Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.05.2012, Az. II R 21/10

2. Senat | REWIS RS 2012, 6184

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Gegenstand

Grunderwerbsteuerbefreiung bei Anteilsvereinigung aufgrund gemischter Schenkung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft - Vermeidung einer Doppelbelastung mit Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer - Bemessungsgrundlage - Personenbezogene Steuerbefreiung


Leitsatz

1. Die Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist insoweit nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, als sie auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruht (Änderung der Rechtsprechung) .

2. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG scheidet für die nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbare Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft aus .

3. Soweit die zu einer Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG führende Übertragung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft im Rahmen einer gemischten Schenkung erfolgt, sind für den entgeltlichen Teil des Erwerbs gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer die festgestellten Grundbesitzwerte anzusetzen, soweit sie auf den entgeltlichen Teil des Erwerbs entfallen .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhielt im Jahr 1997 von seinem [X.]ater ([X.]) unentgeltlich einen Teilgeschäftsanteil in Höhe von 41 % des Stammkapitals an der grundbesitzenden GmbH. Mit notariell beurkundetem [X.] übertrug [X.] im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinen verbliebenen Geschäftsanteil von 59 % mit einem Nennbetrag von 1.298.000 DM (663.656,86 €) auf den Kläger. Dieser verpflichtete sich, an [X.] auf dessen Lebenszeit als dauernde Last monatlich einen Betrag in Höhe von 4.000 € zu zahlen. Weitere Gegenleistungen hatte der Kläger nicht zu erbringen.

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) setzte wegen der [X.]ereinigung aller Anteile an der [X.] des [X.] mit Bescheid vom 11. September 2008 Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes ([X.]) in Höhe von 15.855 € fest. Bemessungsgrundlage waren jeweils geschätzte Bedarfswerte für den Grundbesitz der GmbH.

3

Der Einspruch, mit dem der Kläger für die Übertragung des Geschäftsanteils die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 [X.] begehrte, blieb ohne Erfolg.

4

Im Laufe des Klageverfahrens erließ das [X.] am 9. Februar 2009 einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung ([X.]) geänderten Bescheid, in dem es die Grunderwerbsteuer unter Zugrundelegung der festgestellten [X.] auf 19.112 € erhöhte. Die Klage, die sich wegen des für die [X.] gezahlten Entgelts und des [X.]erwandtschaftsverhältnisses zusätzlich auf die Gewährung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 [X.] richtete, wurde abgewiesen. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1151 veröffentlicht.

5

Mit der Revision rügt der Kläger die [X.]erletzung des § 3 Nr. 2 [X.]. Diese [X.]orschrift sei auch auf Anteilsvereinigungen i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] anwendbar. Sie bezwecke, die doppelte Belastung mit Grunderwerbsteuer und Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer zu vermeiden. [X.] sei, dass sich die zur Anteilsvereinigung führende [X.] in einem anderen [X.]erhältnis vollziehe als der fiktive Grundstückserwerb. Der [X.] ([X.]) habe bereits im Urteil vom 12. Oktober 2006 [X.] ([X.]E 215, 286, [X.], 409) entschieden, dass der nach § 1 Abs. 2a [X.] steuerbare Gesellschafterwechsel bei einer schenkweisen Übertragung der Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft nach § 3 Nr. 2 [X.] steuerbefreit sei.

6

Während des Revisionsverfahrens hat das [X.] mit Bescheid vom 19. September 2011 die Steuerfestsetzung gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.] für vorläufig hinsichtlich der Frage erklärt, ob die Heranziehung der [X.] i.S. des § 138 des Bewertungsgesetzes ([X.]) als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer verfassungsgemäß ist.

7

Der Kläger beantragt, die [X.]orentscheidung, die Grunderwerbsteuerbescheide vom 11. September 2008, vom 9. Februar 2009 und vom 19. September 2011 sowie die Einspruchsentscheidung vom 30. Oktober 2008 aufzuheben.

8

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

9

Das [X.] hat mit [X.] vom 22. Februar 2012 den Beitritt zum [X.]erfahren nach § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erklärt.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der [X.]orentscheidung. Da während des Revisionsverfahrens ein Änderungsbescheid ergangen ist, ist das Urteil des [X.] gegenstandslos geworden ([X.]-Urteil vom 17. Januar 2008 [X.], [X.], 269, [X.] 2011, 21).

Die [X.]orentscheidung kann auch aus materiell-rechtlichen Gründen keinen Bestand haben. Die Sache ist zur anderweitigen [X.]erhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O). Die Anteilsvereinigung ist entgegen der Auffassung des [X.] nach § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] von der Grunderwerbsteuer befreit, soweit die Anteile an der GmbH dem Kläger freigebig zugewendet wurden. Soweit der am 18. Juni 2008 übertragene Anteil an der GmbH von 59 % wegen der vereinbarten dauernden Last entgeltlich übertragen wurde, hat das [X.] zutreffend entschieden, dass eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 [X.] nicht zu gewähren ist; die Anteilsvereinigung ist insoweit grunderwerbsteuerpflichtig. Das [X.] hat jedoch --aus seiner Sicht zu [X.] noch keine Feststellungen zu dem [X.]erkehrswert des am 18. Juni 2008 übertragenen Geschäftsanteils von 59 % und zu dem [X.]erkehrswert der Gegenleistung getroffen, so dass nicht beurteilt werden kann, inwieweit dieser Geschäftsanteil entgeltlich übertragen wurde und in welcher Höhe die Bemessungsgrundlage nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] anzusetzen ist.

1. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] unterliegt der [X.] u.a. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der [X.] begründet, zu deren [X.]ermögen ein inländisches Grundstück gehört, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der [X.] in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden würden. Die Steuerbarkeit wird nur durch den Erwerb des letzten Anteils ausgelöst. Dabei ist der [X.]organg, der zum Erwerb dieses Anteils führt, zwar das die Steuer auslösende Moment; Gegenstand der Steuer ist jedoch nicht der Anteilserwerb als solcher, sondern die durch ihn begründete Zuordnung von mindestens 95 % der Anteile in einer Hand. Mit dem Anteilserwerb wird [X.] derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der [X.] erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.]-Urteil vom 2. April 2008 [X.], [X.], 550, [X.] 2009, 544, m.w.[X.]).

Im Streitfall ist der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] erfüllt. Der Kläger, der bereits Inhaber eines GmbH-Geschäftsanteils von 41 % war, hat aufgrund des notariell beurkundeten [X.] einen Anspruch auf Übertragung des weiteren GmbH-Geschäftsanteils von 59 % erworben. Nach der Übertragung war der Kläger alleiniger Anteilseigner der GmbH. Der damit verbundene (fiktive) Erwerb der Grundstücke der GmbH durch den Kläger ist steuerbar.

2. Die Anteilsvereinigung ist insoweit nach § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] von der Grunderwerbsteuer befreit, als der Kläger die Anteile an der GmbH aufgrund einer freigebigen Zuwendung von [X.] erhalten hat.

a) Nach § 3 Nr. 2 [X.] sind Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des [X.] ([X.]) von der Besteuerung ausgenommen. Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] ist auch auf eine Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] anzuwenden, die auf einer schenkweisen Übertragung von [X.]santeilen beruht. In einem solchen Fall liegt zwar keine Grundstücksschenkung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.[X.].m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.] vor. Denn der Schenkungsteuer unterliegt nicht der durch die schenkweise Anteilsübertragung ausgelöste fiktive Grundstückserwerb, sondern die freigebige Zuwendung der [X.]santeile. [X.] ist jedoch der fiktive Erwerb der [X.]sgrundstücke durch den [X.] steuerbar. Dieser fiktive Erwerb der [X.]sgrundstücke beruht ebenso wie der Erwerb der [X.]santeile auf einer Schenkung.

b) Der in § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] verwendete Begriff "Grund-stücksschenkungen unter Lebenden" ist nicht so zu verstehen, dass die [X.]orschrift nur isolierte freigebige Zuwendungen von Grundstücken erfasst (vgl. [X.]-Urteile vom 13. September 2006 [X.], [X.], 282, [X.] 2007, 59; in [X.], 286, [X.] 2007, 409). Die [X.]orschrift hat den Zweck, die doppelte Belastung eines Lebensvorgangs mit Grunderwerbsteuer und Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer zu vermeiden. Im Hinblick auf diesen Gesetzeszweck hat der [X.] den rechtstechnischen Anknüpfungspunkten, die für die Erbschaftsteuer und die Schenkungsteuer unterschiedlich sind, bei einem nach § 1 Abs. 2a [X.] steuerbaren [X.]erwechsel durch schenkweise Übertragung der Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft keine Bedeutung zugemessen und die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 [X.] insoweit gewährt, als die Änderung im [X.]erbestand auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruht (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 286, [X.] 2007, 409, m.w.[X.]). Führt eine schenkweise Anteilsübertragung zur Auflösung einer grundbesitzenden Personengesellschaft, weil ein [X.]er die Anteile der anderen [X.]er zu Alleineigentum erwirbt, ist der dabei erfolgende Übergang von Grundstücken aus dem [X.]svermögen in das Alleineigentum des [X.]ers ebenfalls nach § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] steuerbefreit ([X.]-Urteil in [X.], 282, [X.] 2007, 59).

c) Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] ist auch dann zu gewähren, wenn Gegenstand einer freigebigen Zuwendung ein Anteil an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft ist und durch die Übertragung des Anteils der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] erfüllt wird.

aa) Der Anwendbarkeit der Steuerbefreiung steht nicht entgegen, dass in diesem Fall [X.] ein Grundstückserwerb von der [X.] und schenkungsteuerrechtlich ein Erwerb des [X.]santeils von dem früheren [X.]er besteuert wird (vgl. [X.]iskorf, Festschrift für Spiegelberger 2009, 518, 522; Teiche, Betriebs-Berater --BB-- 2008, 196, unter [X.]; [X.], [X.] 2007, 558; Ruhwinkel, [X.] Steuerrecht --DStR-- 2007, 1755; v. Proff zu Irnich, Der Betrieb 2007, 2616, unter [X.]I.; [X.] in [X.], [X.], 17. Aufl., § 3 Rz 119 f.; a.[X.] vom 18. Dezember 2009, [X.], 114). Für die Anwendung des § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] auch auf Anteilsvereinigungen i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] ist maßgebend, dass nur ein Lebenssachverhalt --die freigebige Zuwendung eines Anteils an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft-- gegeben ist, der der Schenkungsteuer unterliegt. Die durch die schenkweise Zuwendung eines Anteils ausgelöste Anteilsvereinigung ist --zur [X.]ermeidung der [X.] insoweit von der Grunderwerbsteuer zu befreien, als sie auf dieser freigebigen Zuwendung beruht.

bb) Entsprechendes gilt für die vorhergehenden Anteilserwerbe desjenigen, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen. Beruhen diese Erwerbe auf einer freigebigen Zuwendung, unterliegen sie --unabhängig von ihrer [X.]en Relevanz-- der Schenkungsteuer. Tritt durch den letzten Anteilserwerb eine Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] ein, wird die Zuordnung von mindestens 95 % der Anteile in einer Hand besteuert. Die früher erworbenen Anteile sind jedoch weiterhin damit behaftet, dass ihr Erwerb der Schenkungsteuer unterlag. Nach dem Gesetzeszweck des § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] ist es deshalb gerechtfertigt, die durch den letzten Anteilserwerb ausgelöste Anteilsvereinigung auch insoweit von der Grunderwerbsteuer zu befreien, als sie auf früheren freigebigen Zuwendungen von Anteilen beruht. Insoweit ist unbeachtlich, dass der Lebenssachverhalt --die freigebige Zuwendung eines Anteils einer Kapitalgesellschaft, die nicht zu einer Anteilsvereinigung führt-- [X.] erst bedeutsam wird, wenn der Tatbestand der Anteilsvereinigung erfüllt ist. Der Umfang der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] für den fiktiven Grundstückserwerb bestimmt sich damit nicht nur nach dem zuletzt schenkweise übertragenen Anteil, der die Anteilsvereinigung auslöst, sondern danach, inwieweit die Anteile in der Hand des Erwerbers diesem insgesamt freigebig zugewendet wurden.

Soweit in den [X.]-Urteilen vom 31. März 1982 II R 92/81 ([X.]E 135, 556, [X.] 1982, 424) und vom 8. Juni 1988 II R 143/86 ([X.]E 153, 428, [X.] 1988, 785) zur Anwendung des § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] eine andere Rechtsauffassung vertreten wurde, wird daran nicht mehr festgehalten.

d) Wird ein Anteil an einer grundbesitzenden GmbH nicht in vollem Umfange unentgeltlich, sondern im Wege einer gemischten Schenkung teilweise entgeltlich auf einen Erwerber übertragen, ist im Falle der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] der (fiktive) Erwerb der [X.]sgrundstücke durch den Erwerber nur insoweit nach § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] steuerbefreit, als der Anteil i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.] freigebig zugewendet wurde.

aa) Eine freigebige Zuwendung liegt auch vor, wenn einer hö-herwertigen Leistung eine Gegenleistung von geringerem Wert gegenübersteht und die höherwertige Leistung neben Elementen der Freigebigkeit auch Elemente eines [X.] enthält, ohne dass sich die höherwertige Leistung in zwei selbständige Leistungen aufteilen lässt (sog. gemischte Schenkung, vgl. [X.]-Urteil vom 19. Dezember 2007 [X.], [X.]/N[X.] 2008, 962, m.w.[X.]). Über eine --teilweise-- Unentgeltlichkeit und die Frage einer Bereicherung ist dabei nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden (vgl. [X.]-Urteil vom 17. Oktober 2001 [X.]/99, [X.]E 197, 260, [X.] 2002, 165). Bei einer gemischten Schenkung unterliegt der Schenkungsteuer nur der (unselbständige) freigebige Teil der Zuwendung. Dieser Teil ist die Bereicherung i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] und bestimmt sich nach dem [X.]erhältnis des [X.]erkehrswerts der Bereicherung des Bedachten zum [X.]erkehrswert der Leistung des Schenkers ([X.]-Urteil vom 8. Februar 2006 [X.]/04, [X.]E 213, 102, [X.] 2006, 475).

bb) Hat der Erwerber des Anteils an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft im Rahmen einer gemischten Schenkung Gegenleistungen zu erbringen, ist § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] nur auf den unentgeltlichen Teil des Erwerbs anwendbar (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 282, [X.] 2007, 59). Der entgeltliche Teil des Erwerbs unterliegt der Grunderwerbsteuer, sofern nicht andere Befreiungsvorschriften eingreifen.

e) Im Streitfall hat der Kläger von [X.] Anteile an der [X.] in Höhe von 41 % unentgeltlich und am 18. Juni 2008 in Höhe von 59 % mit einem Nennbetrag von 1.298.000 DM (663.656,86 €) gegen Zahlung einer dauernden Last von monatlich 4.000 € erhalten. Soweit die Übertragung der Anteile auf einer freigebigen Zuwendung beruht, ist auch der (fiktive) Grundstückserwerb des [X.] nach § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] steuerfrei. Eine Steuerbefreiung nach dieser [X.]orschrift scheidet jedoch aus, soweit der Kläger für den am 18. Juni 2008 übertragenen Anteil in Höhe von 59 % eine Gegenleistung zu erbringen hat.

3. Soweit im Streitfall der Anteil an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft entgeltlich erworben wurde, kommt eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 [X.] nicht in Betracht.

a) Nach § 3 Nr. 6 Satz 1 [X.] ist von der Besteuerung ausgenommen der Erwerb eines Grundstücks durch Personen, die mit dem [X.]eräußerer in gerader Linie verwandt sind. Eine [X.]erwandtschaft in gerader Linie besteht bei Personen, deren eine von der anderen abstammt (§ 1589 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--).

§ 3 Nr. 6 Satz 1 [X.] ist eine personenbezogene Steuerbe-freiung, weil sie auf das [X.]erwandtschaftsverhältnis zwischen [X.]eräußerer und Erwerber abstellt. Eine solche personenbezogene Steuerbefreiung ist auf die [X.]ereinigung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] nicht anwendbar (vgl. [X.]/[X.], [X.], Kommentar, 4. Aufl, § 3 Rz 12; [X.], [X.], Kommentar, 9. Aufl., § 1 Rz 186; [X.], a.a.[X.], § 3 Rz 51; [X.] in Festschrift für [X.], S. 1125; a.[X.], BB 1982, 1607; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 751). Denn § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] besteuert einen fiktiven Grundstückserwerb von der Kapitalgesellschaft. Zwischen der Kapitalgesellschaft und demjenigen, der mindestens 95 % der Anteile an der Kapitalgesellschaft hält, kann ein [X.]erwandtschaftsverhältnis nach § 1589 Satz 1 BGB nicht bestehen. Eine Transparenz der Kapitalgesellschaft widerspricht auch dem eindeutigen Regelungswillen des Gesetzgebers (BTDrucks 9/251, S. 18).

b) Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 6 Satz 1 [X.] kann nicht deshalb gewährt werden, weil der fiktive Grundstückserwerb i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] auf eine Anteilsübertragung zwischen [X.]erwandten in gerader Linie zurückzuführen ist. Anders als bei der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.], die eine Doppelbelastung eines Lebenssachverhalts mit Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer ausschließen soll, ergibt sich aus der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 6 Satz 1 [X.] kein sachlicher Grund dafür, die Anteilsvereinigung i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.], die auf einer Anteilsübertragung zwischen [X.]erwandten in gerader Linie beruht, wegen des fiktiven Grundstückserwerbs von der Kapitalgesellschaft abweichend vom Wortlaut des § 3 Nr. 6 Satz 1 [X.] von der Grunderwerbsteuer zu befreien. Das [X.]erwandtschaftsverhältnis, das für die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 Satz 1 [X.] maßgeblich ist, liegt zwischen der Kapitalgesellschaft und dem Erwerber nicht vor.

c) Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil für Fälle des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 [X.], in denen mindestens 95 % der Anteile einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft von einem [X.]er auf einen anderen übertragen werden, die Anwendbarkeit personenbezogener Befreiungsvorschriften bejaht wird (vgl. koordinierter [X.] vom 18. Dezember 2009, [X.], 114; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 3 Rz 14; [X.], a.a.O, § 1 Rz 186; [X.], a.a.[X.], § 3 Rz 55).

Die auf [X.] des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 [X.] beschränkte Anwendung des § 3 Nr. 6 [X.] trägt den sachlichen Unterschieden zwischen einer Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 [X.] und einer Anteilsübertragung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 [X.] Rechnung (vgl. auch [X.]-Urteil in [X.], 550, [X.] 2009, 544, zur Anwendung des § 5 [X.] bei einer Anteilsvereinigung in der Person einer Gesamthand). § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 [X.] besteuern nicht den Erwerb der Anteile als solchen, sondern die durch ihn begründete eigenständige Zuordnung der der [X.] gehörenden Grundstücke und stellen den Übergang von mindestens 95 % der Anteile einem Grundstücksübergang gleich. Diesen Steuertatbeständen liegt ein (fingierter) Grundstückserwerb von dem die Anteile übertragenden [X.]er zugrunde (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 550, [X.] 2009, 544). Allein wegen dieser [X.]en Fiktion ist die [X.]eräußerung von mindestens 95 % der bereits vereinigten Anteile einer grundbesitzenden [X.] wie eine [X.]eräußerung des Grundstücks selbst zu behandeln (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 550, [X.] 2009, 544). Die diese Fiktion begründenden tatbestandlichen [X.]oraussetzungen sind in den Fällen der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 [X.]) nicht gegeben.

Dies gilt auch, wenn der [X.]er, der die Anteile in mehreren Teilakten auf den Erwerber übertragen hat, zu einem früheren Zeitpunkt zu 100 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt gewesen ist. Insoweit ist entscheidend, dass infolge der sukzessiven Anteilsübertragungen die Übertragung von weniger als 95 % der Anteile an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft die Besteuerungsvoraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 [X.] erfüllt.

4. Bei einer nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] steuerbaren Anteilsvereinigung sind die festgestellten [X.] (§ 138 Abs. 2 bis 4 [X.]) Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.]).

a) Soweit Anteile gegen Entgelt übertragen wurden, ist § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] eine Sonderregelung zu § 8 Abs. 1 [X.], wonach sich die Steuer nach dem Wert der Gegenleistung bemisst. Dies schließt es aus, in den Fällen des § 8 Abs. 2 [X.] die Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Gegenleistung zu bemessen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 282, [X.] 2007, 59).

b) Wird im Rahmen einer gemischten Schenkung ein Anteil an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft übertragen und dadurch der Tatbestand einer Anteilsvereinigung i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] erfüllt, sind die festgestellten [X.] als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzen, soweit sie auf den entgeltlichen (steuerpflichtigen) Teil des Erwerbs entfallen. Für die Berechnung, inwieweit bei einer gemischten Schenkung eines Anteils ein entgeltlicher Erwerb vorliegt, ist das [X.]erhältnis zwischen dem [X.]erkehrswert des Anteils und dem [X.]erkehrswert der hierfür übernommenen Gegenleistung des Erwerbers maßgebend.

c) Im Hinblick darauf, dass die durch einen schenkweisen Anteilserwerb ausgelöste Anteilsvereinigung i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 [X.] insoweit steuerfrei ist, als schenkweise Anteilserwerbe vorliegen, und im Übrigen steuerpflichtig ist, muss ermittelt werden, inwieweit die Anteilsvereinigung insgesamt auf schenkweisen bzw. entgeltlichen Anteilserwerben beruht. Dazu ist hinsichtlich aller Anteilserwerbe zunächst festzustellen, inwieweit die Anteile in der Hand des Erwerbers mit den Werten zu den jeweiligen Stichtagen jeweils unentgeltlich bzw. entgeltlich erworben wurden, und zu berechnen, wie viel Prozent der Anteile insgesamt unentgeltlich erworben wurden. Soweit danach insgesamt ein unentgeltlicher Erwerb der Anteile gegeben ist, sind die darauf entfallenden festgestellten [X.] nicht anzusetzen. Soweit der Anteilsvereinigung insgesamt ein entgeltlicher Erwerb von Anteilen zugrunde liegt, sind die darauf entfallenden festgestellten [X.] Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.

5. Die Sache ist nicht spruchreif. Das [X.] hat zwar festgestellt, dass der Kläger Anteile an der [X.] in Höhe von 41 % unentgeltlich erhalten hat; in Höhe von 41 % ist deshalb die Anteilsvereinigung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 [X.] von der Grunderwerbsteuer befreit. Aufgrund der vom [X.] getroffenen Feststellungen lässt sich aber nicht beurteilen, inwieweit der Kläger den zuletzt übertragenen Anteil in Höhe von 59 % entgeltlich bzw. unentgeltlich erworben hat und in welcher Höhe die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer anzusetzen ist. Das [X.] wird daher den [X.]erkehrswert dieses Anteils und der vom Kläger übernommenen [X.]erpflichtung zur Zahlung einer dauernden Last noch festzustellen haben. Soweit dieser Anteil unentgeltlich übertragen wurde, ist die Anteilsvereinigung ebenfalls steuerbefreit.

Meta

II R 21/10

23.05.2012

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 17. Februar 2010, Az: 5 K 3962/08, Urteil

§ 1 Abs 3 Nr 1 GrEStG 1997 vom 24.03.1999, § 3 Nr 2 S 1 GrEStG 1997 vom 19.12.2000, § 3 Nr 6 S 1 GrEStG 1997 vom 19.12.2000, § 8 Abs 2 S 1 Nr 3 GrEStG 1997 vom 20.12.2007, § 1 Abs 1 Nr 2 ErbStG 1997, § 7 Abs 1 Nr 1 ErbStG 1997, § 1589 S 1 BGB, § 1 Abs 3 Nr 3 GrEStG 1997 vom 24.03.1999, § 1 Abs 3 Nr 4 GrEStG 1997 vom 24.03.1999, § 138 BewG 1991 vom 13.12.2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.05.2012, Az. II R 21/10 (REWIS RS 2012, 6184)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6184

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