die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erforderte, ernsthaft zu beeinträchtigen. Sie waren teilweise von strafrechtlicher Relevanz.

(1) Der frühere Soldat hat sich mit dem Besitz der Betäubungsmittel jeweils nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG und mit dem Erwerb von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG strafbar gemacht.

Bei einer außerdienstlichen Straftat sind die aus dem Verstoß gegen die [X.] resultierenden Zweifel an der Rechtstreue eines Soldaten und damit an seiner Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit umso größer, je höher die Sanktionsdrohung der betreffenden Strafnorm ist ([X.], Urteil vom 16. Januar 2020 - 2 WD 2.19 - [X.] 450.2 § 18 [X.] 2002 Nr. 1 Rn. 21). Ermöglicht der Strafrahmen eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren, kann hieraus bereits die [X.] des außerdienstlichen Fehlverhaltens folgen ([X.], Urteil vom 24. August 2018 - 2 WD 3.18 - [X.]E 163, 16 Rn. 53). Andernfalls bedarf es zur Begründung einer allein aus Zweifeln an der Rechtstreue des Soldaten resultierenden [X.] außerdienstlichen Fehlverhaltens zusätzlicher Umstände ([X.], Urteil vom 16. Januar 2020 - 2 WD 2.19 - [X.] 450.2 § 18 [X.] 2002 Nr. 1 Rn. 21). Solche sind etwa eine wiederholte Begehung oder eine einschlägige Vorbelastung (vgl. [X.], Urteil vom 24. August 2018 - 2 WD 3.18 - [X.]E 163, 16 Rn. 55).

Vorliegend kann dahinstehen, ob eine Verletzung der außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht angesichts der Strafmilderungsregelung in § 29 Abs. 5 BtMG bereits aus dem in § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 BtMG vorgesehenen Strafrahmen abgeleitet werden kann, der dem Grunde nach die Verhängung einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren zulässt. Jedenfalls folgt sie im Hinblick auf den Besitz von Betäubungsmitteln aus dem wiederholten Handeln des früheren Soldaten und hinsichtlich des Erwerbs von Betäubungsmitteln aus dem unmittelbaren Zusammenhang mit dem sich daran anschließenden Besitz daran.

(2) Hinsichtlich des [X.] wiederholten [X.]s von Betäubungsmitteln folgt die Eignung zur Ansehensschädigung aus dem unmittelbaren [X.]bezug. Ein Soldat, der sich außer [X.] nicht an die seine Gesunderhaltungspflicht nach § 17 Abs. 4 Satz 1 [X.] konkretisierende Weisung seines [X.]herrn hält, wonach jeder Drogenkonsum verboten ist, weckt Zweifel an seiner Zuverlässigkeit und stellt seine Eignung für seine Verwendung in Frage (vgl. auch [X.], Urteil vom 21. Mai 2014 - 2 WD 7.13 - juris Rn. 46).

b) Mit der unterlassenen Meldung der bestandskräftigen Entziehung der allgemeinen Fahrerlaubnis (Vorwurf 3 der [X.]) hat der frühere Soldat vorsätzlich seine Pflicht zum treuen Dienen verletzt, weil er wissentlich und willentlich gegen die Weisung in Nr. 505 des Zentralerlasses [X.]/3 verstieß, wonach er die bestandskräftige Entziehung seiner allgemeinen Fahrerlaubnis hätte melden müssen. Damit einher geht ein vorsätzlicher Verstoß gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 [X.]), weil der frühere Soldat insoweit nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht geworden ist, die seine Stellung erforderte.

c) Mit dem wiederholten Führen privater Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr ohne allgemeine Fahrerlaubnis (Vorwurf 4 der [X.] und Vorwurf 1 der zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift) hat der frühere Soldat seine außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht verletzt. Er hat sich insoweit jeweils nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG strafbar gemacht. Zwar ergibt sich die [X.] dieses Fehlverhaltens nicht bereits aus dem Strafrahmen. Dieser sieht nur eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor. Jedoch folgt sie aus dem wiederholten Handeln sowie der Zusammenschau mit dem Vorwurf 5 in der Fassung der ersten Nachtragsanschuldigungsschrift, soweit dieser erwiesen ist. Nicht hingegen liegt auch eine Verletzung der Pflicht zum treuen Dienen vor; ein Rückgriff auf § 7 [X.] unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen die Loyalität zur Rechtsordnung ist insoweit ausgeschlossen (vgl. [X.], Urteil vom 1. Oktober 2020 - 2 WD 20.19 - juris Rn. 25 m.w.[X.]).

d) Mit dem wiederholten Führen von [X.]fahrzeugen ohne allgemeine Fahrerlaubnis und ohne [X.] (Vorwurf 5 in der Fassung der ersten Nachtragsanschuldigungsschrift, soweit erwiesen) hat der frühere Soldat jeweils vorsätzlich seine Pflicht zum treuen Dienen verletzt, wobei er sich zugleich in Ausübung des [X.]es nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG strafbar gemacht hat, soweit die Fahrten im öffentlichen Straßenverkehr stattfanden. Damit einher geht jeweils ein vorsätzlicher Verstoß gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht.

e) Mit dem unerlaubten Fernbleiben vom [X.] entgegen Befehlen (Vorwürfe 2, 3 und 4 der zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift hat der frühere Soldat jeweils vorsätzlich seine Pflichten zum Gehorsam (§ 11 [X.]), zum treuen Dienen und zum innerdienstlichen Wohlverhalten verletzt.

3. Bei Art und Maß der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 [X.] Eigenart und Schwere des [X.]vergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des früheren Soldaten zu berücksichtigen. Insoweit legt der [X.] ein zweistufiges Prüfungsschema zugrunde:

a) Auf der ersten Stufe bestimmt er zwecks Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle und im Interesse der Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine [X.] für die betreffende Fallgruppe als Ausgangspunkt der [X.].

Das gemäß § 18 Abs. 2 [X.] einheitlich zu ahndende [X.]vergehen wird in erster Linie durch das wiederholte unerlaubte Fernbleiben vom [X.] geprägt. Denn ein Soldat, welcher der Truppe unerlaubt fernbleibt, versagt im Kernbereich seiner [X.]pflichten. Die [X.] kann ihre Aufgaben nur dann hinreichend erfüllen, wenn nicht nur das innere Gefüge der [X.] so gestaltet ist, dass sie ihren militärischen Aufgaben gewachsen ist, sondern auch ihre Angehörigen im erforderlichen Maße jederzeit präsent und einsatzbereit sind. Der [X.]herr muss sich darauf verlassen können, dass jeder Soldat seinen Pflichten zur Verwirklichung des Verfassungsauftrags der [X.] nachkommt und alles unterlässt, was dessen konkreter Wahrnehmung zuwiderläuft. Dazu gehören insbesondere die Pflichten zur Anwesenheit und gewissenhaften [X.]leistung. Die Verletzung der Pflicht zur militärischen [X.]leistung berührt nicht nur die Einsatzbereitschaft der Truppe, sie erschüttert auch die Grundlagen des [X.]verhältnisses selbst ([X.], Urteil vom 3. Dezember 2020 - 2 WD 4.20 - juris Rn. 21 m.w.[X.]).

Ausgangspunkt der [X.] ist in Fällen des vorsätzlichen unerlaubten Fernbleibens eines Soldaten von der Truppe bei einer kürzeren unerlaubten Abwesenheit grundsätzlich eine [X.]gradherabsetzung, gegebenenfalls bis in den Mannschaftsdienstgrad; bei länger dauernder, wiederholter eigenmächtiger Abwesenheit oder Fahnenflucht ist regelmäßig die Entfernung aus dem [X.]verhältnis oder den Ausspruch der sonst gebotenen [X.] geboten (vgl. [X.], Urteil vom 3. Dezember 2020 - 2 WD 4.20 - juris Rn. 22 m.w.[X.]). Dabei hat der [X.] zur Abgrenzung einer kürzeren von einer längeren Abwesenheit den [X.]raum herangezogen, der durch den jährlich zustehenden [X.] von 30 Tagen nach § 1 Satz 1 SUV i.V.m. § 5 Abs. 1 [X.] abgedeckt werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 3. Dezember 2020 - 2 WD 4.20 - juris Rn. 22 m.w.[X.]). Der [X.] hat auch im Fall eines wiederholten vorsätzlichen unerlaubten Fernbleibens vom [X.] an sechs über mehr als ein Jahr verteilten einzelnen Tagen als Ausgangspunkt der [X.] die [X.] für angemessen gehalten, weil sich sechs Fehltage in der Größenordnung einer zweimaligen eigenmächtigen Abwesenheit im Sinne des § 15 Abs. 1 [X.] bewegen und der betreffende Soldat aufgrund eines jeweils neu gefassten Tatentschlusses die Hemmschwelle zur Verletzung der [X.] zur militärischen [X.]leistung [X.] in Folge über ein Jahr hinweg überschritten hatte (vgl. [X.], Urteil vom 8. Oktober 2020 - 2 WD 22.19 - juris Rn. 14).

Unter Zugrundelegung dessen ist hier als Ausgangspunkt der [X.] eine [X.]gradherabsetzung angemessen. Der frühere Soldat ist weder über einen längeren [X.]raum noch wiederholt eigenmächtig im Sinne des § 15 Abs. 1 [X.] abwesend gewesen. Er ist zunächst an einem einzelnen Tag (5. Juli 2017), kurz darauf an zwei zusammenhängenden Tagen (10. und 11. Juli 2017) und wenig später noch einmal an zwei weiteren zusammenhängenden Tagen (19. und 20. Juli 2017) dem [X.] unerlaubt ferngeblieben und am Folgetag (21. Juli 2017) verspätet zum [X.] erschienen. Dieser Konstellation kommt noch kein solches Gewicht zu, dass im Ausgangspunkt der [X.] die [X.] geboten wäre.

b) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im Einzelfall im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 [X.] und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die eine Milderung oder Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe angesetzten [X.] gebieten. Danach ist hier zur [X.] überzugehen. Diese besteht beim früheren Soldaten, der wegen der einbehaltenen Übergangsbeihilfe gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] als Soldat im Ruhestand gilt, nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 [X.] in einer Aberkennung des Ruhegehalts.

aa) Gegen den früheren Soldaten sprechen mehrere Umstände von erheblichem Gewicht:

(1) Das [X.]vergehen wiegt wegen der zahlreichen weiteren [X.]pflichtverletzungen in Form wiederholten Führens dienstlicher und privater Fahrzeuge ohne Fahrerlaubnis sowie wiederholten Besitzes, wiederholten [X.]s und Erwerbs von Betäubungsmitteln außerordentlich schwer. Das wiederholte Fahren ohne Fahrerlaubnis im dienstlichen Kontext mit [X.]fahrzeugen wäre bereits bei isolierter Betrachtung im Ausgangspunkt der [X.] ebenfalls mit einer Herabsetzung im [X.]grad zu ahnden gewesen (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 WD 11.14 - juris Rn. 49 m.w.[X.]). Insoweit tritt zusätzlich erschwerend hinzu, dass es sich nach der Anzahl (67 [X.]fahrten) und der zurückgelegten Kilometer (5 877 km) um einen vergleichsweise schweren Fall des Führens von [X.]fahrzeugen ohne Fahrerlaubnis handelt, der frühere Soldat dabei im Kernbereich seiner [X.]pflichten versagt hat und er sich - soweit die Fahrten im öffentlichen Straßenverkehr stattfanden - zugleich strafbar gemacht hat. Dass er auf den Fahrten keinen Unfall verursacht hat, ist nicht mildernd zu berücksichtigen. Hätte er dies getan, wäre dies vielmehr erschwerend zu berücksichtigen gewesen. Das Fehlen eines Verschärfungsgrundes ist jedoch kein [X.]. Zudem wäre auch der wiederholte Besitz, der wiederholte [X.] und der Erwerb von Betäubungsmitteln schon für sich genommen im Ausgangspunkt der [X.] mindestens mit einem Beförderungsverbot zu ahnden gewesen (vgl. [X.], Urteil vom 10. Oktober 2019 - 2 WD 32.18 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 69 Rn. 34).

(2) Hinzu kommt, dass der frühere Soldat bereits im März und April 2017 entgegen Befehlen wiederholt dem [X.] unerlaubt ferngeblieben war, weshalb gegen ihn unter dem 6. April 2017 eine [X.] von 600 € verhängt worden war. Die [X.] hat ihn nicht davon abgehalten, im Juli 2017 im Rahmen des hier in Rede stehenden [X.]vergehens erneut wiederholt dem [X.] unerlaubt fernzubleiben. § 38 Abs. 2 [X.] gebot deshalb eine Verschärfung der Disziplinarmaßnahme.

(3) Weiter erschwerend ins Gewicht fällt, dass der frühere Soldat sämtliche in der zweiten Nachtragsanschuldigungsschrift bezeichneten Taten beging, nachdem das gerichtliche Disziplinarverfahren gegen ihn bereits eingeleitet worden war. Dies zeigt, dass er selbst unter dem Eindruck des gerichtlichen Disziplinarverfahrens nicht gewillt war, sich [X.] zu verhalten.

(4) Darüber hinaus wurden dem früheren Soldaten wegen des [X.]vergehens mit Verfügung vom 28. Januar 2016 die [X.]ausübung und das [X.] verboten, um - wie der Zeuge Oberstleutnant ... erstinstanzlich bekundete - "Ruhe in die Einheit zu bringen", bis beide Anordnungen - an deren Rechtmäßigkeit keine Zweifel bestehen - erst mehr als ein Jahr später mit Verfügung vom 27. März 2017 aufgehoben wurden. In dieser [X.] stand dem [X.]herrn die Arbeitskraft des früheren Soldaten trotz [X.] Bezüge nicht zur Verfügung.

(5) Des Weiteren haben die dienstlichen Leistungen des früheren Soldaten nach Bekanntwerden eines Teils der [X.] bis zum Verbot der [X.]ausübung sowie nach Aufhebung bis zu seinem [X.]zeitende stark nachgelassen. Dies ergibt sich aus den übereinstimmenden erstinstanzlichen Angaben der Zeugen [X.] ... und Oberstleutnant ... und der Aussage des Zeugen Oberstleutnant ... in der Berufungshauptverhandlung. Danach hat der frühere Soldat sukzessive abgebaut, Aufträge nicht mehr zügig und ordentlich ausgeführt und zuletzt den Eindruck vermittelt, mit Allem abgeschlossen zu haben und nur noch auf das [X.]zeitende zu warten. Den Angaben von Oberstleutnant ... zufolge hat sich der frühere Soldat sogar so verhalten, als ob er den [X.]betrieb stören wollte, was ein besonders schlechtes Licht auf seine Persönlichkeit wirft.

bb) Demgegenüber sprechen nur wenige Umstände für den früheren Soldaten. So war er nach den übereinstimmenden erstinstanzlichen Angaben des Zeugen [X.] ... und der Aussage von Oberstleutnant ... in der Berufungshauptverhandlung bis zur Feststellung eines Teils seiner [X.]pflichtverletzungen im Jahr 2015 zuverlässig und hat gute dienstliche Leistungen erbracht. Er erhielt 2011 eine Leistungsprämie und die Schützenschnur Stufe III (Gold) und bewährte sich in zwei Auslandseinsätzen in [X.], wofür er 2012 und 2014 Einsatzmedaillen der [X.] und der [X.] erhielt.

cc) Weitere mildernde Gesichtspunkte liegen indes nicht vor.

(1) Schuldmildernde Umstände in der Person des früheren Soldaten oder in den Umständen der Taten sind nicht ersichtlich. Da er eine Einsichtnahme in seine Gesundheitsakte trotz wiederholt [X.] Schweigepflichtentbindungserklärung nicht gestattet hat, bestehen insbesondere keine Anhaltspunkte für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB zu den Tatzeitpunkten.

Der nachgewiesene [X.] geringer Mengen an Betäubungsmitteln am 14. Dezember 2013, 2. August 2015 und zwischen dem 21. und 27. August 2017 kommt dem früheren Soldaten nicht mildernd zugute. Vielmehr muss ein Soldat nach § 17 Abs. 4 Satz 1 und 2 [X.] alles in seinen Kräften Stehende tun, um seine Gesundheit zu erhalten, und darf diese nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig beeinträchtigen (vgl. [X.], Urteil vom 8. Oktober 2020 - 2 WD 22.19 - juris Rn. 27 m.w.[X.]).

(2) Eine Fürsorgepflichtverletzung des [X.]herrn ist ebenfalls nicht festzustellen. Vielmehr hat der Zeuge Oberstleutnant ... in der Berufungshauptverhandlung erläutert, dass am Standort - was auch [X.] ist - sehr gute Hilfsangebote verfügbar waren und diese dem früheren Soldaten wiederholt angeboten wurden. Entsprechende Termine seien sogar für den früheren Soldaten "geblockt" worden. Er habe die Hilfe aber abgelehnt. Auch [X.] ... hat erstinstanzlich ausgesagt, der frühere Soldat sei auf seine Vorschläge einer ärztlichen Untersuchung und eines Termins mit dem Sozialdienst nicht eingegangen. Der [X.]herr ist auch insoweit "schonend" vorgegangen, als er das bereits im März und April 2017 aufgetretene unerlaubte Fernbleiben vom [X.] zunächst nur mit einer einfachen Disziplinarmaßnahme geahndet hat.

dd) Bei einer Gesamtwürdigung der aufgezeigten Umstände ist wegen des deutlichen Überwiegens der zahlreichen erschwerenden Gesichtspunkte zur [X.] überzugehen. Da die persönliche Integrität eines Soldaten gleichberechtigt neben dem Erfordernis der fachlichen Qualifikation steht, können die hier festgestellten gravierenden Defizite der persönlichen Integrität, die bei objektiver Betrachtung zu einem endgültigen Vertrauensverlust des [X.]herrn geführt haben, insbesondere nicht durch die anfangs guten dienstlichen Leistungen des früheren Soldaten ausgeglichen werden (vgl. [X.], Urteil vom 4. Juni 2020 - 2 WD 10.19 - NVwZ-RR 2020, 983 Rn. 60 m.w.[X.]).

ee) Ist danach die [X.] zu verhängen, kann auch eine etwaige Überlänge des Disziplinarverfahrens keine maßnahmemildernde Wirkung mehr entfalten (vgl. [X.], Urteil vom 4. Juni 2020 - 2 WD 10.19 - NVwZ-RR 2020, 983 Rn. 60 m.w.[X.]).

4. [X.] beruht auf § 139 Abs. 2, § 140 Abs. 5 Satz 2 [X.].

Meta

2 WD 16/20

04.05.2021

Bundesverwaltungsgericht 2. Wehrdienstsenat

Urteil

Sachgebiet: WD

vorgehend Truppendienstgericht Süd, 13. Februar 2020, Az: S 3 VL 41/16, Urteil

§ 29 Abs 1 S 1 Nr 1 BtMG 1981, § 29 Abs 1 S 1 Nr 3 BtMG 1981, § 29 Abs 5 BtMG 1981, § 5 Abs 1 BUrlV, § 27 Abs 4 FeV 2010, § 7 SG, § 11 SG, § 17 Abs 2 S 1 Alt 2 SG, § 17 Abs 4 S 1 SG, § 17 Abs 4 S 2 SG, § 23 Abs 1 SG, § 17 Abs 2 S 2 SG vom 30.05.2005, § 21 StGB, § 21 Abs 1 Nr 1 StVG, § 1 S 1 SoldUrlV, § 1 Abs 3 S 1 WDO 2002, § 18 Abs 2 WDO 2002, § 38 Abs 1 WDO 2002, § 38 Abs 2 WDO 2002, § 58 Abs 2 S 1 Nr 4 WDO 2002, § 58 Abs 7 WDO 2002, § 84 Abs 1 S 1 WDO 2002, § 84 Abs 1 S 2 WDO 2002, § 84 Abs 2 WDO 2002, § 107 Abs 2 S 1 WDO 2002, § 107 Abs 2 S 2 WDO 2002, § 123 S 3 WDO 2002, § 124 WDO 2002, § 15 Abs 1 WStrG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 04.05.2021, Az. 2 WD 16/20 (REWIS RS 2021, 6225)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 6225

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