Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2012, Az. V ZR 187/11

5. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2334

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Gegenstand

Grundstückskaufvertrag: Umfang des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs; versehentlichen Falschbezeichnung des aufgelassenen Grundstücks; Besitzrecht auf Grund des so genannten Sachenrechtsmoratoriums für ein im Beitrittsgebiet belegenes Grundstück


Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 10. November 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Klage stattgegeben worden ist.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 10. Zivilkammer des [X.] vom 5. März 2010 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die in erster Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren tragen der Kläger und der Beklagte je zur Hälfte.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Mit notariellem Vertrag vom 5. August 1994 kaufte der Kläger von dem im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen Dr. A.   ein Seegrundstück in [X.], welches u.a. aus den Flurstücken 619 und 620 besteht. Der Kläger ist seit 1995 als Eigentümer eingetragen. Auf den genannten Flurstücken befinden sich ein Geräteraum sowie die Hälfte eines [X.]. Die andere Hälfte des [X.] steht auf dem Flurstück 600. Diese Bauwerke wurden von einer Produktionsgenossenschaft der [X.] ([X.]) in den 1960er bzw. 1970er Jahren errichtet. Die vormals von der [X.] und die übrigen, von der Handelsorganisation Gaststätten ([X.]) genutzten Teile der Flurstücke 619 und 620 waren und sind nach dem Vorbringen des Beklagten durch eine Mauer voneinander getrennt.

2

Der Beklagte nutzte die genannten Baulichkeiten zum Betrieb der "Fischerei M.   ", und zwar ursprünglich aufgrund eines Pachtvertrages mit der Rechtsnachfolgerin der [X.], der [X.]. [X.] schloss der Beklagte zwei Verträge:

3

In einer notariellen Urkunde vom 27. Januar 1999 traf der Beklagte mit der [X.] eine "Vereinbarung zur Übertragung von Gebäudeeigentum". Darin "verkauft und überträgt mit dinglicher Wirkung" die [X.] an Geräteraum und Bootshaus an den Beklagten. Zugleich erklärte sie die "Aufhebung und Aufgabe sämtlicher Rechte an allen Baulichkeiten auf dem Grundstück". Diese Aufgabeerklärung sollte dem Grundbuchamt zusammen mit dem Antrag auf Umschreibung des Flurstücks 600 auf den Beklagten vorgelegt werden. In diesem Zusammenhang heißt es in der Urkunde, die Anlegung eines Gebäudegrundbuchs werde "allseits nicht gewünscht".

4

Mit notariellem [X.] kaufte der Beklagte das Flurstück 600 von der [X.]. In diesem Vertrag erklärte er die Aufgabe des im Eingang des Vertrages genannten [X.], verbunden mit der An-weisung an den Notar, die Aufgabeerklärung erst nach Vollzug der [X.] am Flurstück 600 bei dem Grundbuchamt einzureichen.

5

Die Erklärung der Verkäuferin über die Aufgabe des [X.] ist zusammen mit dem [X.] bei dem Grundbuchamt eingereicht worden. Nach einer Vermessung stellte sich heraus, dass die von der [X.] errichteten Bauwerke ganz bzw. teilweise auf dem Grundstück des Klägers stehen.

6

Der Kläger verlangt von dem Beklagten, soweit hier von Interesse, die Herausgabe der jenseits der [X.] liegenden Teile der Flurstücke 619 und 620 nebst aufstehenden Gebäuden. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Das [X.] hat zudem eine in zweiter Instanz erhobene Widerklage des Beklagten abgewiesen, mit der er die Zustimmung des Klägers zu der Abschreibung der herausverlangten Teile von den Flurstücken 619 und 620 und zu deren Zuschreibung zum Flurstück 600 verlangt. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

[X.].

7

Das Berufungsgericht bejaht einen Herausgabeanspruch des [X.] nach § 985 [X.]. Dieser sei Eigentümer der Flurstücke 619 und 620. Rechte des [X.]n an den aufstehenden Gebäuden bestünden nicht. Selbständiges [X.] sei nach den Rechtsvorschriften der [X.] nicht entstanden und habe ihm daher von der Rechtsnachfolgerin der [X.] nicht verschafft werden können.

8

Dem [X.]n stehe auch kein Recht zum Besitz nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 3 EG[X.] zu, da er nicht Nutzer im Sinne von § 9 SachenRBerG sei. Der Gebäudekaufvertrag lasse sich nicht in eine Vereinbarung über die Abtretung der Ansprüche des Nutzers nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz umdeuten. Dem stehe die Erklärung der Verkäuferin über die Aufgabe ihres Eigentums am Gebäude entgegen. Die Verkäuferin habe auch keinen Anspruch auf sachenrechtliche Bereinigung gehabt. § 7 Abs. 2 Nr. 1 Sachen-RBerG erwähne nämlich nur die Genossenschaften mit gewerblichem oder handwerklichem Geschäftsgegenstand, zu denen Unternehmen der [X.] nicht gehörten.

9

Die Widerklage sei unbegründet, da der Kläger und nicht der [X.] Eigentümer der streitigen Teilfläche sei.

[X.][X.].

Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

A. Zur Klage:

Der Kläger kann von dem [X.]n nicht nach § 985 [X.] die Heraus-gabe der streitgegenständlichen Teilflächen verlangen.

1. Allerdings bejaht das Berufungsgericht auf der Grundlage des festgestellten Vorbringens der [X.]en das Eigentum des [X.] an den beiden Flurstücken 619 und 620 ohne Rechtsfehler.

a) Danach hat der Kläger das Eigentum von dem als Eigentümer eingetragenen [X.]jedenfalls nach § 892 Abs. 1 Satz 1 [X.] gutgläubig erworben. Nach dieser Vorschrift gilt der [X.]nhalt des Grundbuchs zugunsten des Erwerbers als richtig. Der öffentliche Glaube des Grundbuchs erstreckt sich auch auf die Eintragungen im Bestandsverzeichnis, aus denen sich in Verbindung mit der dort in Bezug genommenen Katasterkarte ersehen lässt, auf welchen Teil der Erdoberfläche sich das Eigentum bezieht (vgl. Senatsurteil vom 2. Dezember 2005 - [X.], NJW-RR 2006, 662, 663 Rn. 8 mwN). Danach hat der Kläger die streitigen Teilflächen selbst dann von [X.]erworben, wenn sie diesem nicht gehört hätten; denn die Flurstücke 619 und 620 waren im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs des veräußerten Grundstücks gebucht und damit als diesem zugehörig nachgewiesen.

Für einen Erwerb nach § 892 Abs. 1 [X.] ist eine Kenntnis des Erwerbers vom Grundbuchstand ebenso wenig erforderlich wie eine Kausalität zwischen diesem und dem Erwerb (Senat, Urteil vom 16. Mai 1980 - [X.], NJW 1980, 2413, 2414). Ausgeschlossen ist ein gutgläubiger Erwerb nur, wenn ein Widerspruch im Grundbuch eingetragen oder dem Erwerber die Unrichtigkeit des Grundbuchs bekannt ist. Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen; die Revision zeigt auch keinen Vortrag des für die Kenntnis des Erwerbers von der Unrichtigkeit des Grundbuchs darlegungs- und beweispflichtigen [X.]n (vgl. Senat, Urteil vom 16. Mai 1980 - [X.], aaO) auf.

b) Auf die Ausführungen des Berufungsgerichts, dass schon der Veräußerer [X.]das Eigentum erworben habe, kommt es danach nicht an; die darauf bezogenen Angriffe der Revision gehen ins Leere. Liegen - wie hier - die in § 892 Abs. 1 [X.] genannten Voraussetzungen vor, kann dahinstehen, ob das Grundbuch vor dem Erwerb unrichtig war. Da nach § 892 Abs. 1 Satz 1 [X.] zugunsten des Erwerbers eines Grundstücks der [X.]nhalt des Grundbuchs als richtig gilt, ist der gegenüber der Vermutung nach § 891 Abs. 1 [X.] zulässige Beweis des Gegenteils zuungunsten des Erwerbers ausgeschlossen (vgl. [X.], 353, 356; 116, 177, 181; 123, 19, 21; [X.]/[X.], 12. Aufl., § 892 Rn. 47; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 892 Rn. 1; [X.]/[X.], [X.], [2012], § 892 Rn. 10).

c) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, dass ein gutgläubiger Eigentumserwerb nach § 892 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht möglich gewesen sei, weil der Kläger und [X.]  sich in Wirklichkeit nur über den Erwerb von Teilflächen der beiden Flurstücke (bis zur Mauer) geeinigt und den Vertragsgegenstand in der notariellen Urkunde falsch bezeichnet hätten.

aa) Für die Anwendung der Vorschrift des § 892 Abs. 1 [X.] ist aller-dings kein Raum, wenn der Veräußerer und der Erwerber als Gegenstand der Auflassung nicht das gesamte im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs ausgewiesene Grundstück, sondern nur einen bestimmten Teil des Grundstücks angesehen haben und dem Erwerber somit hinsichtlich des von der Auflassung nicht betroffenen Teils des Grundstücks der [X.] gefehlt hat (Senat, Urteil vom 8. Juni 1965 - [X.], [X.] 1966, 172, 173). Das Eigentum an dem Grundstück wird dann - auch wenn die Umschreibung im Grundbuch erfolgt - mangels wirksamer Auflassung (§§ 873, 925 [X.]) nicht erworben (vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 2001 - [X.], [X.], 1038, 1039 mwN).

bb) Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, das einen von den beurkundeten Erklärungen abweichenden Vertragswillen nicht festgestellt hat, halten den Angriffen der Revision stand.

(1) Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Kaufvertragsparteien, wenn sie das Grundstück nach dem Grundbuch bezeichnen, dieses mit dem sich aus dem Grundbuch und dem Liegenschaftskataster ersichtlichen Zu-schnitt und Umfang übereignen wollen (vgl. Senat, Urteil vom 18. Januar 2008 - [X.], [X.], 1658 Rn. 10). Anders ist es, wenn die Vertragsparteien das Grundstück so veräußern wollen, wie es sich ihnen nach seiner Umgrenzung in der Natur darstellt (Senatsurteile vom 7. Dezember 2001 - [X.], [X.], 1038, 1040 und vom 18. Januar 2008 - [X.], [X.], 1658 Rn. 10). Die Bezugnahme in dem Vertrag auf die Eintragungen im Grundbuch stellt sich dann als eine versehentliche Falschbezeichnung dar, mit der Folge, dass nach § 133 [X.] auch bei einem [X.] das wirklich Gewollte gilt (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 2001 - [X.], [X.], 1038, 1039 und vom 18. Januar 2008 - [X.], [X.], 1658, 1659 Rn. 12 f.). Die [X.] die sich auf einen solchen, von dem Urkundstext abweichenden Vertragswillen beruft, hat die dafür sprechenden Umstände darzulegen und zu beweisen (vgl. Senatsurteil vom 5. Juli 2002 - [X.], [X.], 3164, 3165). Ein diese Haupttatsache betreffendes Beweisangebot des [X.]n zeigt die Revision jedoch nicht auf.

(2) Von einer versehentlichen Falschbezeichnung ist allerdings in der Regel auszugehen, wenn ein Grundstück auf Grund einer Besichtigung des Objekts veräußert wird, bei der dem [X.] auf Grund der tatsächlichen Situation (hier durch die Abtrennung einer größeren zusammenhängenden Fläche mit einer Mauer) klar vor Augen tritt, welche Flächen Teil des Nachbargrundstücks sind (vgl. Senat, Urteil vom 7. Dezember 2001 - [X.], [X.], 1038, 1040; [X.], NJW-RR 1992, 152, 153). Dass der Kläger das Grundstück im Jahr 1994 auf Grund einer Besichtigung erworben hat, ist indessen ebenfalls weder festgestellt noch von dem [X.]n [X.] und unter Beweis gestellt worden.

(3) Soweit die Revision meint, das Berufungsgericht hätte im Hinblick auf die Bezeichnung der Gebäude im notariellen Kaufvertrag und auf Grund des nachvertraglichen Verhaltens des [X.] von einem auf den tatsächlichen Grenzverlauf bezogenen Auflassungswillen ausgehen müssen, betriff dies die Würdigung von [X.]n. [X.]nsoweit ist der Tatrichter jedoch grundsätzlich frei, welche Beweiskraft er den [X.]ndizien im Einzelnen und in der Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst. [X.] ist seine Würdigung nur darauf zu überprüfen, ob er alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. [X.], Urteil vom 22. Januar 1991 - [X.], NJW 1991, 1894, 1895).

Gemessen daran ist das Berufungsurteil nicht zu beanstanden. Ob - wie die Revision vorbringt - das Berufungsgericht den Vortrag des [X.]n zu den in dem Kaufvertrag beschriebenen Gebäuden auf dem verkauften Grundstück missverstanden hat, kann dahinstehen. Auch die darauf bezogene Verfahrensrüge des [X.]n betrifft keine entscheidungserhebliche [X.], weil nach Ansicht des Berufungsgerichts die Bezeichnung der Gebäude auf dem Grundstück, die als dessen wesentliche Bestandteile mit veräußert wurden, den Kaufgegenstand nur beschreiben, jedoch nicht bestimmen sollte. Diese Würdigung verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze. Dem [X.]ndiz kommt danach keine erhebliche Beweiskraft für die Behauptung des [X.]n zu, die Vertragsparteien hätten das Grundstück nicht mit dem in der [X.] wiedergegebenen Grundbuchstand übereignen wollen. Auf den Umstand, dass die Streitigkeiten erst nach dem Aufdecken des tatsächlichen Grenzverlaufs nach einer Neuvermessung entstanden sind, musste das Berufungsgericht wegen der Ambivalenz der [X.] nicht eingehen. Dieser Umstand lässt sich nämlich auch mit dem Vorbringen des [X.] vereinbaren, das Grundstück mit den sich aus dem Grundbuch ergebenden Flächen erworben zu haben; denn auch bei dieser Konstellation treten Streitigkeiten oft erst auf, nachdem die lange Zeit unbemerkt gebliebene Grenzüberschreitung bei einer Neuvermessung festgestellt wird (vgl. das Senatsurteil vom 2. Dezember 2005 - [X.], NJW-RR 2005, 662, 664 Rn. 15).

2. Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht jedoch ein Recht zum Besitz des [X.]n nach § 986 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 EG[X.].

a) Zutreffend geht es allerdings davon aus, dass das Recht zum Besitz aus dem sogenannten Moratorium nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 3 EG[X.] über den 31. Dezember 1994 hinaus nur noch in dem Umfang fortbesteht, wie der Besitzer nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz von dem Eigentümer die Übertragung oder Belastung des Grundstücks verlangen kann (Senat, Urteile vom 4. Juli 1997 - [X.], [X.]Z 136, 212, 216 und vom 9. Juli 1999 - [X.], [X.] 1999, 614). Richtig ist auch, dass die [X.]e in § 5 Abs. 1 Nr. 3 SachenRBerG (für Eigenheime) und in § 7 Abs. 2 SachenRBerG (für andere bauliche Nutzungen) den Anwendungsbereich des Gesetzes nicht abschließend bestimmen, sondern bei einer nicht unter eines der [X.]e fallenden baulichen [X.]nvestition auf fremdem Grund nach dem in § 3 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG bestimmten [X.] geprüft werden muss, ob dieser Sachverhalt ebenfalls nach den Regelungen des Gesetzes zu bereinigen ist (vgl. Senat, Urteile vom 16. Oktober 1998 - [X.], [X.] 1999, 40, 41 und vom 16. Juli 2004 - [X.], [X.] 2004, 499).

b) Rechtsfehlerhaft ist aber der von dem Berufungsgericht aus dem Re-gelbeispiel in § 7 Abs. 2 Nr. 1 SachenRBerG gezogene Umkehrschluss, dass die Bebauungen volkseigener Grundstücke durch [X.]n nicht Gegenstand der Sachenrechtsbereinigung seien, weil in dieser Vorschrift - anders als in § 1 des Gesetzes der [X.] über die Verleihung von Nutzungsrechten an volkseigenen Grundstücken (vom 14. Dezember 1970 - GBl. [X.], [X.] - im Folgenden: Nutzungsrechtsgesetz) - nur die an Genossenschaften mit gewerblichem oder handwerklichem Gegenstand verliehenen Nutzungsrechte genannt werden. Das kollidiert mit dem [X.], da - wie das Berufungsgericht selbst feststellt - nach dem Recht der [X.] Nutzungsrechte an volkseigenen Grundstücken allen [X.] Genossenschaften verliehen werden konnten ([X.] (Hrsg.), Lehrbuch des Bodenrechts [1976], S. 279), was - wenn dies geschah - gemäß § 4 Abs. 4 des Nutzungsrechtsgesetzes die Entstehung selbständigen [X.]s zur Folge hatte. Die Möglichkeit einer Absicherung der baulichen [X.]nvestition durch ein Nutzungsrecht führt grundsätzlich zur Anwendbarkeit des Sachrechtsbereinigungsgesetzes, da für die Nachzeichnung entscheidend ist, ob eine solche Absicherung im Recht der [X.] vorgesehen war (Senat, Urteil vom 16. Juli 2004 - [X.], [X.] 2004, 499). Das Berufungsgericht hat zudem die Vorschrift in § 9 Abs. 3 Satz 1 SachenRBerG nicht berücksichtigt, nach der alle in § 46 des LPG-Gesetzes vom 2. Juli 1982 (GBl. [X.], [X.]) erwähnten Genossenschaften Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften ([X.]) im Sinne des [X.] sind. Bauliche [X.]nvestitionen der [X.]n auf ehemals volkseigenen Grundstücken sind deshalb den in dem [X.] in § 7 Abs. 2 Nr. 5 SachenRBerG erwähnten Bebauungen durch [X.] gleichzustellen. Dasselbe gilt nach § 9 Abs. 3 Satz 1 SachenRBerG für die durch Umwandlung einer [X.] entstandene Verkäuferin.

c) Das der Verkäuferin zustehende Recht zum Besitz gegenüber dem Kläger als Grundstückseigentümer ist mit dem Gebäudekaufvertrag vom 27. Januar 1999 auf den [X.]n übergegangen.

aa) Seit dem [X.]nkrafttreten des [X.] geht das Recht zum Besitz nach Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 3 EG[X.] i.V.m. §§ 3, 4, 9 SachenRBerG mit dem Übergang der Rechtsstellung des Nutzers aus diesem Gesetz auf den Rechtsnachfolger über, ohne dass es einer besonderen Abrede zum Besitzübergang oder dessen Anzeige an den Grundstückseigentümer nach Art. 233 § 2a Abs. 2 Satz 2 EG[X.] bedarf (Senatsurteil vom 12. Dezember 2008 - [X.], NJW-RR 2009, 663, 665 Rn. 27).

bb) Die Rechte des Nutzers aus dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz werden nach § 14 Abs. 2 SachenRBerG durch Abtretung der Ansprüche übertragen, wobei zu unterscheiden ist, ob [X.] besteht oder nicht. [X.]st der Nutzer Gebäudeeigentümer (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SachenRBerG), kann er die Ansprüche aus dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz nur zusammen mit dem Eigentum an dem Gebäude übertragen. Die Rechtsnachfolge tritt erst ein, wenn die Übertragung des Eigentums wirksam geworden ist (vgl. Senat, Urteil vom 19. Oktober 2007 - [X.], [X.] 2008, 27, 28 und Beschluss vom 15. März 2012 - [X.], [X.] 2012, 131). [X.]n den in § 9 Abs. 1 Nr. 5 SachenRBerG bezeichneten Fällen der mit Billigung staatlicher Stellen erfolgten, jedoch nicht durch ein Nutzungsrecht und selbständiges [X.] abgesicherten Bebauungen (sog. hängende Fälle) gehen die Nutzerrechte dagegen schon mit der Abtretung der Bereinigungsansprüche auf den Zessionar über (vgl. Senat, Beschluss vom 15. März 2012 - [X.], [X.] 2012, 131).

cc) So ist es hier, da selbständiges [X.] der Verkäuferin nicht entstanden war. Das Berufungsgericht führt rechtsfehlerfrei aus, dass an den in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts errichteten Bauwerken kein selbständiges [X.] der [X.] entstehen konnte, weil die Vorschriften des LPG-Gesetzes vom 3. Juni 1959 (GBl. [X.]. S. 577) auf die [X.]n nicht anzuwenden waren, der Rechtsvorgängerin der Verkäuferin auch kein Nutzungsrecht an dem damals volkseigenen Grundstück verliehen worden war und die Vorschriften des LPG-Gesetzes von 1982 im Zeitpunkt der Bebauung noch nicht galten.

dd) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann dem Gebäudekaufvertrag vom 27. Januar 1999 deswegen aber nicht jede Bedeutung abgesprochen werden. Zwar ist die Auslegung der individual-vertraglichen Abreden in dem Gebäudekaufvertrag durch das Berufungsgericht von dem Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob der Tatrichter die gesetzlichen und allgemein anerkannten Auslegungsregeln, die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und die der Auslegung zugrunde liegenden Tatsachen ohne Verfahrensfehler ermittelt hat (std. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 16. September 2011 - [X.], NJW-RR 2012, 218, 219 Rn. 5 m.w.N.). Die Auslegung des Berufungsgerichts ist aber auch in diesem Rahmen zu beanstanden, weil sie gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze verstößt.

(1) Richtig ist allerdings, dass die vertraglichen Vereinbarungen zur [X.] und zur Übertragung des Eigentums insoweit perplex sind, als ein Verkäufer das von ihm aufgegebene [X.] dem Käufer nicht nach § 433 Abs. 1 Satz 1 [X.] verschaffen kann. Gerade bei einer solchen Sachlage bedarf es jedoch einer Auslegung, mit der vom Wortlaut ausgehend der Sinngeh-alt der vertraglichen Regelungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ermittelt wird (vgl. [X.], Urteil vom 12. Juni 2007 - V[X.] ZR 110/06, NJW-RR 2007, 1470, 1471). Dabei ist im Zweifel anzunehmen, dass die Vertragsparteien das Vernünftige gewollt haben, und der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einer sachgerechten, mit [X.]nhalt und Zweck des Gesetzes zu vereinbarenden Regelung führt (vgl. [X.], Urteil vom 23. Januar 1997 - [X.]X ZR 69/96, [X.]Z 134, 325, 329). Gegen diesen [X.] hat das Berufungsgericht verstoßen.

(2) Mit dem Kaufvertrag über die Gebäude wollten die Vertragsparteien einen Leistungsaustausch gemäß § 433 [X.] herbeiführen, bei dem der [X.] für den von ihm entrichteten Kaufpreis von 50.000 DM die Bauwerke der Verkäuferin erwerben sollte. Die Abrede, dass das Eigentum an den Gebäuden von der Verkäuferin mit dinglicher Wirkung übertragen und von dem Käufer erworben wird, bringt den Willen der Vertragsparteien zum Ausdruck, dass der [X.] in die Rechtsstellung der Verkäuferin einrücken sollte. Die in dem Kaufvertrag erklärte [X.] der Verkäuferin diente dagegen einem vereinfachten Vollzug; der [X.] sollte kraft Gesetzes nach Art. 233 § 2b Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 6 Satz 3 EG[X.] das Eigentum dadurch erwerben, dass mit Einreichung der [X.] der Verkäuferin bei dem Grundbuchamt die Bauwerke wesentliche Bestandteile seines Grundstücks wurden (vgl. BT-Drucks. 12/2480, [X.]; Senatsurteil vom 12. Januar 2007 - [X.], [X.], 517, 519).

(3) Vor diesem Hintergrund sind die Vereinbarungen, nach denen das [X.] mit dinglicher Wirkung auf den [X.]n übergehen sollte, dahin umzudeuten (§ 140 [X.]), dass die Verkäuferin die ihr aus der Bebauung nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zustehenden Ansprüche an den [X.]n abgetreten hat.

(a) Die Umdeutung kann der Senat - entgegen den von dem Kläger in der Revisionsverhandlung erhobenen Einwendungen - selbst vornehmen, da es dafür einer Geltendmachung seitens der [X.]en nicht bedarf, sondern der [X.] die Voraussetzungen der Vorschrift über die Umdeutung von Amts wegen zu beachten hat (vgl. Senat, Urteil vom 28. November 1962 - [X.], NJW 1963, 339, 340) und für eine solche Umdeutung keine weiteren Feststellungen erforderlich sind. Das stellt keine nach § 139 Abs. 2 ZPO unzulässige Überraschungsentscheidung dar, weil die Möglichkeit einer Umdeutung der Vorschrift im Hinblick auf ein von dem [X.]n eingewandtes Recht zum Besitz in beiden Tatsacheninstanzen erörtert worden ist.

(b) Die Umdeutung eines mangels Bestehens von [X.] nach § 306 [X.] aF unwirksamen notariellen Kaufvertrags über ein Gebäude, der alle wesentlichen Merkmale für eine Abtretung der Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz enthält, ist vorzunehmen, wenn davon auszugehen ist, dass die Vertragsparteien eine solche Abtretung gewollt hätten, wenn sie erkannt hätten, dass die Verkäuferin zwar nicht Gebäudeeigentümerin, aber zur Teilnahme an der Sachenrechtsbereinigung berechtigte Nutzerin war (vgl. Senat, Urteil vom 19. März 2004 - [X.], [X.] 2004, 326, 327). So ist es hier, da durch die Abtretung annähernd derselbe wirtschaftliche Erfolg hätte erreicht werden können (vgl. [X.], Urteil vom 16. Oktober 2007 - X[X.] ZR 132/06, [X.]Z 174, 39, 47 Rn. 27), während der [X.] andernfalls 50.000 DM gezahlt hätte, ohne eine Gegenleistung der Verkäuferin zu erhalten. Bei einer Abtretung der Ansprüche aus dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz hätte der [X.] zudem das bebaute Grundstück zu den gleichen Konditionen erwerben können wie bei einer Übertragung von [X.].

d) Die gegenüber dem Besitzrecht des [X.]n von dem Kläger erhobenen Einwendungen sind unbegründet.

aa) Es kann dahinstehen, ob der [X.] bei dem Abschluss des [X.] mit einer von ihm manipulierten [X.] gearbeitet hat und ob die [X.] sowie die [X.] nicht mit dem [X.]n, sondern mit dem Kläger kontrahiert hätten, wenn sie bemerkt hätten, dass die ehemaligen [X.]-Bauwerke sich ganz oder überwiegend auf dem Grundstück des [X.] befinden. Aus einer von dem Kläger behaupteten Täuschung über die Lage der Bauwerke könnte sich für die Verkäuferin zwar ein Recht zur Anfechtung des Vertrags nach § 123 Abs. 1 [X.] ergeben. Wenn dieses nicht ausgeübt wird, ist der Vertrag jedoch wirksam und damit geeignete Grundlage für den Erwerb der Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz durch den [X.]n.

bb) Diese Ansprüche sind nicht dadurch erloschen, dass der [X.] nach dem Erwerb des Flurstücks 600 die Erklärung über die Aufgabe des [X.]s bei dem Grundbuchamt eingereicht hat. Die von einem Nutzer in der irrigen Annahme des Bestehens von [X.] bei dem Grundbuchamt eingereichte [X.] nach § 875 [X.] kann zwar als ein Verzicht auf die Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu verstehen sein, weil darin der Wille des Nutzers zum Ausdruck kommt, dass das Eigentum am Gebäude und das Eigentum am Grundstück nicht länger auseinanderfallen sollen. Ein dahingehender Wille lässt sich aber nur dann an-nehmen, wenn der Eigentümer des Grundstücks mit demjenigen identisch ist, zu dessen Gunsten der Nutzer auf das [X.] verzichten will. Daran fehlte es hier, weil Begünstigter der [X.] der [X.] als Eigentümer des Flurstücks 600 und nicht der Kläger als Eigentümer der Flurstücke 619 und 620 sein sollte.

B. Zur Widerklage:

Die Widerklage ist zu Recht abgewiesen worden.

1. Der [X.] könnte selbst dann von dem Kläger nicht die Berichti-gung des Grundbuchs nach § 894 [X.] hinsichtlich der streitigen Teilflächen verlangen, wenn dieser zu Unrecht als deren Eigentümer eingetragen wäre. Dieser Anspruch steht nämlich nur dem wirklichen Rechtsinhaber zu ([X.], Urteil vom 14. März 2000 - [X.]X ZR 14/99, [X.], 2021). Der [X.] ist jedoch nicht Eigentümer der streitigen Teilflächen.

Dies gilt auch in Ansehung der Möglichkeit, dass nach dem zwischen der [X.] und dem [X.]n geschlossenen Vertrag abweichend von der Beschreibung des Kaufgegenstands und der darauf bezogenen Auflassung nicht nur das Flurstück 600, sondern die gesamte, ehemals von der [X.] genutzte Fläche veräußert werden sollte, insoweit also eine Falschbezeichnung vorgelegen hat (vgl. dazu oben [X.][X.].1.c). Dessen Folge wäre nämlich nur ein vertraglicher Anspruch des [X.]n gegen die [X.] auf Verschaffung des Eigentums auch an dieser Fläche (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juni 2008 - [X.], [X.], 1658, 1659 Rn. 10).

2. Der [X.] kann die Zustimmung zur Umschreibung der Teilflächen auch nicht deshalb verlangen, weil ihm die Ansprüche aus dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zustehen. Ein Anspruch auf Übereignung der Teilflächen nach § 64 Abs. 1 SachenRBerG setzt einen zwischen dem Nutzer und dem Grundstückseigentümer nach §§ 61 ff. SachenRBerG abgeschlossenen Kaufvertrag voraus.

[X.][X.][X.].

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann                              Lemke                              Schmidt-Räntsch

                           Czub                               Kazele

Meta

V ZR 187/11

12.10.2012

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 10. November 2010, Az: 4 U 65/10, Urteil

§ 133 BGB, § 157 BGB, § 892 Abs 1 S 1 BGB, § 985 BGB, § 986 Abs 1 S 1 BGB, Art 233 § 2a Abs 1 S 1 BGBEG, Art 233 § 2a Abs 1 S 3 BGBEG, § 46 LPGG, § 4 Abs 4 NutzRG, § 3 Abs 2 S 2 SachenRBerG, § 7 Abs 2 Nr 5 SachenRBerG, § 9 Abs 1 S 1 Nr 5 SachenRBerG, § 9 Abs 3 S 1 SachenRBerG, § 14 Abs 2 SachenRBerG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2012, Az. V ZR 187/11 (REWIS RS 2012, 2334)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2334

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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