Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.05.2013, Az. 29 W (pat) 509/13

29. Senat | REWIS RS 2013, 6037

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Bildmarke (Schweizer-Kreuz)" – Nachahmung eines Hoheitszeichens


Leitsatz

Schweizer-Kreuz

Zur fehlenden Unterscheidungskraft eines weißen Kreuzes von grauem Rechteck mit abgerundeten Ecken nach § 8 Abs. 2 Nr. 6; Abs. 4 5.1 MarkenG.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 071 754.8

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] in der mündlichen Verhandlung vom 8. Mai 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterinnen [X.] und Uhlmann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Bildzeichen (weißes Kreuz auf schwarzem Grund im abgerundeten Rechteck)

Abbildung

2

ist am 7. Dezember 2010 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden:

3

Klasse 35:

4

Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Beschaffungsdienstleistungen für Dritte, insbesondere im Bereich der Energie- und Wasserversorgung; Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten; Vermittlung von Handelsgeschäften und Verträge für Dritte über den An- und Verkauf von Waren sowie über die Inanspruchnahme von Dienstleistungen; Vermittlung von Verträgen Dritter über die Lieferung von elektrischer und thermischer Energie, Gas und Wasser; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); betriebswirtschaftliche Beratung insbesondere auf dem Gebiet der Energieversorgung; Personalmanagementberatung; werbefachliche Beratung; Erstellung von betriebswirtschaftlichen Studien im Bereich der Energiewirtschaft; Verbrauchsabrechnung auf dem Gebiet der Energie- und Wasserversorgung und Abwasserentsorgung;

5

Klasse 36:

6

Gebäudeverwaltung; Grundstücksverwaltung; Immobilienverwaltung sowie Vermittlung, Vermietung und Verpachtung von Immobilien (Facility-Management); [X.]; Vermietung von Büros (Immobilien); Vermögensverwaltung; Verpachtung von Immobilien; Vermittlung von Versicherungen; Versicherungsberatung; Versicherungswesen;

7

Klasse 37:

8

Bauwesen, insbesondere Bau von technischen Anlagen; Reparaturwesen, nämlich Instandhaltung von technischen Anlagen; Reparatur- und Wartungsarbeiten an Versorgungsanlagen für elektrische und thermische Energie sowie Gas; Klempnerarbeiten, Elektroinstallation; Installation, Demontage, Reparatur und Instandhaltung von Leitungen und Zählern für elektrische und thermische Energie sowie Gas;

9

Klasse 42:

Dienstleistungen von Ingenieuren, insbesondere auf den Gebieten des Transports von elektrischer und thermischer Energie sowie Gas, der Versorgung mit elektrischer und thermischer Energie sowie Gas; technische Energieberatung; technische Überwachung von Leitungen mittels wissenschaftlicher und technischer Untersuchungen; technische Messungen von Strom; Vermietung von Messgeräten, insbesondere Messgeräten für den Stromverbrauch; Vermietung von Kontrollgeräten, insbesondere Kontrollgeräten für den Stromverbrauch; Beratung im Zusammenhang mit energiesparenden Maßnahmen, insbesondere durch Auswertung von Messdaten von Stromzählern, auch online; Beratung zu technischen Fragen; Installation und Wartung von Computersoftware für den Datentransfer zur [X.]; Erstellung von Programmen für Datenverarbeitung, insbesondere von Programmen auf den Gebieten des [X.], der Versorgung mit elektrischer und thermischer Energie sowie Gas;

Klasse 45:

Beratung auf dem Gebiet der Sicherheit; juristische Dienstleistungen; Sicherheitsdienstleistungen zum Schutz von Sachwerten oder Personen; Überprüfung der Sicherheit von Fabriken; Vergabe von Lizenzen in gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Verwaltung von Urheberrechten.

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2012 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung wegen Nachahmung eines [X.] gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 [X.] zurückgewiesen. Zur [X.]ündung hat sie ausgeführt, das angemeldete Bildzeichen stelle eine Nachahmung der [X.] Flagge dar. Es enthalte die wesentlichen Merkmale des [X.] Wappens im Bundesbeschluss der [X.] [X.] vom 12. Dezember 1889, nämlich ein aufrechtes, freistehendes weißes Kreuz mit Armen gleicher Länge in einem dunklen quadratischen Feld. Dass beim vorliegenden Bildzeichen die Kanten des Rechtecks abgerundet seien und das weiße Kreuz nicht die korrekten geometrischen Abmessungen des [X.] Kreuzes aufweise, führe nicht von der Auffassung weg, dass es sich um das Staatssymbol der [X.] handele. Denn selbst dem Teil des Publikums, dem die exakten Proportionen des Kreuzes bekannt seien, werde der geringe Unterschied nicht auffallen, weil ein „Nachmessen“ fern liege. Trotz ihrer vom Original abweichenden Farbgebung fassten die angesprochenen Verkehrskreise das Bildzeichen als [X.] Kreuz bzw. [X.] Fahne auf. Beim Publikum rufe es daher den Eindruck hervor, die so gekennzeichneten Dienstleistungen stünden im Zusammenhang mit der [X.], deren Hoheitszeichen die sog. „Swissness“ symbolisierten, d. h. hohe Glaubwürdigkeit, Umweltschutz, Sicherheit, Eleganz, Innovation, Fairness, Präzision, Zuverlässigkeit, politische Stabilität, Natürlichkeit und Genauigkeit (Anlage [X.] zum angefochtenen Beschluss). Wie eine Internetrecherche gezeigt habe, würden auf den einschlägigen Dienstleistungsgebieten entsprechende Leistungen auch von [X.] Unternehmen angeboten (Anlagen [X.] und [X.] zum angefochtenen Beschluss) oder könnten in einem sachlichen Bezug zur [X.] stehen (Anlagen [X.] und [X.] zum angefochtenen Beschluss).

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,

den Beschluss des [X.]es vom 4. Dezember 2012 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 i. V. m. § 64 Abs. 6 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Die Markenstelle hat dem angemeldeten Bildzeichen die Eintragung zu Recht wegen Nachahmung eines [X.] gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 [X.] versagt.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] sind Zeichen, die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszeichen oder Wappen eines inländischen Ortes oder eines inländischen Gemeinde- oder Kommunalverbandes enthalten, von der Eintragung ausgeschlossen. Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 [X.] gilt dies auch für Zeichen, die Abbildungen enthalten, welche zwar mit den in § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] genannten Staatssymbolen und anderen Hoheitszeichen nicht identisch sind, diese aber nachahmen.

Der gesetzgeberische Zweck des § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 [X.] liegt darin zu verhindern, dass öffentliche Hoheitszeichen für geschäftliche Zwecke ausgenutzt oder gar missbraucht werden, zumal sie auch nicht Gegenstand von Monopolrechten einzelner Privater werden dürfen ([X.], 679 (680) - [X.]; [X.] GRUR 2009, 495 (496) - [X.]). Es ist daher zu prüfen, ob das beanspruchte Zeichen in seiner Gesamtheit unter Berücksichtigung der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise geeignet ist, als Hoheitszeichen in Erscheinung zu treten ([X.] GRUR 2009, 495, 496 – [X.]).

Ob in der Marke ein staatliches Hoheitszeichen nachgeahmt wird, ist dabei nicht durch Rückgriff auf die allein das Markenkollisionsrecht regelnden Vorschriften in § 9 Abs. 1 Nr. 2 und § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.] mittels der Prüfung einer etwaigen Ähnlichkeit oder einer Gefahr der Verwechslung der betreffenden Marke mit staatlichen Hoheitszeichen zu ermitteln (vgl. amtl. [X.]. [X.], BT-Drucks. 12/6581 vom 14.1.1994, [X.]). Der [X.]iff der Nachahmung im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 1 [X.] knüpft vielmehr an den in Art. 6

Nach diesen Vorgaben enthält die hier in Rede stehende Abbildung für die angesprochenen inländischen Verkehrskreise, zu denen vorliegend auch der Durchschnittsverbraucher gehört, eine Nachahmung des [X.] Bundeswappens bzw. der [X.] Bundesflagge. Denn das angemeldete Zeichen weist alle charakteristischen heraldischen Merkmale der vorgenannten Hoheitszeichen auf.

Art. 1 des [X.] der [X.] der [X.]ischen Eidgenossenschaft betreffend das [X.] Wappen vom 12. Dezember 1889 lautet wie folgt:

„Das Wappen der Eidgenossenschaft ist im roten Felde ein aufrechtes, freistehendes weisses Kreuz, dessen unter sich gleiche Arme je einen Sechstel länger als breit sind.“

In gleicher Weise ist die Nationalflagge der [X.] gestaltet. Die Form der [X.] Fahne ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Da sie aber auf ein militärisches Feldzeichen zurückgeht, hat sie eine quadratische Form (vgl. Erläuternder Bericht – Schutz der Herkunftsbezeichnung [X.] und des [X.]kreuzes (Swissness-Vorlage) vom 28. November 2007 zu Art. 3, [X.]. [X.] im Parallelverfahren 29 W (pat) 510/13). Der Farbton wurde am 1. Januar 2007 festgelegt. Das Rot entspricht der Pantonezahl 485 und besteht aus einer Mischung von je 100 % Magenta und Gelb (http://www.swissworld.org/de/kultur/swissness/geschichte_der_schweizer_flagge/).

Mit rotem Hintergrund weist das angemeldete Bildzeichen die charakteristischen heraldischen Merkmale der [X.] Flagge, nämlich weißes Kreuz auf roter Fläche, auf, so dass die angesprochenen Verkehrskreise das Bildzeichen als Nachahmung der [X.]fahne auffassen werden. Der Bewertung als Nachahmung steht auch nicht entgegen, dass das Verhältnis der Länge zur Breite der Arme von der heraldischen Beschreibung des [X.] Wappens leicht abweicht. Denn diese geringe Abweichung wird vom überwiegenden Teil des angesprochenen Publikums nicht erkannt. Für die Einschätzung eines durchschnittlichen Verbrauchers kommt es nicht auf den [X.]ick eines Fachmanns für heraldische Kunst an ([X.], 45 Rdnr. 51 - Ahornblatt). Auch der Umstand, dass das Bildzeichen ein abgerundetes Quadrat darstellt, ist ohne Belang, weil die heraldische Beschreibung keine bestimmte Form für die Grundfläche angibt.

Meta

29 W (pat) 509/13

08.05.2013

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.05.2013, Az. 29 W (pat) 509/13 (REWIS RS 2013, 6037)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6037

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

29 W (pat) 510/13 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "weißes Kreuz auf blauem Grund im abgerundeten Rechteck (Bildmarke)" – keine Nachahmung eines …


25 W (pat) 64/11 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "SWISS EYE (Wort-Bild-Marke)" – keine Identität mit dem Schweizer Bundeswappen – keine Wiedergabe …


30 W (pat) 546/12 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "medipresse (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – keine Nachahmung des Schweizer Kreuzes


25 W (pat) 46/20 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdesache – Nichtigkeitsverfahren - "Doppelwappen mit einer Krone darüber (Bildmarke)" – Wappen – Hoheitszeichen - …


29 W (pat) 165/10 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "herzförmig umrandetes Bildzeichen mit Inhalten des Wappens der Stadt Köln" – …


Referenzen
Wird zitiert von

29 W (pat) 510/13

Zitiert

29 W (pat) 510/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.