Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.07.2016, Az. XII ZB 53/16

12. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 7526

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Zugewinnausgleichsverfahren: Bemessung des Beschwerdewerts bei der Verpflichtung zur Auskunftserteilung über das eigene Vermögen


Leitsatz

Zur Bemessung des Beschwerdewerts bei der Verpflichtung zur Auskunftserteilung über das eigene Vermögen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. [X.] des [X.] vom 6. Januar 2016 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.

[X.]: bis 600 €

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin nimmt den Antragsgegner mit einem Stufenantrag auf Zugewinnausgleich in Anspruch. Das [X.] hat den Antragsgegner in erster Stufe verpflichtet, der Antragstellerin in näher bezeichnetem Umfang Auskunft über sein Anfangs-, Trennungs- und Endvermögen zu erteilen und diese zu belegen. Das [X.] hat die Beschwerde des Antragsgegners verworfen, weil der Wert des [X.] den Betrag von 600 € nicht übersteige. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.

II.

2

Die gemäß §§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

3

1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des [X.]. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner nicht in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2011 - [X.] 127/11 - FamRZ 2011, 1929 Rn. 8 mwN). Ebenfalls ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend (Art. 103 Abs. 1 GG).

4

2. Dass das [X.] die Erstbeschwerde nach §§ 68 Abs. 2 Satz 2, 61 Abs. 1 FamFG verworfen hat, weil der Wert des [X.] 600 € nicht übersteige, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

5

a) Das [X.] hat ausgeführt, der Wert des [X.] richte sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, der für den Antragsgegner mit der Auskunftserteilung und der Vorlage der Belege verbunden sei. Dieser sei mit höchstens 20 Zeitstunden zu je 3,50 € zu schätzen. Eine vom Antragsteller vereinbarte [X.] könne den [X.] nicht erhöhen, da sonst der Beschwerdeführer durch Abschluss der Vereinbarung die Zulässigkeit seines Rechtsmittels selbst herbeiführen könne. Auch habe er nicht hinreichend substanziiert vorgetragen, zu einer sachgerechten Auskunftserteilung selbst nicht in der Lage zu sein. Es bedürfe dazu auch keines Dolmetschers, weil der in [X.] gebürtige Antragsteller seit annähernd 14 Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] habe und in beiden Ländern in erheblichem Umfang unternehmerisch tätig sei. Eine Übersetzung fremdsprachiger Belege sei nicht erforderlich, da die Antragstellerin, die die Auskunft begehre, der fremden Sprache mächtig sei. Auch ein Geheimhaltungsinteresse bestehe hinsichtlich der mitzuteilenden Geschäftsergebnisse nicht. Soweit es der Herbeiführung eines Gesellschafterbeschlusses bedürfe, könne der Antragsgegner diesen als Mehrheitsgesellschafter mit einem Zeitaufwand von höchstens zwei Stunden bewirken.

6

b) Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass für die Bemessung des Werts des [X.] bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses ist auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (Senatsbeschluss vom 22. Januar 2014 - [X.] 278/13 - FamRZ 2014, 644 Rn. 6 mwN).

7

Dabei kann der dem Beschwerdegericht bei seiner Schätzung eingeräumte Ermessensspielraum im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (Senatsbeschluss vom 22. Januar 2014 - [X.] 278/13 - FamRZ 2014, 644 Rn. 7 mwN). Das ist hier nicht der Fall.

8

aa) Soweit die Rechtsbeschwerde einen den Betrag von 600 € übersteigenden Wert in einem besonderen Geheimhaltungsinteresse des Antragsgegners sieht, hat das Beschwerdegericht das entsprechende Vorbringen zu Recht als unsubstanziiert zurückgewiesen.

9

Dabei kann dahinstehen, ob ein diesbezüglicher Hinweis gemäß § 139 ZPO angezeigt gewesen wäre oder ob es sich dem anwaltlich vertretenen Kläger hätte aufdrängen müssen, dass sein pauschal gehaltener Vortrag nicht genügte, ein werterhöhendes Geheimhaltungsinteresse zu begründen. Macht der Beschwerdeführer nämlich geltend, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei durch gerichtliche Versäumnisse im Zusammenhang mit der richterlichen Hinweispflicht verletzt worden, hat er darzulegen, wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere was er im Einzelnen vorgetragen hätte und wie er weiter vorgegangen wäre (vgl. [X.] Beschluss vom 11. Februar 2003 - [X.] - FamRZ 2003, 1005 mwN; Urteil vom 16. Oktober 2008 - [X.]/07 - NJW 2009, 148 Rn. 10; Beschlüsse vom 18. Mai 2011 - [X.] - juris Rn. 12 und vom 26. April 2016 - [X.] - juris Rn. 12 ff.). Auch die Rechtsbeschwerde hat indessen nicht aufzuzeigen vermocht, welche konkreten Nachteile dem Antragsgegner drohten, sollten die Bilanz- und Umsatzzahlen seiner unternehmerischen Betätigung von der Antragsgegnerin weitergegeben und dadurch allgemein bekannt werden.

bb) Soweit das Beschwerdegericht und mit ihm die Rechtsbeschwerde davon ausgehen, dass es für die Herausgabe von Geschäftsdaten der Gesellschaften, an denen der Antragsteller beteiligt ist, zunächst einer Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf, ist weder ersichtlich noch von der Rechtsbeschwerde aufgezeigt, dass ein dahin gehender Gesellschafterbeschluss nicht mit der vom Antragsgegner innegehaltenen Stimmenmehrheit erlangt werden kann. Dass und in welchem Umfang hierfür Kosten beim Antragsgegner entstehen, ist über den vom Beschwerdegericht bereits berücksichtigten zweistündigen Aufwand hinaus weder ersichtlich noch von der Rechtsbeschwerde dargelegt.

cc) Ebenfalls zu Recht hat das Beschwerdegericht keine Übersetzungskosten berücksichtigt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde fallen solche nicht beim Antragsgegner im Zusammenhang mit der an die Antragstellerin zu erteilenden Auskunft an, sondern allenfalls bei der Antragstellerin, sofern sie fußend auf den ihr erteilten, fremdsprachigen Belegen einen bezifferten Anspruch in zweiter Stufe geltend macht, für den sie darlegungspflichtig wäre und zum Beleg ihres Anspruchs Übersetzungen in [X.] [X.] beizubringen hätte.

c) Schließlich ergibt sich ein Zulassungsgrund auch nicht daraus, dass das Beschwerdegericht keine nachträgliche Zulassung der Beschwerde in Erwägung gezogen hat.

Zwar kann die Beschwerdezulassung vom Rechtsmittelgericht noch nachgeholt werden, wenn das erstinstanzliche Gericht ersichtlich davon ausgegangen ist, dass ein Rechtsmittel auch ohne Zulassung statthaft ist. Daran fehlt es aber, wenn aus dem angefochtenen Beschluss nicht zu erkennen ist, dass das erstinstanzliche Gericht ein Rechtsmittel für statthaft gehalten hat (Senatsbeschluss vom 28. März 2012 - [X.] 323/11 - FamRZ 2012, 961 Rn. 6 mwN).

So liegt der Fall hier, zumal das [X.] noch in der Rechtsbehelfsbelehrung darauf hingewiesen hat, dass die Beschwerde nur dann zulässig sei, wenn der [X.] übersteige oder - wie nicht geschehen - das Gericht die Beschwerde zugelassen habe.

[X.]                       Nedden-Boeger

             Guhling                               [X.]

Meta

XII ZB 53/16

27.07.2016

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 6. Januar 2016, Az: 1 UF 18/15

§ 61 Abs 1 FamFG, § 68 Abs 2 FamFG, § 1379 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.07.2016, Az. XII ZB 53/16 (REWIS RS 2016, 7526)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7526

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 594/11 (Bundesgerichtshof)

Unterhaltsverfahren: Bemessung des Beschwerdewerts bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung


XII ZB 550/15 (Bundesgerichtshof)

Wert der Beschwer bei der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Auskunftserteilung durch Vorlage von Verzeichnissen über …


XII ZB 12/16 (Bundesgerichtshof)

Wert des Beschwerdegegenstands für die Beschwerde gegen einen zur Auskunftserteilung verpflichtenden Beschluss


XII ZB 418/21 (Bundesgerichtshof)

Beschwerde in einer Familiensache: Bemessung der Beschwer bei Abwehr der Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Belegvorlage …


XII ZB 472/22 (Bundesgerichtshof)

Wert des Beschwerdegegenstandes bei Verpflichtung zur Auskunfterteilung


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.