30. Senat | REWIS RS 2014, 2811
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Markenbeschwerdeverfahren – "medipresse (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – keine Nachahmung des Schweizer Kreuzes
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 021 840.4
hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 18. September 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker und der Richterinnen Winter und Uhlmann
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss des [X.], Markenstelle für Klasse 44, vom 29. August 2012 aufgehoben.
I.
Das Wort-/ Bildzeichen
ist am 15. April 2011 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] geführte Register für die Waren und Dienstleistungen der
„Klasse 5: Reiseapotheken [Arzneimittel-Sets], Arzneimittel für human[X.]zinische Zwecke, Arzneimittel für tierische Zwecke, Arzneimittel für zahnärztliche Zwecke;
Klasse 35: Entwicklung von [X.] und Bonusprogrammen als Kundenbindungsmaßnahmen für Marketingzwecke, Verkaufsförderung und sonstige verkaufsfördernde Maßnahmen für Dritte durch Entwicklung und Vermittlung von Kundengewinnungs- und treueprogrammen zu Marketingzwecken und zur Beurteilung und Beeinflussung des Konsumverhaltens, Büroarbeiten für andere Kundenbindungssysteme und Incentivierungsprogramme zur Überwachung von Werbemaßnahmen, einschließlich von Büroarbeiten für Kundenbindungsprogramme, vorgenannte Dienstleistungen, insbesondere im Bereich des Gesundheits- und Versicherungswesens; Marketing, Marketing durch Anreize sowie durch Prämienprogramme und durch die Entwicklung von Kundenbindungsprogrammen und Incentivierungsprogrammen (Marketing), Büroarbeiten für Prämienprogrammen in Bezug auf [X.] zur Überwachung von Waren- und Leistungswerbung für Dritte, Werbung für Dritte im [X.];
Klasse 38: Onlinedienste, nämlich Bereitstellung des Zugriffs auf und Übermittlung von Informationen und Nachrichten aller Art in Bild und Ton im [X.]; Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk, Bereitstellen von Telekommunikationsverbindungen zu einem weltweiten Computernetzwerk, Bereitstellung von [X.]-Chatrooms, Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Teleshoppingdienste, Kommunikationsdienste mittels Computerterminals, Kommunikationsdienste mittels Telefon, Leitungs- Routing- und Verbindungsdienstleistungen für Telekommunikation, Übermittlung von Nachrichten, Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer, Ausstrahlung von [X.], Verschaffung des Zugriffs zu Datenbanken; Onlinedienste, nämlich Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen und Nachrichten zu [X.]zinischen, veterinär-[X.]zinischen beziehungsweise pharmazeutischen Sachverhalten in Bild und Ton im [X.];
Klasse 44: [X.]zinische Versorgung; [X.]zinische und veterinär[X.]zinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere; ambulante Pflegedienstleistungen; Aromatherapie; Beratung in der Pharmazie; Betrieb von öffentlichen Bädern zum Zwecke der Körperhygiene; Betrieb von Pflegeheimen; Dienstleistungen einer Blutbank; Dienstleistungen einer Kurklinik; Dienstleistungen eines Arztes; Dienstleistungen eines Chiropraktikers; Dienstleistungen eines Krankenhauses; Dienstleistungen eines Rehabilitationszentrums, eines Sanitäters, eines Zahnarztes, und von Sanatorien; Durchführung von Massagen“
angemeldet worden.
Zur [X.]ündung hat sie ausgeführt, das Wortelement des [X.] „[X.]presse“ setze sich erkennbar aus „[X.]“ und „presse“ zusammen. „[X.]“ sei die nicht selten verwendete Abkürzung von „[X.]zin, [X.]zinisch“, nicht aber die Abkürzung von „[X.]a, [X.]um“. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Verkehrskreise „Presse“ als Hinweis auf ein „Gerät zum Auspressen“ wahrnähmen. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen liege vielmehr ein Verständnis von „Presse“ als „[X.], [X.]“ nahe. „[X.]presse“ könne daher der beschreibende Aussagegehalt beigemessen werden, bei den beanspruchten Waren und Dienstleistungen handele es sich „um Presse, Nachrichten, Informationen (auch elektronisch) im [X.]zinischen Bereich“; als Fachbegriff fehle dem Zeichen deshalb auch die Unterscheidungskraft. Auch der Bildbestandteil begründe die Schutzfähigkeit nicht. Sprechblasen würden in der Comic-, Umgangs- und Werbesprache und -grafik auch unter Einbeziehung von Flaggen und Wappen von Staaten verwendet.
Da der begehrte Markenschutz eine Verwendung in rot und weiß beinhalte, gingen die Verkehrskreise davon aus, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen „[X.]zinpresse, [X.]zininformationen und -nachrichten“ darstellten, die aus [X.] stammten oder für die [X.] bestimmt seien. Auch insoweit sei das Anmeldezeichen beschreibend. Wegen der im Anmeldezeichen enthaltenen unbefugten Nachahmung des [X.] Wappens bzw. der [X.] Flagge sei das Zeichen auch nach § 8 Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. Abs. 4 S. 1 [X.] nicht eintragbar.
Der Bildbestandteil des [X.] könne auch unbefugterweise wie das Symbol des [X.] (rotes Kreuz auf weißem Grund) gebraucht werden, weshalb auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 8 [X.] bestehe, zumal angesichts der [X.]zinischen Waren und Dienstleistungen und des [X.] „[X.]“ der Gedanke an das „[X.]“ naheliege.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des [X.]es vom 29. August 2012 aufzuheben.
Sie trägt vor, der [X.]iff „[X.]presse“ sei nicht freihaltebedürftig. Das Wort „[X.]“ gebe es in der [X.] nicht, auch nicht als Abkürzung für „[X.]zin“ oder „[X.]zinisch“. Ob das in der [X.] anders sei, sei zweifelhaft. Angesprochen seien jedoch ausschließlich [X.] Verkehrskreise. Das [X.] Wort „Presse“, das auch ein „Gerät zum Auspressen“ bezeichne, sei als Substantiv der bestimmende Teil des Gesamtbegriffs und definiere damit den Gesamtbegriff als [X.]s Wort. „[X.]presse“ sei mithin ein Fantasiewort. Jedenfalls durch den grafischen Zusatz der Sprechblase werde das Anmeldezeichen kennzeichnungskräftig. Selbst wenn man annehmen wollte, dass eine Sprechblase ein übliches Werbegestaltungsmittel sei, so sei sie das nur mit einem Text darin. Ein Kreuz in einer Sprechblase sei kein übliches Werbegestaltungsmittel, vor allem auch deshalb nicht, weil die Sprechblase nach oben offen sei. Insbesondere durch die Kombination des Textes mit der durchbrochenen Sprechblase werde die Schutzfähigkeit begründet.
§ 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] sei nicht einschlägig, da das Kreuz nicht heraldisch verwendet werde. Das im Anmeldezeichen verwendete Kreuz unterscheide sich vom Kreuz der [X.] Flagge schon dadurch, dass die Ecken abgerundet und die Balken dicker seien. Soweit nur der Teil eines Hoheitszeichens verwendet werde, bestehe ein Schutzhindernis nur dann, wenn in der Gesamtschau nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift das Flaggensymbol hoheitlich verwendet werde. Das sei hier aber gerade nicht der Fall. Hier sei das Kreuz ein Kennzeichen für [X.]zinische Produkte. Im Zusammenspiel mit der Sprechblase und dem Wortelement „[X.]presse“ werde nicht auf die [X.] hingewiesen und es entstehe beim Publikum auch nicht der Eindruck, dass die Marke aus [X.] komme. Das Anmeldezeichen erwecke auch nicht den Eindruck einer Verbindung zum „[X.] e.V.“, denn das Kreuz des [X.] sei weiß.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung des angemeldeten [X.] stehen keine Eintragungshindernisse gemäß § 8 Abs. 2 [X.] entgegen.
1. Die Eintragung des Zeichens
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] GRUR 2008, 608, 611, Rn. 66 f. - [X.]; [X.], 731, Rn. 11 - [X.]; [X.], 1143, Rn. 7 - Starsat; [X.], 825, 826, Rn. 13 - [X.]; [X.], 935, Rn. 8 - [X.]; [X.], 850, 854, Rn. 18 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 233, 235, Rn. 45 - Standbeutel; [X.], 229, 230, Rn. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611, Rn. 66 - [X.]; [X.] 2008, 710, Rn. 12 - [X.]; [X.], 949, Rn. 10 - My World; [X.], 850, 854, Rn. 18 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. –abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 411, 412, Rn. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944, Rn. 24 - SAT.2; [X.] [X.], 935, Rn. 8 - [X.]; [X.], 825, 826, Rn. 13 - [X.]; [X.], 850, 854, Rn. 18 - [X.]).
Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken bzw. die Wortbestandteile von Wort-/Bildmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. [X.], 1143, Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden [X.]iffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.], 674, 678, Rn. 86 - Postkantoor; [X.] [X.], 270, 271, Rn. 11 - Link economy; [X.], 952, 953, Rn. 10 - [X.]; [X.], 850, 854, Rn. 19 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.], 1153 - antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den [X.]en - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] [X.], 850, 854, Rn. 19 - [X.]; GRUR 2003, 1050, 1051 - [X.]; [X.], 1043, 1044 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] [X.], 1100, Rn. 23 - [X.]!; [X.], 850, 855, Rn. 28 f. - [X.]).
Hinsichtlich der bildlichen Ausgestaltung einer Wort-/Bildmarke gilt sodann, dass der Marke - unbeschadet der gegebenenfalls fehlenden Unterscheidungskraft der Wortelemente - als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (vgl. [X.] 1991, 136, 137 - [X.]; [X.], 1153 - antiKALK), wobei an die Ausgestaltung aber umso größere Anforderungen zu stellen sind, je kennzeichnungsschwächer die fragliche Angabe ist (vgl. [X.] 2008, 710, Rn. 20 - [X.]; [X.], 954, Rn. 17 - Kinder III; vgl. auch [X.], 410, 411 - Color COLLECTION). Erforderlich ist eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck der Marke (vgl. auch [X.] GRUR Int. 2005, 1012, 1017, Rn. 73, 74 - BioID). Dabei vermögen einfache geometrische Formen, bloße Verzierungen oder beschreibende Bildzeichen, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, keine Unterscheidungskraft zu begründen ([X.] 2001, 1153 - antiKALK).
Nach diesen Grundsätzen kann dem angemeldeten [X.] in seiner Gesamtheit das erforderliche Minimum an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.
[X.]presse“ setzt sich aus zwei [X.] zusammen, die infolge der abweichenden Gestaltung der einzelnen Elemente – „[X.]“ ist in Fettdruck gehalten, „presse“ nicht – als einzelne Elemente wahrgenommen werden.
Das Element „[X.]“ stellt kein eigenständiges Wort der [X.] dar und ist auch keine gängige Abkürzung. Es ist aber als Wortbestandteil in vielen Wörtern aus dem Bereich der [X.]zin (abgeleitet aus dem [X.] Wort [X.]cus „der Arzt“: [X.]kament, [X.]zin, [X.]zinisch), der [X.]en (abgeleitet aus dem [X.] Wort „[X.]us“ für „der mittlere“: [X.]al, [X.]a, [X.]aman) sowie als Wortstamm von Wörtern wie [X.]tation, [X.]ation, [X.]um bekannt ([X.] - [X.], 6. Auflage, [X.], 2006, CD-ROM). Entsprechendes gilt für den [X.] Sprachkreis. Eine eindeutig feststehende Abkürzung für „[X.]zin“ ist „[X.]“, anders als „med.“ (z. B. „Dr. med.“, oder „Med.-Dir.“ für „[X.]zinaldirektor“) in der [X.] nicht. Es ist aber als Namensbestandteil für Produkte und Leistungen im Zusammenhang mit der [X.]zin verbreitet ([X.] I ZB 92/08 Beschluss vom 16. Juli 2009 – [X.]/[X.]line; [X.] (pat) 2/95 – [X.]/[X.]nette; 25 W (pat) 48/07 – MEDI.AS/[X.]-Verband; 26 W (pat) 13/09 - med1BOX/ [X.]-Verband; 30 W (pat) 60/07 - [X.]Verm/[X.] ich fühl [X.] besser; [X.]/09 – [X.]) und wird dort als Hinweis auf [X.]zinische Waren und Dienstleistungen verstanden.
Das Wort „Presse“ bezeichnet allgemein entweder eine „Vorrichtung, Maschine, durch die etwas unter Druck zusammengepresst, zerkleinert, geglättet oder in Form gepresst wird“, eine „Druckmaschine“ (veraltet), oder die „Gesamtheit der Zeitungen und Zeitschriften, ihrer Einrichtungen und Mitarbeiter bzw. die Beurteilung von etwas durch die Presse“ ([X.] - [X.], 6. Auflage, [X.], 2006, CD-ROM).
„[X.]presse“ ist kein lexikalisch nachweisbarer [X.]iff. Die Wortschöpfung ist stark angelehnt an den [X.]iff „[X.]zinpresse“. Dieser bezeichnet die Gesamtheit der Fach- und Patientenzeitschriften, die einen beachtlichen Umsatz erzielen und ein bedeutendes Informations- und Werbe[X.]um für die Pharmaindustrie darstellen.
Für die Waren der Klasse 5 und die [X.]zinischen und Gesundheitsdienstleistungen der Klasse 44 kann dem Wortelement „[X.]presse“ ungeachtet seiner grafischen Elemente an sich schon das erforderliche Minimum an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden, weil „[X.]presse“ wegen des Elementes „Presse“ auch bei Gleichsetzung der Wortschöpfung mit „[X.]zinpresse“ keine sinnvolle Sachaussage für diese Waren und Dienstleistungen enthält. Dass derartige Waren und Dienstleistungen in einschlägigen Presseorganen beworben oder besprochen werden, stellt keinen engen Sachzusammenhang zu ihnen her. Zu der weiteren denkbaren Bedeutung „[X.]zinische Vorrichtung zum Zusammendrücken“ gelangt man allenfalls durch eine für die Beurteilung der Unterscheidungskraft unzulässige analysierende Betrachtungsweise und über mehrere Gedankenschritte.
Für die Dienstleistungen der Klasse 35 und 38 kommt dem [X.] jedenfalls in seiner Gesamtheit Unterscheidungskraft zu. Dabei ist neben dem Umstand, dass die Wortschöpfung „[X.]presse“ nicht ohne Weiteres mit dem Sachbegriff „[X.]zinpresse“ gleichgesetzt werden kann, da eine entsprechende Verwendung des [X.]iffs nicht nachweisbar ist, die Grafik des Zeichens zu berücksichtigen. Diese besteht aus einem weißen Kreuz auf dunklem Grund in einer Sprechblase. Die Oberkante des Kreuzes schließt am oberen Rand der Sprechblase und ist nach oben geöffnet. Das weiße Kreuz auf dunklem Grund erinnert einerseits an die [X.] Flagge und kann dadurch als Hinweis auf die [X.] verstanden werden. Es ist aber auch ein verbreitetes Symbol für [X.]zinische Leistungen, das man auf Verbandskästen, Erste-Hilfe-Einrichtungen etc. findet. Im Zusammenhang mit dem [X.]iff „[X.]presse“ wird es deshalb in erster Linie als [X.]zinisches Symbol verstanden werden.
Auch die Sprechblase ist als anpreisendes Stilmittel üblich, um die Aufmerksamkeit des Adressaten auf den Inhalt der Sprechblase zu konzentrieren. Die Verbindung des Kreuzsymbols mit einer Sprechblase ist jedoch ungewöhnlich. Üblicherweise sind Sprechblasen nicht mit derartigen Symbolen, sondern mit Texten gefüllt. Die konkrete grafische Ausgestaltung dahingehend, dass Kreuz und Sprechblase nach oben hin geöffnet sind, weicht ebenfalls von der werbeüblichen Gestaltung einer Sprechblase ab.
In der Summe und der konkreten Zusammenfügung seiner Elemente kann dem angemeldeten Zeichen daher ein Minimum an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Da es auf die Gesamtbetrachtung und nicht auf eine Analyse der Einzelelemente ankommt, ist das Zeichen in seiner Gesamtheit geeignet, als betrieblicher Herkunftshinweis für die beanspruchten Dienstleistungen zu dienen.
2. Auch ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist nicht gegeben, weil das Anmeldezeichen keinen glatt beschreibenden Charakter aufweist.
3. Die Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. § 8 Abs. 4 [X.] sind ebenfalls nicht erfüllt. Danach sind Zeichen nicht eintragbar, die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszeichen oder Wappen eines inländischen Ortes oder eines inländischen Gemeinde- oder Kommunalverbandes oder die Nachahmung eines solchen Zeichens enthalten.
Der gesetzgeberische Zweck des § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 [X.] liegt darin zu verhindern, dass öffentliche Hoheitszeichen für geschäftliche Zwecke ausgenutzt oder gar missbraucht werden, zumal sie auch nicht Gegenstand von Monopolrechten einzelner Privater werden dürfen (BPatG [X.], 679 (680) – [X.]; [X.], 495 (496) - [X.]). Voraussetzung für das Vorliegen des Schutzhindernisses ist also, dass das beanspruchte Zeichen in seiner Gesamtheit unter Berücksichtigung der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise geeignet ist, als Hoheitszeichen in Erscheinung zu treten (BPatG [X.], 495, 496 – [X.]).
Ob in der Marke ein staatliches Hoheitszeichen nachgeahmt wird, ist dabei nicht durch Rückgriff auf die allein das Markenkollisionsrecht regelnden Vorschriften in § 9 Abs. 1 Nr. 2 und § 14 Abs. 2 Nr. 2 [X.] mittels der Prüfung einer etwaigen Ähnlichkeit oder einer Gefahr der Verwechslung der betreffenden Marke mit staatlichen Hoheitszeichen zu ermitteln (vgl. amtl. [X.]. [X.], BT-Drucks. 12/6581 vom 14. Januar 1994, [X.]). Der [X.]iff der Nachahmung im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 1 [X.] knüpft vielmehr an den in Art. 6
Art. 1 des [X.] der [X.] der [X.]ischen Eidgenossenschaft betreffend das [X.] Wappen vom 12. Dezember 1889 lautet wie folgt:
„Das Wappen der Eidgenossenschaft ist im roten Felde ein aufrechtes, freistehendes weisses Kreuz, dessen unter sich gleiche Arme je einen Sechstel länger als breit sind.“
In gleicher Weise ist die Nationalflagge [X.] gestaltet. Die Form der [X.] Fahne ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Da sie aber auf ein militärisches Feldzeichen zurückgeht, hat sie eine quadratische Form ([X.], 428 – [X.] Kreuz).
Zwar wurde das vorliegende Bildzeichen abweichend von dieser Farbgebung in [X.] angemeldet. Dies hat jedoch zur Folge, dass auch eine Kombination von weißem Kreuz auf rotem Grund von der Anmeldung mitumfasst ist (vgl. [X.]. [X.]/06 v. 28. Februar 2008). Denn wenn in der Anmeldung keine bestimmten Farben für das angemeldete Zeichen angegeben werden, kann dieses in jeder beliebigen Farbkombination wiedergegeben werden mit Ausnahme solcher, die eine besondere Bildwirkung hervorbringen (Hacker in [X.]/Hacker [X.], 11. Aufl. 2014, § 9 Rn. 227.
[X.] des angemeldeten Zeichens enthält ein weißes Kreuz, das dem [X.] Kreuz ähnelt. Allerdings ist der obere Balken des Kreuzes verkürzt und endet am Rand der Sprechblase, die in der Breite des Balkens nach oben geöffnet ist. Dadurch entsteht der Eindruck, dass das Kreuz nicht vollständig in der Sprechblase enthalten ist. Das Kreuz entspricht in seiner Balkenlänge und –breite auch nicht dem Kreuz in der Staatsflagge [X.]. Die Balken sind breiter als lang und wirken dadurch gestauchter als das Symbol [X.].
Bei der Frage, ob das Kreuzsymbol auf rotem Grund eine Nachahmung der [X.] Nationalflagge im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. Abs. 4 [X.] ist, kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Kreuz, anders als etwa das Ahornblatt in der [X.] Flagge, vielfältige Bedeutungen in unterschiedlichen Kontexten hat. Vor allem hat das Kreuz eine Bedeutung als zentrales Symbol des [X.]. Daneben ist es ein Symbol für Hilfsleistungen im Bereich der Gesundheitspflege und findet sich in [X.] oder unterschiedlicher farblicher Ausgestaltung regelmäßig im Zusammenhang mit Erste-Hilfe-Leistungen, Krankenhäusern und Apotheken. Schließlich ist es das mathematische Symbol für Plus und wird bei der Anpreisung von Waren und Dienstleistungen häufig als Hinweis auf ein „Mehr“ an Leistungen verwendet.
Daher fallen bei der Frage, ob das Kreuzsymbol als Nachahmung des [X.] Kreuzes anzusehen ist, Abweichungen von der konkreten Ausgestaltung stärker ins Gewicht als bei eindeutig zuzuordnenden Symbolen.
Hier führen die konkrete Einbettung in eine Sprechblase und die unvollständige Abbildung von dem Eindruck eines hoheitlichen Bezuges weg. Selbst wenn das Zeichen in den Nationalfarben [X.] ausgestaltet ist, wird der Verkehr darin eher einen Hinweis auf das Themengebiet [X.] als die Anmaßung einer hoheitlichen Befugnis erkennen ([X.] in [X.]/Hacker [X.], 11. Aufl. 2014, § 8 Rn. 806).
Die Verbindung mit dem [X.]iff „[X.]presse“ führt zudem von dem Themenkomplex [X.] weg in Richtung des [X.] Hilfe in Gesundheitsfragen.
4. Auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 [X.] liegt nicht vor. Das Zeichen enthält nicht das Kennzeichen, ein Symbol oder die Bezeichnung einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation oder deren Nachahmung. Derartige Zeichen werden von § 8 Abs. 2 Nr. 8 [X.] nur erfasst, wenn sie nach einer Bekanntmachung des [X.] im [X.] von der Eintragung als Marke ausgeschlossen sind.
Der Beschwerde war deshalb stattzugeben.
Meta
18.09.2014
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.09.2014, Az. 30 W (pat) 546/12 (REWIS RS 2014, 2811)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 2811
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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